Volltext Seite (XML)
Nr. 2S4 Sonnabenä» äen 7. Dezember 1929 24. Jahrgang Pf»»«» p»Mch»e.N»at»r MM ,»«, -luer Tageblatt /lnzeiger M das Erzgebirge Sk -mtU«n> o^<u«am°chm>^,n°<-. »« «-S, m,» »., Memorandum des ReichsbanLpräsidenlen zum Noung-Plan Seger dl« Verfälschung de» Wonngpla« RetchSbankprästdent Nr. Schacht hat den zustän digen .Stellen ein Memorandum zum Youngs-Plan überreicht, indem er betont, daß, e» ihm unmöglich sei, weiter zuzusehen, wie die Absichten des Young-PlanS verschoben -»nd seine Erfolgsaussichten gefährdet wer den. Das, was inzwischen geschehen sei oder unge- strebt zu werden scheine, erfülle ihn mit der allergröß ten Besorgnis. Ter Umstand, daß die deutschen Sachverständigen sie Tragbarkeit der Young-Ziffern nicht anerkannt ha ben, legen auf das klarste die Größe der Verantwortung dar, die die Gläubtgersachverständigen auf sich genom men haben, indem sie die Ziffern für tragbar erklärten. Wenn in den Verhandlungen mit den auswärtigen Re gierungen über die Inkraftsetzung de» Young-PlanS nunmehr von Deutschland über den Young-Plan hinaus weitere große Opfer verlangt werden, so sei von vorn herein klar, daß die Tragbarkeit der Ziffern des Young- PlanS noch viel mehr in Frage gestellt und die Vert antwortung der Gläubigersachderständigen von den aus ländischen Regierungen noch stärker belastet werde. Da mit, daß jetzt nahezu jede einzelne Gläubigerregierung versuche, über den Young-Plan hinaus weitere finan zielle und wirtschaftliche Leistungen aus Deutschland herauszupressen, verstoßen die ausländischen Regierun gen gegen die ihnen ausdrücklich im Young-Plan zur Pflicht gemachte Zusammenarbeit. Tie finanzielle Ent lastung werde durch die zusätzliche Belastung, die man Deutschland außerhalb "des Planes zumute, illusorisch gemacht. Es liege keinerlei Veranlassung vor, ohne gleichwertige Gegenleistung freiwillig in irgend einem Punkte auf die Geltendmachung der KlauseS zu ver richten, daß Deutschland frühere Verpflichtungen durch den Young-Plan ersetzt werden sollen, oder Zahlungen u leisten oder Verzichte auszusprechen. Wenn Deutsch land sich« bereit erkläre, einseitige Empfehlungen der Gläubigersachverständigen zu befolgen, so müsse dage gen verlangt werden, daß die Empfehlungen der deut schen Sachverständigen ebenfalls befolgt oder andere Gegenleistungen geboten werden. In Teil 2 des Memorandum» wird au-geführt, welche neuen finanziellen Zumutungen an Deutschland gestellt worden sind; u. a. solle Deutschland auf den Ueberschuß von 400 Millionen RM verzichten, der sich aus der Ueberschneidung von DawiS-Plan und Young- Plan ergibt. Deutschland solle gerade in den ersten Jahren des Young-PlanS, deren Erleichterung für das Gelingen des Ganzen von entscheidender Bedeutung ist, eine Erhöhung der ungeschützten Annuitäten vor nehmen. Deutschland solle auf rund 300 Millionen RM aus dem liquidierten deutschen Eigentum verzichten. Deutschland solle laut deutsch-polnisch eM Vertragsent wurf auf außerordentlich« hohe EtgentumSansPrüche ge gen Polen verzichten. Alle diese Verpflichtungen, die zusammen In die Milliarden gingen, sollten ohne ir gendeine nennenswerte Gegenleistung erfolgen. In Teil 3 beantwortet Nr. Schacht die Frage, ob eine Verpflichtung aus deM Young-Plan für uns abgeleitet werden kijnne, solche Zahlungen und Ver zichte vorzunehmen, mit dem Hinweis auf Ziffer 141 des Young-PlanS, dessen einleitender Satz besage, daß jeder deutschen Konzession eine Konzession von der anderen Seite gegenüberstchen müsse. Aus der Emp fehlung der Schließung der Konten zwischen der Re- parattonskommission und Deutschland ergeb« sich, daß Deutschland alle bi» dahin noch nicht auf Reparations konto gutgeschriebenen Eigentumsansprüche zustehen. Die deutschen Sachverständigen, die schon die Ziffern des Young-Plan» nicht für tragbar gehalten haben, waren erst recht nicht gewillt, Verzichte auf deutsche Ansprüche zuzugestehen. Wenn die deutsche Regierung trotzdem jetzt auf solche Ansprüche verzichten sollte, so gehe sie damit über den klar erkennbaren Willen der deutschen Sachverständigen hinaus und übernehme eine Verantwortung, die ihre Sachverständigen ausdrücklich ab gelehnt haben. ES sei auch nicht die leiseste Be gründung im Young-Plan enthalten, verzichte und Zahlungen ohne gleichwertige Gegenleistungen -u-u- sagen. _ .. In Teil 4 'des Memorandum» führt Dr. Schacht u. a. au», daß eine weitere unerläßliche Voraussetzung «für die deutsche» Sachverständigen in Hart» die End schlosst»-eit der Lieichrregieruna war, .iM ftnanztall« Gebaren von Reich, Ländern und Gemeinden eine dauernde Ordnung zu schaffen und die Tragung der schweren Lasten de» Young-PlanS durch eine inner wirtschaftliche' Erleichterung der deutschen Produktion zu ermöglichen. In beider Hinsicht sei seit der Unter zeichnung des Young-Plan» nicht das Geringste ge schehen. Tas materielle Gleichgewicht des Haushalt» sei nicht hergestellt worden. Es sei schon heute mit Sicherheit zu übersehen, daß die Einsparung aus dem Young-Plan nicht nur nicht zu einer Lastenvermindei- rung führen, sondern nicht einmal zur Deckung der jetzt bereits übersehbaren Fehlbeträge ausreichen werde. Heber die Einsparung des Young-PlanS sei längst verfügt, und die deutsche Wirtschaft stehe nicht vor einer Lastensenkung, sondern vor einer Lastenerhöhung. In Teil 5 bezeichnet Dr. Schacht die Situation, vor der er sich als deutscher Mitunterzeichner de» Young- Plans befinde, folgendermaßen: Der Young-Plan ist getragen von dem ganzen sittlichen Ernst und dem Verantwortungsgefühl seiner Verfasser nicht nur ge genüber ihren eigenen Völkern, sondern gegenüber der ganzen zivilisierten Welt. ES muß verlangt werden, daß die Regierungen nicht durch Hervorkehrung ein? seittger Interessen dieses FriedenSwerk gefährden. Ich für meinen Teil muß es auf das bestimmteste ablehnen, für die Inkraftsetzung des Young-PlanS verantwort lich gemacht zu werden, wenn seine Absichten und Bor- j aussetzungen in einer Weise mißachtet werden, wie eS nach den derzeitigen Maßnahmen und Forderungen der Fall zu sein scheint. ' Das deutsche Volk muß erwarten, daß die auslän dischen Regierungen endgültig ihre Versuche ausgeben, über den Young-Plan hinaus Sonderletstungen und Sonderverzichte aus der deutschen Wirtschaft herauS- zupressen. Sie müssen wissen, daß sie durch eine der artige falsche Politik die Verantwortung dafür auf sich laden, wenn der Young-Plan von Vornherein mit schweren Störungen zu rechnen bat^ und die Mobi- lisierung der Annuitäten, gefährdet wird. Von der deutschen Regierung aber muß verlangt werden, daß sie keinerlei zusätzliche Leistungen bewilligt. ES muß ferner verlangt werden, daß sie, bevor der Young-Plan von ihr endgültig angenommen wird, Ordnung in den Haushalt von Reich, Ländern und Ge meinden bringt und die Zurückführung der Belastung des deutschen Volkes auf ein Maß Vorsicht, das mit der Ertragsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verein bar ist. Gerade diejenigen, die mit mir der Meinung sind, daß der Young-Plan ein endgültiges Friedensinstrument ist, ein Plan, der die internationale Zusammenarbeit und da» Gedeihen der deutschen Wirtschaft vorausge setzt und ohne diese beiden Voraussetzungen nicht durchführbar 'ist, müssen verlangen, daß alle» getan wird, um diese Voraussetzungen zu erfüllen. Ich habe mit allem Nachdruck di« Agitation gegen den Young-Plan bekämpft, ich halte da» eingeleitete Volksbegehren, da» dieser Agitation dient, für einen schweren Fehler, weil e» eine sinn- und kraftvolle Verteidigung unserer Interessen unter dem Young-Plan untergräbt. Aber gerade weil ich mich für die An nahme de« Young-PlanS einsetz«, wünsche ich nicht tetlzuhaben an seiner Verfälschung. SS wäre eine Selbsttäuschung der Welt, zu glauben, wir könnten über die Young-Zahlungen hinaus noch« wettere beliebig« Millionen oder Milliarden zahlen oder auf Eigentums rechte Verzichten. E» wäre eine Selbsttäuschung de» eigenen Volke», zu glauben, daß A oder womöglich noch gesteigerten Wirtschaftsbelastung die Young-Zahlungen und womöglich noch zusätzliche Beträge aufzubringen in der Lage ist. Ich will und werde nicht dazu beitragen, daß eine solche Täuschung Platz greift. (gez.) Dr- Hjalmar Schacht. Vie Krise bei <ien veurscknLtionLien Nie Harteikrist» der Deutschnationalen Vollspartei nimmt ihren normalen Fortgang. Wohl sink in den letzten zwölf Stunden keine neuen Austritte au» der Reich»tag»fraktion erfolgt, doch ist mit wetteren zu rechnen. Der frühere Retchsverkehrsminister «och hat als Vorsitzender des Rheinischen Landesverbands» seine Vertrauensleute auf den nächsten Sonntag ein berufen. Bon ihrer Stellungnahme dürfte feine Ent scheidung nicht unwesentlich beeinflußt werden. Inzwi schen ist bereits der zweite Borgende des Retchsver- bandeS der Deutschen Industrie F r o w e i n - Elberfeld aus ^der Deutschnationalen Volkspartet ausgetreten. Die Austritte mehren sich. Schon hat der Kampf in die Landesverbände übergegriffen. Der von dem früheren Reichstagsabgeordneten Rippe! geführte Landesverband Westfalen-Süd ist bereits auf die Seite der ausgeschiedenen Christlich-Sozialen übergetre- ten. Hugenbergs „Lokalanzeiger" kündigt an, daß es in diesem Landesverband „unzweifelhaft sehr scharfe Kämpfe" geben wird. Man kann schon sagen, daß der Kampf auf der ganzen Linie entbrannt ist. Wie wir aus den Kreisen des Stahlhelms erfahren, hat der Kampf auch bereits auf den Stahl helm übergegriffen. Die Darmstädter Rede de» ersten BundeSsührerS Franz Seldte, die da» Fort treiben der Hugenbergaktion «Endet, den „Angriff ohne Pause", muß auch im Stahlhelm zu einer Schei dung führen. Auch hier geht der Kampf, genau wie in der Deutschnationalen Volkspartei, um > den tief gehenden Unterschied der Auffassung über die sachlichen Notwendigkeiten. > Begreiflicherweise hat der Kampf in der Deutsch nationalen .Volkspartei jetzt schon diedeut sch natio nale Presse beeinflußt. Als führende Blätter der deutschnationalen Opposition können die „Berliner Börsenzeitung" und die „Deutsche Tageszeitung" an gesehen werden. Tite „Berliner Börsenzettung" rechnet in ihrer Nummer 565 mit dem Hugenberg-KurS also ab: „Wir sind, al» Beobachter der Vorgänge im parv lamentarischen Leben, der Meinung, daß e» nicht gut für die Deutschnationale Vollspartei ist, wenn sie gei gen Leute, die im eigenen Lager eigene Ansichten äußern, mit Mitteln vorgeht, die bisher unsere» Wissens nur in der Kommunistischen Partei gehandhabt wurden. Wir weisen auch darauf hin, daß es auffallend ist» wenn Männer, die den Mut haben, eine eigene, wenn auch nicht amtliche Meinung zu äußern, ungefähr so behandelt werden, wie die Par- teien 'mit parlämentarischen Sklarek-Schiebern umzu gehen pflegen." Mm Donnerstag morgen bringt die gleiche Zeitung einen Leitartikel des Abg. Schlange- Schöningen „Der überschrittene Rubikon", der mit dem Satze schließt: „Der größte AktiviSmuS, den man für die kommenden Stunden der Gefcchr bekunden kann, ist der Wille zur Zusammenfassung aller Kräfte des Bür gertums und der nationalen Arbeiterschaft über allzu enge Parteischranken hinweg, damit Deutschland nicht im Strudel eines zweiten 9. November endgültig ver sinkt." Die „Deutsche Tageszeitung" gibt offen zu, daß es sich jetzt nicht mehr um eine Krisis lediglich inner halb der Fraktion handelt, des immerhin wichtigsten politischen Organ», es handelt sich um eine Krise der Partei selber. Das agrarische Blatt bedauert den Rücktritt des Grafen Westarp vom landwirtschaftlichen Standpunkt überaus. Wenn es nicht gelungen ist, die Partei zusammenzuhalten, so liegt der Grund dafür in erheblichem Maße in der Unnachgiebigkeit des Partei führer», „der aus einer lleberspannung des Disziplin begriffe» heraus die Lage bi» zur Unlösbarkeit kom plizierte." Der frühere ReichSernLhrungSmtnister Schiele, der der „Deutschen Tageszeitung" nahesteht, shmpathisiert offen mit der Opposition, hat sich feine endgültige Entscheidung aber noch Vorbehalten, da er offenbar der Meinung ist, daß die bevorstehende Poli tische Niederlage Hugeuberg- beim Volksentscheid .zu einem baldigen Rücktritt de» Deutschnationalsn Partei vorsitzenden .führen wird. Mit seiner endgültigen Stellungnahme ist daher erst.nach dem 22. Dezember zu rechnen. La» gleiche gilt von mehreren anderen Mitgliedern der Heutfchnationalen ReichstagSfraktion. Graf Westarp und ReichSlandbundvorfitzender Schiele werden, wie die „Kreuzzeitung" vom! Trettag, denk 6. Dezember, versichert, ihre politischen Linien Wetter verfolgen, wenn auch unter veränderten, „aber «och immer nicht endgültig geklärten derhältntssen. Ta» geht eindeutig au» der Erklärung de» Grafen Westarp hervor, die besagt, „daß unter diesen Umstän den ihm tt» der Fraktion die ALHrung ein« Holtz»