Volltext Seite (XML)
23. Jahrgang Auer Tageblatt j^srs SZWZHB r«r«^.^,u5 m. sr. / ff »u»nv<tj»0>»«»Ü »!g r»H»«t«>t»'^ r»legrc>mm.r Lag-dlatt fiurerzg.btrg« Euthalten- -le amtlichen Sekanutmachungen -es Rates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts Ine. p-stscheck-s°nt»r flmt Lr'pr'g a,. 1»»» Nr. 160 Mittwoch» äen H. Zuli 192S Potsdamer Flaggenftrett vor dem Staatsgerichtshof Der x«e^^psig, 9. Juli. Der StaatSgerichtShof für das Deutsche Reich verhandelte am Montag die Anträge des Magistrats der Stadt,PotSdam und der deutsch nationalen Fraktion des Preußischen Landtages auf BerfasiungSwidrtgkeit und Nechtsungülttgkeit der preußischen Notverordnung vom 8. August, 1927 be treffend die Beflaggung der Schulgebäude. Tie Verhandlung war bereits einmal auf den 22. Juni angesetzt, wurde damals jedoch wegen nicht fristge mäßer Terminsetzung vertagt. In der heutigen Ver handlung führten die Antragsteller zur Begründung oer Anträge aus, die Reichsfarben seien das Hoheits zeichen des Reiches. Die Länder seien aber nur befugt. Bestimmungen Lber ihre eigenen Hoheitszeichen und deren Verwendung zu treffen. Selbst wenn ein Flag genzwang ausgeübt werden könnte, was auf Grund der Reichs- und preußischen Verfassung zweifelhaft er scheine, so könnte ein solcher Zwang nur vom Reiche ausgeübt werden. Nach Artikel 70 cher preußischen Verfassung stehe den Gemeinden die Beflaggung als ein Recht der Selbstverwaltung zu, das ihnen nicht durch ein einfaches Gesetz, geschweige denn durch eine Not verordnung entzogen werden könne. Die Notverord nung bedeute zudem einen Eingriff in das städtische Eigentumsrecht, ebenso in die Unabhängigkeit der Rechtspflege. Weiter seien die in Z 55 der preußi schen Verfassung aufgestellten sachlichen Voraussetzun gen für den Erlaß einer Notverordnung in keiner Richtung erfüllt gewesen. Weder sei die öffentliche Sicherheit gefährdet worden — in dieser Hinsicht han dele es sich um bloße beweispflichtige Vermutungen der preußischen Regierung — noch Habs ein Notstand oder eine Dringlichkeit Vorgelegen. Die Verordnung habe lediglich parteipolitischen Zwecken gedient. Wei ler sei die Zustimmung des ständigen Ausschusses des Landtages nicht ordnungsmäßig erfolgt und daher rechtsunwirksam, da einige abwesende Zentrumsmttglie- der des Ausschusses ihr Stimmrecht sozialistischen Ab geordneten übertragen hätten, was unzulässig sei. Für den Beflaggungszwang der Schulen habe die preu ßische Regierung überhaupt keine Begründung gegeben. Vom Vertreter der preußischen Regierung, Mini sterialdirektor Dr. Badt, wurde geltend gemacht, daß, soweit das Reich von seinen Befugnissen im Sinne des 8 12 der Lieich»Verfassung nicht Gebrauch Mache, die Länder das Recht der Gesetzgebung hätten. Nach sden geltenden VerfassungSbesttmmungen sei es zulässig, An gelegenheiten der Selbstverwaltung den Gemeinden und Gemeindcverblinden zu entziehen und sie zu allgemei nen Landesangelegenheiten zu machen. Der Artikel 70 der.preußischen Verfassung werde durch den 3 71 Ab satz 2 eingegrenzt, wonach die Selbstverwaltung nur innerhalb der Grenzen des jeweils bestehenden Ge setzes bestehe. Inhalt der Notverordnung, könne also sein, was durch ein Landesgesetz geregelt werden könne. Die sachlichen Voraussetzungen des Artikels 55 seien gegeben. Die öffentliche Sicherheit in den verschieden sten Gegenden Preußens sei aufs höchste gefährdet ge wesen, namentlich bei der besonderen Sachlage, zum BersassungStage und dem demonstrativen Verhalten der Letter verschiedener Gemeinden. Die Dringlichkeit er gebe sich aus der Kürze der Zett bis zum VerfassungS- lage. Dis Verordnung verfolge keine parteipolitischen Zwecke. GS Handels sich nicht um.Parteifarben, son dern um die verfassungsmäßigen Farben des Reiches. Die Zustimmung des stündigen Ausschusses sei ordnungsmäßig erfolgt. Die Möglichkeit der Ab tretung von Sitzen sei durchaus gegeben. das Urteil. Leipzig, 9. Juli. Im sogenannten Potsdamer Flaggenstrcil fällte der Staatsgerichtshof heute abend folgende Entscheidung: Die preußische Verordnung vom 8. August 1027 über Beflaggen der gemeindlichen Dienst- und Schulgebäude ist mit der preußischen Ver fassung unvereinbar. Die Verfassungswidrigkeit liegt, wie NeichSgcrichtspräsident Dr. Simons in der Be gründung ausführtc, darin, daß die sachlichen Voraus setzungen des Artikels 55 der preußischen Verfassung für den Erlaß einer Notverordnung insofern nicht ge geben seien, als der Inhalt der Notverordnung nicht dem mit der Verordnung verfolgten Ziel adäquat sei. Statt die Verordnung auf den eigentlichen Zweck, die Verhütung von Zwischenfällen, zu beschränken, habe die preußische Negierung die Gelegenheit ergriffen, um das gesamte Flaggcnrecht zu regeln. Das bedeute aber eine Verschiebung der Rechtslage, so daß die Not verordnung infolgedessen als verfassungswid rig vom Staatsgerichtshof anerkannt werden mußte. prejsestimmen. Zu der Entscheidung des StaatSgerichtshofeS in dem Flaggenstreit zwischen der Preußischen Regierung und Potsdam bemerkt das „Berliner Tageblatt": Diese Entscheidung wird praktische Bedeutung nicht ge winnen, .da voraussichtlich schon in den nächsten Tagen Reichstag und Landtag die entsprechenden Gesetze ver abschieden werden, durch die sichergestellt wird, daß. am Dorfassungstag auch widerspenstige Kommuner: wie Potsdam und andere alle öffentlichen Gebäude in den Farben des Reiches Schwarz-Ror-Gold zu be flaggen haben. — Tie „Germania" erklärt, der Staatsgerichtshof gibt zu, daß ^enr Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine Lücks im Gesetz erkennen ließ, „die die preußische Negierung nach! seiner Meinung unzulässigerweise auszufüllen bestrebt war. Ausgabe der ordentlichen Gesetzgebung, wird es nun sein, diese Lücke auszufüllen. Sie ist von der Notwendigkeit dik tiert, der Neichsflaggs bei allen Selbstverwaltungskör pern die ihr gebührende Achtung und Geltung zu ver schaffen. — Zu der Flaggenverordnung bemerkt die „Deutsche TageSzeitun g", das Urteil dürfte nicht gerade geeignet sein, das Ansehen der preußischen Ne gierung zu erhöhen. Die Entscheidung des Staatsge richtshofes dürfte bei der neuen Erörterung der Flag- genfrage im Landtag eine wesentliche Rolle spielen. — Ter „Vorwärts" "schreibt: Das Urteil bezeichnet nicht die Notverordnung an sich als verfassungswidrig, sondern ihre generelle Fassung, die den Anschein er wecken konnte, als ob die preußische Negierung durch die Notverordnung die Flaggensrage nicht nur einmal für den 11. August, sondern dauernd regeln wollte. Inzwischen liegt dem Reichstag ein Gesetz vor, bsts die Frage des VerfassungLtages im Sinus der preußischen Notverordnung für das ganze Reich regeln will. Wird der Entwurf Gesetz, so könnte sich die Preußische Regie rung mit AuSsührungsbestimmungen begnügen. Wird er nicht Gesetz, so steht eö Preußen nach dem Urteil des StaatSgerichtshofeS frei, für Preußen ein eigenes Gesetz einzubringen. Daß ein derartiger Entwurf in Preußen eine Mehrheit finden würde, ist nach der Zu sammensetzung des Landtages nicht zu bezweifeln. Der Lon-oner kntLrnürion«tL Kongreß Ser liberalen Parteien. London, 9. Juli. Der internationale Kongreß der lweealen Parteien in London wird von der englischen Presse zum Teil in sehr großer Aufmachung eingehend registriert und gewürdigt. Die Tagung brachte eine Anzahl hervorragen der Referate, an denen sich die deutsche Delegation bedeutsam beteiligte. Den Höhepunkt deS Kono-esieS bildeten die An sprachen der drei demokratischen Führer Englands, Frank reichs und Deutschlands. Lloyd George verwies mit wirksamer Begründung darauf, daß die Atmosphäre des Krieges dem Liberalismus notwendig ans Leben gehen mußte, während sic das Wachstum unfruchtbarerer und extremerer Formen des politischen Gedankens und der politischen Aktion begünstigte. Der französische Delegierte Daladter führte im gleichen Sinne aus, daß der liberale und demokratische Geist die Zukunft für sich habe. Als Dritter sprach der Re'chkminister Koch-Weser. Die Aufgabe des Liberalismus sei es. so führte er aus, zwi- scheu konservativem Manchestertum und marxistischem Sozial s- mus zu vermitteln und er nahm für die Parteien des Liberalis mus die Erkenntnis dieser Aufgaben den krtti.chen Nachkrtegs- tagen in Anspruch. Em Weiterarbeiten im Sinne der von Friedrich Naumann ..üt seh^scheM Blick erkannten Aufgaben sei da» che-wt Zusammenstoß Mischen Polizei un- Kotfroutkämpfern. Berlin, 9- Juli. Am Sonntag MWnittag kam es nach Zeitungsmeldungen im Stadtteil Bürbach in Saarbrücken bei einer Demonstration von Notfrontkämpsorn, die von der Regierungskommission verbcü-m mar, zu einem blutigen Zu- sammenstvlr zwischen Polizei und Rorftoutkämpftni. Aus e'ner Gruppe von 50 Demonstranten, die entgegen der Auf forderung der Polizei weiter marschierten, wurde auf die Landjäger geschossen. Diese gingen darauf mit blanker Waffe vor. Der Schütze aus der Demonstrantengruppe wurde schwer verwundet ins Krankenhaus gebracht. In den Abendstunden trat eine völlige Beruhigung ein, nachdem die Versuche mehrerer auswärtiger Gruppen der Nocfrontkämpfer, in die Stadt etnzudrtngen, unterbunden worden waren. Das Ver bot der Demonstration mar ermisst, da der Polizei bekannt geworden war, daß die gewaltsame Befreiung eines Kommu nisten aus dem Gefängnis vorgenommen werden sollte. Abordnungen aus Belgien und Frankreich wurden von den Landjägern wieder in ivre Heimo: abgesclmben. Vie keulige lksbinettsschung. Der Kellogg-Pakt wird unterzeichnet. Berlin, 9. Juli. Das Reichskabinett wird heute nach mittag um 4 Uhr unter Vorsitz des Reichskanzlers Hermann Müller zu einer Sitzung zusammentreten. Die neue Regierung wird sich über ihr? Einstellung zum Kellogg-Pakt schlüssig wer- den müssen. Es ist kein Zweifel, daß die Reichsregierung zu dem Beschluß kommen wird, den Kellogg-Pakt, so wie er setzt vorliegt, zu unterzeichnen. Eine entsprechende Mit- teilung darüber wird auf diplomatischem Wege an die Ber einigten Staaten und zugleich wohl auch an die Regierungen ergehen, die bisher zum Beitritt zu einem solchen Antikriegs, bund aufgefordert sind. Nähere Mitteilungen über die Stellung der Reichsregierung zu dieser Frage wird Reichskanster Müller morgen vor dem Auswärtigen Ausschuß des Reichstages wachen. Wetter hat sich das Kabinett heute mit der Frage der Wiederaufnahme der deutsch-polnischen tzandelsvertragsver- Handlungen zu beschäftigen. Hierzu liegt ein diplomatischer Schriftwechsel zwischen Berlin und Warschau vor, der in sung- ster Zett erfolgt ist. Gesandter Rauscher, der ebenfalls am Kabinettsrat teilnimmt, wird im übrigen noch ergänzend über den gegenwärtigen Stand der diplomatischen Fühlungnahme berichten. Man nimmt allgemein an, daß die Polenverhand- lungen baldigst wieder in Fluß kommen, diesmal mit Aussicht ans Erfolg, da ans beiden Seiten Wohl der Wille besteht, die Verhandlungen möglichst elastisch zu gestalten. In Warschau scheint man geneigt zu sein, in der Niederlassungsfrage den deut chen Wünschen gerecht zu werden. Im übrigen hat das Kabinett allerlei inncrpolitische Vor- bercitungen ans den Abschluß der parlamentarischen Sommer arbeiten zu treffen. Und zwar in der Frage der Amnestie und der Einkommensteuersenkuna. Beides soll noch vom Reichstag bis Ende dieser Woche erledigt werden. Zur Amnestiefrags wird Justizniinifrer Koch-Weser seine Verhandlungen mit den Fraktionsführern und über die Fühlungnahme mit den Länderregierungen berichten. Danach wird die Amnestie praktisch reine Schwierigkeiten mehr machen. Man rechnet mit einer Mehrheit für das Amnesticgesetz von den Deutsch- nationalen bis zu den Sozialdemokraten. Von vornherein war eine solche breite Basis in Aussicht genommen, um aus alle Fülle eine Zweidrittelmehrheit zu sichern. Der Reichstag tritt morgen nachmittag um 8 Uhr wieder zusammen, um seine Sommerarbeiten zum Abschluß zu bringen. Hierzu gehört die Erklärung des 11. August zum Nationalfeiertag. Die Vorlage hierüber, das Amnestiegesetz und die Frage der Steuersenkung — das alles soll bis zum Sonnabend erledigt sein. In der Frage der Einkommensteuersenkung hat der Reichssinanzminister Dr. Hilferding noch nicht endgültige Klarheit erzielen können. Darüber sollen die Verhandlungen morgen vormittag mit den Fraktionsführern wieder ausgenom men werden, die vom Finanzininister mit dem Ziel geführt werden, die Regierung zu einer Senkung der Einkommensteuer in Form einer Erhöhung d.'s steuerfreien Anteils, mit Wir kung ab 1. August zu ermächtigen. Der §all Lambach. Berlin, 9. Juli. Heber die Tagung der Deutsch, nationalen Parteivertretmig berichtet ergänzend die „D. A. Z.": Die Verhandlungen wurden durch die Annahme einer Ent schließung beendet, die lediglich den Willen zur Einigkeit zum Ausdruck bringt- Praktisch ist es nicht gelungen, die Gegen sätze zu überbrücken, die sich nicht nur zwischen Lambach und seinen verfassungspolitischen Gegnern, sondern auch zwischen einer der resolut anftretcnden Gruppe und dem Partetvor- sitzenden Graf Westarp gezeigt haben. Dis Differenzen der zweiten Art, die außerordentlich tiefgreifend genannt werden müssen, führten dazu, daß der Vorsitzende Graf Westarp zweimal sein Amt zur Verfügung stellte. Durch ein ein stimmiges Vertrauensvotum konnte er bewogen werden, die Geschäfte weiter zu führen- Das Problem der Gruppen bildung innerhalb der Partei, gegen das Graf Westarp durch seinen Schritt demonstrierte, ist trotzdem nicht gelöst worden. Es soll einer neuen Tagung der Parteivcrtreter im Herbst vorbehalten bleiben, den Versuch zu machen, daß die schweren Gegensätze zwischen der Führung und der oben gekennzeich- netcn Gruppe ausgctragen werden. Bis zur nächsten Tagung der Parteivcrtretung, die mit tunlicher Beschleunigung ein- berufen werden soll, führt Graf Westarp den Vorsitz weiter- Als Kandidat seiner Gegner wird Dr° Oberfohren genannt Deutsche NeichsprästSenten-Srkefmarken. Nachdem ster BerwaltungSrat der Reichspost den Wunsch ausgcdrückt hatte, daß eine Brtesmarkenrethe mit den Bildern der Reichspräsidenten herausgegeben werden möge, wird eine solche Reihe am 1. Septem ber auSgegeben werden. Sie ist entworfen von dem Kunstmaler Smith-Berlin. Für Hindenburg ist ein neuer Entwurf, der von der Htndenburg-WoHlfahxtS- marke abweicht, geschaffen worden. Ausgegeben werden Marken zu 3, 8, 10, 20, 30 und 60 Pfennigen, außer dem eine neu geschaffene 45-Pfennig-Marke Mr Ein schreibbriefe mit dem Bildnis des verstorbenen Reichs präsidenten Ebert und Mr-okeu zu 5, 16 rmL LS Pfg. m'ck dr« OMnIS