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EttthaUra- ök amtliche» G«kaWtt»ochuüg«a 4«» NM» «ta-< «a- -«- ft«t»-«kch<O ft». Vftßtz«« <««e» Ma «*- Nr. 23S Freitag, cken 8. Oktober 19LS 21. Jahrgang Gvzestnski Sevevings Nachfolger. MknisterprSsibeat Bram, hat Henle ma die Mittagsstunde den Polizeipräsidenten von Berlin, Grzesinski, Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion des Landtages, zum Staats» Minister und Minister des Innern ernannt. Die Ernennung ist vollzogen worden, während die FraktlonSsitzung der Sozial, demokraten noch tagte. Die Fraktion hatte sich für GrzesiuSki ausgesprochen und ging dann zur Besprechung des Vergleichs» Vorschlages mit den Hohenzollern über. Währenddessen voll zog der Ministerpräsident! Braun die Ernennung GrzcsinSkis. § stehen. Aber selbst, wenn es richtig wäre, daß ich mich ins Ligen Konsolidierung der Deutschen Republik damit kein Scha den erwachsen." Severing machte schließlich die Mitteilung, daß er seither als Minister des Preußischen Kabinettes auf die formelle Mitgliedschaft beim Reichsbanner verzichtet habe, aber nunmehr morgen Mitglied des Reichsbanners werde. Er schloß mit dem Ruf: „Unser deutsches Vaterland, die Deutsche Republik Heil, Heil, Heil! Auf Wiedersehen, Kameraden!" Die vieltausendköpfige Menge brachte dem scheidenden Minister am Schluß der Rede eine stürmische Ovation. Severing blieb, immer wieder stürmisch begrüßt, während des Vorbeimarsches des Reichsbanners auf dem Balkon. Der lange Zug löste sich später ordnungsmäßig auf dem Gcndarmenmarkt auf. Dort wurde er seßhaft und Geschäftsführer des Deutschen Me- tallarbeitervcrbandes zu Offenbach, bald danach — November 1907 — zu Kassel. Dort nahm er am kommunalen Leben tätig teil und wurde schließlich Stadtverordnetenvorsteher, außerdem Vorsitzender des Gewerkschaftslartells Kassel seit 1913 und'nach dem Zusammenbruch Vorsitzender des Arbeiter« und Soldatenrates für den Regierungsbezirk Kassel und nahm an den beiden Zentralräten der Deutschen Republik teil. Seit Juni 1919 war er Uutcrstimissekretür im Preußischen Kriegsministerium. NoSke machte Ihn bald darauf zum Reichs, kommissar und Leiter des Abwlck-lungsamtes. 192! kam er in den Landtag. November 192L wurde er Oberregierungsrat im preußischen Innenministerium und von dort entsandte ihn Im Mai 192ü Severing stin die Sp>pc der Berliner Polizei. Ein Zackelzug zu ChtLa Severings. Berlin, 6. Oktber- Dem Innenminister Settering wurde heute abend vor dem Gebäude des preußischen Staats» Ministeriums ein Fackelzug des RetclManncrs Schwarz-Not- Gold dargebracht. Aus eine Begrüßungsansprache des Gau- sührerö Koch erwiderte Severing, biw inmitten des gesamten preußischen StaatsministeriumS auf den Balkon getreten war, mit einer häufig von stürmischen Beifallskundgebungen unter brochenen Ansprache, in der er für die Ehrung dankte, die nicht seiner Person, sondern der Sache gelte, dem einigen freien, republikanischen Deutschland. Sein Vorredner habe dem Worte „scheiden" die richtige Interpretation gegeben: ein Mensch, und sei er der lapfevste Soldat, erschlaffe, wenn er nicht abgelöst werde. So möchte auch er nicht scheiden, sondern nur abgelöst sein. Nach einer Ruhepause werbe er wieder nach Berlin kommen, und, wo man ihn haben wolle, werde er sein. „Man will mich ja einstweilen noch im Par. lament haben, im Landtag und im Reichstag, und Sie dürfen überzeugt sein, ich werde wiederkommen, und, wie ich glaube versprechen zu können, auch dort, wie bisher, meinen Mann Der „Amtliche Preußische Pressedienst" teilt die Ernennung in einer Sonderausgabe folgendermaßen mit: „Ter Innen- Minister Severing hat den preußischen Ministerpräsidenten gebeten, ihn mit Rücksicht auf seine erschüterte Gesundheit »ou seinem Amte zu entbinden. Ministerpräsident Braun hat sich den vom Innenminister vorgebrachten Gründen nicht verschließen können und hat an seiner Stelle den Polizeipräsi denten von Berlin, Grzesinski, Mitglied des Landtages, zum StaatSminister und Minister des Innern ernannt." Auf das Rücktrittsgesuch des Ministers Severing bat Ministerpräsident Braun im Namen des Staalsministertums folgendes Schreiben an Severing gerichtet: „Mein sehr ver ehrter Herr Mintsterl Mit tiesem Bedauern Hube ich von Ihrer Mitteilung Kenntnis genommen, das; Ihre schwer er schütterte Gesundheit St« zwingt, Ihr Amt niederzulegen, das Sic sechs Jahre hindurch mit vorbildlicher Ge wissenhaftigkeit unter Einsetzung Ihres ganzen rei- chen Wissens und Könnens erfolgreich durchgeführt haben. Was Sie in dieser bewegten Zeit für die innere Befriedigung Preußens und damit auch des Reichs, für den Ans- und Aus bau der neuzeitlichen Verwaltung und für die Festigung der Staatsautorität mit unbeirrbarer Zielklarheit in ,zähem ausdauerndem Ringen unter Einsetzung Ihrer ganzen Person geleistet haben, gehölrt der Geschichte an. f , , Namens der Staatsregierung spreche ich Ihnen für diese dem Privatleben zurückziehen wolle, der Sache würde bei der'Herr Vaterlande in ernster Zeit geleisteten unschätzbaren Dienste ' " ' - -- - — - - --- -- herzlichen Dank aus. Ich wünsche und hoffe, daß einige Zeit der wohlverdienten Ruhe Ihnen Ihre Gesundheit wiedergeben wird, und daß Sie daun sich wieder in alter Psychischer und geistiger Frische dem Dienst am Volke widmen können. In alter Hochachtung Ihr Braun." Albert Grzesinski stammt aus Pommern. In Treptow an der Tolleuse ist er am 28. Juli 1879 geboren, wurde bald Ber liner, besuchte in Spandau die Schule, lernte in Berlin von 1899 bis 1897 Mctalldrücker, ging auf die Wanderschaft, arbei tete bis 1906 in Leipzig, Frankfurt a. M. und Offenbach. Seeckt bat lein Rücktrittsgeluck eingereickt. Dl« Folgen von Münsingen. Generaloberst von Seeckt hat nach einer Aus einandersetzung mit dem Reichswehrmtntster Tr. Geß- ler sein NücktrittSgesuch eingeretcht, und Tr. Geßler hat daraufhin dem Reichspräsidenten als dem obersten Be fehlshaber der Reichswehr die entsprechende Aufklä rung unterbreitet. DaS Rücktrittsgesuch steht im Zu sammenhang mit der nun tatsächlich nachgewiesenen vorübergehenden Dienstleistung des ältesten Sohnes des Kronprinzen in der Reichswehr. General von Geeckt hat den Vorgang gekannt, während der Reichswehrmi- ntster erst jetzt, aus den Zeitungen, sich darüber infor mieren mußte. Tr. Geßler hat nunmehr dem General von Geeckt erklären müssen, daß er nicht in der Lage fei, das Verhalten von Geeckt» in dieser Angelegenheit vor dem Parlament und der Oesfentlichkeit zu docken. Di« Folge war da» Rücktrittsgesuch. Die Affäre von Münsingen hat also raschere und bedeutendere Folgen gehabt, al» ursprünglich anzunehnien war. Man hatte geglaubt, daß e» sich bet der Tienstlet- stung des Kronprtnzensohn«», die außerhalb der ge setzlichen Vorschriften über die Reichswehr stattfand, um eine Eigenmächtigkeit des RegtmentSkommandanten de» Potsdamer Netchswehrregiment» gehandelt habe. Run erfährt man, daß auch der Chef der Reichswehr unter richtet war. ES ist klar, daß Reich»wehrmtntster Vr. Geßler, der noch dazu in Unkenntnis gelassen worden war. die perfassungSmätztge Verantwortung nicht übe» nehmen kann. Da» Rücktrittsgesuch von Geeckt» bedarf noch der Annahme durch den Reichspräsidentenf wie dis Dingo heute liegen, könnte nur die Wahl bestehen zwi schen dem Lhef der Reichswehr und dem Reichswehr minister. Es ist jedenfalls erfreulich, daß Dir. Geßler so rasch und eneraifch die Konsequenz au» dem «all Münsingen gezogen hat. Es ist ferne» charakteristisch für die Gta- dÜWrun« d« hüMschm RerMnijsch haß der ! tritt von SeecktS bei weitem nicht den alarmierenden Eindruck in der Oesfentlichkeit macht, den er noch vor Jahresfrist hätte Hervorrufen können. Der Reichspräsident von Hindenburg hat die end gültige Entscheidung über das Entlassungsgesuch des Generaloberst von Seeckt bis heute vertagt. Als Nach folger de« Generaloberst von Geeckt werden, unter an deren, General Hasse, früher Kommandeur de» Wehr kreiskommandos III (Berlin), jetzt im Reichswchrmtnt- sterium, und General Reinhardt in Kassel genannt. pressestimmen. Fast alle Blätter sehen den Generalobersten von Geeckt mit größtem Bedauern von seinem Amte scheiden und heben da» große Verdienst hervor, das er sich um den Aufbau der neuen deutschen Wehrmacht erworben hat. Wenn Generaloberst von Geeckt, so schreibt die „Kreuzzettung", jetzt geopfert werden soll, so würde die» einen Sieg der Demokraten und Sozialdemokraten darstellen. In der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" heißt e»r Man begreift die Haltung de» Retchswehrmt- nister» und bedauert doch allgemein, daß er sich von dem langjährigen Mitarbeiter trennen muß, dessen Bev- dtensten erst eine sj-ätere Wertung voll gerecht werden kann. Di« „Germania" schreibt» Seeckt hat der.Repu blik treu gedient. Er hat einen Fehler begangen und trägt al« aufrechter, geo-dev Soldat entschlossen die Folgen. Da» „Berliner Tageblatt" sagt r E» ist kaum daran zu zweifeln, daß der Reichspräsident -a» Ent- lassungsgesuch onnehmen wird. Mit äußerster Ent schiedenheit muß man dis doll» Wahrung, die unantast bare Sicherstellung der ministeriellen Autorität in der Reichswehr verlangen. Der „vorwärts" erklärt: Mit der Annahme de» RütttrittSgesuche» de» General» von Geeckt wird der Beweis dafür geliefert sein, daß man auch! in der Reichswehr Ordnung schassen kann, wenn man nur will. Jeder Reichswehrmtnister, der diesen Witten betätigt, wird bad,» die überwiegend« Mehrheit de» Reichstag»» und de» ganzen Volke» auf fein»» Dack Severings Rücktritt. Die Koalitionsfrage la Preuße«. Das Amt Severings ist rasch besetzt worden. Am gleichen Tagebau dem Severings Rücktritt amtlich mttgeteilt und da» Schreiben des Ministerpräsidenten Braun veröffentlicht wurde, in dem Severing der Dank für seine sechsjährige große Leistung im Amt des Innenministers ausgesprochen ist, ist der Berliner Polizeipräsident Grzesinski nach einer Beratung der sozial demokratischen Landtagsfraktion vom Ministerpräsidenten Braun, dem nach der Verfassung das Recht der Ernennung zustcht, zum preußischen Innenminister ernannt worden. Der frühere Jnnenmtnestr Severing begibt sich zunächst in seine westfälische Heimat, um sich zu erholen; r- steht fest, daß er aus dem politischen Leben nicht ausscheidet und sowohl das Landtags- wie das ReichstagSmanbat weiter auSübt. Im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden dürften noch einig« andere Personalveränberungen vor sich gehen; so scheint dir Rücktritt des Staatssekretärs Meister festzustehen, für den al» aussichtsreichster Nachfolger der Ministerialdirektor Abega ge nannt wird. Als Nachfolger GrzesinökiS im Polizeipräsidium soll der jetzige Polizeipräsident von Köln, gleichfalls Sozia!» demokrat, in Betracht kommen. Der Rücktritt Severings steht in keinem Zusammenhang« mit dem Plan einer Erweiterung der preußischen Regierungs koalition zur Großen Koalition. Denn die ehrenden Worte, die Strosemann auf dem Kölner Parteitag über Severing ge sprochen hat, den er zwar nicht mit Namen nannte, aber deut lich genug bezeichnete, haben bewiesen, daß GevcringS Person kein Hindernis für den Eintritt der Volkspartei zu bilden ver mochte, wenn auch gewisse Kreise der VolkSpartet bisher die Angriffe auf Severing mitmachten. Ebensowenig könnte die rasche Ernennung GrzesinSkiS einen Einfluß auf die Koalt- tionsverhandlungen üben, da es von vornherein feststand, baß das Innenministerium durch einen Sozialdemokraten zu be sehen sei, und da auch die Deutsche Dolkspariei dagegen keinen Einspruch erhoben hat. Wenn die Verhandlungen über die Große Koalition am Mittwoch trotzdem weit pessimistischer beurteilt wurden als kurz vorder, so hat dies seinen Grund zunächst einmal in der Schwierigkeit der Verteilung der Mini- stersike, von denen die Volkspartei bas Finanz- und Kultus ministerium beansprucht Huben soll. Ferner aber in der deut lichen Unzufriedenheit, die in Zentrumskreisen über die Er gebnisse des Kölner Parteitages der Deutschen Volkspartei ge äußert wurde, wofür eine Information der „Germania" auS parlamentarischen Kreisen ein Beweis war. Es scheint, daß zunächst keinerlei Veränderungen eintreten werden, und daß die Koalitionsfrage erst Im November akut wirb. Man hört davon, daß der Wunsch besteht, die Frage der Großen Koali tion zuerst im Reiche zur Diskussion zu stellen und daß man in den Kreisen der jetzigen preußischen Regierungsmehrheit den Wunsch hat, die Große Koalition im Reiche und in Preu ßen hergostellt zu sehen. Der Kölner Parteitao der Deutschen Volkspartei hat der Führung dieser Partei freie Hand ge lassen; wenn man auf der einen Seite die Aeußerungen Stres«- manne als positive Anregung für eine solche Politik betrachten könnte, so steht dem auf der anderen Seite die Auffassung ent gegen, die in Köln ganz allgemein herrschte: daß nämlich die Regierung im Reiche, wie sie heute ist, auch „ihre Winter« qirarttere" beziehen werde. Man kann also vorläufig nur von einem Wunsch der Deutschen Volkspartei, die Große Koalition in Preußen einzugehen, mit Berechtigung sprechen; ob sich diese Haltung ändern wird, sobald die anderen Parteien die Ver handlungen über Reich und Preußcir eröffnen wollen, muß man noch abwarten. Prinz Leopoi- von Coburg-Gotha in -le Neichswehr eingetreten. Weimar, 6. Oktober. Wie verlautet, ist am 1. Oktober der Erbprinz Johann Leopold von Sachsen-Koburg-Gotha al» Offiziersanwärter in das Retchswehr-Jnfanterie-Regiment 14, und zwar in das in Meiningen stehende erste Bataillon ein getreten, nachdem er die Ritterakndcmie in Brandenburg mit dem Reifezeugnis verlassen hat. Prinz Johann Leopold wird die normale Laufbahn der Offiziersanwärter durchmachen und hat sich zu der gesetzlich vorgesehenen Dienstzeit in der Reichs wehr verpflichtet. Der Potemkinfilm bleibt in Bayer« verbat«». München, n. Oktober. D«m Landesdienst de» Süd- deutschen Korrespandeuzbüro» wird auf Anfrag« an zuständi ger Stelle bestätigt, das, der Potemkin-Film in Bayern nach wie vor verboten bl«ibt. Cln britischer Gewerkschaftsvertretet kündigt neuen Streik an. Detroit, 7. Oktober. Auf dem IahreSkonoent bei amerikanischen Arbeiterverbandes dankt». d«r Vertriter de» britischen GewerkschastStage» -ick« für die Unterstützung d«, britischen Bergleute und verlas «in« Erklärung, in der voraus- gesagt wird, baß Generalstreik» von noch stärkerem und furcht bareren Charakter al» der jüngst erlebt», in gukunft unver meidlich sein werden. Es sei nickt da» Verdienst der englischen Regierung, daß e» zu keinem Blutvergießen in dsa Etratzen London» -ek«»M» sei.