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Sonntag» äen 6. November 1927 Mer Tageblatt WUM Mzeiger für -as Erzgebirge «i Lagebla« ftornsgrblrg* Enthalte«- -le amtliche« Sekanntmachungen -es Rates -er Sta-t««- -es Amtsgerichts -tue. poMeck-ttoatsr «Ml Leipzig a».leer Nr. 260 Sonntag» äen 6. November 1927 ' 22. Jahrgang angeschnitten ist. Der Wasserstand in Montpeliev bv» trägt 20 Huß. Wizegouvernei r Jackson befindet sich! unter den Toten. Tie Zahl! der Opfer, die noch nicht genau feststcht, ist ebenso wie der Sachschaden beträcht- iich. Neuhork, !4. Nov. Wovkenbrüchs richteten im taate Neuyork und in Neu»England beträchtlichen chaden an. In Vermont, VaS am meisten gelitten hat, men vier «Personen ums Leben. Der dort angerich? te Schaden wird auf mehrere 100 000 Dollar geschätzt, er Eisenbahnverkehr ist unterbrochen. Biele Städte ehen zum Teil unter Wasser. In Massachusetts war en mehrere Brücken zerstört, zwei Personen verum lückten tödlich. . Neuhork, 8. Ny«. Ein Funkspruch! au» Ruth- and (Vermont) brachte die erste Nachricht, daß Mont- elier durch eine Ueberschwemmung von der Außenwelt Neuhork, 8. Noch. Die Blätter berichten über stetig steigende Verluste an Menschenleben im «Ueber- s^wcmmungSgebiet in den nördlichen Oststaaten. In Montpelier allein sind wahrscheinlich über 200 Men schen ertrunken. Ter Sachschaden an Gebäuden, Eisen bahnen und Kraftwerken erreicht mehrere Millionen. Abrüstung Eine Erklärung Mae NeMs. ine Stadt von der Außenwelt abgeschlossen Ueberschrvemmungskatastrophe in Amerika. London, 8. Nov. Der neue englische Völker bundsdelegierte Mae Neill gab zum ersten Male vor der Oeffentlichkett eine Erklärung über seine Völker- -bundspolitik ab. Mac Neill betonte, daß, Großbritan nien bereits durch! internationale Abkommen und durch eigenen Entschluß seine Kanch.früstungen bedeutend her abgesetzt habe. England wolle in dieser Frage so weit ^gehen, wie es mit der Sicherheit des Landes und des Mandels vereinbar sei. Wenn dis Arbeit des Völker wundes in der Abrüstungsfrage vorsichtig und praktisch 'angefangen werde, dann würde sts zu einem Erfolge Fortsetzung äerSchulgesehberatung im Biläungsausschuß. Berlin, 6. Nov. Im BildungSqusschuß des Reichstages wurde in der Etnzelberatungl peS Schulgs- setzentwurfes 8 K weiter erörtert. Abg. Rheinländer (Ztr.) gab zu, daß aus Artikel 120 der Verfassung allerdings lein besondere« Recht der Eltern auf die Schule abgeleitet werden könne, eine indirekte Verbindung mit Artikel 146 sei aber doch! - gegeben. Das Elternrecht habe seine Grenzen an den Interessen des Kindes und den Interessen des Staates. Die Schulerzichung solle die elterliche Erziehung unter stützen. » > ' Abg. Rönne Vurg (Dem.) verlangte tM Gegen- ! satz dazu, daß im 8 1 das Borrecht des Staate« zum s Ausdruck komme. Die Volksschule dürfe nicht ein Werk zeug des Elternwillens werden. Abg. Hörnle (Komm.) bekämpfte das «am Abg. Rheinländer propagierte Elternrecht. Namens der Deutschen Bolkspartei erklärte Frau L«. Martz, man müsse an der Staatsschule fosthalten. Staatssekretär Z w e t g e r «interpretierte den 8 1 dahin, daß er den Eltern und! Lehrern kein besonderes Recht geben wolle. Dieser 8 1 fei nur von program matischer Bedeutung. Eine Srkökung äer Miete kommt nickt in frage. Berlin, 4. Nov. Bet den Beratungen über de» Entwurf des GebäudeentschuldungssteuergesetzeS im Ar beitsausschuß des ReichSwtrtschaftSrateD kam die Not wendigkeit der steuerlichen Erfassung etwaiger künfti ger MtetSerhÄhungen zur Sprache. Der Vertreter de» RetchSarbeitSmtntsterS bezog sich in diesem Zusammenhang auf eine Erklärung, die der Staatssekretär de» ReichSarbeitSmintstertum», Tr. Geib, anläßlich von Verhandlungen mit Vertretern der Länder in den letzten Lagen in Stuttgart abgegeben hat. Dr. Getb hat dort darauf Ungewissen, daß eine planmäßige WohnungSpvltttk nur in engstem Zusam menhang mit der allgemeinen Wirtschafts, und Finanz^ Politik betrieben werden könne. Eine wesentliche Vor aussetzung für eine planmäßige WohnungSpvlitik müsse die Sicherstellung de» notwendigen Anteil» an der Haus- ztn»steuer für den Wohnungsbau sein. Dabei könne «Ker «ine Erhöhung der gesetzlichen Miet« Weber für den ersten April 1SL8, noch Überhaupt für absehbar» Zeit t« Betracht kommen. Schon au« Gründen der Lohnpolitik und -er allgemeinen Wirtschaftspolitik müsse dtal« Srago au« d« Ltrörtarmtg auälcheiden. führen, wie er bisher noch nicht in der Geschichte zu Verzeichnen gewesen wäre. Neuhork, 6. Mop. Der MartnehauStzalt der Vereinigten Staaten von Nordamerika steht, nach! Neu- Yorker Blättermeldungen, für da» kommende Jahr 170 Millionen Mark vor. Hiervon sollen zunächst die acht im Bau befindlichen 10 000-Tonnen-Kreuzer vollendet und zwei Schlachtschiffe modernisiert werden. Ueber daZ sonstige Flottenrüstungsprogramm .liegen, keine näheren Meldungen vor. Einrichtung eines Lustschnellöienstes zwischen Neupork unö Lonöon. London, 8. November. Bei diesem Plan ist eine Flumeit von 55 Stunden für di« Strecke Neuhork—London in Aussicht aenonrmen. Bet der Ueberqueruna des Ozeans sollen 8 Zwischenlandungen auf besonderen Schiffen, die für diesen Zweck auf dem Ozcan stationiert unld mit Landunqsmöqllch- keiten versehen werden sollen, Vovqenommen werden. Die Gesellschaft hofft bei ihrem Plan ans die Untevstützuna amt licher amerikanischer Stellen. preislenkungsaktion in Italien. Rom, 5. Nop. In Italien sind zur Festsetzung von Höchstpreisen für Lebensmittel alle Propinzbehör- den durch! die Regierung aufgefordert worden. Die Orts behörden sollen Vie Einhaltung der Höchstpreise über wachsen. Die italienische Regierung beabsichtigt durch diese Maßnahme, eine Herabsetzung der Preise herbei zuführen. Die Preisherabsetzung ist deshalb notwendig, weil nach der Besserung der italienischen Währung be reits eine erhebliche Herabsetzung der Löhne und Ge hälter stattgesunden hat, der die, Preisentwicklung bis her nur ungenügend gefolgt ist« Monarchkstksthr Kun-gebung l« Men. Wien, 4. Nod. Wie eins hiesige Korrespondenz meldet, kam e» heute vormittag in der KapuzineErche anläßlich der pog der ehemaligen Kaiserin Zita zum Namenstage de» ehemaligen Kaisers Karl gestifteten Gedächtnismesse zu einer monarchistischen Kundgebung. Beim Verlassen der Kirche versuchte der Präsident der kaisertreuen Volkspartei, Oberst Wolff, eine Ansprache an die Versammlung zu halten, wurde jedoch von der Polizei daran gehindert, die die Anwesenden zerstreute. Klrlne Mel-u«grn. Berlin, 8. Nov, Die deutsche Antwort auf da» Memorandum de» Reparationsagenten Parker Gilbert ist um !11 Uhr überreicht worden. Spandau, 8. Nov. In Hagenfelde bei Spandau erschoß heute nacht ein Bankbeamter seinen Hauswirt in der Annahme, einen Einbrecher vor sich Lu haben. Part», 5. Nov. Die Unterzeichnung des franzö- stsch.juposlawtschen Freundschaft»- .und Schiedsgerichts vertrags» wird in den nächsten Lagen erfolgen. Peking, 4. Nov. Marschall Lschangtsoltn»Trup pen haben Lotung genommen und dringen in der Rich, tung auf Soptna in Nsrdschanft vor. Fengyustang» Streitkräfte werden gegenwärtig au» ihren Stellung ge» nördlich de» Gelben MuüeM vertrleben. Vie ^oäesstrafe. Von Dr. Külz, M. d-R. In das gegenwärtige geltende Strafgesetzbuch ist di« Todesstrafe nur nach langen und heftigen Kämpfen im Par lament und nur unter starken Druck Bismarcks ausgenommen worden. Auch bei der endgültigen Entscheidung über das jetzt beratene neue Strafgesetzbuch wird der Streit um die Todesstrafe von wachsender Bedeutung werden. Leider wird die öffentliche Erörterung dieser Angelegenheit bisher nicht mit der Gründlichkeit und Objetivität geführt, die notwendig ist. Beibehaltung oder Abschaffung der Todesstrafe ist ersten» ein strafpolitisches Problem und zweitens eine Sache de» menschlichen Gefühls. Jede Strafe soll und muß Zufügung von Ucbeln sein. Art und Maß dieses Uebels richtet sich nach dem Kuliurstand des betreffenden Volkes und nach dem Straf zweck. Wenn ich einen Neger in Afrika mit Freiheitsstrafe belege, und ihn in einen kühlen sonnengeschützten Raum seine Strafe absitzen lassen würde, so wäre da» für ihn ein« Wohl tat und deswegen eben keine Strafe. Lin zivilisierter Europäer ist selbstverständlich unter anderem Gesichtspunkte zu beurteilen. Grundlegend ist von unserem Kulturstand aus zu sagen, daß die Strafe auch im Verbrecher noch den Menschen sehen muß. Dieses Grundgebot ist auch beim Strafzweck nicht außer Acht zu lassen. Es gibt drei große Theorien vom Strafzweck: die Vergeltungstheorie, die Abschreckungstheorie, di« Besserungs theorie- Keine einzige Theorie von diesen dreien darf für sich alleinige und absolute Geltung beanspruchen, vielmehr muß der Strafzweck allen drei Grundgedanken gleichmäßig gerecht werden: Vergeltung, Abschreckung, Besserung. Die Vergeltung verlangt, daß die Strafe al» ein dem Verbrecher zugefügtes Uebel nach Art und Maß dem Rechte gut entsprechen muß, das der Verbrecher verletzt hat. Hat der Verbrecher das größt« und letzte Rechtsgut des Menschen, dessen Leben vernichtet, so gibt es vom Standpunkt der Ver geltung aus kein anderes Uebel, womit ich den Verbrecher ! bestrafen kann, als die Vernichtung seines eigenen Leben». Zu ähnlichen Folgerungen kommt man vom Standpunkt der Abschreckungstheorte aus. Wenn man vor dem schwersten Verbrechen, das überhaupt denkbar ist, abschrecken will, muß man logischer Weise das äußerste Abschreckungsmittel — hier also die Todesstrafe — anwenden. Der dritte Grundsatz der Besserung — und hier setzen die Bedenken ein — schaltet bei der Todesstrafe naturgemäß aus. Weitere strafpolttische Be denken kommen bei der jetzigen Form der Todesstrafe hinzu. Die jetzige Todesstrafe ist eine unbedingte, das heißt, sie muß verhängt werden, wenn die Frage auf Mord tatsächlich bejaht ist. Ein Ncchtstrrtum kann nach Vollstreckung nicht wieder gut gemacht werden. Für diese absolute Todesstrafe sich einzu setzen, ist eine Unmöglichkeit- Der Entwurf des neuen Straf gesetzbuches verläßt deswegen auch diese Form der Todesstrafe und läßt auch bei Mord unter bestimmten Milderungsgründen eine andere Strafart zu. Es handelt sich jetzt also nur um die Entscheidung der Frage, ob in dieser gemilderten Anwen dungsform die Todesstrafe beibehalten werden soll oder nicht. Hier setzen nun zum Teil die Reaktionen de» menschlichen Gefühls ein, die ganz verschieden sind, je nach dem der Blick an einen von Todesqualen Gepeinigten, vor der Hinrichtung stehenden Mörders haften bleibt oder ob er sich mehr dem unglücklicher Opfer zuwendet, das der Mörderhand verfallen war. Gefühlsmäßig wird man ein Gegner der Todesstrafe, wenn man das Schicksal Vanzettis betrachtet. Man kommt nicht zur gleichen gefühlsmäßigen Ablehnung, wenn man «inen Massenmörder wie Haarmann vor sich sieht, und das Gefühl ruft direkt nach der Todesstrafe, wenn man sich in dir Lag« der unglücklichen Opfer eines Mörders und in die Lagt ihrer Angehörigen versetzt. Diese kurze Kennzeichnung genügt um darzutun, wie schwierig eine richtige Orientierung gegenüber dem ganzen Problem grundsätzlich ist. Praktisch ist die Orientierung gerade in Deutschland außerordentlich leicht und führt zwingend zur Ablehnung der Todesstrafe, und zwar au» Gründen, die bisher in der Oeffentlichkett überhaupt noch kau» berührt worden sind. Eine Todesstrafe darf erst vollstreckt werden, wenn der Inhaber des Begnadigungsrechtes entschieden hat, daß er von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch macht. Inhaber '.:s Begnadigungsrechtes ist bet den Todesurteilen, di« von einem reichsunmittelbaren Gericht gestellt werden der Reichs präsident. Das sind die wenigsten Fäll«. In der Hauptsache der Fäll« liegt di« Entscheidung übrr die Begnadigung bei den Landesregierungen. Man wird im einzelnen Falle jede Landes regierung die Frage der Begnadigung oder der Nichtbegna- dtgung ganz verschieden nach ihrer grundsätzlich politischen Einstellung zur Todesstrafe behandeln. Eine Regiernng, die aus Parteien zusammengesetzt ist, welche die Todesstrafe ab lehnen, wird grundsätzlich keine Vollstreckung zulassen. Eine andere Regierung, die aus Anhängern der Todesstrafe sich zusammensetzt, wird gegebenenfalls» von ihrem Begnadigungs gesetz keinen Gebrauch machen. Auf dies« Weis» entstehen in Deutschland ganz verschiedene Handhabungen hinsichtlich der Vollstreckung der Todesstrafe, und da« ist «in absolut un möglicher Zustand. Der Gedanke, daß da» Schicksal «ine» Menschen und die Entscheidung über Leben und Tod in Deutsch-