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L,i»sramm,r Lagedla« Enthalte«- -le amtlichen Bekanntmachungen -es Rates -er Sta-t««- -es Amtsgerichts )i«r. postjch*ck.s»«t« r ft«« tsipsis a». ree» Nr. IS? Donnerstag» äen 23. August t92S 23. Jahrgang Das englisch-französische Geheimnis Die Londoner „Limes- veröffentlichten folgende offenbar inspirierte Mitteilung r „Angesicht» der Tatsache, daß die englisch-franzö sische Verständigung über Abrüstung zur See, von der Chamberlain am SO. Juli im Unterhaus Mitteilung machte, häufig al» „Uebereinkommen" (agreement) be zeichnet wird, mag darauf .hingewiesen werden, daß. Chamberlain sie als „Kompromiß" bezeichnete, und daß keine Rede von einem formellen Vertrage ist. Die Ausdrücke „Kompromiß" und „Uebereinkommen" wer den gebraucht für einen Austausch technischer Doku mente, die von den britischen und französischen Marine sachverständigen ausgezeichnet und von beiden Regie rungen bekräftigt worden sind. Diese Dokumente er möglichen es Großbritannien und Frankreich, anderen an der Einschränkung der Seerüstungen interessierten Mächten Vorschläge zu unterbreiten, die beide .Mächte unterstützen werden. GS wird nicht für wünschenswert gehalten, das sogenannte „Uebereinkommen" zu ver- össinilichen, bevor die Kommentare aller interessierten Parteien eingegangen sind. Ein weiterer Grund für die Nichtveröffentlichung ist in dem mehr technischen Charakter der Dokumente zu suchen, die für andere als Lachverständige schwerlick oegreiflich sein könnten." So schr auch offizielle und offiziöse Dementis eine neue englisch-französische Entente cordiale ableugnen, so spricht doch! der tatsächliche Augenschein, wie wir schort ausführten, gegen sie. « ! 'S.'! H Abrüstung, eine neue §orm -es Wettrüstens. Der außenpolitische Redakteur des Journal" be schäftigt sich! mit der in der amerikanischen öffentlichen Meinung laut gewordenen. Kritik an dem französisch englischen Flottenabkommen und schreibt: Der wirMche Grund der Klage der Amerikaner sei, daß sie sich mit den Engländern nicht Hütten verständigen können. Wenn England in Gens Pen amerikanischen Vorschlag über den Kreuzerbau angenommen hätte, dann würde man in Washington die Tatsache mit Beifall begrüßt haben, daß England bet Frankreich, die Beschränkung seiner UnterseebootSstreitkräste durchsetzte. Di« Herab setzung der Rüstung der anderen sei nur eine neue Form de» Wettrüstens. Die ganze Frage laufe auf eine Machtprobe zwischen England und Amerika hinaus. Die kleinen Länder hätten nur die Wühl zwischen zwei Möglichkeiten: entweder ruhig zu- zusehen, wie die Großen sich, auffressen, oder die Ko» sten ihrer Versöhnung zu tragen. Cm schöner Spruch und ein goldener Federhalter für dl« Unterzeichnung de» Kri«g»ächtung»palte». Wie Journal" aus Le Havre meldet, wird der Bürgermeister dieser Stadt dem amerikanischen Staats sekretär Kellogg Lei seiner Ankunft im Namen der Stadt einen massiv-goldenen Federhalter mit einer Widmung und der Inschrift „Wenn du den Frieden willst, so arbeite für den Frieden" überreichen und da zu den Wunsch ausdrücken, daß sowohl Kellogg wie auch, die anderen Staatsmänner sich bet der Unterzeichnung des AntikriegSpakteS dieses Federhalters bedienen möchten. Die Ranäiäaluren für Genf. Für die S. Bölkerbundsversammlung, die am Montag, den 3- September von dem neuen Ratspräsidenten, dem finnischen Außenminister Procope, eröffnet wird, werden, wie alljährlich, bereits jetzt die kommenden Präsidentschafts, kandidaturen in Umlauf gesetzt. Gerüchtweise verlautet, daß dem japanischen Ratsmitglied und Botschafter in Paris, Adaci, der voriges Jahr ernsthaft in Frage kam, nunmehr die Präsidentschaft der neuen Völkerbundsversammlung ange boten werden soll- Andere Gerüchte sprechen davon, daß Holland, dessen zweijähriges Mandat als nichtständiges Ratsmitglied Mitte September abläuft, für die Präsident schaft in Frage komme. In diesem Falle würde dem holländischen Außenminister Beelaerts van Blokland die Präsidentschaft der neuen Bundesversammlung zufallen. Auch für die Nachfolger der drei ausscheidenden nichtständigen Ratsmitglteder, China, Columbien und Holland, werden bereits die ersten Kandidaturen aufgestellt. Während die Wahl Spaniens anstelle Hollands und die Venezuelas oder eine» anderen südamerikanischen Staates anstelle Columbiens als sicher gilt, ist die Wahl eines nichtständigen Ratsmit gliedes für Asten noch offen, da vielfach damit gerechnet wird, daß China seine sofortige Wiederwählbarkeit beantragen und infolge der Zustimmung der Bundesversammlung von neuem für den Rat kandidieren wird. Sollte ein derartiger Schritt Chinas nicht von Erfolg begleitet sein, so dürfte eine Kandidatur Persiens, das sich bisher jedes Jahr um einen nichtständigen Ratssitz beworben hat, dieses Jahr im Vorder gründe stehen- bin Rufer in cler Müste. vanderoekde über die Rheinlandräumung. Der Pariser „Soir" hat bet führenden Politikern Englands, Belgien» und Frankreichs eine Umfrage über die Locarnopoltttk, den Kelloggpakt und die Aus sichten der bevorstehenden DölkerbundStagung veranstal tet und gab gestern die Aeußerungen VanderveldeS wieder, die sich besonders eingehend mit der Frage der RHetnlandräumung befassen. „Was kann man," so führt Vandervelde aus, „Dr. Stresemann entgegnen, wenn er morgen fragt: „Worauf wartet Ihr, um uns nach zehnjähriger Besetzung das Recht wiederzugeben, uns aus unserem gesamten Staatsgebiet frei zu be wegen." Es wäre unmöglich, ihm zu erwidern: ,Hhr sollt weiterhin ein Staat sein, der sich nicht im Ginne au» Artikel 1 de» VülkerbundSpakteS frei regiert." Die Aufrechterhaltung der Besetzung ist vom Standpunkt der Sicherest wie von demjenigen der Reparationen vollkommen nutzlos geworden und ist anderer seits für alle, nicht zuletzt für uns Belgier, eine Be lastung. Die währe Garantie der deutschen Zahlungen ist wie bei allen anderen Ländern die Tatsache, daß jede Großmacht Kredit braucht und deshalb sich ^genötigt sicht, ihre Verpflichtungen innezuhalten. Die Rhein- landbesetzung ist weder rechtlich noch tatsächlich zu recht fertigen. Sie dient nur dazu, bei uns in Belgien die Verstärkung der Rüstungen zu rechtfertigen. Sie bil det ein Hindernis für den Frieden und «ine ständige Ursache für Reibungen und Konflikte." Keine Verhaftung Hugo StinneS junior. Me Annahme, in der Krtegsanleihebetrugsaffäre sei Hugo Sttnnes junior verhaftet worden, trifft nicht zu. Bon zustän diger Stelle verlautet, daß gegen Hugo StinneS ein Haftbefehl nicht vorlttgt. Frankreichs militärische Ausgaben. Im französischen Parlament ist gestern die Be gründung zu dem allgemeinen Budget für das HauS- holtjahr 1929, dessen Vorbereitung Finanzminister Poincaree abgeschlossen hat, verteilt word«n. Die Ein nähmen aus dem TaweSplan sind mit einer Milliarde Franken in das allgemeine Budget eingesetzt worden. Das Kapitel Ausgaben enthält in seiner Einlei tung die Ankündigung, daß scharfe Einsparungen vor genommen worden seien, daß.aber alle Verpflichtungen in den Etat eingestellt worden seien, die sich aus der Schaffung der unerläßlichen Vorbedingungen für die Einführung per einjährigen Dienstzeit ergeben, daß außerdem Kredite für die Defensivorganisation der französischen Ostgrenze und für den progressiven Aus bau der französischen Kriegsmarine vorgesehen seien. Tie Erhöhung der MtlitärauSgaben im Vergleich zu den Krediten von 1928 beläuft sich aus etwa eine Milliarde, eine Summe, unter die Herunterzugehen unmöglich scheine. — Es entsteht die Frage: Wozu Rü stung, wenn der Krieg geächtet wird, wie «S doch durch den Kelloggpakt geschehen soll. Vie Tagung cier In1erparlamenrari,eben dnion. Zur Tagung der Interparlamentarischen Union sind im Laufe des gestrigen Tages die meisten ausländischen Teilneh mer in Berlin eingetroffen. Bisher ist die Teilnahme von 561 Parlamentariern angemeldet. Deutschland ist auf der Tagung mit 71 Mitgliedern vertreten. Sie gehören allen Par teien mit Ausnahme der Kommunisten und Nationalsozialisten an. — Die Räume des Retchstagsgebäudes sind fesüich ge schmückt. In der Kuppelhalle sind die Standbilder der Reichs präsidenten Ebert uno von Hindenburg mit Blumenschmuck Umgeben. Vier große Banner in den Reichsfarben hängen herab, daneben die Fahnen aller in der Interparlamentarischen Union vertretenen Länder. Der Sitzungssaal ist mit Blumen und Grün geschmückt. Die Reichstagsverwaltung hat die Ein richtung des Gebäudes dem jetzigen Zweck al- Tagungsort des Parlaments der Parlamente angepaßt. Am nachmittag traten' die Abrüstungskommisiton (deut scher Vertreter Abg. Dr. Brettscheid), die Kommission für ko loniale Fragen (deutscher Vertreter Abg. Schnee) und die Kom mission für Minderheitsfragen zusammen. In der Minder heitenkommission ist Deutschland durch den früheren demokra tischen Abgeordneten Heile vertreten. Ach aelal Benesch über di« Anschlnßfrag«. Der tschechoslowakische Außenminister Benesch hat eimn Mitarbeiter des „Jntransigeant" auf seinem Landsitz Lany bei Prag empfangen. Zur Änschlußsrage äußerte Benesch, dte» sei ein von Zeit zu Zeit immer wiederkehrendes altes Lied, düs jedesmal mehr oder weniger kräftig erklingen werde. Aber der Anschluß Oesterreichs an Deutschland werde sich nicht ver wirklichen. Deutschland selbst werde eines TageS zu verstehen geben, daß es den Anschluß nicht wünsche, u. a. deshalb nicht, weil oie daraus entsteheirden Gefahren zu grvß seien. — So meint Herr Benesch! Zozialäemokratie uucl Panzerkreuzer. In der sozialdemokratischen Partei flaut die Er regung über die Zustimmung der sozialdemokratischen Minister zum Bau des Panzerkreuzers A nur sehr lang sam ab. In zahlreichen örtlichen Organisationen wird immer wieder dies Thema behandelt, und «S sind nicht immer gerade Schmeicheleien, die über die Haltung der sozialdemokratischen Minister geäußert werden. Am radikalsten tritt dabei die Ortsgruppe BreSlau auf, die in ihrer Entschließung nicht nur das Ver halten der Minister mißbilligt, sondern ausdrücklich den Beschluß auf Zurückziehung der Minister au» d?r Regierung wiederholt. > In Bielefeld bemühte sich der Reich Sinnen minister Severing selbst, um die Erregung der sozialdemokratischen Wähl ermassen zu dämpfen. Seve ring unterstrich, daß grundsätzlich! die sozialdemokrati schen Minister den Schiffsbau ablehnten, daß man je doch diese Frage aus guten Gründen nicht zur Kabi nettsfrage gemacht habe, denn es gäbe wichtigere Dinge als die Panzerkreuzerfrage, nämlich vor allen Dingen aus dem Gebiet der Sozialpolitik und der Verwaltung»- rcform. Severing ging sogar so weit, zu betonen, Ka der Bauveschluß nicht nur keine Folgen für den Bau weiterer Panzerschiffe haben werde, sondern daß auch alles versucht werden würde, um bet den Abstimmun gen über die neue Rate — zunächst ist ja nur die erste Baurate bewilligt — ein andere» Ergebnis zu er zielen. Das würde also bedeuten, daß der Kampf bet der Beratung des neuen Etat» erneut aufleben würde. Nicht uninteressant war auch! die Bemerkung Se- veringS, daß der Reichswehrminister aus dem Etat der letzten Jahre Reste im Betrage von 41 Millionen zur Verfügung gestellt und erklärt habe, daß für d.en ge samten Panzerkreuzerbau leine neuen Etatsmittel an gefordert werden würden. Wenn diese Zahlenangaben tatsächlich! .stimmen sollten, so würden allerdings die jenigen im Recht sein, die stets die Behauptung ver treten haben, daß! der Reichswehretat allzu üppig au«, gestattet worden wäre. In Berlin nahm gestern eine Konferenz der Funk, ttonäre der Sozialdemokratischen Partei, BeztrkSver- band Berlin, zur Panzerkreuzerfrage folgend« Ent- schlteßung des Bezirksvorstände« §n: „Der Bezirksvorstand der SPD!. Berlin stellt fest, daß der Beschluß der Regierung, den Bau des Panzer kreuzers A zu beginnen, in Widerspruch! steht zu der Haltung der Sozialdemokratie in dieser Frage und zu den Voraussetzungen, die zur Regierungsbildung führ ten. Die Sozialdemokratische Partei Berlin lehnt daher die Mitverantwortung für die Bewilligung der ersten Rate ab und beschließt, die sofortige Einberufung de« Reichstages zu fordern, um eine Entscheidung des neu gewählten Reichstages über den Bau de« Panzerkreu zers herbeizuführen. Sofern ein« Einberufung de« Reichstages nicht zu erreichen ist, werden di« Genossen in der Regierung aufgefordert, die Wiederaufhebung des Beschlusses vom 10. August zu verlangen und im Falle der Ablehnung der Wiederaufhebung zurlktzutre- ten. Ferner werden die Genossen in der Reich »regte- rung aufgefordert, die übrigen Raten für da» Panzer schiff abzulehnen." Mus jeden Fall wird man in der sozialdemokra tischen Parteileitung damit rechnen müssen, daß sich der Panzerkreuzersturm noch nicht so schnell legt, zu mal die Kommunisten eilte sehr starke Agitation gegen den Panzerkreuzer und gegen di« ihnen verhaßte So zialdemokratie betreiben, ein« Agitation, d«ren Un- waMhastigkeit niemand verborgen bleiben kann, blüht .doch fast in keinem Lands der Militarismus derart, wts * gerade tn Rußland.