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161 23. Jahrgang Donnerstag» äen 12. Juli 1926 Anzeiger Mr -as Erzgebirge EW <rei»gramm,. Tag,bla« No.izg.birg, Enthalten- -le amtlichen Bekanntmachungen -es Rates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts Aue. Postscheck-«»»«»: ftmt Leipzig «». 1»»» Mer Tageblatt un» 'Ur »I. p.stanstoU«, 'n',,,,». — „rNSgUch. S»rnspr,ch.ft«st),uA y,. Berlin, 11. Juli. In der Frage der Senkung der Lohnst euer findet heute vormittag nochmals eine.Besprechung der Parteiführer beim Ncichsfinanz- minister statt. Hierauf wird der Steucrausschuß des Reichstages den Gegenstand weiter behandeln. für das deutsche Volk bedeuten. Er wurde in dieser Argumentation unterstützt durch den sozialdemokrati schen Sprecher, Abg. Sollmann. Für die deutsch nationale Fraktion sprach gestern Abg. Schlange- Schöningen. Im Namen welcher Deutschnationalen sprach er? Jener, die, wie Lambach, sich mit der Republik abzufinden Zedenten? Jener, die, wie Graf Westarp, bei ihrem Heoretischen Bekenntnis zur Monarchie beharren, aber in der Republik die Macht erringen wollen, um sie gegen die Republik zu benutzen? Oder jener, die, wie Hugenberg, den heutigen Staat völlig ablehnen, gegen ihn mit allen Mitteln der po litischen Sabotage arbeiten wollen? Schlange-Schönin gen bekannte sich als Monarchist und versicherte in demselben Atemzuge, daß es nur eine einige deutschnationale Partei gäbe. Sein monarchistisches Bekenntnis wurde nur von einigen deutschnationalen Fraktionskollegcn beklatscht, sein treuherzig vorgetra- gencS Märchen von der einigen deutschnationalen Par tei aber vom ganzen Hause mit lauter Heiterkeit quittiert. Tie deutschnationalen Angriffe gegen die Republik und gegen die Verfassung wehrte Severin g in einer zweiten Rede kurz und wirksam ab. Preußens Vorbereitungen zum verfaßungstag. Für den Fall, dass in der Frage des VerfassungS- tages keine reichsgesetzliche Regelung vor ,dem 11. August, erfolgen sollre, dürfte der „Voss. Ztg." zufolge das preußische Staatsministerium den von dem gest rigen Urteil des StaatsgertchtShofeS gezeigten Weg gehen und eine Verordnung erlassen, die sich speziell mit dem 11. August 1928 beschäftigt und allein für diesen Tag Anordnungen über die Beflaggung enthält. bor. daß da» Abstimmung-sch ick- Vorlage so ungewiß ist wie das des Gesetz- entwurfes über den Nationalfeiertag. Wird die Vor lage überhaupt noch vor den Sommerferien zur drit-^ ten Beratung vor das Plenum kommen? . . hat gestern Ausschußberatung be- Aber gegen den Vorschlag des Neichs- ag»präsidenten, Pie Redezeit nicht beschränkt worden ist, wird dre erste Beratung allein vielleicht zwei Sit- zungStage in Anspruch nehmen und die Ausschußbera- tung erst Donnerstag beginnen können. Die Zeit wird dadurch, Laß der Reichstag am Sonnabend in die Ferien gehen und vorher noch die Amnestiean träge und das Gesetz über die Senkung der Lohn steuer verabschieden will, außerordentlich/knapp wer den. Es müßte im Ausschuß schon ein stark drängen der Wille einer Mehrheit sich finden, um die Gesetz wendung der Vorlage so zu beschleunigen, daß der nächste t l. August bereits als Nationalfeiertag festlich begangen werden könnte. Zu den Gegnern der Vorlage gehört mit den Deutschnationalen, '.den kleinen Gruppen der Rechten und den Kommunisten auch die Deutsche Volkspartei. Zwar wird die Deutsche Volkspartei keinen Frak tionszwang ausüben, aber nur ein kleiner Teil, tiae geringe Zahl von volksparteilich en Abgeordneten wird sich des Votums enthalten. Die Mehrzahl scheint eutichlo,sen zu sein, gegen den Gesetzentwurf zu stimmen, und damit ist die Chance der Vorlage bei der Schlußabstimmung ungewiß geworden. Wenige Stim men können den Ausschlag für die Annahme oder Ab lehnung geben. Severins als Reichsinnenminister hat gestern die Beratung der Vorlage mit einer einpfehlenden Rede eingeleitet, in der er sich als „Mittler" zwischen dem Reichsrat, der den Gesetzentwurf beschloß, und der Neichsregierung, die ihn einbrachte, vorstellte. Der „Mittler" wurde zum beredten Anwalt des National feiertages, der unpathetisch, aber sehr wirksam ins Treffen führte, was die Weimarer Verfassung und der Tag, an dem sie geboren wurde, politisch und ideell Um den deutschen Nationalfeiertag Der Meinungskampf im Reichstag Eine Luftspionage-UMre Berlin, 10. Juli. Wie die „Boss. Ztg." er fährt, hat heute die Berliner politische Polizei mehrere Personen in Hast genommen, dis im dringenden Ver dacht stehen, Betriebsgeheimnisse der Deutschen Ver suchsanstalt für Luftverkehr in AdlerShos einer frem den Macht verraten.zu haben. Wie eine Berliner Korrespondenz zu der Spionage affäre bet der deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt erfährt, ist die Verhaftung des Regierungsbaumeisters L. bereits vor 14 Tagen erfolgt und gleichzeitig sind zwei seiner Helfershelfer, die wohl die Verbindung mit der in Frage kommenden ausländischen Macht aufrecht erhalten haben, aber nicht selbst bei der D.B.L. tätig waren, festgenommen worden. L. soll für Rußland gearbeitet haben. Sein« Verfehlungen bestanden in der Hauptfachs darin, daß er Konstruktionseinzelheiten neuer deutscher Flugzeugtypen für hohe Summen an das Ausland verkauft habe. Tie deutsche Versuchsan stalt für Luftfahrt erhält bekanntlich alle technischen Unterlagen von den verschiedenen Flugzeugfirmen, de ren Erzeugnisse dann von der Versuchsanstalt für den Luftverkehr offiziell zugelassen werden. Es scheint, als ob Negierungsbaumeister L. diese Kenntnisse, die natür lich absolut vertraulich zu behandeln waren, für sich entsprechend ausgenutzt hat. Der .Umfang der ganzen Spionageangelegenhett läßt sich noch gar nicht über setzen, weil auch die weiter zurückliegende Tätigkeit L.'S bet mehreren deutschen Flugzeugwerken nachgeprüft wer den muß. Laut „Voss. Ztg." handelt eS sich bet dem wegen Spionage verhafteten Angestellten der Deutschen Ver suchsanstalt für Luftfahrt um den RegterungSbaumeister Ludwig aus Berlin-WilmerSdorf sowie zwei seiner vermutlichen Helfer. Zwischen dem RegierungSbaumei- ster und dem Beauftragten amtlicher russischer Stellen fanden in der letzten Zeit wiederholt« Konferenzen in Dessau, Friedrichshafen, Berlin und anderen Städten statt, in denen Ludwig unmittelbar die Geldbeträge übergeben wurden. Liese Geldbeträge scheinen in die Lunderttausende -u gehen. Die Ermittelungen sind «och jm Savgs. Wie de« gleiche» Blatt SüstHr« ver lautet, handelt es 'sich bei den beiden Flugzeugwerken um Junkers in Dessau und Dornier in Friedrichs hafen. Tie Größe des Schadens läßt sich zurzeit noch nicht mit Bestimmtheit feststelkcn. Von zuständiger Seite wird darauf hingewiescn, daß die Luftversuchsanstalt rechtzeitig den Negierungsbaumeister überraschen konnte, so' daß dieser Stelle ein nennenswerter Schaden nicht erwachsen ist. Berlin, 10. Juli. Zu der Meldung der „Voss. Ztg." über Verrat von Betriebsgeheimnissen der Ver suchsanstalt für Luftverkehr in Adlershof wird mit geteilt: Ein seit wenigen Wochen bei der Deutschen Ver suchsanstalt für Luftverkehr in AdlerShof tätiger An gestellter wurde unter dem dringenden Verdacht, wis senschaftliche Arbeiten an eine fremde Macht verkauft zu haben, festgenommen. Der Angeschuldigte, Negie rungsbaumeister Ludwig, ist verdächtigt, auch, in früheren Stellungen bet zwei Flugzeugwerken ähnlich gehandelt zu haben. Ein neuer Werkspionageprozeß. Moskau, 10. Juli. Bor dem Militärkollegium des Obersten Gerichtshofes beginnt am Mittwoch ein Prozeß gegen die Sowjetbürger Okolsin, Orlow und Matwejew, Vertreter der schwedischen Firmen Alpha Laval und Diabolo Separator und gegen acht Ange stellte sowjetistischer landwirtschaftlicher Organisationen wegen Uebermittlung vertraulicher Informationen über Importpläne und Lizenzen an die genannten Firmen. Tettbegna-igung lm Schachtp-Prozeß. Hinrichtung dec Nichtbegnadigten. Moskau, 10. Juli. Das Zentralexckutivkomitee der Sowjetunion wandelte auf Gesuch des Obersten Ge richtshofes die Todesurteile im Schachth-Prozeß gegen Matow, Bratanowskt, Beresowski. Bojarschinow, Kasa- rtnow und Schadlun in 10jährige Gefängnisstrafen um und bestätigte die Todesurteil« gegen die übrigen fünf Verurteilten. Lief« Urteil» sind bereits vollstreckt. Mestarp unä Mallrak von Hilgenberg gestürzt. Tie Krise in der Deutschnationalen Partei, der der sich das ganze politisch-parlamentarische Interesse zuwendet, ist nun in voller Stärke zum Ausbruch ge kommen. so daß eine Uebcrbrückung der Gegensätze nicht mehr möglich scheint. In Erkenntnis dieser Sachlage haben die beiden bisherigen Vorsitzenden der Deutsch nationalen Partei, Gras Westarp und Wallraf, ihre Aemter niedergelegr. Sie Haben sich lediglich be reit gefunden, bis zum Herbst noch interimistisch di« Geschäfte weiter zu führen. Bis dahin soll die Frag« ihrer Nachfolgeschaft geklärt werden. Der Fall Lambach ist überraschenderweise HU einem Fall Westarp und damit zu einer Machtfrage in der Partei überhaupt geworden. Die alldeutsche Gruppe um Hugenberg, Bang und Everling bean sprucht die Führung in der Deutschnationalen Partei. Eie verlangt die Rückkehr der Deutschnationalen zur Opposition um jeden Preis. Vor dieser unentwegten Opposition hat der bisherige Führer Graf Westarp warnend seine Stimme erhoben. Er ist nicht durch gedrungen. Das hat ihn zur formellen Niederlegung! seines Amtes veranlaßt. Zweimal hat er gestern die Sitzung der Partcivertretung ostentativ verlassen. Wenn er sich bereit gesunden hat, wieder zurückzukehren und interimistisch die Geschäfte noch weiter zu führen — wie gesagt, ,nur interimistisch —, so deshalb, um einen Bruch in der Partei, eine Spaltung, an die man gestern haarscharf.Herangelangt war, in letzter Minute noch einmal zu vermeiden. Hugenbergs Alldeutsche Vereinigung, steht in eng ster Verbindung mit den sogenannten vaterländischen Verbänden. Hier liegt auch der Grund, weshalb e» dieser Gruppe, die an sich sonst in der Minderheit steht, gelungen ist. die bisherige Parteiführung in die De fensive zu bringen. Aber die Bindungen zwischen den Verbänden und den übrigen Abgeordneten sind so stark, daß sie nicht ohne Rückwirkungen auch dann blei ben, konnten, wenn die Existenz der Partei überhaupt in Frage gestellt ist. Der Kampf tobt unentwegt weiter. Insbesondere haben die Veröffentlichungen über die Vorgänge in dec gestrigen Sitzung zu einer neuen Verschärfung der Krisis geführt. Man hatte versucht, die Per traulichkeit der Auseinandersetzungen zu wahren, da ist nicht gelungen. Ein Zeichen dafür, daß die Entschei dung nicht allzulange hinausgeschoben werden kgnn. Was wird, ist im Augenblick schwer zu sagen. In parlamentarischen Kreisen hält man es für unmöglich, die Fraktion und auch die Partei in ihrer gegenwär tigen Zusammensetzung einheitlich zusammenzuhalten. Man erinnert daran, daß schon vor dein Kriege ein« Trennung der Frcilonservativen von den Teutschkonser« vativen erfolgen mußte, und schließlich verweist man auf daS Beispiel Frankreichs, wo ebenfalls ungefähr zehn Jahre nach dem Sturz der Monarchie die Roya listen sich von den anderen Konservativen getrennt ha ben, um schließlich eine Entwicklung bis zur politischen Bedeutungslosigkeit zu nehmen. Otto Srauns öesreiung ous -em Untersuchungs gefängnis. Leipzig, 10. Juli. Ter Oberreichsanwalt hat die für Mitwirkung bei der Ergreifung des am 11. April auS dem Untersuchungsgefängnis Moabit befrei ten Schriftstellers und kommunistischen Agitator- Otto Braun ausgesetzte Belohnung von 5000 RM zurück, gezogen .da nunmehr feststeht, daß «S Braun und der gleichfalls gesuchten Stenotypistin Olga Benarto.ge- lungen ist, ins Ausland zu entkommen und damit der Zweck der ausgeschriebenen Belohnung, eins der Flucht aus dein Fuße folgende Wiederergreisung zu erleich tern, unmöglich geworden ist. Die übrigen Fahndungs maßnahmen werden natürlich aufrechterhalten. Japan un- China. Tokio, l0. Juli. Auf Grund der Besprechungen, die heute im Kabinett über die chinesische Lage stattfmden, ging die übereinstimmende Ansicht dahin, daß die japanische Regie- rung Tschanghsuheliang, den Sohn Tschangtsolins als den obersten Kriegsherrn der Mandschurei anzuerkennen, aber zu gleich darauf bestehen wird, daß die Vereinbarungen, die Ja pan mit dem verstorbenen Diktator getroffen hat, vorläufig in Kraft bleiben. Wie verlautet, ist die japanische Regierung bereit, mit China über eine der veränderten Lage Rechnung tragende Revision der Verträge in Verhandlungen zu treten, vorausgesetzt, daß die- bestehenden Verträge anerkannt werden, bis sic durch ein neues Abkommen zwischen den beiden Regie rungen ersetzt worden sind. Bisher sei man jedoch von chine sischer Sette wegen einer etwaigen Revision der bestehenden Verträge noch nicht an die japanische Regierung herangetreten.