Volltext Seite (XML)
iuei i>!2. M»lr lstsn^si-ir I 111886 illlllllllllllllllll»» 6llt8. »IIIIIIIIIIIIIII»»» er.öäLrcken » wlt vlek » ^IdLNl 01«» p«el« !«rm»nn Plot» en unc> von lre». balleiick vom lerscklmmel en dauern, n u.1°ünne!i el'gl'üml n »urlöst. Kus äereunen. ru retten, »berickt. '/.y Obr. «eutirsns iila Kai /am >92- Nr. IS7 1. öeilage zum Nuer Tageblatt Donnerstag, -en 9. Mak Rund um die Wett Ueberfall auf einer Serllner Straße Naubmorö tu Sreslau tn ein« gewiss« Hörigkeit zu der Mich geraten ist und daß er den Ueberfall begangen hat, um sich Mittel zu beschaffen, wie er sie infolge dieser Beziehungen nötig hatte. Böhm ist mit Zuchchau» und Gefängnis schwer vorbestraft. 6000 Mart Wohlfahrt-gelber geraubt Gestern früh gegen 8 Uhr wurde der 40 Jahre alte Kassenbote des Wohlfahrtsamtes Tiergarten, Rzyska, in der Wullenweberstraß,e vor der Zahlstelle des Wohlfahrtsamtes überfallen und beraubt. RzhSka hatte von der Hauptkasse des Bezirksamtes einen Betrag von etwa 6000 RM abgeholt, um sie nach der Zahlstelle zu bringen. Al» er sich dem HauSeirv- gang näherte, kam ihm in ganz langsamer Fahrt ein Auto entgegen, aus dem sich plötzlich zwei Männer schwangen, die sich durch Autokappen und Autobrtl- len maskiert hatten. Beide stürzten sich auf den Bo ten, der eine entriß ihm die Tasche mit dem Gelds und der andere bedrohte ihn mit einem Revolver." Ehe RzhSka noch recht zur Besinnung kam, sprangen die beiden Räuber wieder in ihren Wagen und jagten davon. Eine Schupostrcife, die der Bote alarmierte, versuchte vergeblich, ein Auto zu finden, um die Räu ber zu verfolgen. Tsie Ermittlungen der Kriminal polizei ergaben, daß, der Raubüberfall von langer Hand vorbereitet sein muß. Der Beamte, der seit drei Jahren seinen Dienst versieht, hatte bei seinen Gän gen des öfteren andere Wege eingeschlagen, um einen eventuellen Ueberfall zu erschweren., Alle seine Vor sicht hat sich aber der Hartnäckigkeit der Räuber ge genüber, die ihn seit längerem beobachtet haben müs sen, als vergeblich erwiesen. HekücbranS in ?er Mtwack 15 000 Morgen in Flammen Seit vorgestern nachmittag brennt ein großer Teil der Letz- linger Heide bei Salchau südöstlich 'von Gardelegen in der Altmark. Sämtliche Feuerwehren aus der Umgegend sind her« beigezogen. Pioniere, Schutzpolizei und Technische Nothilfe aus Magdeburg sind alarmiert. Ein ungünstiger Wind schürt das Feuer. Der Ort Salchau -st gefährdet. Das Feuer hat sich auf eine Fläche Von schätzungsweise 15 000 Margen ausgedehnt. Ein Arbeiter ist mit schweren Rauchvergiftungen ins Uran- kenhaus Gardelegen eingeliefert worden/ein zweiter Arbeiter wird noch vermißt. Das Feuer ist jetzt gelöscht. > ze aabsklNA Schwierige Bergung der Toten „Journal" meldet aus Bourges, daß gestern ein Flug zeug, besetzt mit zwei Unteroffizieren und drei Soldaten bei einem Uebungsfluge über dcni Artillerieschießplatz von Bourges abgestürtzt ist. Es löste sich plötzlich die eine Tragfläche des Flugzeuges. Die gesamte fünsköpfige Besatzung des Flug zeuges wurde auf der Stelle getötet. Die Bergung der Leichen war sehr schwierig, da sich unter den Trümmern des Flug zeuges zwei noch nicht explodierte Bomben befanden und Ge fahr bestand, daß diese bei den Bergungsarbeiten plötzlich explodieren würden. Ein leeres fiuto fährt in e ne Mnäerprozeffion Gestern rannte ein unbesetztes Auto in eine Kin dergruppe, die in Dachau gerade eine Prozession ver anstaltete, Hinein und überfuhr fünf Mädchen, von denen zwei lebensgefährlich verletzt wurden. Ter Chauffeur versichert, beim Verlassen des Wagens die Bremse richtig angezogen zu haben. Wahrscheinlich hatten spielende Kinder sich daran zu schaffen gemacht. Mm Montag gvurde die 68jährige Grünkram händlerin Amalie Math» in ihrem Grünkramgeschäft in der Rosenthaler Straße S durch Aeilhiebe getötet aufgefunden. Geraubt worden sind nur 20 RM. Als Mörder der Händlerin wurde kurz vor Mitternacht der 60 Jahre alte Rentenempfänger August Böhm ver haftet. An seinem Mantel und seinen Händen wur den Blutspuren sestgestellt. Er bestreitet jede Schuld und will abends zu seiner Geliebten gegangen sein.' Mess, eine gewisse Liesbeth Misch, wurde von der Polizei gleichfalls verhaftet. Es scheint, daß Böhm StrekchhSlzer kn kin-erhan- Großfeuer im Naturschutzgebiet in der Lüneburger Heide In Undeloh entstand gestern mittag ein -großes Schaden feuer, 'bei dem zwei Wohnhäuser und vier Scheunen einge- äschert wurden. Das Feuer soll durch mit Streichhölzern spie lende Kinder verursacht worden sein. Glück km Unglück Auf dem Bildberge bei Ruppersdorf (Böhmen) fuhr «in Personenauto an einen Meilenstein überschlug sich zweimal und Kulturgeschichtliches von den Pocken Die gegenwärtig in England herrschende Pockenepidemie und die daran sich knüpfenden Auseinandersetzungen zwischen den englischen und französischen Gesundheitsbehörden, die bei nahe zu einer diplomanschen Spannung zwischen den beiden Staaten geführt hätten, haben das Interesse der Öffentlich keit wieder auf diese furchtbare Krankheit «gestickt, die bei uns glücklicherweise schon säst vergessen ist, jedenfalls fast mar keine Rolle mehr in den Kraukhcitsstatisti'ken spielt. Die Wiege der Pockencpidemie ist unzweifelhaft der ferne Osten, soll doch nach uns 'ÜberkonrmeNden Berichten das Heer Alexanders des Gro ßen nach seinem Einmarsch in Indien durch eine Pockenepide mie vernichtet worden sein. Auch noch ältere indische llcber- lieferNngen lassen erkennen, daß die Blattern- oder Pocken epidemien seit «MeNschengedercken Indien verseucht haben. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, daß in Indien diese schreckliche Menschheitsgeisel .als von dösen Göttern gesandt angesehen wurde, und daß diesen dösen Gottheiten, um sie zu versöhnen, ungeheuerliche Opfer geweiht wurden. Ein nieder ländischer ForschungsrciseNder, Wrldaeus, berichtet in seiner aus dem 17. Jahrhundert stammenden Beschreibung der ost indischen Küste von einer dort verehrten Pockengöttin, Patra- gali, die als Symbol ihrer furchtbaren Macht 16 Arme und 8 Gesichter hat. Sie soll einstmals 'ihren Water vor einem verderdenbrohenden Ungeheuer befreit haben. Enttäuscht darüber, daß sie nur eine Pevstnhalskette zur Belohnung da- ' für empfing, soll sie ihrem Water die Perlen ins Gesicht ge worfen hüben, das sich dann alsbald mit Mattern bedeckte. Auch der höchstverehrten Göttin der Parias, der niedrigsten ' indischen Kaste, wird die Macht, Pocken zu senden und zu ban nen, zugeschrieben. Dieser Göttin, Marsatale, worden, uni ihre Gunst zu erringen prunkvolle Feste gegeben, bei dtznen sich die Parias den grausamsten Kasteiungen unterwerfen. Diese Göttin soll einst zur Strafe für ein Vorgehen auf Be fehl 'ihres Gatten enthauptet worden sein. Allein ihr Gatte soll daun, bezwungen von dem Schmerz des Sohnes, diesem erlaubt hüben, den Körper der Mutter wieder gusammen- znfügen und Die Tote wieder zum Leben 'zu erwecken. Durch einen verhängnisvollen Fehlgriff soll dann der Sohn dem Rümpf der Mutter den Kopf" eines Mörders aufgesetzt Haben j— ein Motiv übrigens, das Goethe in der ergreifenden Le gende seiner Paria-Dviloqie verwertet hat. So zu einem neuen Dasein erweckt, mußte Marsatwle durch den Zwang der Bindung an das Haupt eines Mörders die Mrchterlichsten Grausanckoi'ten begehen, bis ihr endlich tzUr Entsühnung die Macht der Pockenhcilung von den Göttern verliehen wurde. Auch in den primitiven dramatischen Spielen der Inder, die durchweg auf uralte Kulturigebränche zurückgehen, findet man Darstelttüngen der Eigenschaften 'und der Macht dieser beiden gefürchteten Pockengöttinnen. Die vielfach unterschätzten medizinischen Künste der öst lichen Völker haben 'Übrigens schon lauge vor der Anwendung der Schiitzpockenimpfung in Europa ganz ähnliche Methoden gezeitigt. Man Pflegte in Indien eine Art Impfung mit den echten Pocken vorzunehmen, eine Methode, die zu Anfang des 18. Jahrhunderts durch die ^Engländerin Lady Montagne nach Europa gebracht wurde und daun von Jenner zur Kuhpocken- schiltziurpfung ausgebaut Wurde. Die Impfung mit echten Pocken, mit der man sich noch ziemlich lange behelfen mußte, schildert Johanna Schopenhauer, die Schwester des bekannten Philosophen, in ihrem autobiographischen Werk „Jugendlieben und Wanderbilder" folgendermaßen: „Wassersuppe, Tse ohne Milch, Weißbrot, Zwieback und Johannisbeergelee war di« damals sür unumgänglich notwendig gehaltene vorbereitende Diät, der wir uns viele Tage lang unterwerfen mußten, bi endlich der zur Ausführung des großen Wagestücks bestimmte Tag herankam. Die halbe Stadt war auf den Ausgang des selben gespannt, nnd viele fromme Seelen nahmen em große- Aergernis daran. Unsere Eltern, wir drei unglücklichen Hauptpersonen, Dr. Wolf, Herr Mixius, unser Wundarzt, di« Kindeimuhme und unser Jungsernmäidchen, das alles wurde an einem recht unfreundlichen Apriltag in Kutschen gepackt und im abgelegensten Winkel der Stadt, mitten in einem sehr schmutzigen'Hühnerhose, vor einem alten, ärmlich aussehenden Hause abge'laden, dessen Schwelle wir uns nicht nähern durf ten, aus Furcht, von den im vierten Mock liegenden Blattern kindern innerlich angesteckt Ku werden, was Dr. Wolf für lebensgefährlich erklärte. Da saßen wir nun unter freiem Himmel, zitternd vor Angst und Kälte, umschnattert von Gän sen und Enten, umschuüsfelt von neugierigen Ferkeln. Einer jeden von uns brachte Dr. Wolf mit einer in Wlattereiter ge tauchten goldenen Nadel acht kleine Wunden bei, zwei an jeder Hand, zwischen Zeigefinger und Daumen, und zwei auf jedem Knie. Daß wir dabei «ine ziemliche Weile vor allen Leuten mit bloßen Knien dasitzen muhten, um das Gift eiu- träufeln zu lassen, war in dieser herber: Stund« nicht da- Ge ringste meiner Leiden . . . llsberhaupt wurde sie mit einer umständlichen Weitschweifigkeit ausgeführt, von der man sich heutzutage kaum einen Begriff machen kann. Zu jeder der acht kleinen Wunden, die wir erhielten, mußte neuer Eiter von den Blatterkranken geholt werden, folglich mußte Herr Nixius Mural bis zuim vierten Stock hinaus und wieder herab steigen. In der Haustür« nahm das Jungfernmädchen ihm die Nadel ab, um der so gefürchteten inneren Ansteckung vor zubeugen. Dann erhielt sie die Kindermuhme, daraus die 'Mut ter rind endlich Dr. Wolf. Halbtot waren Wir, als wir zu Hause ankamen. Bei der mit großer Konseguenz fortgesetzten mageren Diät kamen wir endlich ganz von Kräften. Nach geglückter Kur besuchten uns alle Gekannten. Das Vorurteil gegen das Impfen hatte einen Stoß erlitten, der sich endlich als tödlich erwies."