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22. Jahrgang Nr. 266 Dienstag» äen 15. November 1927. Mer Tageblatt MLW- Anzeiger für das Erzgebirge Telegramm,: Tageblatt flueerzgeblrg, Enthalten- -le amtlkchen Srkanntmachungen -es Nates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts fine. p»Mrck.eonior Nmi Lrtprtg a«. leer AlllllU Mil ilkll MWtNlMI klWMllMll? Plünderungen und Brandstiftungen. Lon-on, 14^ November. Nach einer englischen ölättermel-ung sollen -le Nankingtruppen gestern Hankau, ohne einen Schuß abzufeuern, besetzt haben, währen- nach ein r Neutermel-ung öle öesetzung erst am Dienstag zu erwarten ist. Vie fluslänöer stnö in Sicherheit, führerlose Solöaten verübten plün-erungen uu- Sran-stiftungen Vie Unruhen stnö aber im Abflauen. Echangyal, 12. Nov. Nach! der Flacht Tang- sengtschtS aus Hankau wurden dis Gebäude der chine sischen Labakgösellschaft tm Herzen der Stadt mit Bom ben beworfen. Dies führte zu einer fruchtbaren Panik. Biele Personen wurden verletzt, aber leine getötet. Die Leibwache Tangsengtschis plünderte heute vormittag ror ihrer Abfahrt eine große Menge Silber, da sie ihren Sold nicht erhalten hatte. Schanghai, 12. Nov. Nach ausländischen Mel dungen aus Hankau unternehmen infolge der Plünde- rungSgcfahr die Japaner nnd Franzosen Schritte, nm ihre Konzessionen zu verteidigen. Es ist möglich, daß die Engländer Truppen in der vormaligen Konzession ln.assen werden. Tie Ehinasen kontrollieren die frühe ren oeutschen und r.rssischrn Konzessionen. Bon selten der Naulingsührer wird erklärt, daß 100 000 Soldaten am Vormarsch auf Hankau teilnehmen. Ausländische Beobachter schätzen jedoch die Zahl der Streitkräfte, die sich Wuhan nähern, auf 40 000 Mann. Stresemann für den demokratischen Vorschlag: Einheitsstaat. Noch keine Wahlparole der Deutschen Bolkspartei. Halle a. d. Saase, 12. Nov. In einer anläßlich des LandespartettageS des WahlkreisverbandeS Halle- Merseburg der Deutschen Bolkspartei in Halle a. d, Saale tm Walhalla-THeater veranstalteten, von Tau senden besuchten Versammlung sprach heute Reichs minister -es Aeußeren Tr. Stresemann. Hinsichtlich der Wirtschaftslage wiederholte Dr. Stresemann die Grundgedanken seiner letzten Reden in Liegnitz und in Dresden und vertrat in ausführlichen Darlegungen die Entschließungen des Retchsausschusses der Deutschen Bolkspartei unter Betonung des Grundsatzes, daß wir trotz unserer augenblicklich durch eine gute Konjunktur günstigen Wirtschaftslage zu größter Sparsamkeit ge zwungen seien. Eine Vielseitigkeit der Verwaltungen, wie sie das Deutsche Reich sowie die Länder und Ge meinden sich jetzt leisteten, entspräche nicht unserer tat sächlichen finanziellen Lage. Angesichts der Rationali sierung, die wir in unserer Wirtschaft durchführten, müßten auch auf dem Gebiete der Verwaltungsreform entscheidende Schritte getan werden. Dr. Stresemann erklärte, daß er in Bezug auf die Frage Reich und Län ¬ der sich nicht auf den Standpunkt stellen wolle, daß man die Länder zwingen sollte, im Reiche aufzugehen. Man dürfe aber Länder, die die Absicht hätten, al« ReichslSnder in dem Reich« ans,«gehen, und nicht mit anderen Ländern sich verschmelzen wollen, daran nicht hindern. Hinsichtlich des Reichsschulgesetzes führte Dr. Stresemann aus, daß die Deutsche Volks partei gegenüber diesem Gesetz durchaus positiv einge stellt sei, aber nichts wirke weniger auf sie als die aus gesprochene Drohung, daß mit dem Nichtzustandekom men des Retchsschulgesetzes auch die Koalition fiele. Dr- Stresemann richtete zum Schluß seiner Darlegungen an seine Parteifreunde die Mahnung, sich darauf einzu richten daß man nicht unbedingt mit einem normalen Ablauf der gegen, wärtigen Wahlperiode de» Reichstages rechnen könne. Er lehne es ab, heute schon eine Wahlparole auszu geben, da nicht die Wahlparole des Tages entscheidend sein werde, sondern der Erfolg der seit der Umwälzung geleisteten sachlichen Arbeit. Ueberall Linkserfolge. Wahlen in Hessen, Bremen und Danzig. Darmstadt, 13. Nov. Lite heutigen Wahlen zum Hessischen Landtag verliefen nach den bisher vorliegen den Meldungen äußerst ruhig. Es erhielten Stimmen: Sozialdemokraten 157 289 (220108), Zentrum 85 448 (100 384), Demokraten 37 750 (53 301), Landbund 61067 (82 742), Teutschnationale 24 013 (43 717), Kommunisten 41160 /33 689), Deutsche Bolkspartei 51 638 (73 930), Volksrechtspartet 24 166 (—). Die Gesamtzahl der ab gegebenen Stimmen beträgt 482 531, die Wahlbetei ligung 50—52 Prozent. Vie Veutschnatlonalen verlieren Srei Manöate. Darmstadt, 14. Nov. Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis der hessischen Lundtagswahlen ver teilen sich die Mandate im neuen hessischen Landtag wie folgt: Sozialdemokraten 23 (26), Zentrum 13 (11), Demokraten 5 (6), Landbund 9 (8), Deutschnationale 8 (6), Kommunisten 6 (4), Deutsche Volkspartei 7 (9h Volksrechtspartet 3 (—). Ein Mandat ist noch strittig. Erst Pas endgültige Wahlresultat wird entscheiden, ob das Mandat den Sozialdemokraten oder der Deutschen Bolkspartei -usällt. Sürgrrschaftswahlen kn Kremen. Bremen, 13. Nov. GS wurden für die einzel nen Parteien folgende Stimmen abgegeben: Stadt Bremen: Sozialdemokraten 70 201 (56 815), Bürger- Einheitsliste (Teutschnationale, Neutschs Bolkspartei, Wtrtschaftspartei, Völkische) 48 540 (51615), Demokra ten 17 344 (18 769), Kommunisten 17 773 (14 426), Haus- und Grundbesitzer 15 344 (12 560), Zentrum 4039 (8612). Heim und Scholle 1864 (1997), VolkSrechtS- partrt 1062 (—). Bremer Landg:5ietr Sozialdcmo.ra- ten 4730 (3702), Einheitsliste 2668 (2318), Demokra ten 1035 (1168), Kommunisten 279 (403). Vegesack' «tn-ett-ltst» 1545 (1411), «o-äaLemakraten 1009 (899), Kommunisten 128 (161). Bremerhaven: Sozial demokraten 4866 (4626), Einheitsliste 4950 (5151), Demokraten und Zentrum 1932 (1579), Kommunisten 1076 (999). Die Wahlbeteiligung betrug 84,2 Prozent. Bremen, 14. Nov. Nach den vorläufigen amt lichen Wahlergebnissen verteilen sich! die Mandate für das gesamte Bremer Gebiet folgendermaßen: Sozial demokraten 50 (46), Bürgerliche Einheitsliste 36 (40), Demokraten 10 (14), Kommunisten 10 (9), Haus- und Grundbesitzer 9 (8), Zentrum 2 (2), Heim und Scholle 1 (1). Volkstagswahlen kn Vanzkg. Danzig, 13. Nov, Um 12 Uhr nachts wurde als vorläufiges Gesamtergebnis der Volkstagswahlen in Danzig bekanntgegeben: Sozialdemokraten 56 613 (39 628), Teutschnationale 33 496 (44 581), Zentrum 23 251 (20 942), Kommunisten 10 940 (14 901), Natio- nalitberale Bürgerpartei 7588, DeutschsDänziger Volks partei, Gruppe Blavier 7393 (7411), Deutschliberale Partei 5665 (11 006), Polen 4990 (7189). Nach de- bisherigen Feststellungen ist also ein bedeutender Rück gang der polnischen Stimmen zu verzeichnen. Die Wahlbeteiligung betrug etwa 83 Prozent gegen 81 Prozent 1923. Vie Sozkal-emokraten gewinnen 12 Man-ate. Danzig, 14. Nov. Nie Zahl der Mandate zum Volkstag beträgt nach dem vorläufigen Ergebnis: Bür gerliche Arbeitsgemeinschaft 2 (—), Danziger Hausbe«- sttzerpartei 1 (—),- Deutsch-Danziger Bolkspartei 5 (6), Deutschliberale Partei 4 (—), Teutschnationale Volks partei 25 (33), Teutschsoztale Partei 1 (7), Fischer 1 (1). Kommunisten 8 (11), Mieters und Gläubtgerpartrl 8 (1), Nationalltberale Vürgervartet S (—), National sozialisten 1 (—), Polen 3 (5), Sozialdemokraten 42 (SO), WirtschaftSlistr 1 (-), Zentrum 18 (15). Gebäuäeentscbulclungslteuer anstatt yauszinslteuer. Von Dr. Külz, M. d. R- Die Tatsache, daß die Hauszinssteuer in ihrer ganzen Struktur viele zu Tage liegende Mängel aufweist, hat di« Neichsregierung veranlaßt, die Ablösung dieser Steuer durch eine sozial und wirtschaftlich etwas weniger brutal organisierte Steuer zu ersehen- Die jetzige Hauszinssteuer soll in eine Gebäudeentschuldungsstcuer und tn eine Werterhaltungssteurr umgewandelt werden. Die Höhe der Entschuldungssteuer richtet sich nach der Höhe der Belastung des Gebäude» tn der Vorinflationszelt, also nach der Höhe des investierten fremden Kapitals; die Werlerhaltungssteuer wird tn einer nach der Höhe des tm Gebäude in der Vorinflationszeit angelegten Eigenkapttals sich richtenden Staffelung vorgesehen. Die Be rechtigung auch dieser neuen Auflage der Hauszlnssteuer wird aus folgenden Gedankengängen abgeleitet: Die meisten be bauten Grundstücke waren in der Regel über die Hälfte ihre« Wertes hypothekarisch belastet. Da die Hypotheken nur mit höchstens 25 Prozent aufgewertet sind, sind drei Viertel der Hypothekenschulden fortgcfallen- Wenn also die Hausbesitzer die volle Friedensmlete oder jetzt sogar die erhöhte Friedens miete unbeschränkt für sich behalten würden, so wären st« in soweit ungerechtfertigt bereichert. Von dem Teil der Miet«, der früher zur Bezahlung der Zinsen an die Gläubiger ver wendet werden mußte, verlangt daher der Staat einen Anteil, weil er durch seine Gesetzgebung die Hypothekenforderungen zu 75 Prozent getilgt hat. Für den ersten Blick erscheinen diese Gedankengänge uneingeschränkt richtig. Eine näher« Prü fung kann die uneingeschränkte Richtigkeit jedoch nicht aner kennen. Erstens bestehen neben dem Hausbesttz andere Wirt- schaftsgruppen, denen ihre Realwerte vollkommen erhalten geblieben sind, ohne daß man sie mit einer Werterhaltungs steuer erfaßt. Vor allem aber wird die nominelle Werterhaltung realiter stark eingeschränkt durch die infolge von Krieg, Nach kriegszeit und Zwangswirtschaft eingetretenen Substanzminde rungen und durch die Steigerung des Unterhaltungsaufwandes und der Betriebskosten. Zu diesen die steuerliche Gerechtigkeit beruhenden Momenten gesellen sich zwei wettere: die Freilassung der landwirtschaftlichen Gebäude auf der einen und die Heran ziehung der früher unbelasteten Hausgrundstücke auf der anderen Seite, bei denen eine hypothekarische Entlastung iu überhaupt nicht eingetreten ist. Die Struktur der Eebäudeentschuldungssteuer baut sich auf folgenden Grundsätzen auf: Ais Steuermaßstab wird ganz allgemein die Friedens miete vorgcschrieben. Die bisher in verschiedenen Ländern eingeführie Form als Steuer vom Grundvermögen unter den verschiedenartigsten Wertfestsetzungen fällt also künftig weg. Diese Regelung entspricht einer im Sommer 1925 gefaßten Entschließung des Reichstages, Der Steuersatz wird für das ganze Reich einheitlich festgesetzt. Damit wird die Verschiedenartigkeit der Belastung in den einzelnen Ländern beseitigt. Die Höhe der Steuer richtet sich nach der Höhe des Eigenkapitals und der Belastung nach dem Stand vom 31. 12- 1918- Der finanzielle Aufbau der Steuer ist folgender: für ein Eigenkapital in Höhe von je vollen 10 v- H. »des Grundstückswertes soll die Werterhaltungssteuer 1'/» v- H. der Friedensmiete betragen. Dies würde bet Zugrundelegung I einer Friedensmlete von 6 v. H. des Friedenswerte» bedeuten, daß der Eigentümer etwa 4 v. H. seines nach den Grund sätzen des Aufwertungsgesctzes mit 25 v. H. angesetzten Eigen kapitals als Werterhaltungssteuer zu entrichten hat. Ist da» Grundstück über 90 v. H. des Wertes belastet gewesen, so kommt die Erhebung einer Werterhaltungssteuer nicht in Be tracht. Die neben der Werterhaltungssteuer zu entrichtende Entschuldungssteuer beträgt 5 v. H. der Friedensmiete für eine Belastung von je 10 v H. des Friedenswertes. Dies entspricht einer Verzinsung von 4 v- H. für denjenigen Betrag, den die Belastung des Grundstücks nach Abzug des Auf wertungsbetrages ausmacht, um den also das Grundstück ent lastet ist. War ein Grundstück lastenfrei, so ist nur Wert- erhaltungssteuer, keine Entschuldungssteuer zu zahlen. Wert erhaltungs- und Entschuldungssteuer zusammen ergeben di« Gebäudeentschuldungssteucr. Die Werterhaltungssteuer steigt von 1'/, v. H. der Friedensmiet« bet einem Grundstück mit 10 v. H des Wertes Eigenkapital auf 16'/, v- H. der Friedensmiete bei unbelasteten Grundstücken; die Ent schuldungssteuer steigt von 5 v. H. der Friedensmiete bet einem Grundstück mit einer Belastung bis zu 10 v. H. des Friedenswertcs auf 50 v. H. der Friedensmiete bei einem Grundstück mit einer 90 v- H. des Wertes übersteigenden Be lastung. Die Gebäudeentschuldungssteuer beträgt danach mindestens 16'/, und höchstens 50 v. H. der Friedensmiete- Der Ertrag der Steuer, der auf I V, Milliarde ge schätzt wird, ist für den allgemeinen Ftnanzbedarf der Länder und für die Wotmung-w'rtschakt bestimmt, und zwar in der R-'g.'l mit I" 60 Prozent bee Gesamteufkommen». Die Werierh.ilinihirsteuer soll vom Rechnungsjahr 1S81 an auf die Hälfte herabgesetzt werden und von 1984 an ganz Wegfällen. De, wetteren findet sich tm Gesetz die Vorschrift,