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Nr. 10. Auer Tageblatt und Anzeiger für da- Grzg vir« e Donner»,a-«, den IS. Januar ISST. Das Ende der kleinen, Beginn des groben Barmatprozesies. National« Opposition. Bon Albrecht «ras P, Stolberg-Wernigerode, M. d. L. Berlin, 11. «San. Nach viertägiger verhand- luna vor der BerufungKkammer de» Landgericht» 1 wurde zugleich mit dem Beginn de» großen Barmst» Prozesse» heute der sogenannte „kleine Barmatprozeß«" zu Ende geführt. Mehrere Staatsbankbeamte waren be schuldigt, gegen Bestechungsgelder Bankhäusern Kredite ohne ausreichende Effektendeckung etngeräumt zu haben. Die Strafkammer setzte die Strafen erheblich herab mit der Begründung, daß bet den verworrenen Zuständen in der Staatsbank den Angeklagten die Pflichterfüllung im höchsten Grade erschwert, die Pflichtverletzung aber im höchsten Grade erleichtert worden sei. Die Strafen wurden herabgesetzt für die Staatsbankobertnspektoren Blodow von einem Jahr fünf Monaten auf ein Jahr, Kersten von einem Jahr neun Monaten auf ein Hahr, für StaatSbanktnfpektor Jost von neun Monaten auf sech» Monate, Staatsbankobertnspektor Neitzel von fünf auf drei Monate Gefängnis. Die gezahlten Bestechungs gelder wurden von der Staatskasse für verfallen er klärt. der große SarmatprozeH. Berkin, 11. Jan. Vor dem erweiterten Schöf. fengertcht de» Amtsgerichts Berltn-Mttte begann Heute vormittag unter dem Vorsitz de» LandgerichtSdtrektor» L«r. Neumann der umfangreiche Prozeß gegen Barmat und Genossen. Die Anklage wird vertreten durch den Oberstaatsanwalt Trautmann, dem die Staatsanwälte Raasch. Sturm und Erich zur Sette stehen. Die elf Angeklagten sitzen mit Ihren 15 Vertei digern an zwei Tischrethen vor der eigentlichen An klagebank. Der Zuschauerraum ist stark besetzt, und die Presse ist außerordentlich stark vertreten. Der frühere Zentrumsabgeordnete Lange-Hegermann ist ebenso wie alle übrigen Angeklagten anwesend. Aus der heutigen Verhandlung interessieren am meisten die Angaben über Julius Barmats Vorleben, Neichstagspräs'iäent Lobe in Danzig. Nach einer Blättermeldung aus Danzig jst der Präsident des Deutschen Reichstage», Löbe, gestern nachmittag in Danzig etngetrosfen, um vor dent Deut schen Heimatdienst über die österreichische Anschluhfrage zu sprechen. Der Versammlung wohnte u. a. der Prä sident des Senates, Tr. Sa hm, bei. Reichstagsprä sident Löbe überbrachte zunächst unter stürmischem Bet, fall der Versammlung die Grüße des Deutschen Reichs tages. Auf die jüngste Rede des polnischen Außenmi nisters Zaleskt eingehend, betonte der Redner, daß s Deutschland ebenso wie Danzig verwundert gewesen sei über den drohenden Ton, der in dieser Rede zuml Aus- druck gekommen sei. Er sei der Ansicht, daß Deutsch?-« land nicht den geringsten Anlaß dazu gegeben Labe. Das.Gastrecht, das er in Danzig genieße, verbiete es ihm, in eine Polemik zu der Rede Zaleskis etnzutreten. Er werde das bet einer anderen Gelegenheit tun. Ueber die Anschlußsrage erklärte der Redner, daß für die Tauer Deutschland das Selbstbestimmungsrecht, welches selbst dem kleinsten Staate gewährt worden sei, nicht- vorenthalten werden könne. Es handele sich hier um. einen freiwilligen Zusammenschluß zweier Länder, dies in der Kultur und in der Sprache vollkommen gleich! t-ien sins Hem Lon-e -es rasen-en Drache«. Flvttenkonzentrierung in der Uangtse - Mündung. London, 11. Januar. Wie der Amtliche Britische Funkdienst meldet, ist der Oberkommandierende der englischen Kriegsschiffe in den chinesischen Gewässern Sir Reginald Tyr- ! whttt gestern mit seinem Flaggschiff Despatch in Schanghai, eingetroffen. Man erwartet, daß der amerikanische Admiral! Williams demnächst mit dem Kreuzer Pittsburgh, von den, Philippinen kommend, in Schanghai eintrifft. Außer Eng-, land und den Vereinigten Staaten haben auch Frankreich, Jta- lien und Japan Kriegsschiffe nach der Aangtse-Mündung ent-! sankt. ! Wantschlpao von Räubern in Brand gesetzt. Peking, 11. Januar. Nachdem Einwohner der Stadt! Wangtfchipao Räubern Widerstand geleistet hatten, holten s diese Verstärkungen heran, umzingelten die Stadt und zünde ten sie an. Diejenigen Einwohner, die nicht in den Flammen umkamen und aus den brennenden Häusern flüchteten, wur den niedergeschossen. « verbot -es Zisihfangs -urch Zrem-e ln -en Territorlalgewässern -er französischen Kolonien. Paris, 11. Januar. Durch Verordnung des Präst- dcnten der Republik vom 9. Dezember 1926 ist das französi sche Gesetz vom 1. März 1888, das fremden Fischereifahr zeugen den Fischfang in den französischen Territorialgewässern v rbietet, auf alle französischen Kolonien ausgedehnt worden. Soulsson Kammerpräsi-rnt. Part», 11. Jan. Der sozialistische Kammerprä sident Boutsson wurde mit 284 Stimmen im dritten Wahlgange zum Kammerpräsidenten gewählt. Der che- malige KrtegSmtnister Maginot erhielt >186 Stimmen. Aufhebung -er Sklaverei im Kalat. Delhi, 11. Januar. Das Staatsoberhaupt von Kalat, einem Eingeborenenstaat in Belutschistan, hat einen Erlaß ver- dsfentlicht, in dem die Sklaverei, die in seinem Staat seit den ältesten Zetten bestand, endgültig abgeschasft wird. Di« Geschichte Julin» Larmat» enthält eine erstaunliche GeschäftSkarrtere. Im Alter von 20 fahren hatte Barmat in Holland schon ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1500 Gulden, und zwar als Direktor der Ausländsabteilung einer holländischen Aktiengesellschaft. Verschiedene Geschäfte kamen hinzu. 1916 gründete Barmat die Anextma pitt einem Aktienkapital von einer Million Gulden. Wäh rend de» Kriege» kam die Anextma auf die schwarze Liste der Entente. 1917 wurden die holländischen Schiffe mit Getreide in Amerika beschlagnahmt und die Z»r- fuhr nach Holland gesperrt. Tie holländische Regierung versuchte nun aus der von Deutschland besetzten Ukraine Getreide zu beziehen und so kam ich, so erklärt Barmat, zum erstenmal mit deutschen' Behörden in Verbindung. Aus Etnwtrken der deutschen Pressestelle habe er unentgeltlich für die Vertretung des deutschen Stand punktes in der holländischen Presse gewirkt. 1917 hatte Barmat aus den Exportgewtnnen schon ein Vermögen von zwei Millionen Gulden. 1919 habe er auf wieder holte deutsche Aufforderungen hin die Lebensmittel lieferungen für Deutschland übernommen. Für Papier mark habe er Akzepte geliefert, die erst nach einem Jahr flüssig gemacht werden konnten. Er selbst habe dabet keine Verluste gehabt, da er den holländischen Lieferan ten dieselben Bedingungen auserlegte, die ihm das Deutsche Reich auserlegt habe. 1920 habe er auf Er suchen des ReichsschatzininistertumS für die deutschen Margarinewerke holländische Rohstoffe gegen Kredit ge liefert. Er habe von den Werken dafür Mark-Akzepte erhalten und so sei er mit der Reichslvink und im glei chen Jahre auch mit der Preußischen Sraatsbank in Ver bindung gekommen. Barmat schätzt sein Vermögen Ende 1923 auf über drei Millionen Gulden. Mindestens eine viertel Million Gulden habe er durch Markspckulation verloren. Im Gegensatz zur Anklage stellt Barmat an Hand einer Grenzbescheinigung fest, daß er seinerzeit nach Deutschland 30 060 Dollar, 10 000 englische Pfund und 30 000 Gulden mitgebracht habe. viskontermakiglmg. Die Reichsbank hat den Diskontsatz von 6 auf 5 v. H. ermäßigt; der Lombardsatz dagegen beträgt unverändert 7 d. H. Mofernsirasie Serlin—Leipzig — München—Nom. Leipzig, 11. Jan. Aus Einladung des Rates der Stadt sand heute im Rathaus eine Tagung zur Be sprechung des Planes einer Autofernstraße Berlin— Leipzig—München—Rom statt, zu der zahlreiche Ver treter des Reiches, der beteiligten Länder und Städte sowie von Handelskammern, Verkehrsverbänden, dar unter dem Tiroler Landcsverkehrsamt in Innsbruck, von Automobilklubs und des Straßenbauwesens erschie nen waren. Das einleitende Referat hielt Ministerial rat Dr. Speck-Dresden, der das Problem der Auto fernstraße sowie die beiden Möglichkeiten zu seiner Lö sung: Bau besonderer Straßen und Ausbau des be stehenden Straßennetzes schilderte. Angesichts der Schwierigkeit der Finanzierung sei, so führte der Redner aus, grundsätzlich Mr die nächste Zukunft der Ausbau des bestehenden Straßennetzes nach modernen Grund- sätzen in den Vordergrund zu stellen. Für einzelne Strecken, besonders Umgehungs-, Ausfall- und Ausflug strecken, könne aber auch der Bau besonderer Autostra ßen zweckmäßig sein. Die Straße Berlin—Leipzig- München—Rom würde bet einer Länge von 668 Kilo meter und Baukosten von durchschnittlich 400 000 Mark für den Kilometer insgesamt 267 Millionen Mark be anspruchen, während man beim Ausbau des bestehenden Straßennetzes vielleicht mit einem Drittel dieser Sum me auskommen würde. Geheimrat Pflug vom ReichSverkehrsmtntsterium erkannte in seinen Ausführungen die Notwendigkeit einer Anpassung des Straßennetzes an den neuzeitlichen Verkehr an. Tas Neichsverkehrsministcrium stehe aber, wie er erklärte, aus dem Standpunkt, daß dies im Rah men des bestehenden Straßensystems geschehen müsse, und daß der Bau besonderer Autostraßen nur unter ganz be sonderen Umständen in Frage komme. Es sei auch frag lich ob der AutomobilismuS noch! wettere finanzielle Belastungen vertrage. In ähnlichem Sinne sprachen sich auch« die Vertre ter der Länder sowie die Mehrzahl der übrigen Redner aus. Als Ergebnis der Besprechung wurden einstimmig Richtlinien angenommen, in denen es heißt: Ten auf tretenden Verkehrsbedürfnissen der nächsten Zeit wird eine Fernstratze im Rahmen des StaatSstraßensYstemS Rechnung tragen können. Tie Ausgestaltung zu rein durchgehenden Autosernstratzen wird von -er Entwick lung der künftigen Verkehrsbedürfntsse abhängen. Eine Verbindüng Berlin—Leipzig-München—Rom ist als ein nötiger und wesentlicher Bestandteil eines künftigen deutschen bezw. internationalen Autosernstratzennetzes anzusehen. Weiter wurde beschlossen, für die Vorberei. tungsarbeiten eine Arbeitsgemeinschaft unter Heran ziehung der interessierten Kreise zu bilden. Ein engerer Arbeitsausschuß, der sich aus je einem Vertreter der Städte Berlin, Leipzig und München und je einem Ver treter des NeichSverkehrSministeriumS und der betetlig- ligten Länderregtcrungen von Preußen, Sachsen, Thü ringen und Bayern zusammenseht, soll einen Strecken plan sowie Bau. und Ftnanzplan auSarbetten und zwar länderweise. Zum Vorort der Arbeitsgemeinschaft wurde die Stadtverwaltung München, al» der natürliche Mittelpunkt der geplanten Autosernstraße, bestimmt. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Regie- rung im Interesse ihrer Arbeit einer Opposition im Reich», tage bedarf. Der Kampf gegen unsere Feinde wird ihr erleichtert, «venu sie in den Verhandlungen mit den anderen Regierungen arauf Hinweisen kann, -atz sie um des lieben Friedens .«iüen ihnen schon Wetter entgegenkommt, al» eS weite Kreise des deutschen Volkes wollen. Eins darf aber die „atonale Opposition nicht vergessen: sie liefert der Regierung nur dann mit der Opposition eine brauchbare Waffe, wenn Forderungen ausstellt, die wenigstens in absehbarer Zet erfüllter sind. Sie mutz der Regierung in ihren Wünschen immer um eine Etappe voraus sein, darf es aber , i yt nm zu viele. Man vergleich« einmal die Leitsätze des Reichskabinetts zu Locarno mit den Punkten, die die deutsch nationale Retchstagsfraktion aufgestellt hatte. Stresemann hätte sich, wenn er sie vorgebracht hätte, den anderen Staats' männern gegenüber nur lächerlich gemacht. Die Hälfte ter Forderungen dagegen wäre ihm eine brauchbare Waffe gewesen. Möge die nationale Opposition doch einmal «asehen, wie man es in England macht. Einen wirklichen Nutzen nach außen hin — auf den und nicht auf die Vertiefung der Gegensätze im Innern kommt es an — sucht die englische Opposition dadurch zu erzielen, daß sie in engster Fühlung mit dem Auswärtigen Amt arbeitet. Auch in ihrer Zeitung». Polemik. Man sehe sich dagegen die deutsche Opposition»- presse in ihrer gänzlichen Undtszipliniertheit und Eigenmäch tigkeit an. Würde es z. B. ein englischer Konservativer wagen, den liberalen Außenminister als einen Mann zu bezeichnen, auf dessen Schwäche und Gefügigkeit die außenpolitischen Gegner Englands in allen Verhandlungen stets rechnen können? Die deutsche Opposition aber, sicherlich die unpolitischste aller Länder, ist allzuoft nach diesem Rezept verfahren. So bei den Verhandlungen in Locarno, in Genf, Thoiry, bei der Verabschiedung des Generals von Seeckt, bei den Verhandlun gen über die Vaterländischen Verbände und in anderen Fällen. Dabei waren ihre Behauptungen sachlich falsch. Verfehlt, zwecklos, ja geradezu schädlich ist eine Opposi tion, die nicht mit gegebenen Tatsachen zu rechnen versteht. Daß wir in den Völkerbund eintreten würden, stand fest, als im Herbst 1926 die deutsche Delegation nach Genf ab« reiste. Darum war es verkehrt, daß die Deutfchnationalen sich damals weigerten, ihren Abgeordneten Dr. Hoetzsch mit zuschicken. Da war ein Feld für aktive Tätigkeit der natio nalen Opposition und gerade da griff sie nicht zu. Eine Opposition ist überhaupt keine wahrhaft nationale, wenn sie sich nur in Kritik ergeht und nicht sagt, wie man er anders machen kann. Aber gerade daran fehlt es; es fehlt bedauerlicherweise auch an dem Gefühl, daß nationale Opposition und Ver leumdung und Verächtlichmachung des leitenden Mannes de, Außenpolitik schlecht zusammen passen. Drei Aussprüche Bismarcks möge sich die national? Opposition stets vor Augen halten. Gegen Verleumdungen, mit denen ein Teil der Konservativen gegen ihn arbeitete sagte er im Reichstage: „Man.bemüht sich nicht, sachlich zu widerlegen und z, diskutieren, sondern man bemüht sich, nachzuweisen, daß de: Gegner eigentlich ein schlechter Kerl sei; man spürt in seinen Privatleben nach, sucht irgend eine wunde Stelle zu finden sucht diese zu übertreiben, kurz und gut, treibt wissentlick Verleumdung." Ein ander Mal sagte er: „Ich halte den Boden, auf den das deutsche Reich gegründet ist, noch nicht gewachsen und solide genug, um mit dieser Vergessenheit, mit dieser Sicher beit sich der deutschen Neigung hinzugebcn, der Regierung Opposition zu machen." lind schließlich: „Ich halte es für eine schlechte Ueber zeugungstreue, die im Staatsdienst sagt, mag der Staa zugrunde gehen, es ist meine Ueberzeugungstreue, ich kam nicht anders." preNeMmmen zur Haltung äes Zentrums. Tie durch den gestrigen Beschluß! de» Vorstandes der Zentrumssraktton geschaffene Situation wird vo, den Blättern verschieden beurteilt. Die .„Täglich« Rundschau" erklärt, daß das Ergebnis des gestrigen Tages die Erwartung zulasse, daß die Verhandlungen auf der Grundlage des von Dr- CurtiuS entworfe nen Programms in Gang- kommen werden. Die Par teien seien durch die Besprechungen des gestrigen Ta, geS einander näher gekommen. Viel verspricht sich! dac genannte Blatt von der aus heute anberaumten ge- meinschaftlichen Aussprache zwischen dem Zentrum uni den Deutfchnationalen im Beisein de» Reichswirtschafts. Ministers Dr. CurtiuS, bet welcher Gelegenheit dat Zentrum bestimmte Forderungen Vorbringen werd«, dv ren Formulierung bereits gestern von dem Fraktion^ Vorstande des Zentrums vorgenommen worderr sei. An derer Ansicht ist die „Germania". Däe Auffassung der Zentrums ^eht dem Berliner Zentrumsorgan zufolg« nach wie vor dahin, daß die Lösung der Schwierig keiten am besten durch ein Zusammenarbeiten der Par- teien von der Deutschen Volkspartet bis zu den Sozial demokraten erreicht würde. Das „Berliner Tageblatt' hält es kaum mehr für zweifelhaft, daß bet den heu tigen Beratungen der Gesamtfraktion der Zentrums partei der Frakttonsvorstand sich Mr die Ablehnunt jeden Anschlusses nach« recht» mit aller Entschtedenhetr einsetzen werde. Ermor-ung eines faschistischen Sekretärs la -er Provinz Piacenza. Rom, 11. Januar. In einem Orte der Provinz Piaccnz« wurde ein faschistischer Sekretär nach einem Streite mit znc Sozialisten durch zwei Gewehrschüße getötet. Die Täter stn? entflohen.