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UA-'UNi p-ms^s^u., m. I«, 27. Jahrgang -luer Tageblatt ^NAeiger Dr öas Erzgebirge «„ «at>. »« e,°s, -M s°. M». ^177 " äen 30. Zull 1932 l aas Reich — Beschlüsse 1 üer kommissarischen Preußenregierung 1- Mit hältnlsse durch die Verordnung vorn 8. Juni 1932 ^.DurchsWruns d-r Geschäfte de» preußischen Innen ministers beauftragte Bevollmächtigte Dr. Bracht gibt über die gestrige preußische Ministerialfltzung eine Mil- teilung Heraus, die erkennen läßt, daß in allernächster Zeit wertgreifende Veränderungen in der preußischen Verwaltung, vor allem wohl in der Einziehung meh^ rerer preußischer Ministerien, bevorstchen. Die amtliche Mitteilung besagt: In Ausführung der zweiten preußischen Sparoer ordnung vom 23. Dezember 1931 sind durch Verord nung des Staatsministeriums vom 27. d. M. eine größere Anzahl von Landkreisen und Amtsgerichten ein gespart worden. Die Einzelheiten dieser Verordnung können zurzeit noch nicht bekannt gegeben werden, da mit Rücksicht auf den Umfang des Gesetzgebungswerks, das über einen Bogen umfaßt, sich eine Veröffentlichung in so kurzer Frist technisch nicht durchführen läßt; ins besondere aber auch deshalb, weil die Publikation ein- zelner Teile der Verordnung nicht den erforderlichen Gesamtüberblick geben würde und daher zu Mißver ständlichkeiten und falschen Schlüssen führen könnte. Abgesehen von diesen Einsparungen in der Lokal- instanz stehen weitere Maßnahmen mit dem Ziel einer Konzentration in der Zentralinstanz bevor und mit der Reichsregierung sind Verhandlungen über eine engere Zusammenarbeit und zweckmäßigere Aufteilung der Aufgaben zwischen Reich und Preußen eingeleitet. Bet diesen Verhandlungen wird die Frage im Vordergrund stehen, ob die unter dem Zwang der Der- auferlegten drückenden Lasten wieder beseitigt oder we nigstens gemildert werden können. Zu dieser amtlichen Erklärung hört man, daß, wie es schon angekündigt war, etwa 60 Landkreise und Amtsgerichte aufgehoben werden sollen. Die Bekannt gabe wird wahrscheinlich erst nach den Wahlen statt finden. Bon wesentlich größerer Bedeutung ist die An kündigung, daß man mit dem Reich über eine neue Aufgabenverteilung verhandele. In politischen Kreisen nahm man gleich nach der Einrichtung eine» ReichL- kommissariatS für Preußen an, daß eine Zusammen legung von preußischen und Reichsministerien beabsich tigt sei. Der Reichskanzler hat zwar erklärt, daß eine NeichSreform durch das Vorgehen gegen Preußen nicht in Aussicht genommen sei, aber die jetzige Mitteilung läßt doch erkennen, daß eine Verschmelzung von Der« waltungSzwetgen geplant ist, die die selbständigen Aus- gaben Preußens ganz erheblich vermindern soll. E» wird davon gesprochen, daß für eine Zusammenlegung mit ReichSmtntsterten vor allem in Betracht kommen sollen die preußischen Ministerien für Landwirtschaft, Handel und Volkswirtschaft, .deren Aufgabe die Reichs ministerien für Ernährung, Wirtschaft und Arbeit über nahmen könnten. Ob dieser Weg gewählt wird oder ob eine Zusammenlegung der preußischen Ministerien unter einander geschieht, läßt sich noch nicht übersehen. Sicher ist aber, daß eine erhebliche Verkleinerung der preu ßischen Verwaltung bevorstsht. Unä äer äeuische Osten? Bon Oberstudiendirektor Dr. St essen »-Marienburg. Je mehr Kenntnis wir von den Vorgängen und Ergebnissen in Lausanne und Gens erhalten, umsomchr verstärkt sich der trostlose Eindruck, daß beide Konfe- renzen für die berechtigten Forderungen Deutschlands ein Fiasko bedeuten. Wenn man den finanziellen Er- trag von Lausanne auch noch! so hoch! bewerten möchte — er wird durch die Labilität diese« Resultat», die die Vereinbarungen der anderen Mächte geschaffen ha- ben, nahezu illusorisch. Denn wie kann eine Beruhi gung, eine Erholung unserer Volkswirtschaft, wie kann neues Hoffen, eine Zuversicht auf ruhigere Fortent wicklung bet uns etnziehen, wenn noch immer eine be trächtliche Trtbutlast unsere Schultern drückt, und wenn das Aufhören der Tribute don einem so unsicheren Faktor wie der Streichung oder Ermäßigung der Kriegs schulden durch Amerika abhängig bleibt! Es hat sich wieder einmal gezeigt, wie unendlich schwer all« Ver handlungen mit unseren Gegnern sind, von denen Frankreich trotz aNen Entgegenkommen» und guten Willen» aus unserer Sette bet seiner traditionellen Feindseligkeit gegen uns beharrt und die andern Mächte weit entfernt sind, un» zuliebe ihre eigenen Inte» essen beiseite zu setzen. ES ist nur bedauerlich, daß nicht die Nationalsozialisten diese Verhandlungen ha ben führen müssen, damit ihr Können oder Ntchtkvnnen einmal Vor aller Welt klar zutage getreten wäre! Ge rade unsere erbärmliche Zwietracht, ' die schändlichen Zustände unseres inneren Lebens, der latente und l»i- der nun schon offene Bürgerkrieg in deutschen Landen Haben — neben Fehlern unserer Delegationen — unser« Position in Lausanne und Genf Von vornherein fast rettungslos Verfahren. DiebeoorftehendenMabnchmeninVreuben Preußen unä äss Reich zeitigt als die erste, di« Positives nicht gebracht hat. Der Führer der französischen Gewerkschaften, Jouhaux, fordert im „Peupi«" die! öffentliche Meinung auf, sie möge einen Druck auf die Regierung ausüben, damit diese sich zu einer endgültigen Lösung des Ab rüstungsproblems bereitfänden. — An der Einstellung der natio nalistischen Blätter jedoch hat die Rede des Reichswehrminister» nichts geändert. — Der Außenpolitik«! des „Echo de Paris" hebt zwar hervor, daß di« Alternative „Entweder Abrüstung oder Um bau der deutschen Wehrmacht" noch nie von «lner so hochstehen den Persönlichkeit so eindeutig formuliert worden sei. Aber er vermag daraus wieder nur die Folgerung zu ziehen, daß man die deutsche Forderung als unbegründet hinstellen und weitere Stär kung der „Verteidigung" Frankreichs fordern müsse. In den Re dakttonsstuben des „Journal" scheint die Rundfunkrede Schleichers so groß« Erregung hervorgerufen zu haben, daß jedes gesund« Ur teilsvermögen und Gefühl für den guten Ton verloren gegangen ist. Das Blatt erklärt, die Offenheit Schleichers s«i immer noch der Methode Dr. Stresemanns, die in gehässigster Weise angegrif fen wird, vor-uziehen. Es befürchtet bereit» eine „Rückkehr zum Regime Friedrichs de» Großen" in Deutschland. — Da» Organ der Radikalen Partei „Ere Nouvelle" tröstet sich mit der Phrase, daß die französische, von Herriot vertreten« These ja bereit, dahin laute, daß di« Sicherheit aller Böller organisiert werden müße. Die Ausführungen des Blattes zeigen aber deutlich, daß für die deutsche Forderung nach Sicherheit nach Auffassung d«s „Er« Nou- velle" in dieser französischen These kein Raum Ist. „Petit Pari- sien" ist eines der wenigen Blätter, das «insteht, daß die Kund gebung des Reichswehrministers vor allem als Ausfluß der tiefen Enttäuschung zu gelten habe, die Deutschland in Genf erleben mußte. Der Magdeburger Polizeipräsident seine» Amte» enthoben Magdeburg, 28. Juli. Der Magdeburger Poli zeipräsident Dr. Bärensprung ist heute nacht seine» Amte» enthoben worden. Zu s^nem vorläufigen Stellvertreter wurde ObervegierungSrcrt Sträier vom Polizeipräsidium ernannt. Dr. Bävonsprung gehört der SPD. an. Kommunisttsche Rundfunkstvrung B.rlin, 28. Juli. In einer Kundgebung der Kommunisten KM, UlbMt, «iw.« !«- »>- I-> sei heut« abend im Rundfunk der Ruf „D, l«b« die Kommunistisch« V"^Dt« «Tatsache einer kommunistischen Stömng «urk vom Rundfunk bestätigt, der noch heut« abend «ine Erklärung zu dem MI,»-- abend kurz vor 11 Uh« im Rundfunk «ine Erklärung ab. in der e» b»ikt' In de« heutigen Veranstaltung um 6A Uhr ,-Rudolf Wit- S»L««« heute Flaggen ans halbmast ! Nationaltrauer für die Toten der „Niobe" ! Berlin, 28. Juli. Anläßlich deS Untergangs de» Segelschulschiffes „Niobe" der ReichSmartne setzen am Donnerstag, dem 28., und Freitag, dem 29. Juli, die Reichsbehörden im ganzen Reichsgebiet die Flaggen auf halbmast. Die Landesregierungen sind ersucht, sich dem Vorgehen der Reichsregierung anzuschließen. Die säch- sischeRegterunghat daraufhin ebenfalls angeordnet, Laß die sächsischen staatlichen Dienstgebäude, die staatlichen Schulen und die im wesentlichen aus Staatsmitteln unter- hattenen Stiftungsgebäude am 29. Juli halbmast zu be flaggen sind. Den Gemeindebehörden wird anhetmgegeben, auf eine entsprechende Beflaggung der übrigen öffentlichen und privaten Gebäude htnzuwirken. Einigung zwischen Reich und Ländern in der Rundfunkangelegenheit Berlin, 28. Juli. Zn der gestrigen Sitzung de» ReichSratSauSschusseS ist zwischen der Reichregierung und den Ländern in der Frage der Neuregelung des Rundfunks eine völlige Einigung zustandegekommen und ein Ausgleich zwischen den Interessen der Länder und de» Reiches geschaffen worden. ES wurde eine Reih« Von Leitsätzen festgelegt, nach denen in Zukunft der Rundfunk geleitet werden soll. Die Leitsätze, deren endgültige Revidterung noch nicht abgeschlossen ist, wer- den wahrscheinlich morgen veröffentlichet werden. Amerika zu Konzessionen bereit, wenn Europa abrUstet Pari», 28. Juli. Die in Pari» erscheinenden amerikanischen Blätter „Neuhork Herald" und „Chicago Tribun«" berichten übereinstimmend, daß der ameri kanische Botschafter Edge in seiner gestrigen dreiein. viertelstündigen Unterredung mit dem Ministerpräsi- denten Herriot darauf hingewiesen habe, daß der Schlüs sel für eine Zusammenarbeit Amerika» mit Europa in der Abrüstung liege. Wenn nach dieser Richtung ein entscheidender Schritt getan und eventuell gleich zeitig eine Neuregelung der Wirtschaftsbeziehungen an- gebahnt werde würden di« vereinigten Staaten zu Konzessionen bereit sein. FranMsch« Bliitt«rstlmm-n zurRund- sunEre«- ReichSWEhrminist-kO Vari» 28. Juli. Alle Blkitt«r, die sich mit der Rundfunk- red« de« Re'tchmvrhrinintster» von Schleicher befchäftigen, h^ten sie für bedeutungsvoll. Ein« R«ihe von Organtn fcheint di« R«d« mung seiner Bewohner. Wir im deutschen Osten empfinden da» viel- leicht ganz besonder», weil «» ftchi verbindet mit der unaufhörlich brennenden und fortdauernd steigenden Not unserer besonderen Lage. Man täusche stch nicht darüber» die durch die sinnlose Grenzziehung her- vorgerufene Not an all unseren östlichen Grenzen, in all unseren östlichen Grenzgebieten wird nicht durch die Zeit und durch Gewöhnung an den einmal ge schaffenen Zustand irgendwie gemildert, sondern sie wächst in» Riesenhafte. Daher kann auch niemals die Rede davon sein daß wir uns jemals mit diefer Grenz ziehung abfinden könnten. Zu unseren unverjährbaren und immer wieder zu erhebenden Forderungen gehört die einer grundlegenden Revision unserer Ost grenzen. Die Deutsche Volkspartei hat dem tmmer wieder Ausdruck gegeben, und alle national denkenden Deutschen müssen sich, dem anschließen. ES ist undenk bar, daß e» je eine Regierung geben könnte, dte da von abweiche. Leider hat man allerdings nicht ver nommen, daß in Lausanne oder in den Verlautbarun gen des Reichskanzler« auch diese Forderung wenigsten« „angemeldet" wäre. ES ist eine ungeheure Belastungsprobe, der die Nerven der Ostmärker andauernd ausgesetzt sind. Ich will noch gar nicht einmal davon sprechen, daß e» ein unhaltbarer Zustand ist, daß immer wieder (auch diese» Mal wieder während der Verhandlungen in Lausanne) da» Schreckgespenst eines ,Listlocarno" auftauchen kann. Nehmen wir an, daß e» unberechtigte Furcht ist. Aber e» müßte den Ostmärkern die Sicherheit und Gewiß heit gegeben werden, daß nie und nimmer, e» komme, wie e» wolle, ein« Anerkennung de» jetzigen territo rialen Zustande» im deutschen Osten auch nur erwöge» würde! Zu diefer Furcht tritt dte maßlose wirtschaft liche und kulturelle Not im deutschen Osten, dte Vie allgemeine, unter der ganz Deutschland seufzt, noch um ein Beträchtliche» übersteigt. Da» wirtschaftlich» Elend in der Landwirtschaft, im Handwerk, in Handel, Gewerbe, Industrie — über da» Durchschnittsmaß eben falls gesteigert durch die Grenzziehung — ist so groß, daß sich die wenigsten Deutschen davon «in ausreichen de» Bild machen könnens e» ist so groß, daß die Ost märker schon aufgohört hvben, darüber »»klagens eine tiefe, an Verzweiflung.streifende Resignation Hat weit hin Platz gegriffen. Wa» bisher für den deutschen Osten zur Behebung der wirtschaftlichen Katastrophe geschehen ist, war nicht hinreichend, nicht geschickt, stiO durchgreifend. Ganz ander», groß-ügiger und shstv« matischer müßte durchgegriffen werden. RcsignMon ist die für den Osten gefährlichste Sttm- mung seiner Bewohner. Denn unsere Ostmark ist - «er- grsien wir «»nie! — auch noch in ihrem jetzigen zersetzten ES ist eine ungeheure Belastungsprobe, der die ^7 ,7.7. ' _ ? will noch gar nicht einmal davon sprechen, daß e» «in unhaltbarer Zustand ist, daß immer wieder (auch diese» Mal wieder während der Verhandlungen in Lausanne) da» Schreckgespenst eines -Lstlocarno" auftauchen kann. Nehmen wir an, daß e» unberechtigte Furcht ist. Aber e» müßte den Ostmärkern die Sicherheit und Gewiß heit gegeben werden, daß nie und nimmer, e» komme, wie eS wolle, ein« Anerkennung de» jetzig«« territo rialen Zustande» im deutschen Osten auch nur erwöge» würde! Zu diefer Furcht tritt dte maßlose wirtschaft- liche und kulturelle Not im deutschen Osten, dte Vie allgemeine, unter der ganz Deutschland seufzt, noch um ein Beträchtliche» übersteigt. Da« wirtschaftlich« Elend in der Landwirtschaft, im Handwerk, in Handel, Gewerbe, Industrie — über da» Durchschntttsmaß eben falls gesteigert durch die Grenzziehung — ist so groß, daß sich die wenigsten Deutschen davon «in ausreichen de» Bild machen könnens e» ist so groß, daß die Ost märker schon aufgehört hvben, darüber »»klagens eine tiefe, an Verzweiflung.streifende Resignation Hat weit hin Platz gegriffen. Wa» bisher für den deutschen Osten zur Behebung der wirtschaftlichen Katastrophe geschehen ist, war nicht hinreichend,^ntcht Lesch^tt, nichck matischer' müßt« 'durchgegriffen werden.