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23. Jahrgang -LZ??- Anzeiger für -as Erzgebirge VU^Z »'- «mich«. ->.'<m°ttn°chu°,.° - n°.°. »« «... ... Zreitsg, äen 24. August IS2S Was bedeutet äer Rellogg-Pakt? Bon Dr. Külz, .ReichSmtnlster a. D. Am 27. August wird in Parts der Kellogg-Patt von den verantwortlichen Ministern und Beauftragten der Hauptmächte unterzeichnet werden. Die dem deut schen Volke start im Blute sitzende Neigung zu wunsch politischer Betrachtung und Würdigung der Dinge Hat uns früher manchen üblen Streich gespielt, gleichviel, ob wir unser politisches Lager rechts, link« oder in der Mitte haben. So hat seinerzeit auch eine betriebsame, außerhalb der Verantwortlichen Regierungsstellen zu suchende Regie das, was sich mit den Namen Locarno und Dhoiry verknüpfte, weit von der realpolittschen Grundlage hinweg ausgelegt. Wir müssen uns Mühe geben, gegenüber der bevorstehenden Reise Stresmanns nach Paris und der Unterzeichnung des sogenannten Kriegsächtungspattes nicht in den gleichen Fehler zu verfallen. Was bedeutet der Kellogg-Patt? Er ist eine Geste gegen den Angriffskrieg? nichts mehr und nichts we niger. Irgendeine unmittelbare praktische Auswirkung ist von ihm nicht zu erwarten.! Er ist eine von den vielen Taten, im Leben der Völker eine Atmosphäre zu schaffen, in welcher der Gedanke friedlicher Verständigung besser gedeihen kann als bis-! her. Man kann nicht s-rgen, daß diese von Amerika jetzt ausgehende Geste unter besonders günstigen Be- gl itumständen vollzogen wird. Im Gegenteil. Tas französisch-englische Seeabkommen, das nach den Grundsätzen der früheren Gehetmdtplo- matie bisher noch nicht einmal veröffentlicht worden ' ist, hat in Amerika die ernste Besorgnis ausgelöst, daß ein Zusammenarbeiten der vereinigten britisch-franzö-> fischen Flotten die Lage zur See zu Ungunsten Ame-§ rikas verschieben könne. Auf jeden Fall wird die Ar-° beir der vorbereitenden Abrüstungskonferenz durch die^ Stimmung oder Verstimmung Amerikas bis auf wei-! teres erheblich beeinträchtigt werden. Und trotzdem geht Stresemann persönlich nach ! Parts zur Unterzeichnung. Er tut recht daran. Zu-^ nächst ist auch sein Erscheinen eine Geste, und zwar ; eine solche der Höflichkeit gegenüber Amerika. Aber sein Besuch in Paris ist mehr als das? er ist, wie der „Temps" mit Recht ausführt, eine neuer Schritt s auf dem Wege der Entspannungs- und Verständigungs-; Politik, der Politik der Wiederversöhnung und der An- ; Näherung. Wenn der „Temps" als den hauptsächlich- sten Nutznießer einer solchen Politik Deutschland be zeichnet, so darf demgegenüber darauf Hingewiesen wer- den, daß auch 'Frankreich! ein Lebenstnteresse daran Hat. sich in einem befriedeten Europa entwickeln zu können. Jedenfalls ist der Besuch StresemannS ein sicht bares Zeichen von dem Wandel der Dinge, der sich durch seine Politik seit 1924 vollzogen hat. Wer hätte noch vor drei Jähren angenommen, daß im Jahre 1928 ein deutscher Minister des Aeußeren ohne dis nationale Würde zu verletzen in Paris einen offi ziellen Besuch machen könnte! Der Besuch wird den Franzosen und per Welt zeigen, daß Deutschland seiner seits nichts daran gelegen ist, die Spannung der Per-; gangcnheit aufrecht zu erhalten. Hoffentlich wird dies in Frankreich dahin wirken, auch! von französischer Seite stärker als bisher an der Beseitigung der lieber-- reste einer vergangenen Zeit mitzuhejlfen. Wenn eS sicherlich! auch feststeht, daß über den Kellogg-Patt hinaus offizielle Verhandlungen über! deutsch-französische Fragen in Paris nicht geführt wer- 8 den, so ist eS doch ebenso selbstverständlich^ daß man bei dem Pariser Aufenthalt StresemannS nicht nur vom Wetter sprechen wird. Jedes persönliche Zusam mensein eröffnet und gewährleistet die Möglichkeit zur Festigung der persönlichen Beziehungen zwischen den leitenden Staatsmännern, und das kann niemals et was schaden. Man hat davon gesprochen, ob Strese mann vom Kabinett Richtlinien mit auf den Weg be kommen solle. Mein Gott, hat man denn von poli tischen Richtlinien nach den Erfahrungen der letzten Zett immer noch nicht genug! ES wäre aber schlimm bestellt um das Kabinett, wenn über die allgemeinen Grundzüge der Außenpolitik nicht volle Klarheit und Uebereinstimmung herrschte. Eine gebundene Marsch route ist mehr noch! als in der inneren Politik für die Außenpolitik eine QueNe der Hemmungen und Gefahren. Wir sollen also nicht mit übertriebenen Hoffnun gen dem Außenminister nach Paris folgen, aber mit Vertrauen in die von ihm bisher getrte-- bene Politik. Wenn eine Politik eines immer weiter ausgreifenden Imperialismus seit über hundert Jahren in der Welt getrieben worden ist, und wenn der Militarismus in Europa jene ungeheure Ueberstsi- gerung erfahren hatte, die zu der bisher grüßten Kata- strophe der Geschichte tm Weltkriege führte, dgrrrr kann Einmütig in der Autzenpolitik «eine Zugeständnisse für eine In der gestrigen unter Vorsitz des Reichskanzlers abgchaltenen KabtnettSsttzung gaben ReichSaußenmini- ster Dr. Stresemann und Staatssekretär v. Schu- bert einen Ueberblick über die außenpolitische Lage und über die Probleme, die in der bevorstehenden Völkcrbundstagung Lur Erörterung stehen. An die er wähnten Darlegungen schloß sich eine eingehende Aus sprache, die die völlige Einmütigkeit des Kabinetts über die Behandlung der.aktu ellen außenpolitischen Fragen ergab. Tie weiteren Verhandlungen des Kabinetts galten der Krisenfürsorge. Das Kabinett beschloß, von einer Zwischenlösung abzusehen und die Verlängerung der Uttterstützungsdauer auf 39 Wochen, die der Reichstag vor seinem Ausetnandergehen gewünscht hatte, mit Wirkung vom 17. September d. I. in Kraft zu setzen. G -Nicht für fünf Minuten" Im Zusammenhang mit der obigen amtlichen Ver lautbarung über die gestrige deutsche Kabinettssitzung ist es besonders beachtenswert, daß die „Nationallibe- rale Korrespondenz", die Dr. Stresemann nahe steht, zu einer Meldung, wonach Frankreich! und Bel gien für die Räumung der dritten Zone die dauernde internationale Kontrolle im Rheinland, Mobilisierung eines erheblichen Teiles der DaweSbonds, ein Ost- Locarno zwischen Deutschland und Polen, einen erneu ten Verzicht auf den Anschluß und Einlösung der von der deutschen Regierung in Belgien ausgegebenen Franken fordern werden, schreibt: „Wir halten diese Meldung für erfunden, weil man an allen maßgebenden Stellen Belgiens und Frankreichs genau weiß, daß sich! in Deutschland keine wie immer zusammengesetzte Regierung finden würde, Rheinlandräumung die bereit wäre, auf einer derartigen Bast« auch nur zu diskutieren: Nicht fünf Minuten!" Der gleiche Standpunkt wie in der „National liberalen Korrespondenz" kommt auch in einer au» Der- liner politischen Kreisen stammenden Meldung zum Ausdruck, in der es heißt, die bevorstehende Tagung des Völkerbundes werde voraussichtlich! in der üblichen Weise von Besprechungen der Außenminister begleitet sein, und cS se! anzunelMsn, daß dabei auch die aktuellen Fragen der deutsch-französischen Politik ein gehender besprochen werden, darunter natürlich! in erster Linie das Problem der RHeinlandräumung. WaS diese Frage anlange, so dürften für die deutsche Außen politik zwei Gesichtspunkte maßgebend.sein, einmal di« Notwendigkeit einer Gesamtlösung, die beide Zonen betrifft, zum anderen, daß für uns irgendwelche politischen Gegenleistun- genntcht in Frage kommen. Diese Gesichtspunkte entsprächen der Linie, die die Außenpolitik seit Lo carno immer verfolgt Habe. Die Reise nach Paris. In Berliner Politischen Kreisen wird darauf yin gewiesen, daß, die Unterzeichnung des Kelloggpattes für uns in erster Linie eine Angelegenheit nicht der deutsch-französischen, sondern der deutsch-amerika nischen Politik sei. Unter diesem Gesichtspunkte sei auch die Reise Dr. StresemannS nach! Part» zu betrachten. Natürlich! sei zu erwarten, daß /Per Aufenthalt Dr. StresemannS in der französischen Hauptstadt auch Gelegenheit zur Unterhaltung über die Fragen bieten wird, an denen wir ein besondere» In teresse haben. So wird der deutsche Außenminister ge wiß auch zum ersten Male mit Poincaree Fühlung nehmen. Diesen Unterhaltungen ist aber keineswegs eins Bedeutung beizumessen, als ob sie irgendwelche greifbaren Ergebnisse zeitigen könnten. eine Gesundung der politischen Atmosphäre und der machtpshchologischen Einstellung der Staaten und Völ ker nur langsam vor sich gehen. Gerade deswegen muß eS das Ziel der Entwicklung sein, einen Abbau dieser katastrophenschwangeren Politik und einen Aufbau einer aus anderen Grundsätzen der Bölkerbeziehungen be ruhenden Politik bewußt und mit Nachdruck zu be treiben. Vemokratlsche Erklärung zum Panzerbau. Nachdem über die Haltung der demokratischen Mi nister tm Metchskabinett zu der Frage des Baues des Panzerkreuzers widersprechende Meldungen in die Presse gelangt sind, hat der „Demokratische Zeitungs dienst" über die Gründe, die die demokratischen Mini ster zur Zustimmung zum Bau des Panzerkreuzers ver anlaßt haben, folgende Auskunft eingeholt: Die demo kratischen Minister haben ihre Meinung, daß der Bau des Panzerkreuzers politisch unerwünscht und militä risch unzweckmäßig ist, nicht geändert. Die politische Lage machte aber den Versuch, den vom Reichstag be schlossenen Bau des Panzerkreuzers zu Fall zu brin gen, aussichtslos. Eine Zustimmung derjenigen Mi nister, die für den Bau sind, zu einer Sistierung war unerreichbar. Im Reichstag ist auch nach den Neu wahlen eine Mehrheit für den Bau vorhanden. Die demokratischen Minister hatten also nur die Möglich!- keit, zum Zeichen des Protestes gegen den Bau von ihrem Amte zurückzutreten und die Koalition zu sprengen. Sie haben sich! dazu nicht entschlossen. Maß gebend für ihre Haltung war die Aufrechterhaltung der Koalition. polnische Wirtschaftssorgen. Saust heimische Waren. Die starke Steigerung der polnischen Einfuhrziffern im ersten Halbjahr 1928 hat zu verschiedenen beachtenswerten Mahnungen polnischer amtlicher Stellen, polnische Waren zu bevorzugen, geführt. So hat sich der polnische Ministerpräsi dent Bartel an das polnische Käuferpublikum mit dem Aufruf gewandt, polnischen Waren vor ausländischen den Vorzug zu geben. Bartel setzt dabei seine Hoffnungen auf die polni chen Frauen, denen er die ungarischen als Elster national gesinn ter Einkäuferinnen vorhält. Er, scheint in erster Linie an tue Ausschaltung der Einfuhr von Tonetteartikeln uno medizini schen Waren gedacht zu haben. Gleichzeitig har auch ber ame rikanische Finanzkontrollen! für Polen, Tewey, m seinem neuesten Vierteljahrsbericht eine Liste von Einfuhrartikeln zu sammengestellt, die die Handelsbilanz des polnischen Staates belasten und die heute schon im Lande selbst erzeugt werden können. Er nennt vor allem Leder, Baumwollgarn und Baumwollstoffe, Speisefette, Speck sowie Stickstoffdünger. Sie können'» nicht lassen. Polnischer Uebcrfall aus litauische Grenzpolizei. An der Demarkationslinie im Grenzbezirk des Kreise- Trakiai feuerten am 20. August polnische Soldaten aus einem Versteck auf den litauischen Grcnzpolizrsten. Am Abend des selben Tages wurde von polnischen Soldaten ein anderer litauischer Grenzposten beschossen. In der darauffolgenden Nacht kam es sodann zu einem regelrechten Feuergefecht zwi- scheu den polnischen und litauischen Grenzpoltzisten. Die Polen überfielen die litauische Grenzwache, die sich vor der polnischen Uebermacht zurückziehen mußte. Als am Morgen die litauische Grenzwache Verstärkungen erhalten hatte und wieder zur De markationslinie vordrang, hatten sich die Polen zurückgezogen. Vor ihrem Rückzug hatten sie einen Grenzpfahl weit in daS litauische Gebiet htneingerückt. Der Pfahl wurde an die alte Stelle gebracht. ,was ist öas schon für eine Erfahrt Der Führer der südslawischen Vertretung zur 25. Inter parlamentarischen Konferenz in Berlin, der frichere Minister Joca Jovanowitsch, hat dcm Mitarbeiter der „BoMchen Lei tung" eine Unterredung gewährt, in der er sich auch über die AnMusifraa« äußerte und etwa folgendes sagte: „Bet uns wie anderswo gibt es Leme, die die Anschluß« frage bestreiten. Aber die Mehrheit, die darüber nachdenkt, urteilt darüber anders als diejenige,:, die erklären, daß man der: Anschluß nicht erlauben darf. Kann man denn das verhin dern, was unvermeidlich ist? Nein! Nichts kann den An- rbrigens können wir, die wir uns aus der snalitätenprinzips vereinigten, jetzt nicht kämpfen. D'e Deutschen worden sich emo- sie diese Einigung selbst wünschen. WaS Gefahr, wenn sich stebs bis acht Millionen ! Deutschen Reiche vereinigen?" schluß verhindern. U Grundlage des Nati gegen dieses Prinzip Tages einigen, wenn ist das schon für eine Oesterreicher mit den Die Frage der ausgebildeten Reserven Der politische Mitarbeiter des „Manchester Guardin" Se- richtet auf Grund von Mitteilungen von zuständiger Seite, dag Großbritannien in der Frage der ausaebildeten Reserven nachaegeben, d. h. sein Einverständnis mit der franzS schen WAnz erüütt habe, wonach bet Berechnung der mitiM- scheu Stärke eine- Landes die ausgebildeten Reserven nicht berücksichtigt werden sollen.