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Beilage zu Nr. 204 de» Auer rageblatte» und Anzeiger» für da» »rzgeblrge. Freitag, den S1. August 1222. dir Aussperrung in -er Herren- «nö knabenkonseklion. Nach.den Schätzungen des Deutschen Bekleidung», arveiterverbandes find im Reiche bisher 20—25 000 Bekleidungsarbeiter und --arbeiterinnen ausgesperrt. Etwa 20 000 KonfekttonSarbeiter seien bisher von der Aussperrung nicht betroffen. In den vom Verband ein berufenen Versammlungen beharrten di« Versammelten auf der ursprünglichen Forderung einer 20prozentigen Lohnerhöhung. Die Reichsbranchenleitung des Deut schen Bekleidungsarbeiterverbandes teilt mit, daß in den von der Aussperrung betroffenen Firmen auch den Zuschneidern gekündigt worden sei, und daß man sie unter Auszahlung .des bis Zur Kündigungsfrist fälli gen Lohnes sofort entlassen habe. Bestechungrgelder an einen Direktor dtr Berliner Elektrizitätswerks. Bor dem Mosten Schöffengericht Eharlottenburg standen unter der Anklage des versuchten Betrugs und der Unterschlagung zwei Angeiellte deS Etsenbahnbau- und TiesbaugeschästS Heinrich Kutzner. Die Firma Kutzner Hat in den letzten Jahren, insbesondere in den Jahren 1924 und 1926, sehr grosse Aufträge von der Reichsbahn und den Berliner städtischen Behörden er halten. In der Verhandlung kam nun zur Sprache, daß ,tn riesigem Umfange mit Bestechungögeldern bei allen möglichen Behörden gearbeitet worden war. Ge waltige Aufträge der Berliner Elektrizitätswerke flös sen ihr zu, und sie zahlte 1925 allein an den später verstorbenen Direktor der Elektrizitätswerke, Edlich. 95 000 Mark Bestechungsgelder. Der Vorsitzende er klärte: ,„Jch möchte darauf aufmerksam machen, daß aus Grund dieser Enthüllungen die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Unbekannt einleiten wird, in dem nach den Beamten gefahndet wird, die sich in so scham loser Weise Haben bestechen lassen. Die müssen raus aus dem Dienst." Ein großzügiges Wahnnngöbauprogramm für Frankfurt a. Ai. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte einem Bau programm zu, das für die nächsten vier Jahre 16 000 neue Wohnungen vorsieht. Die Kosten belaufen sich auf 160 Millio nen Mark. Zu den Vorgängen bei der Sparkasse St. Ingbert. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband teilt mit „Seit Beginn des Saarregimes ist jeder Verkehr (auch Korre spondenzverkehr) zwischen den saarländischen Sparkassen und den von früher'her zuständigen deutschen Sparkassenverbänden untersagt und auch tatsächlich unterbrochen. Insbesondere mußten die bei den deutschen Sparkassen eingeführten Revi sionen und Kontrollen bei den Kassen des Saargebiets unter bleiben, ohne daß entsprechende ausreichende Maßnahmen der Saarregierung getroffen und durchgeführt wurden. Das Fehlen jeglicher geordneter Nevisionstätigkeit ist der Grund, weswegen die jetzt in St. Ingbert festgestellten Mißstände in diesem Ausmaß überhaupt einreisen und durch Jahre ver schleiert werden konnten." Ein D°Zug durch einen Achsenschaden ausgehalten. Der D-Zug Berlin—Riga wurde am Mittwoch früh zwi schen Insterburg und Gumbinnen durch einen plötzlich aufge tretenen Schaden an einer Tenderachse aufgehalten. Der Schaden wurde von dem Lokomotivpersonal sofort bemerkt. Der D-Zug wurde vor der Einfahrt in Gumbinnen zum Hal ten gebracht. Da nach dem Befund eine Weiterfahrt des Zuges nicht möglich war. mußte das Eintreffen einer neuen Maschine abgewartet werden. Der Zug wurde mit zweistün diger Verspätung weitergeleitet. Die nur beis Eydtkuhnen reisenden Personen wurden bereits von dem nächsten Perso- nenzug ausgenommen. Die Entstehung des Schadens ist auf einen Materialfehlcr zurückzuführen. Geständnis des Kreditbriesfälschers. Laut „Vossischer Zeitung" hat der Kreditbriesfälscher Hugo Marchestni, das Haupt der Fälscherbande, der bisher die ihm zur Last gelegten Straftaten bestritten hatte, ein Geständnis abgelegt. Der „Meteor" auf der Suche «ach de« vrörrlmrdsliegrru. Das deutsche Vermessungsschiff „Meteor", daS stch gegen wärtig in den isländischen Gewässern aufhält, hat von der Marinelettung den Auftrag erhalten, soweit es ihm im Rah men seiner Aufgabe möglich ist, nach den beiden amerikanischen Fliegern, die in Grönland verschollen sind, Ausschau zu halten. Notlandung eines Verkehrsflugzeuges. Das auf der Linie Hamburg—Frankfurt a. Main verkeh rende Flugzeug D 877 erlitt gestern nachmittag über Waldeck Propellevbruch und ging im Gleitflug nieder, um stch einen geeigneten Landungsplatz zu suchen. Dabei brach der zweite Propeller. Bei der unweit Altwtldungen erfolgten Notlandung zersprang dann auch der dritte Propeller. Das Fahrgestell wurde beschädigt, auch die Tragflächen trugen Beschädigungen davon. Me Fluggäste, die sämtlich unverletzt blieben, setzten ihrer Reise mit der Bahn fort. Von einer stürzenden Mauer getötet. Bei der Einfahrt in den Hof der von der 4. Sächsischen Nachrichtenabteilung Dresden als Quartier benutzten Real schule in Zeulenroda rannte ein Lastauto der Abteilung gegen einen Pfeiler. Der Pfeiler stürzte um und riß einen Teil der Mauer mit. Drei hinter der Mauer spielende Kinder im Al ter von sechs bis sieben Jahren wurden von den stürzenden Mauerftücken getroffen und schwer verletzt. Das sechsjährige Söhnchen eines Fabrikanten starb bald nach dem Unfall. Nach der sofort eingeleiteten Untersuchung soll den Wagenführer keine Schuld wessen, da die Bremse des Wagens versagt hat. Cornelius BronSgcest in Lebensgefahr. Ein Auto, in dem sich der Kammersänger Cornelius Bronsgeest befand, wurde gestern, nach einer Meldung, am Jnnsbrueckr Platz in Berlin-Schöneberg von einem Straßen bahnwagen ungefähren. Der Kraftwagen wurde zertrümmert, Bronsgeest blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Autounfall des Grafen Thun. Graf und Gräfin Thun, letztere eine geborene Prinzessin von Hohenlohe-Waldenburg, die seit einigen Wochen mit ihren Kindern im fürstlichen Schlosse zu Waldenburg (Oberarm Oehringen) zu Besuch weilten, wollten am Montag früh mit dem Auto die Helrureise nach München antreteri. Kurz nach Waldenburg kam das Auto auf der schlüpfrigen Straße ins Schleudern und stürzte, sich überschlagend, die Böschung hinunter. Alle Insassen wurden aus die Straße geschleudert. Dabei erlitt die zwölfjährige Tochter so schwere Verletzungen, daß sie, ohne das Bewußtsein wiedcrerlangt zu haben, ver schied. Der Graf und die Gräfin erlitten Abschürfungen; der Sohn kam mit dem Schrecken davon. Avtounsall bei einem Bahnübergang. Am Dienstag abend ist auf dem Haltepunkt Ottendorf (Württemberg) ein Personenkraftwagen, der die Schranke in folge Versagens der Bremse durchfahren hatte und erst auf den Schienen zum Stehen kam, von der Lokomotive des Güter zuges 6738 erfaßt und zertrümmert worden. Der Wagenfüh rer, außer dem stch niemand in dem Kraftwagen befand, konnte noch rechtzeitig aus dem Wagen springen und kam unverletzt davon. Selbstmord des Schriftstellers Bäumer. In seiner Wohnung in Berlin, Thomasius-Straße 8, fand man um 11 Uhr mittags den vierzig Jahre alten Schriftsteller Ludwig Bäumer mit Gas vergiftet tot auf. Wirtschaftliche Sorgen sind die Gründe zum Selbstmord. Ein drittes Todesopfer des Typhus in Potsdam. Im Potsdamer St. Joseph-Krankenhaus ist in der Nacht zum Mittwoch eine ältere Frau am Typhus gestorben. Dies ist der dritte Todesfall seit Beginn der Potsdamer Epidemie. Bus offener Straße erschlagen. In der Danziger Straße in Berlin wurde gestern nach mittag der 29jährige Gastwirt Priesmuth vor seinem Haust von zwei unbekannten Männern überfallen und niedergeschla gen. Priesmuth erlitt schwere Verletzungen, denen er bald daraus erlag. Die Täter sind flüchtig. Beim Schaukeln vermiglückt. Der sechsjährige Fabrikarbeitersnhn Rudolf Vogt aus Schönborn (Böhmen- stürzte beim Schaukeln auf einer Wäsche stange so unglücklich von dieser herab, daß er sich einen Bruch des Oberschenkels zuzog. einigermaßen gerecht wird." einstimmig angenommen: Vereins zu Königsberg weist in aller Oesfent!ichkeit^un^ mit größtem Nachdruck darauf hin, daß eine Anpassung der An sätze der Deutschen Arzneitaxe, deren Arbcitspretse noch unter dem Friedensstande liegen, an die veränderte Wirtschaftslage eine unaufschiebbare Notwendigkeit geworden ist. Die Haupt versammlung beauftragt daher den Vorstand, sich mit allem Nachdruck dafür einzufetzen, daß durch die Gestaltung der Arz neitaxe 1959 die wirtschaftliche Sicherstellung der deutschen Apotheke gewährleistet wird." Internationale BmhdruckervWmg in «k«. vom 5. bis zum 9. SMember dieses Jahres findet in Köln die 58. Hauptversammlung des Deutschen Buchdrucker vereins, dem die führenden Buch- und Zeitungsdruckereien Deutschlands angehören, und gleichzeitig der 2. Internationale Buchdruckerkongreß statt. 22 Buchdruckerorganisationen aus Belgien, Dänemark, Danzig, England (mit allein über 100 Teilnehmern), Estland, Finnland, Holland, Island. Italien, Jugoslawien, Lettland, Luremburg, Norwegen, Oesterreich, Polen, Schweden, Schweiz, Tschechoslowakei, Ungarn und den Vereinigten Staaten von Nordamerika haben ihre Teilnahme am Kongreß anaemeldet. Me Initiative zu dem diesjährigen 2. Internationalen Buckdruckerkongreß in Köln ist von der Arbeitgeberorganisation des Deutschen Buchdruckgewerbes, dem Deutschen Buchdruckerverein, ausgeganaen, um die im Jahre 1923 auf dem Kongreß in Göteborg (Schweden) aufgenomme- neu internationalen Beziehungen zwischen den Buchdruckerei. besttzern der Kulturwelt aufs neue zu festigen und zu ver- tiefen. 64. Hauptversammlung deS Deutschen Apothekervereins. Die 54. Hauptversammlung des Deutschen Apothekerver- eins wurde gestern durch den Vorsitzenden Dr. Saltzmann« Berlin in Königsberg eröffnet. Nach längerer Aussprache wurde mit Stimmenmehrheit der vom Vorstand und Wirt- ^ckmftsrat unterbreitete Vorschlag angenommen, in dem es „Der Deutsche Apotheker-Verein ist zurzeit ntcht in der Lage, einer Erhöhung der Gehaltssätze vorzunehmen, Venn nicht die deutsche Arzneitaxe den berechtigten Forderungen der Apotheker und damit „der allgemeinen Teuerungszulage ^Ferner würde folgender vom Vorstand vorgelegte Antrag „Die" 64." Hauptversammlung des Deutschen Apotsteker- Vereins zu Königsberg weist in aller Oesfenllichkett und mit ssung der An ise noch unter 4. Tagung der Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner. Aus der Tagung der Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner u Trier erstattete der 2. Vorsitzende Nümmele den Gewerk- chaftsbericht. Er erklärte u. a., die Wurzel aller Ver- ch l e ch t er u n g e u im Dienst- und Arbeitsverhältnis habe bren Nährboden in den Dawes ab gaben. In einer einstimmig zu der Frage Personal und Betriebssicherheit an genommenen Entschließung wird gesagt, daß der Zustand des Oberbaues und der Sichersteitseinrichtungen der Reichsbahn zweifellos in vielen Fällen die Hauptursachs für die in letzter Zeit vorgekommenen Eisenbahnunfälle sei. Doch auch die Per- svnalpvütik der Reichsbahn bedeute ein« Gefährdung der Be triebssicherheit. Jährlich würben bei der Reichsbahn 7000 Köpfe eingespart. Die Dienstvorschriften sähen bis zu sech zehn Stunden Dienst vor. Der überwiegende Teil des Perso uais müsse täglich zwölf Stunden leisten. Auf der ganzen Li nie herrsche ein starrer Personalmangel. Die Gewerkchaft Deutscher Eisenbahner verlange eine Nachprüfung der Drenft- vorschriften unter Mitwirkung des Personals. Die Dienst- dauervorsckriften seien unter Ausschaltung des Begriffs Dienstberettschaft umzugestalten. Der Personalabbau sei ein- zustellen. Die deutsche Sprache im Baltikunu Auf einer Konferenz der Lehrer der baltischen Staaten, die in Kowno abgehalten wurde, spielte die Frage der ersten Fremdsprache in den Schulen eine Rolle. Die Letter: und Esten forderten die Einführung der deutschen Sprache, als der wichtigsten modernen Sprache für die Schulen im Baltikum, die Litauer dagegen verieidigten dis Notwendigkeit der eng lischen Sprache. Schließlich wurde eine Entschließung in dem Sinne angenommen, daß die deutsche Sprache an erster Stelle stehen soll. Die Letten und Esten befürworteten die Einfüh rung der russischen Sprache an zweiter Stelle. Es wird ein.ungelöstes Rätsel des Lebens bleiben, warum sich eine Fliege just immer auf etwas Zerbrechliches setzt, so bald man eine Fliegenklatsche in der Hand hat. Louisvtlle Times. „Lieblcr u. Co. is doch 'ne jroße Firma — da is doch Jeld die schwere Menge. Wozu die wat schenken?" Fritz hatte viel Mühe, ihr die Gründe klarzumachen, die ihn bewogen, die Stelle anzunehmen. „Schön, det mag allens sind, wie et will, denken Se doch aba mal an, am 1. Januar soll'n Se antreten, von da an arbeeteu Se sor umsonst een janzcs langes Jahr!" Fritz erschrak. „Ein ganzes langes Jahr!" Es kam ihm jetzt zum Bewußtsein, was das hieß. Ein ganzes langes Jahr als unbezahlter Volontär arbeiten, das hatte er nie in Berechnung gestellt. Vorwärts zu kommen, hatte er gehofft, wenn auch nur langsam Schritt für Schritt, aber doch vor wärts. Nun blieb er ein Jahr stehen. Und ein Zurück gab es nicht: er hatte sich bereits kontraktlich verpflichtet. Nun hieß es, ein ganzes langes Jahr Abend für Abend im Kino-Palast Hinterm Vorhang sitzen und Klavier pauken. Entsetzlich! Nicht auszudenken war es. . . Das junge Paar wurde von der Hochzeitsreise zurück erwartet. Lene Lieb hatte das Haus im Tal mit Tannen grün schmücken lassen und in den Zimmern auf Tischen und Tischchen Vasen mit Blumen und buntem Herbstlaub gestellt. Paula wurde von Lene hcrbeigerufen, daß sie alles be wundere. „Es ist hübsch, sehr hübsch", sagte sie anerkennend. „Du wirst doch zum Empfang kommen, Paula?" Paula wollte sehen, wenn sie sich kräftig genug fühlte, noch einmal den Weg ins Tal zu machen. Sie war seit 8 Uhr früh in der Fabrik, und nun war es bald Mittag. Nach Tisch mutzte sie ruhen, eine Stunde wenigstens. Lene sah das bald ein. Die Paula war ja wirklich sehr elend. Man konnte sehen, wie sie von Tag zu Tag abunhm. Das kam davon, sie rackerte stch zu viel ab. Immer sah sie sorgenvoll aus. Mer was war dabet zu machen, helfen konnte ihr kein Mensch. Manchmal tat ihr die Paula wirklich leid, denn schließlich war es ja nicht Ihre Schuld, daß alles so anders gekommen war, als man gewünscht. „Komm, du mußt doch noch das Schlafzimmer der jungen Leute sehen, forderte Lene sie auft Paula folgte ihr. Im Vorzimmer standen Kästen und Körbe. Suse Halle einen Teil ihres Gepäcks schon vorausgeschtckt. „Das Mädel bringt gar nicht alles in den Sckränken unter, so viel hat die Suse augesammelt. Die Ausstattung konnte gar nicht groß genug werden." Im Schlafzimmer stand das Mädchen vor dem großen Spiegelschrank und ordnete Kleider ein. „Hcer nur die Schlafröcke und Hauskleider hinein", sagt? Lene, das Mädchen unterweisend. „Ja, Frau Lieb, wo laß ich aber die anderen Kleider?" Üeber einen: Bett lag das Brautkleid Suses. Während Lene mit dem Mädchen sprach, besah es Paula. Die Spitzen schmückten es noch. Also der Felix hatte sie noch immer nicht zurückgegeben. Das war eine unerhörte Frechheit. Den wollte sie sich aber vornehmen, wenn er erst wieder hier war. Sie schickte stch au, das Zimmer zu verlassen. Lene rief: „Na, ich denke, du willst dir die Einrichtung ansehen?" „Ich Habs genug gesehen, Lene." Sie ging zurück ins Kontor. Die Angestellten waren schon zu Tisch gegangen; ihr Mann war noch allein da. „Nun können wir wohl auch gleich gehen?" fragte sic. Er schob einen Stoß Briese in das Schubfach seines Schreibtisches und verschloß es. Ein zusammeugefaltetes Zir kular blieb auf dem Pultliegen. Paula nahm eS, und las seinen gedruckten Inhalt. Sie las ihn wieder und immer wieder, während sich ihr Gesicht zur Leicheublässe verfärbte. Das Zirkular zeigte der werten Kundschaft an, daß Will Kra mer seinen Netten Felix Kramer als Teilhaber in sein Geschäft ausgenommen habe. Endlich ließ sie das Blatt sinken und sagte, ihren Mann cmstarrend: „Das — das hast du gewagt zu tun? Ohne mich auck nur mit einem Wort danach zu fragen, was ich dazu meine?" Er zog die Schultern hoch. „Wozu sollte Ich dich erst fragen; ich pflege zu tun, was ich für richtig hafte, und dies ist richtig/' Paula trat näher zu ihm heran. „DaS, meinst du, sei richtig, daß du an den rechtmäßigen Platz deines Sohnes euren Freund stellst? Ihn die Vorteile deines Geschäfts mit genießen läßt, die unserem Sohne zu kommen müßten? Du betrügst meinen Sohn um setrren recht mäßigen Besitz!" „Schrei' nicht, eS könnten noch Leuts im Hause sein", zischte er sie an. „Wenn von Betrug die Red« sein soll, dann leballt Halle, schlagen, der dir lieber hat ihn dein Sohn begangen, nicht ich; um meine ganze Hoff nung hat er mich betrogen. Felix habe ich es zu verdanken, daß ich mein Geschäft auf der Höhe erhalten kann, auf die ich es mit vieler Muhe und Arbeit gebracht habe. Felix ist mir nicht nur ein guter, zuverlässiger Mitarbeiter gewesen; er ist mir lieb geworden, lieber als mein leiblicher Sohn." Paula hob die Hände, die sie zu Fäusten geballt hatte, und es sah aus, als wollte sie ihm ins Gesicht schlagen. „Jetzt sollst du wissen, was der Mensch ist, der dir lieber ist als dein Sohn!" schrie sie, „ein Dieb ist er, ein gemeiner Dieb!" Ihre Stimme klang kreischend durch das ganze HauS. Kramer erschrak. Die Frau war wohl wahnsinnig geworden. Er Packte hr Handgelenk. „Ruhig, um Gottes willen ruhig, „Es ist Gebrüder Weither an, lahnsinnig geworden. , „ „ > Gottes willen ruhig, t du für einen Wahnsinn!" t kein Wahnsinn; frag' Lei der Anttquitätenfirma , ob ihr nicht echte venezianische Spitzen gestohlen worden sind, sie wird es dir bestätigen. Und diese Spitze — hör' zu — hör' zu!" schrie sie, sich unter seinem har ten Griff windenden, „diese Spitzen hat dein Neffe Felix Kra mer gestohlen, und deine Nichte hat sie an ihrem Brautkleid getragen!"^ Kramer gab ihre Hände frei. Er ließ sich auf einen Stuhl nieder und sah starr vor sich hin. Sein Gesicht war aschfahl, und das blaue Geäder an den Schläfen trat hervor. Paula faßte nach dem Schallrohr des Tischtelephons. Jetzt sah Kramer auf. „Was willst du?" herrschte er sie an. „Wertster anläuten, dich mit ihm verbinde«." Er ritz ihr das Schallrohr aus der Hand und legte eS in die Gabel zurück. Im Nebenraum des Kontors wurde ein Stuhl geschoben, eine Schranktür quietschte leise in den Angeln. Kramer er schrak. Herrgott, da war ja jemand, gewiß hatte der alles mit angehört! Er ging zur Tur und öffnete sie. Brose schlüpfte eben in seinen Paletot. „Nanu, sind Sie noch hier?" „Ja, ich hatte noch zu tun, mußte einen eiligen Brief fertig schreiben. Wenn Sre die Freundlichkeit haben wollten, ihn gleich zu unterschreiben, dann könnte ich ihn mitnehmen zur Post." (Fortsetzung folgt.)