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Auer Tageblatt : 17.07.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735688886-192807177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735688886-19280717
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735688886-19280717
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-07
- Tag 1928-07-17
-
Monat
1928-07
-
Jahr
1928
- Titel
- Auer Tageblatt : 17.07.1928
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Beilage zu Nr. ISS de« Auer Tageblattes und Anzeiger« für bas ltrzgebtrge. Dten-tag, den 17. Juli 1VLS. MLsekinenkontrolle in Lesttil- Fabriken. von richtiger Arbeitsvertetlung, gutem Arbeiten und regelmWgrr Instandhaltung der Maschinen hängt der Arbeits erfolg in TeLtilbetrieben ebenso ab, wie dies in allen Industrie- betrieben der Fall ist, die hauptsächlich mit mechanischen Hilfsmitteln arbeiten. In diesen mechanischen Betriebsmitteln ist «in groher Teil des Kapitals investiert, sodaß die kosten mäßige Kontrolle der Maschinen in gut geleiteten Betrieben zu den Selbstverständlichkeiten gehört- Für solch« Kontrolle genügt das Gedächtnis des Inhabers oder Betriebsleiters auch dann nicht, wenn ihm z- B. ein« geregelte Betriebs buchhaltung die finanzielle Seite der Kontrolle abnimmt. Dies zeigt sich meist, wenn irgend ein Maschinenteil bricht oder sonst unbrauchbar wird und auf dem Maschinenschild bestenfalls die Lieferfirma festgcstellt werden kann. Will man dann die Maschiuentype feststellen, so erweist sich schon dies als nicht ganz einfach; das Auffinden mitgelieferter Zcich- nungen von Ersatzteilen und dergl., die schnelle Beschaffung, in einfachen Fällen die Selbstherstellung des gebrochenen Teiles sind im allgemeinen unmöglich, wenn nicht eine be sondere Einrichtung besteht, aus der alle erforderlichen Einzel heiten ersichtlich sind- Ist z. V- ein Zubehörteil einer Maschine von dieser entfernt worden, dann erfordert es oft langes Suchen in vielen dunklen Ecken der Lagerräume, ehe sich dieser Teil wiedcrfindet. Zu den wichtigsten Voraussetzungen einer Betriebs-Nationalisierung gehört es daher, zunächst auf dem Gebiete der Maschinenkontrolle Ordnung zu schaffen. Zweckmäßig geschieht dies dadurch, daß für jede einzelne Maschine ein besonderes Blatt, besser eine Karts ein gerichtet wird mit allen erforderlichen Angaben, so über sichtlich zusammengestellt, daß sie bei Bedarf sofort ge funden werden können; derartige Karten müßten also etwa Folgendes enthalten: 1.) Maschinenbezeichnung, Fabrik- Nummer, Hersteller, Lieferer, Liefertag, Garantiezeit; 2.) Inventar-Nummer, Standort; 3) nähere Maschinen angaben z- B. bei Webstühleu, ob einseitiger Webstuhl oder beiderseitiger Wechsel stuhl, Warenbreite, Hub, Art des Schlages, Art des Regulators, direkte oder indirekte Abwick lung, ob der Stuhl mit F-'sr- oder Losblatt arbeitet, ob zentrale oder seitliche Schußwächter vorhanden sind usw,; 4.) mitgelicfcrtes Zubehör, Sondcreinrichtungen, die extra angeschasft wurden, wichtigste Eigenschaften dieser Teile und ihr Aufbewahrungsort, falls sie nicht an der Maschine befestigt sind; 5) Antriebsart, erforderliche Antriebsleislung, Drehzahl, Platzbedarf, Maschinengewicht. Außer djesen Angaben, die den Zustand der Maschine bei Uebemahme betreffen, sind dann noch Angaben notwendig, aus denen die im Laufe der Zeit eingetretenen Aenderungen hinsichtlich Werl lind Vetriebszustand ersichtlich sind, also etwa: 6-) Anschaffungswerte, a) der Maschine, b) des Zubehörs, Abschreibungsprozente, Abschreibung in Mark, Buchwert; 7. Betriesdauer der Maschine, Aenderungen, Repara turen, Kosten derselben; 8) Ersatzteile, welche, wann bestellt, geliefert, verbraucht und welche Kosten dadurch ent standen sind. Aus der Vielheit und Verschiedenartigkeit dieser Angaben ist schon zu ersehen, daß es keineswegs einfach ist, solche Karte zweckmäßig einzurichtcn. Deshalb ist es zu be grüßen, daß der AWF (Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung, Berlin) sich auch nun mit der Ausarbeitung von Maschinen karten für die Textilindustrie befaßt hat, die auf knappem Raum alle erforderlichen Vordrucke enthalten. Abgesehen da von, daß diese Karten sich viel billiger stellen, als der einzelne Betrieb sie beschaffen könnte, wenn er sie für sich extra drucken lassen müßte, wird bei der Anschaffung dieser fertigen AWF-Maschincnkarten die sehr umfassende und zeitraubende geistige Arbeit erspart, die in dem Entwurf dieser Karten investiert erscheint. Zugleich ist damit die Einheitlichkeit allen AWF-Textilmaschinenkarten im Deutschen Reich ermöglicht, sodaß jeder Mnschinenkäufer in der Lage ist, von seiner Maschinenfabrik die Mitlieferung einer ausgefüllren Maschinen karte schon anläßlich der Offerte zu verlangen Erst dadurch, erst auf Grund solcher Karten ist der Kaufinteressent in der Lage, vorliegende Offerten miteinander wirlich vergleichen zu können- Ausgleich cler fsmUienlssten ciarch stsstliche Aeikilken. Bon Mediztnalrat Dr. Engrlsmann, Kiel. Der Geburterrrückgang hat in Deutschland in den letzten Jahren unvermindert angehalten und zeigt ein größeres Aus maß als in den früheren Jahrzehnten. Man kann sich also nicht mehr darüber streiten, ob die Meinhaltung der Familie erwünscht ist oder nicht, sondern man muß Mittel und Wege prüfen, wie man den Geburtenabsturz zum Halten bringen kann. Die Verminderung der Geburten ist zurückzuführen auf den verminderten Willen zum Kinde, der sich wie eine Krank heit bet dem ganzen Volke bemerkbar macht. Früher erstreb ten aber nur die oberen Meise, die Kleinhaltung der Familie durch Vorbeugungsmaßnahmen, während jetzt geradezu eine Flut von Abtreibungen feststellbar ist, welche vis zu KO ja 00 Prozent der geborenen Kinder ausmachen. Bevölkerungs politisch am bedenklichsten ist hierbei, daß gerade die Familien, die neben Kindern Fehlgeburten aufweisen, als fvrtpslanzungs- tüchtiger angesehen werden müssen, da der Fortpflan.-.ongs- instiiikt bei ihnen kräftiger entwickelt ist, selbst wenn die Schwangerschaften nachher künstlich unterbrochen werden, als bet den Familien, die aus Vorsicht vder Bequemlichkeit von vornherein die Entstehung von Schwangerschaften vermeiden. Wenn auch die Einstellung zum Kinde an sich für die Kinder zahl maßgebend ist, so ließ sich doch die. interessante Fest- stellung machen, dap die Geburtenziffer entsprechend dem star ken Absinken der Erwerbslokenzifser 1925 vorübergehend in die Höhe ging. Dies ist offenbar dadurch bedingt, daß die Fehlgeburten in demselben Jahre vorübergehend abnahmen, während gleichzeitig die Geburten in kinderreichen Familien zunahmen. Daraus ist ersichtlich, daß ein großer Teil der Familien, welche zur Abtreibung greifen, Kinder haben würde, wenn die mißlichen wirtschaftlichen Verhältnisse ihnen den Mut nicht raubte. Der jetzige hochgradige Geburtenabsturz ist vor allem auf die stark verminderte Kinderzahl in den Arbeiter kreisen zurückzuführen. Frankreich, welches stets als Muster eines sterbenden Landes htngeftellt wurde, hat jetzt eine höhere Geburtenziffer als England und Schiveden. Frankreich hat den Geburtenabfall zum Stehen gebrächt und es ist sicher, daß dort bisher am meisten von Staat und Gemeinde uns durch private Ausgleichskassen für kinderreiche Familien, insbeson dere in den Arbeiteckreisen, getan wurde. In Deutschland ist durch das große Werk der Sozialver sicherung eine bis zur Grenze gehende Belastung der Arbeiter schaft eingetreten. Durch die Sozialversicherung wird aber hauptsächlich der kranke Mensch erfaßt, die großen Mittel, die erforderlich sind, um die gesunde, insbesondere kinderreiche Familie zu fördern, sind daher in Deutschland schwer aufzu- brimzen. Man muß den ganzen Ernst der geschilderten Lage erfassen, nm ein Gesetz gerechtfertigt zu finden, welches nun mehr auch den Arbeitern und allen denen, die noch keine Kin derzulagen erhalten, staatliche Kinderbeihilfen zu sichert. ' Die Ausgleichskassen versprechen in Deutschland keinen Erfolg. Die Svziallöhne sind auS den Tarifverträgen prak tisch verschwunden. Das genannte Gesetz ist aber deswegen so nächtig, weil von der Arbeiterschaft die größte Zahl der Kinder bisher gestellt wurde, der Geburtenabsturz sich in dieser Schicht am meisten bemerkbar mach: und praktisch bisher nichts gegen diese Erscheinung getan wurde. Eine Elternschaftsver sicherung, welche vor allen Dingen auch die Landarbeiter um faßt, wäre ein wirksames Mirtel zur Bekämpfung der Land flucht, der Geburtenabnahme auf dem Lande, des Zustroms zu den Städten und der Kinderarmut der städtischen Bevölkerung. Die Frage, ob durch solche Kinderbeihilfen unerwünschte Ele mente sich stärker vermehren, ist dahin zu beantworten, daß eine Verschlechterung der Volkssubstanz dadurch eintritt, daß absolut zu wenige Kinder geboren werden, weil sich immer die Unverantwortlichen stärker als die anderen vermehren und das richtige Verhältnis nur bei einer kräftigen allgemeinen Ver mehrung zustande kommt. Die Vorschläge für ein solches Ge setz sind gemacht. Sache der Regierung und des Reichstages ist cs, dieses Gesetz aufzugreifen, entsprechend den Anträgen des Zentrums, der Deutschen Volkspartsi und der Deutsch nationalen Volkspartei und der Antwort, die der Innenmini ster auf diese Anträge gegeben hat. Im Nahmen der Eltern schaftsversicherung müssen die bestehenden Vergünstigungen für oie Beamten und Angestellten ausgebaut werden und auch die übrigen Vergünstigungen für kinderreiche Familien auf dem Gebiets des Steuer-, Wohn- und Schulwesens müssen erhalten und verbessert werden. Vielerlei Aufgaben sind dem neuen Reichstag gestellt, keine ist größer als die, oas Volk lebenskräftig zu erhalten. Lebenskräftig wird es aber nur erhalten, wenn man die Fami lien schützt, insbesondere die kinderreichen Familien. KrebskrLnkbeiten bei liieren. Bon Walter Hellmich, Zoologische« Institut, München. Es gibt wohl kaum ein Gebiet in der modernen Medizin, das mehr bearbeitet wird, als das Problem der Krebskrankheit. Stirbt doch jetzt gegen ein Fünftel der Menschen an dieser heimtückischen Seuche! Schon dieser Umstand ist der Grund, daß sich eine Unmenge von Forschern und praktischen Aerzten aus eine Klärung dieses Rätsels stürzte, das noch vor kurzer Zeit nicht die geringste Lösung versprach. Aber nicht nur das Interesse an der Bekämpfung und Heilung beim Menschen bedurfte der Bearbeitung, sondern ganz allgemeine Probleme der Entwicklung überhaupt reihen sich hier an. So ist es kein Wunder, daß man die Tiere mit heranzog, um von vort dem Rätsel näher zu kominen. Den wenigsten Menschen ist eS bekannt, daß auch die Tiere unter der „Krebskrankheit" zu leiden haben. Wir sehen es nur wenig. Stirbt einmal ein Haustier, so vermuten wir ain allerwenigsten, daß es am Krebsleiden eingegangen ist. Altersschwäche, Erkältung oder Vergiftungen sind die gewöhn- llchen Begründungen seines Todes. Tatsächlich leiden aber nicht nur die größeren Säugetiere, die uns am nächsten stehen, — Pferde, Rinder, Hunde — an dieser furchtbaren Krankheit, sondern auch die vielen kleinen wie Hasen, Ratten, Mäuse. Sogar bei den tiefsten Klassen der Wirbeltiere, bei Fischen, ist sie keine Seltenheit. Oft tritt die Krankheit als verheerende Seuche in Fischzuchtanstalten auf. Da nun die Tiere ein billiges und erlaubtes Unter suchungsmaterial darstellen (Versuche am Menschen sind immer kostbar und gefährlich), so ist eS verständlich, daß sich Mediziner und Zoologen eifrig mit diesem Bersuchsmaterial beschäftigen, da man am besten in das Wesen einer Krankheit einbringt, wenn man sie selbst experimentell erzeugen kann. Tatsächlich wurden auch in den letzten Jahren von verschiedenen inter nationalen Instituten Experimente angestellt, künstlich Krebs krankheit bet Tieren hervorzurufen. Sie hatten nach langem Mißglücken nicht nur den gewünschten Erfolg, sie brachten so gar die Klärung der wichtigsten Frage: ist der Krebs eine Än- stecknngskrankheit (kommt er also von mißen auf Grund einer Infektion) oder ist er eine im eigenen Körper entstehende bös- 'artige Veränderung? Es bleibt das Verdienst Fibigers, im Jahre 1922 bei Natten am sogenannten Spiroptcrakarzinom einwandfrei nachgewiesen zu haben, daß eine Infektion nicht vorliegt. Vielmehr ist der Parasit (Spiroptera neoplastica) nur der Anreger zu einer fortdauernden Zellen - Neubildung, auf deren Boden dann das Leberkarzinom entsteht. Es gibt also keinen spezifischen Krebserreger, nach dem man Jahrzehnte lang gesucht, ja den man sogar zu finden geglaubt hatte. Dieses Ergebnis erlaubte es nun auch, die körpereigene Krebszelle näher zu untersuchen. Dies gelang besonders an Kaninchen, an denen es zwei Japanern, Hanxagiwa und Ichi kawa, während des Krieges glückte, durch fortgesetzte Teer pinselung am Ohr willkürliche Cancroide zu erzeugen, ein Ex periment, das besonders von B. Fischer an Mäusen fortgesetzt und ausgearbeitet wurde. Auf Grund dieser und ähnlicher Versuche kann man jetzt als sicher zweierlei Herkunft der Krebs zelle annehmen. Sie kann erstens unter den Zellen im Kör per auftreten und unbemerkt bis ins hohe Alter unter den üblichen in Funktion begriffenen Zellen mitgeschleppt werden. Sie komm: gerade im Älter zu dieser bösartigen Entwicklung, meist durch eine Schädigung der Allgemeindisposttion. Oder die Krebszelle kann sich beim Vorgänge der Regeneration, d. h. beim Wiederersatz verlorener Gewebekeile und bei Wunden heilung, besonders bei deren Wiederholung, bilden. Auch hier pflegt eins Allgemeinschädigung das Geschwulstwachstum zu fördern. " VWW Die weitere Untersuchung der Krebszelle ergab schließlich, daß ihr eigener Stoffwechsel von dem des Gesamtkörpers und dessen Teilen grundverschieden ist; besonders Gärungsvoraänge spielen eine Rolle. Wenn bisher die einzige Heilmethode in einer gründlichen Entfernung der bösartigen Geschwulst be stand, also im operativen Eingriff, so verspricht dieser neue Fund auch neue Methoden der Bekämpfung. Und in der Tat bestehen Möglichkeiten, diese Gärungsvorgänge durch gesteigerte Atmung zu bekämpfen. Versuche, die an Mäusen von B. Fischer im Frankfurter Pathologischen Institut unternommen wurden, haben bereits Erfolge gezeitigt. An Mäusen wurde experimentell Krebs erzeugt und durch geeignete Methoden nicht operativer Art wieder geheilt. Die nächsten Mo nate werden beweisen müssen, ob diese Experimente, an Tieren erprobt, auch für oen Menschen volle Gültigkeit haben. Dies würde von fundamentaler Bedeutung für dis Krebsbekämp fung und eine Rettung vieler jetzt noch Unheilbarer sein. ihr? Warum liest Maria den Verlobten am Tage sei nes Unglücks allein? Verstohlen streifte sie sein« linke Hand. Der Ning fehlte! — Also auch das! — AuS und vorbei! Du allerärmsier Mensch! Ktrchenstille umfing Hettingen, als er den Fuß in die große Empfangsdielc im Heim der Diva setzte. Blaßrote Abendsonne rann durch die hohen, kunstvoll bemalten Fenster. In wundervollem Glühen leuchteten die Farben auf. Tannhäuser lag im Venusbergs der Liebsten in den Armen, .die ihren Purpurmantel um ihn schlang. Heimliches Schweigen ruhte verheißungs voll darüber. Den Schritt verhaltend, nahm Isabella ihrem Gast Hut und Mantel ab und bat ihn mit einem Blick der Augen, .ihr zu folgen. Kein Laut durchdrang die Stille, nur als Joachims hohe Gestalt eine der großen Fächer palmen streifte, gaben sie ein leises, sensenartiges Ge räusch von sich und schwankten sekundenlang gleich win kenden Händen nach. Sattgrüne Seidenvorhänge schufen in dem Zim mer, in das die Sängerin Baron Hettingen führte, ein waldarttg feierliches Dämmern. „Lieber Joachim, nun setzen Sie sich zu allererst!" Mit behutsamen Händen faßte sie ihn und drückte ihn in dgS tiefrvte Leder eines Stuhles. „Rühen Sie sich ein bißchen aus und dann wollen wir sehen, wie das Drama weitergeht!" ist bereits zu Ende, gnädige Frau —" Sein Mund verschob sich zu einer eckigen Kurve. „Die Kata strophe Hat ihren Höhepunkt erreicht!" „Wirklich? Mir fehlt noch der Schluß,! — Der Tod des Helden!" Ruckartig hob er sich gus dem Sessel und glitt wieder zurück. — Was wußte diese Frau von seinen Plänen? — Nichts! .MrS gchärt mit zu jedem richttsen Drama!" sagte er schroff und legte die Hande aus die Lehnen zu beiden Seiten. Diese hilflose Bewegung, mit der er seine Er regtheit zu verbergen suchte, trieb ihr das Wasser in die Augen. Sie mußte von ihm wegsehen und ging nach einem kunstvoll eingelegten Seiten schranke, dessen Mittelfach unter ihrem Finger aussprang. Mit einem Kästchen in der Hund kam sie zurück, öffnete eS und reichte Hm ein vierfach! zusammcngesaltetes Papier. An der Längs- und Seitenbiegung zeigten sich brüchige Stellen, die darauf .hinwiesen, daß es schon oft in Händen gehalten war. Er entfaltete eS mit Vorsicht, um es nicht weiter zu beschädigen. An den eckig markigen Buchstaben erkannte er sofort die Schrift des Vaters. j i ! I i» st',1! 1 UL!. Urkunde! Ich bekenne mich hiermit vor Zeugen als den rechtmäßigen Vater des Kindes der Tänzerin Anita Jeska: > Isabella Anita JeSka und verpflichte mich!, die Mutter meines Kindes binnen Jahresfrist als meins Frau heimzuführen. Freiherr Artur von Hettingen. Wien, den 6. Juli 1897. Ein wildes Aufstöhnen wie das eines verendenden Tieres brach ans Joachims Munde. DaS Blatt auS den Händen gleiten lassend, sank sein Gesicht schwer auf die Brust herab. Sein Vater ein Ehrloser! „Joachim!" Die gefeierte Sängerin lag vor ihm in den Knien und lehnte aufweinend den Kopf gegen seine Schulter. ,„Joachim, sag bloß ein Wort, ob dich schämst, daß ich! auch ein Tröpferl Blut von ihm in mir trag." Nichts als ein Wimmern war di« Antwort. Ueber die weiße Hrmdbrust Hettingens fielen die Tränen wie »glitzernde Sterne und blieben auf ihrem Blondhaar und 'ihrem dunklen Kleide hängen. „Nie hältst du was zu Hören davon kriegt! Nie!" klagte sie demütig zu ihm auf. .„Aber heut — weißt Joachim! Heut kann ich nimmer anders als dir sagen, daß ich auch! ein bisserl ein Anrecht aus dich! hab!" Er schob ihre Hand von seinem Arm und zog sich! vollkommen entkräftet im Stuhle hoch. In sinnlos ent setzlicher Angst umklammerte sie ihn. „Vercuchtest mich jetzt? — Willst ausspern vor mir?" ,„Jch vor Ihnen, gnädige Frau? Sie vor mirk So ist es eher richtig! Wenn Sie den Wagen noch unten stehen haben, möchte ich Sie bitten, mich nach Hause bringen zu lassen! Zu Fuß komme ich.kaum mehr so weit, und meine Barschaft dürfte für eine Autofahrt wohl schwerlich, reichen." „Dars ich mitfahren, Joachim? Weil ich mm doch einmal deine Schwester bin. Wenn ich! mich dicht hin ter dich hinstelle, brauchen wir bloß eine einzige Kugel miteinander!" ! ! „Isabella!» ' ' „Ja! Das gönnst mir doch, net wahr? So grau sam wirst net sein, daß ich mich! selber niederschießn muß! Ich kann net umgehn mit dem Zeug. Da müßt ich dreimal losdrückn, bis ich! mich richtig treff!» „Tu! - Und dich hielt ich für schlecht!" „Mich? Bin ich! einmal net vorsichtig genug ge- wesn? Sag, Joachim! Wenn ich bei euch eingladn war, hat mirS Herz jedesmal bis rauf an die SchlLfn klopft, es könnte wer was ahnen!" „Im Wintergarten sah ich dich! den Vater küssen! Da hab ich dich! verachtet, wie ich noch nie zuvor ein Weib verachtet habe!" ,Tu armer Mensch! Da« hast du auch noch zu tragn ghabt. Aber gelt, das hab ich dir fotzt ange nommen — und wenn du mich ein bisserl gern hab» künnst — ein bisserl nur! Du mußt mich net falsch verstehen, Joachim!" (Fortsetzung Hrlgt.)
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