Volltext Seite (XML)
Nr. 47. «uer Tageöiatt und Anzeiger für du« Erzgevune. Freitag, den LL. Februar iV2? 4VV Jahre amerikanische Herrschaft. Der Inhalt des Nicaragua-Vertrages. Managua, 23. Febr. Die Grundzüge des für Washington bestimmten BertragsvorschlagcS sind nun mehr bekannt gegeben worden. Hiernach sollen die Ver einigten Staaten die Unabhängigkeit Nicaraguas ent sprechend dem seinerzeit abgeschlossenen Vertrage garan tieren. Die Kanalrechte Amerikas bleiben bestehen- Die Vereinigten Staaten sollen keine Borzugsbehandlung ge nießen. Nicaragua überträgt den Bereinigten Staaten für die nächsten 400 Jahre das Recht, die Entwicklung des Landes in der Weise in die Hand zu nehmen, daß die stnanztelle Wiederherstellung und die öffentliche Ge sundheitspflege gewährleistet sind. Zwei Amerikaner sollen eine sinanztelle Kontrolle Über das Land aus- üben für die Zett der Refundterung der Schulden von Nicaragua einschließlich einer neuen Anleihe in Höhe von 4 Millionen Dollar, die zum Bau von Eisenbahnen verwandt und unter amerikanischer Garantie gewährt werden soll. Ts wird die Schaffung einer unter ame rikanischen Marineoffizieren stehenden Polizei anstelle einer Armee in Erwägung gezogen. Senator Sorah für eine Enquete über Lateln-fimerika. Paris. 23. Febr. Wie die „Paris Times" auS Washington berichtet, hat Senator Borah auf das Ge rücht hin, die Regierung der Bereinigten Staaten schicke sich an, das Protektorat über Nicaragua zu überneh men, im Senat eine Entschließung eingebracht, die die Einleitung einer Untersuchung über die Lage in Latein- Amerika fordert. Ein Senatsausschuß soll an Ort und Stelle entsandt werden. Bevorstehender Rücktritt Kellogg«? Washington, 23. Febr. Hier sind erneut Ge rüchte im Umlauf, daß. der Gesundheitszustand de» Staatssekretärs Kellogg ihn zu seinem baldigen Rück tritt veranlassen dürfte. Um Schanghai. Suntschuanfang hat ausgespielt. London, 28. Febr. Zu der Defthrrttg von Nan king durch die Truppen LfchangtsungtschangS meldet Reuter noch aus Schanghai: Vor dem Einrücken der Stordtruppen erklärte Suntschuanfang in einer in Nan king abgehaltcnen Versammlung, nur der Verrat seiner Offiziere sei die Ursache seiner Niederlage. Der Armee Tschangtsungtschangs soll eine russische Brigade ange hören, in der sich 1800 europäische Russen befinden. sein Nmr ntedcrgclegt und den Befehl über den Rest Reuter meldet weiter aus Schanghai: Ter Gou verneur pon Schantung, General Tschangtsungtschang, ist in Nanking eingezogen und hat auf Grund einer Ver einbarung mit Suntschuanfang die Herrschaft über di? Stadt übernommen. Die Truppen des Generals Feng- tien werden die Bahnlinie südlich von Nanking sichern und LS dadurch den in Nanking etngetrofsenen 32 000 Mann der Nordarmee ermöglichen, alsbald an der Ver teidigung Schanghais teilzunchmen. Alles deutet dar auf hin, daß Suntschuanfang als militärischer Faktor ausschaltet. Suntschuanfang legt -en Aberbefeh! nieder. London, 23. Febr. Der Sonderberichterstatter der "Times" in Nanking meldet, daß Suntschuanfang seiner Streitkräfte in die Hände des Generals Link- siangting gelegt habe. Tie Schantung-Streitkräfte ha ben den Vormarsch nach Südkiangsu begonnen, es ist jedoch noch nicht bekannt, ob auf Grund einer Verein barung mit den Kantonesen oder um ihnen Widerstand zu leisten. Hinrichtung -es chinesischen Vizepräsidenten der Osibahn. London, 23. Febr. „Daily Mail" meldet aus Chardin: Ter chinesische Vizepräsident der chinesischen Ostbahn, General Jangtscho, wurde unter der Anschul digung, Geld von Moskau empfangen und eine Revo lution in Chardin geplant zu haben, von einem Kriegs gericht zum Tode verurteilt und erschossen. Wellington Koo zurückgetreten. London, 23. Febr. Der Pekinger Berichterstatter der „Dailp News" will wissen, daß, Dr. Wellington Koo seinen Posten als Premier- und Finanzmintster /md gültig niedergelegt habe. Liangschih sei von der man dschurischen Partei zum Premierminister ernannt worden Vie englische Note an KuMancl Übersicht. Mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. London, 23. Febr. Die heute überreichte Note Chamberlains an den russischen Geschäftsträger in Lon don erklärt, daß die Beziehungen zwischen Großbritan nien und Rußland weiterhin notorisch unbefriedigend sind. Die Note erinnert daran, daß am 4. Juni 1920 die Sowjetregierung sich durch eine Vereinbarung for mell verpflichtet hat, in keiner Form Personen oder Körperschaften zu unterstützen, die Unzufriedenheit oder revolutionäre Bewegungen innerhalb des Britischen Reiches hervorzurufen suchen, und daß die Regierung Macdonald im Oktober 1924 bereits sich veranlaßt ge sehen Hat, diese Abmachung der russischen Regierung warnend in Erinnerung zu rufen, sowie daran, daß auch Chamberlain sich mehrfach veranlaßt gesehen habe, den Sowfetvertreter in London auf Verletzungen dieser Ab machungen hinzuweisen. Solange die augenblicklichen Herrscher der Sowjetunion, so fährt die Note fort, mö gen sie Mitglieder der Regierung oder Mitglieder des Politbüros sein, das die wirklich beherrschende Autori tät in Rußland ist, dabei beharren, öffentliche Aeuße- rungen zur Schmähung Großbritanniens oder zugunsten einer Weltrevolution zu machen, ist keine Besserung möglich. ES wird darauf htngewieseu, daß der frü here Geschäftsträger in London, Krassin, zwar zu wie derholten Malen es als den Wunsch der Sowjetregie rung bezeichnet habe, freundschaftliche Beziehungen mit England herzustellcn, daß er aber gleichzeitig an dem Feldzug der Verleumdung gegen Großbritannien teil genommen habe. Die Note wendet sich dann gegen die „fixe Idee, unter der Herr Tschitscherin und viele seiner Kollegen leiden", daß Großbritannien beschäftigt sei, Komplotte gegen Rußland zu schmieden und erhebt Einspruch gegen die übelwollende Parteilichkeit, mit der die Sowjetbehörden tendenziöse Nachrichten und falsche Gerüchte über die englischen Absichten zur Stütze ihrer Politik machten. Die englische Regierung halte es für notwendig, Rußland nachdrücklich darauf hinzuwetsen, daß die Fortsetzung von Handlungen wie die, über die hier Beschwerde geführt werde, früher oder später die Aushebung des Handelsabkommens unvermeidlich ma chen müsse, dessen Bestimmungen so ysfenkundtg ver letz: worden sind, und daß ebenso die Lösung der ge wohnten dtplomatlschen Beziehungen etntreten müsse, Die Note enthält dann noch eitlen Anhang mit Aus zügen au» englandfetndllchen Reden der führenden Bol schewisten und au» Artikeln der „Jswisttja". Vk gestrige« Sesprechungen lm stusrvärtkgen Ausschuß. Die gestrigen Besprechungen im Auswärtigen Ausschuß über die Frage der russischen Munitionslieserungen an die Reichswehr ergaben, daß es sich um weit zurückliegende Muni- tionsbcstellungen handelt. Daß man damals die Bestellungen in Rußland aufgab, hängt wohl mit der seinerzeit bemühen den Unsicherheit der innerdeutschen Verhältnisse zusammen. Ausgeführt wurden die Bestellungen erst in späteren Jahren und, die letzten Abnahmen sind erst im vorigen Jahre erststgt. Gegen den Versailler Vertrag wurde mit der Abnahme der Lieferungen in keiner Weise verstoßen. Die Kontrollkommis sion hat die Abnahme nicht beanstandet. Irgendwelche außen politische Folgerungen können also aus der Angelegenheit nicht erwachsen. die -wsllefekung -es stbgeor-neten Ulty erneut beantragt. Kattowih, 23. Febr. Bet dem schlesischen Sejm wurde neuerdings ein AuslteferungSantrag gegen den derUschen Abgeordneten Ulih, den Geschäftsführer des Volksbundes, gestellt. Der Antrag wird damit begrün det, daß der Sejmabgeordnete Ulitz militärpflichtigen Personen zur Flucht nach Deutschland verhalfen ha ben soll. Vte Aufgaben -er Weltwkrtschaftskonferenz. Basel, 23. Febr. Staatssekretär Dr. Trende lenburg hielt heute in der Statistisch-Volkswirtschaftli- chen Gesellschaft einen Vortrag über zvll- und handels politische Probleme. Nach einer kurzen Darstellung der industriellen Entwicklung in der Vorkriegszeit und der damaligen Stellung Europas in der Weltwirtschaft wies Tr. Trendelenburg insbesondere auf das Erstarken und Umsichgreifen des wirtschaftlichen Nationalismus hin, der sich in erster Linie in einer starken Erhöhung der Zollsätze für industrielle Fertigwaren zeige. Gleich zeitig habe die Differenzierung der Zolltartfposittonen in erschreckendem Maße zugenommen. Allerdings sei die Höhe der Zollsätze allein kein zuverlässiger Maßstab für die Stärke des Protektionismus der einzelnen Län der. Mindestens von der gleichen Bedeutung sei die Methode der Zollerhöhung, die in manchen Ländern liberal, in anderen jedoch sehr handelshtnderltch ge regelt sei. Dr. Trendelenburg schloß: Die Weltwtrt- schaftskonserenz findet ein Problem vor, dessen Lösung besonders schwierig ist. Immerhin ist der gegenwär tige Zustand der internationalen Zoll- und Handels politik so unbefriedigend, daß man von einer freien Aussprache freier Persönlichkeiten, wie sie da» Pro gramm der Weltwirtschastskonseren- Vorsicht, gewiß «ine« FortschrttL «rwartski ksrm Kus Staät unä Lanä. »««, 24. Februar 1S27. Külz'Nachfolger. Letpzig, 23. Februar. Nach dem Verzicht des Reichs ministers a. D. Külz auf seine Kandidatur für das durch den Rücktritt Dr. Dehnes fretgewordene sächsische Innenministerium '>nt nunmehr die Demokratische Landtaasfraktion dem Mini sterpräsidenten einen neuen Kandidaten in Vorschlag :n bringen. Wie wir erfahren, ist die Wahl der Fraktion aus den bekannten Staarsrechtslehrer an der Leipzigs» Universität. Geheimrat Professor Dr. Willibald Apelt, gefallen. Gehe'mrat Apelt hat sich bereit erklärt, zu wetteren Ver handlungen über seine Kandidatur mit der Fraktion am Donnerstag nach Dresden zu reisen. „ - , , Falls diese Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis führen, so wäre eine derartige Ergänzung des sächsischen Kabi netts zu begrüßen. Geheimrat Apelt genießt nicht nur einen vorzüglichen Ruf als Gelehrter, sondern verfügt auch aus Grund seiner früheren Verwendung an der Amtshauptmannschast Leipzig, tm sächsischen VolksbildungSmIntstertum und im Reichsamt des Innern über umfassende Erfahrungen auf dem Gebiet der Staatsverwaltung. 'Er gehört zu den Mitbegründern der Deutschen Demokratischen Partei in Sachsen und hat im Jahre 1919 als Mitarbeiter von Hugo Preuß an den Entwürfen zur Weimarer Reichsverfassung mttgewirkt. ^rbeltsmarkt in Sachse«. lieber die ArbettSmarktlage berichtet das Landcsamt für Arbeitsvermittlung: Die in den letzen Berichten bereits mehrfach angedeutete leichte Entspannung der Arbeitsmarktlage hält an. Sie kommt in den nunmehr vorliegenden Ergebnissen der Mitte Februar vorgenommenen Zählungen zum Ausdruck. Am 15. Februar 1927 wurden bei 105 öffentlichen Arbeitsnachweisen im Frei staat Sachsen insgesamt 239 331 Arbeitsuchende, und zwar 196 942 männliche und 42 389 weibliche gezählt. Gegenüber der Zählung Mitte Januar ist also eine Abnahme von 10 631 männlichen und 6661 weiblichen, insgesamt 17 292 Arbmt- k'nhenden, eingetreten. Diese Abnahme verteilt sich ans fast alle Berufsgruppen. Sie ist am stärksten in der Metallindu strie, Textilindustrie, im Bekleidungsgewerbe, in den ungelern ten Berufen, im Gcnußmittelgewerbe gewesen. Auch die In dustrie der Steine und Erden und die kaufmännischen Berufe sind an der Abnahme gut beteiligt. Eine Zunahme ist nur in der Landwirtschaft und in der Gartenwirtschaft, im Bauge werbe, also in den Außenberufen und bei den Bureauange- stellten eingetreten. Dieser Abnahme des Angebots steht eine geringe Er höhung der Nachfrage gegenüber. Hier sind vor allem Land wirtschaft, Hauswirtschaft un- Spinnstoffgewerbe beteiligt. Man kann also aus dem Vergleich der Stichtagzählungen fest- stellen, daß die verhältnismäßig stabile Konjunktur der Haupt industrien zu einer langsam fortschreitenden, wenn auch bis jetzt noch nicht sehr bedeutenden Entlastung des Arbeits marktes geführt hat. Satsoneinflüsse sind an der Entspannung zurzeit noch kaum beteiligt. Das Baugewerbe ist angesichts der herrschenden Winterwitterung garnicht aufnahmefähig. Die Landwirtschaft hält ebenfalls noch zurück. In den Zahlen der unterstützten Erwerbslosen kommt diese Entwicklung der Arbeitsmarktlage ebenfalls zum Aus druck. Die Zahl der HauptunterstützungSempfnnger hat sich vom 15. Januar bis 15. Februar 1827 um 18 221 gesenkt. Zum erstenmal seit langer Zeit steht ihre Gesamtzahl wieder unter 200 000. Sie betrug am 15. Februar >927 188 821. Im Vorjahre wurden zum gleichen Zeitpunkt bereits 228 730 gezählt. ES ist allerdings zu bedenken, daß in dieser Abnahme 8434 Ausgesteuerte enthalten sind. flngesiellte un- Seamte in Sachsen, beson-ers in In-usirie un- Han-el. Die deutsche Berufsstatistik verzeichnet unter den ver schiedenen sozialen Schichten der „Erwerbstätigen" auch die der Angestellten und Beamten, wobei sie aber leitende An gestellte und Beamte zur Schicht der „Selbständigen" rechnet. Die Bedeutung der Angestellten und Beamten innerhalb der sozialen Schtchen der Erwerbstätigen in Sachsen zeigt das ausführliche statistische M.stertal der letzten deutschen Berufs- > : vom 15. Juni 1925 (nach Wirtschaft und Ciaiisli'" >'6 Nr. 23). Danach sind in Sachsen von je 100 Erwerbe tätigen: 18,8 Angestellte und Beamte, 54,1 Arbeiter, 16,3 Selbständige, 7,5 mtthelfende Angehörige, 3,3 Hausangestellte. Sachsen hat gegenüber manchen anderen Ländern eine nied. ige Zahl von Angestellten und Beamten. Diese ist in den Hansestädten am höchsten: Hamburg 31,8, Bremen 30,2, Lü beck 26,2 von hundert Erwerbstätigen. Unter Sachsen steht noch hinsichtlich des Hundertsatzes von Angestellten und Be amten z. B. Braunschweig 16,1, Anhalt 15,9, Mecklenburg- Schwerin und Baden je 15,2, Hessen 14,4, Bapern 13,0, Thüringen 12,6, Oldenburg 12,0, Mecklenburg-Strelttz 12,2 Württemberg 12,1, am niedrigsten steht mit 11,3 Angestllten und Beamten unter je 100 Erwerbstätigen Schaumburg- Lippe. In der Verteilung der Angestellten und Beamten in Sachsen auf die verschiedenen Zweige des Wirtschaftslebens usw. stehen die zwei Hauptzweige Industrie und Handwerk einerseits, Handel und Verkehr (ohne Post und Bahn) anderer seits einander ziemlich gleich. Von je hundert Angestellten und Beamten Sachsens entfallen auf Industrie usw. 35,0, Handel usw. 30,3, Post 5,1, Eisenbahn 5,2, Reichs-, Staats-, Kommunalverwaltung 8,6, Unterrichtswesen 4,7, sonstige Wirtschaftsabteilunqen usw. 10,1. In anderen deutschen Län dern gehen die Wirtschaftsabteilungen Industrie einerseits, Handel andererseits in der Zahl ihrer Angestellten und Be amten weiter auseinander. Einerseits haben wir z. B. in Hamburg im Handel 55,1, dagegen in Industrie 16,1 Ange stellte und Beamte, oder In Bremen 50,5, dageaen in Industrie 18.5 Angestellte und Beamte. Anderseits sind z. B. in Nn- bcckt In Industrie 34,9, in Handel 20.2 Angestellte und Beamte oder in Tbüringen in Industrie 33,8, in Handel 23.0. Noch ausgeglichener als in Sachsen ist das V rbälnns der Auw'- 'te'tten und Benm'en in Industrie und >n .Handel r. B in (^"steh- 2'12, Handel 28.'st Bon >n 2' 6, Handel 26,3), Hessen (Industrie 20,0, Handel 26,ich und in Braunschweig (Industrie LN,4, Handel 27,8 Angestellte und B amtest Die Verteil»«' der Angestellten und Beamte» Sachsens in der Industrie ist folgende: Von Ir hundert Ihrer Angeslrg- cn uud Vramicn sind 05,? kaufmännische Angestellte, Ver- waltungtzssramt«, Bureauprrsonal; 13,8 technisch« Angestellte