Volltext Seite (XML)
Z^uer Tageblatt /lnzeiger für öas Erzgebirge «n.h°,..n» -I. -Mich.. -.,°°^.chun-.n... «.tt, «... «n^., ^.-,ch, ».,«. 283 Sonntag, äen L. Dezember 1S2S " "21. Iahraana die heraufbeschwört und daher Protest des gastlichen Deutschland wachgerufen Gewiß ist die deutsche Jugend durch Haltungen abgelehnt. 8 4 wird dann In der Fassung der »wrlten Lesung gegen Sozialdemokraten, Demokraten und Kommunisten ange ¬ nommen. Gegen dieselbe Minderheit wird auch 8 8 (Kosten des Verfahrens) angenommen. Unter Ablehnung so- ztaldemokratischer und kommunistisöber Anträge werden auch die Paragraphen S und 7 (AuSführungSbesttm- mungen) angenommen. Vor der Abstimmung über Einleitung und lieber- schrift erhält das Wort Abg. Dr. David (Soz.) zur Abgabe folgender Erklärung: Der Reichstag steht vor einer ernsten Entscheidung. Er will ein Gesetz verab schieden. das für das literarische und künstlerische Schaf, fen große Gefahren den leidenschaMchen Das Schund- und Schmutzgesetz im Reichstag angenommen. Mit 250 gegen 188 Stimmen. hat. Und mit Recht! Gewiß ist die deutsche Jugend durch die wirtschaftliche Not der Zeit noch mehr als früher gefährdet. Es heißt aber, nur eine Nebenerscheinung treffen, wenn man mit großen gesetzgeberischem Auf wand einer gewissenlos an die Jugend herangetragenen Schundliteratur entgegentrtit. Dennoch hätte die so zialdemokratische Fraktion sich, einer Bekämpfung der Schundliteratur, auch auf dem Wege der Gesetzgebung, nicht entzogen, wenn Sicherheiten gegeben wären, daß ein solches Gesetz sich wirklich nur gegen Schund und Schmutz und nicht gegen Pas freie geistige und künstle rische Schaffen richten würde. Die Kunst bedarf der Freiheit wenn sie gedeihen soll, sie erträgt nicht die Fesseln über lebter oder zufällig zur Herrschaft gelangter, einseiti ger Moralbcgrifse. Was heute der Durchschnittsmensch mit seinem angeblich normalen, sittlichen Empfinden für schmutzig und unsittlich hält, gilt oft in späteren Zeiten als natürlich und selbstverständlich. Der Künst ler, der Dichter muß Dinge gestalten dürfen, vor d§- nen der Durchschnittsmensch von heute noch verständ nislos zurückschreckt. Darum soll sich der Gesetzgeber hüten, der künstlerischen Schaffenslust Zaum und Zü gel anzulegen. Das aber geschieht durch den vorliegen den Gesetzentwurf. Vor aller Welt wollen wir in diesem letzten Augen blick noch einmal laut und deutlich feststellen: Dieses Gesetz in seiner jetzigen Form ist eine ständige Bedro hung von Literatur und Kunst. Mißtrauen gegen die künstlerische SchafsenSfrethett, dem man die Einstim mtgkeit der Entscheidung zum Opfer gebracht hat, und der Geist elender Kleinstaaterei, der da» sachlich unbegründete Zugeständnis verschleier ter Lande-Prüfstellen durchgesetzt hat, haben ihm ihren Stempel ausgeprägt. Tie Anhänger diese» Gesetze» be streiten die Gefahr. Sie verlassen sich auf eine ver nünftige Anwendung der neuen Bestimmungen. Die sozialdemokratische Fraktion hat keinen Grund, diese Zuoerstcht zu teilen. Wir werden daher die Waffen, mit denen wir bisher das Gesetz und die dahinter ver borgenen Absichten bekämpft haben, nicht au» der Hand legen. Wir werden auf der Wacht stehen, und wir sind sicher, daß das geistige Deutschland mit un» sein wird. Eine Mehrheit für diese» Gesetz kann nur zustande kommen, wenn die Vertreter des alten KulturliberaltS- niuS. der seinerzeit mitgeholfen hat, die Vorgängerin dieses Gesetzes, die Lex Heinze, zu Fall zu bringen, ihre liberale Tradition pretsgeben. Würde da» Gesetz scheitern, so wäre nicht» verloren, der gefährdeten Ju gend kann auf andere und wirksamere weis« geholfen werdet, wird da» Gesetz aber angenommen, so bedeu tet der heutige Tag einen schwarzen Lag für die deut sch« Kultur. Abg. Schreck (Soz.) verlangt nunmehr Ausseb- zuna der Schlußabstimmung auf Grund de» ß 48 der Geschäftsordnung, bi« die Beschlüsse der dritten Le- suna. die von denen der zweiten abweichen, gedruckt vor liegen und verteilt sind. Diese» Verlangen wird durch die Sozialdemokraten und Kommunisten genügend un terstützt. «Event ovbe stellt deshalb die Schlußabsttm» muna zurück, macht aber darauf aufmerksam, da» er N L ».«.'M»- d« B.IE d-Itl« sq»n, °. fort veranlassen werd«. Ein« Stund« für ihre Fertig- stellung ließ, sich allerdings nicht angeben. Aber wenn sie ferttgaestellt seien, so würde kein Hindernis mehr ür die AchlühübsttLMMt- bestehen. Reichstagssitzung wurde die Einzelberatung der Ge- setzesvorlage zum Schutz der Jugend vor Schmutz und Schund begonnen. Als erster Redner beantragt Abg. Dr. Löwenstein (Soz.) eine Aenderung dahin, daß Zeitungen und Zeitschriften ganz allgemein (d. h. nicht nur politische) vom Gesetz ausgenommen werden. Der Redner erklärt, er müsse als Jude den schärfsten Pro- test «inlegen gegen die Gutachten, die von bayerischen Sachverständigen beim verbot de» verfemten „Nathan der Weise" abgegeben worden sind. Abg. Hörn le (Komm.) tritt nochmals für Ablehnung der Vorlage ein. Der sv'ialdemo'ratische AenderungSantr?g zum 8 1 wird abgelehnt. Nach Ablehnung aller weiteren AenderungSanträge wird A 1 in namentlicher Abst'mmung mit 249 gegen 158 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Dagegen haben die Sozialdemokraten, die Kommunisten und die meisten Demokraten gestimmt. Die Paragraphen 2 und 3, die in der zweiten Be- ramng abgelehnt worden sind, will der Kompromiß antrag der bürgerlichen Parteien (mit Ausnahme der Demokraten) in der Form wtederherstellen, daß die Prüfstellen vom Retchsminister des Innern im Einver nehmen mit den Landesregierungen nach Bedarf er richtet werden. Ihre Entscheidungen sollen für das ganze Reich Gültigkeit haben. Zur Entscheidung über Einsprüche und Beschwerden soll eine Oberprüfstelle in Leipzig gebildet werden. Die Prüfstelle besteht aus einem be amteten Vorsitzenden und acht Sachverständigen aus den Kreisen der Kunst und Literatur, des Buch« und Kunst handel», der Jugendwohlfahrt und der Jugendorgani sation, der Lehrerschaft und der Wolksbtldungsorgani- sationen. Der Neichsinnenminister soll nach dem An trag bei der Ernennung der Sachverständigen die Ver treter der Kirchen berücksichtigen. Nur bei Ueberein- stimmung von mindestens sechs Mitgliedern darf eine Schrift auf die Liste gesetzt werden. Der Oberprüfstelle gehören außer dem Vorsitzenden und den Sachverstän digen noch sechs vom Reichsrat gewählte Beisitzer an. Abg. Dr. Löwenstein (Soz.) befürwortete di? Anträge seiner Partei, wonach nur eine Retchsprllf- stelle, bestehend aus dem beamteten Vorsitzenden und sechs Sachverständigen, errichtet werden soll, und nur bet Einstimmigkeit eine Schrift in die Berbotsliste aus genommen werden kann. Abg. Buch mann (Komm.) führt aus, daß die bayerische Regierung schon ohne Schund, und Schmutz gesetz willkürlich alle» mögliche auf den Index gesetzt habe; sie habe u. a. den „Pfaffensptegel" und den „Po- temkin-Film" verboten, sie gehe ganz rücksichtslos ge-gen die linksgerichtete Literatur überhaupt vor. Ein Ar- beiter sei zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt worden, weil er ein kommunistisches Buch angegriffen hat, ein an- derer ebenso, weil er ein solches Buch verliehen hat. Abg. Fletßner (Soz.) wendet sich besonders ge- gen die Bestimmung de» KompromtßantrageS, wonach bet der Auswahl der Sachverständigen auch -Vertreter der kirchlichen Körperschaften berücksichtigt werden sol len. Wenn behauptet werde, daß diese» Gesetz sogar zum Schuhe der Kunst dienen könne, so lache darüber ganz Europa. Ta» Gesetz werde zu parteipolitischen Zwecken gegen die Republik mißbraucht werden; e» ent stamme dem altpreußtschen Poltzeigetst. Sämtliche AenderungSanträge der Svztaldemv'ra« ten werden nach kurzer Debatte abgelehnt. s L wirb in namentlicher Abstimmung mit W7 Stimmen gq»n 148 sozialdemolrat ich, und kammtmift sch, Stim men bei 29 Stimmenenthaltungen der Demokraten in der Fassung des kompromitzantrageS angenommrn. Beim 8 8, der die Zusammensetzung der Prüf stellen regelt, wird ein sozialdcmo'ratischer An^ die besondere Berücksichtigung der Mrchenvertreter f rei- chen will, in namentlicher Abstimmung mit 288 gegen 188 Stimmen der Sozialdemokraten, Demokraten und Kommunisten abgelrhnt. »S wird dann in der Komprom ßsasfung angenommen. Lum tz 4 (Verfahren der Prüfstellen) beantragen ... Der nächst. Punkt der Tagesordnung wird b«han- d«lt, bi» die Drucksachen ,um Gesetz ,«,«« Schund und Schmutz verteilt sind, und es wird nun di« namentlich« Schlußadsttmmung vorgenommen. Sie ergibt die Annabm, der Vortag, mit 2bv gegon 188 Stimm» der Sozialdemokraten, Kommunisten und «ine» L«Us der Demokraten bet drei Stimmenthaltungen. Polltische Zolge« -er Neichstagsobstimnnmgß Die Mehrheit-Verhältnisse bet de, gestrigen Ab stimmung im Reichstag über da» Gesetz zum Schutz gegen Schmutz und Schund geben den Blättern Bett» anlassung, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Abstimmung als Symptom zu werten sei und auf di« wettere Gestaltung der Mehrhettsderhältntsfe und da mit auf die KoalittonSbtldungi einen Einfluß ausüben könnte. Im „Lokalanzeiger" heißt es: Es hat sich wie der herausgestellt, daß eine praktische Zusammenarbeit der Mitte mit der Rechten durchaus möglich ist. Die „Tägliche Rundschau" sagt: Die letzten Tage haben ge zeigt, daß auf dem Gebiete der Kulturfragen eine Ver ständigung mit der Linken so gut wie ausgeschlossen ist. ES ist jedoch ganz falsch,, wenn die demokratisch« und die sozialdemokratische Presse erklären, daß der Vüo» gerblock bei den Verhandlungen angestrebt worden sei. Die „Germania" nennt die gestrige Abstimmung Bin« Episode und betont, daß davon di« Koalition als solch» nicht berührt werde. Wa» sich indessen, so fährt das Blatt fort, neu gezeigt hat, ist die Notwendigkeit, «in« Negierung auf fester Bast» zu bilden. Da» „Berliner Tageblatt" schreibt, daß da» Gesetz auf den schon sicht baren Weg zur Großen Koalition einen schweren Stein gewälzt habe. Aehnlich äußert sich der „Vorwärts"» In dieser Zeit, in der die „stille, große Koalition" eine beliebte Redensart der bürgerlichen Presse ist, ist «in« Kluft aufzerissen worden, die die Sozialdemokratie Von der Mitte trennt, und die mitten durch die Demokra tische Partei hlndurchgeht. Ter gestrige Tag hat di» Sozialdemokratische Partei al» Opposition gegen den Rechtsblock in glänzender Stellung gezeigt. Vie weihnochtsbeihilfr für -le Beamten. Bet der gestrigen Beratung mit den Regierungs parteien über eine WethnachtSbeihilfe für die Beamt«o erklärte, den Blättern zufolge, der Reichsftnanzmtni« ster, daß die Regierung grundsätzlich bereit sei, den Gruppen 1—4 ein Viertel, den Gruppen 8—18 «in Fünftel des Monatsgehaltes, mindesten» aber 80, höch sten» 60 Mark, als WetbnachtSbethtlfe zu gewähre«. Dazu käme noch eine Frauenzulag« von Ski und «in» Kinderzulag« von 8 Mark. politisch« Gchlägrrsl. Frankfurt a. M., 8. De». Im L«nachvort«n Griesheim entstand zu Beginn «ine, von den Frank furter Nationalsozialisten etnberufenen Versammlung zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten «ine Schlägerei, bet der von beiden Setten mit M« fern, Re volvern, Schlagringen usw. vvrgegangen wurde. Hier bei wurden vier Personen, darunter zwei schwer, ver wundet. chgrrtreiberrien. Berlin, 8. Dez. Ein englisches Blatt bringt heute Meldungen Über angebliche Beziehung«» mili tärischer Art zwischen deutschen und rusststh«n Stellen. Da ähnlichen Behauptungen schon wiederholt entgegen» getreten worden ist, dürfte «S sich erübrigen, »uf iHv« erneut- Veröffentlichung rtnzugehen, di« »sfenttchsttH nur den Zweck haben kann, störend auf die bevorstetzsO» den Verhandlungen in Genf «tnzuwtrken. ^ibrslf« -ar -sutschsn dslsgailsn noch Gsnf. Berlin, 8. Dez. Retchsminister Lr. Stresemann hat sich heute abend 9.18 Uhr in Begleitung von Ttaat»s,kr«iär von Schubert und Mintsterlaldtrektoi» D, Gau» nach Genf begeben. Zum Abschied hatte sich d« Retchsminister Dr. Külz auf dem Bahnsteig den. Ministerialdirektor Dr. vfsermann überbracht« tm Namen d«s Reichekanzlers undStaatssekr.M^ Miß. mann tm Namen d«s preußischen Staat»mtntst«riums Abschtedsgrüß, Unter den übrigen Anwessnden »«' merkt« man Ministerialdirektor L* ^bp*» >wm dkuä» wärttgen Amt und Ministerialdirektor Ls. Zechlin M» ' dsn PtzssssfteUe d«r MstchIssatvum-.