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Mer Tageblatt -Kauer IN Sonntag, äen 12. September 192S Nr. 2'3 21. Jahrgang Deutschlands Ausnahme unter beispiellosem Jubel rum s lv. 7) r, Slue, in Laden. Heiligtum ihrer Seele, ihre Muttersprache, er! gab ihnen allen Heimatländer verschiedener Ltatur. Aber eS kann nicht der Sinn einer göttlichen Welt ordnung sein, daß die Menschen ihre nationalen Höchst leistungen gegeneinander führen und damit die allge meine Kulturentwicklung immer wieder zurückwerfen. Tier wird der Menschheit am besten dienen, der wurzelt im eigenen Volke, da» ihm seelisch! und geistig Gegebene zur höchsten Bedeutung entwickelt und damit über die Grenze de» eigenen Volke» hinan» wachsend, der ge samten Menschheit etwa» zu geben vermag, wie es die kellSuke, 8VV. ! Oönner üer e Garant!?,! !>«zahlun,i, Gras, 1». September. Um 10.30 Uhr vormAvgs er öffnet- Präsident Nintschitsch die heutige Vollsitzung des Völker, bundes. Untjer minutenlangem Jubel der Versammlung betrat die deutsche Delegation, geführt von DL Stresemann, den Reformationssaal. Stresemann erwidert auf die Be« grüßungsworte des Präsidenten in einer kurzen und sehr« wirk samen Rede, die stürmisch applaudiert wurde. Nach ihm sprach Bri! and, der ein hinreißendes Bekenntnis zum Frieden ab- legte, der künftig aüf immer zwischen Deutschland und Frank reich herrschen müsse. , rc>1 ireicksstr. und l göttliche Baumeister der Erde Hatz die Menschheit Marten«' nicht geschaffen als ein gleichförmiges Ganzes?, er Ab Pflicht, von dieser Stelle au», wo ich die Ehre Habe, zu stehen, den beiden Herren den Dank Deutschland» zum Ausdruck zu bringen und diesen Dank auszudehnen auf die hohe Versammlung. Ich! verbinde damit zu gleich den Dank an die Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft, die in traditioneller Weise die groh- zügige «Gastfreundschaft ihres schönen Lande» nun auch Deutschland als Mitglied des Völkerbundes erweist. Seit der Gründung de» Völkerbünde» ist ein Zeit raum von mehr al» sechs Jahren verstrichen. Cs hat somit .einer langen Entwicklung bedurft, bis.die poli tische Gesamtlage so gestaltet war, daß die deutsche Mitgliedschaft im Völkerbunde möglich wurde. Noch in diesem Jahre sind große Schwierigkeiten zu überwin den gewesen, ehe dem Entschluß Deutschland» der ein mütige Beschluß des Völkerbundes folgte. Fern liegt es mir, über diese Dinge der Vergangenheit zu sprechen. Tie Aufgabe der lobenden Generation ist es, den Blick auf die Gegenwart und auf die Zukunft zu richten. Nur eines lassen Sie mich sagen, wenn ein Geschehnis wie der Eintritt Deutschland» in den Völkerbund erst in Mer so langen Entwicklung heranretft, so trägt vielleicht dieses Geschehnis gerade deshalb eine beson dere Gewähr in sich für seine innere Beständigkeit und seine fruchtbare Auswirkung. Deutschland tritt mit dem heutigen Tage in die Mitte von Staaten, mit denen es zum Teil seit langen Jahrzehnten in ungetrübter Freundschaft verbunden ist und die zum anderen Teil im letzten Weltkrieg gegen Deutschland verbündet waren. Es ist von geschichtlicher Bedeutung, daß Deutschland und diese letzteren.Staaten sich «jetzt im Völkerbunde zur dauernden, friedlichen Zusammenarbeit «zusammenstnden. Diese Tatsache zeigt deutlicher als Worte und Programme es können, daß der Völkerbund berufen sein kann, dem politischen Ent wicklungsgang der Menschheit eine neue Richtung zu geben. Gerade in der gegenwärtigen Epoche würde die Kultur der Menschheit auf das schwerste bedroht sein, wenn eS nicht gelänge, den einzelnen Völkern die Ge währ zu schaffen, im ungestörten friedlichen Wettbe werb die ihnen vom Schicksal zugewieseno Aufgabe zu erfüllen. Tie Ereignisse eine» furchtbaren Krites ha ben die Menschheit zur Besinnung über die den Völkern zugewteiene Aufgabe gebracht. Wir sehen in vielen Staaten den Ntederbruch wertvollster, für den Staat unentbehrlicher geistiger und wirtschaftlicher «Schichten; wir erleben die Bildung von neuen und daS Hinsinken von alten Formen der Wirtschaft, wir sehen, wie die Wirtschaft die alten Grenzen der Länder sprengt und neue Formen internationaler Zusammenarbeit erstrebt. Tie alte Weltwirtschaft hatte für ihre Zusammenarbeit keine Satzungen und Programme, aber sie beruhte auf dem unbeschriebenen Gesotz des traditionellen Güteraus tausches zwischen den Erdteilen. Diesen Güteraustausch wiederherzustellen ist unsere Aufgabe. Wollen wir eine ungestörte weltwirtschaftliche Entwicklung, dann wird das nicht geschehen durch! Abschlteßung der Gebiete von einander, sondern durch Ueberbrückung dessen, waS bis her die Wirtschaft der Völker trennte.. Wichtiger aber als alle« materielle Geschehen ist das seelische Leben. Eine starke Gärung der Gedanken kämpft unter den Völkern der Erde. T!ie einen vertre ten das Prinzip der nationalen Geschlossenheit und verwerfen die internationale Verständigung, weil sie das Nationalgewordene nicht durch den allgemeinen, Be griff der Menschheit ersetzen wollen. Ich bin der Mei nung, daß keine Nation, die dem Völkerbund angehört, dadurch ihr nationales Eigenleben irgendwie aufgibt. Um 10 Uhr ist da» VölkerbundSgebäud« bereits einer dichten Menschenmenge umlagert, die hinter Absperrungsstricken die Auffahrt der Delegierten Zuhörer — eine endlose Autokolonne — beobach- Um 10.15 Uhr ist der Saal bereits Über jede Be- Grotzen aller Nationen getan haben, deren Nansen in der Menschheitsgeschichte niedergelegt strw. Was auf getsÄgem «Gebiete geschehen ist, da» kann sich auch ergeben in politischen Fragen, wenn der Wille da ist, in diesem Sinne der «gesamten Entwicklung zu dienen. Die politische Auswirkung dieser Gedanken lt^t in einer inneren Verpflichtung der Städten zu gemein samem, friedlichem Zusammenwirken. Diese inner« Verpflichtung -um friedlichen Zusammenwirken besteht auch für die großen moralischen MenschhettSfragen. Kein andere» Gesetz darf für sie gelten al» da» Gesetz der Ge rechtigkeit. La» Zusammenarbeiten der Nationen im Völkerbunde muß und wird dazu führen, auch auf diese moralischen Fragest im Völkerleben di« rechte Antwort zu geben, denn da» sicherste Fundament de» Friedens ist eine Politik, die getragen wird von gegenseitigem Verstehen und gegenseitiger Achtung der Völker. Deutschland hat sich schon vor seinem Eintritt in den Völkerbund bemüht, !M Sinne friedlichen Zusam menwirken» zu arbeiten. Dafür zeugen die deutsche Initiative, die zu dem s Palt von Locarno führte, davon zeugen die jetzt nahezu mit allen Nach»- barstaaten abgeschlossenen deutschen Schtedsverträge. Die deutsche Regierung ist entschlossen, diese Po litik mit aller Entschiedenheit weiter zu verfolgen. Sie kann mit Genugtuung feststen«», daß dies« Gedanken, anfang» in Deutschland heftig umkämpft, sich allmählich immer mehr das deutsche Volksbewußtsein erobert ha ben, so daß die deutsche Regierung auch für die große Mehrheit de» deutschen Volke» spricht, wenn st« eicklärt, daß sie sich an den Aufgaben de» Völkerbünde» mit voNer Hingebung beteiligen wird. Von diesen Aufgaben hat der Völkerbund in sechs jähriger Tätigkeit bereits einen wesentlichen Teil in Angriff genommen und in ernster Arbeit gefördert. Di« deutsche Delegation verfügt nicht über die Erfahrungen, die den übrigen hier versammelten Mitgliedern zur Seite stehen. Gleichwohl glaubt sie die Ansicht -um Aus druck bringen zu können, daß «bei den wetteren Arbeiten zunächst jene Gebiete besondere Beachtung verdienen, auf denen die einzelnen Völker durch Einordnung in gemeinsam« Einrichtungen die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern vermögen. Neben manchen anderen Schöp fungen de» Völkerbundes kommt hier vor allem da» Bestreben nach einer internationalen Rechtsordnung in Betracht, da» in der Gründung de» WeltgertchtShofeS sichtbaren Ausdruck gewonnen hat. von befon-erer Se-eutung für -le Zestkgkeit einer Zrie-ensor-nung zwischen -en Völkern sin- ferner -ie Sestrebungen, -ie sich auf -ie Abrüstung richten. Vie volle Abrüstung veutschlan-s ist im Vertrag von Versailles al« Seginn -er allgemeinen Abrüstung festgesetzt wor-en. Möge es gelingen, -ieser allge meinen Abrüstung kn praktischer Arbeit näher zu kommen un- -amit -en Seweks zu bringen, -aß eine starke positive Kraft -en großen I-ealen -es völkerbun-es schon setzt innewohnt. Deutschlands Beziehungen zum Völkerbunds wer den freilich nicht ausschließlich durch die jetzt gegebene Möglichkeit der Mitarbeit an den großen allgemeinen Zielen bestimmt. Der Völkerbund ist vielmehr in man cher «Beziehung auch Berater und Vollstrecker der. Ver träge von 1919. Daraus haben sich in der Vergangen heit vielfach Gegensätze zwischen dem Völkerbund und Deutschland ergeben. Ich hoffe, daß die Behandlung der hierbei in Frage kommenden Fragen infolge unserer künftigen Mitarbeit im Völkerbunde leichter gestaltet wird. Auch hier muß gegenseitiges Vertrauen eine grö ßere politisch« Schöpferkraft besitzen als andere Metho den. Dem WölkerbundSgedanken widerstrebt eS, die im Bunde mltarbeitenden Nationen zu trennen in solche, die Sympathie oder Antipathie verbinden oder trennen. Ich lehne in diesem Zusammenhang auch! ganz ent schieden die Auffassung ab, al» sei die Stellung, die Deutschland bisher in den Angelegenheiten de» Völker bundes eingenommen Hat, von solcher Sympathie oder Antipathie eingegeben gewesen, denn Deutschland wünscht mit allen Nationen, di« iM Bunde und im Mate des Bundes vertreten sind, auf der Grund lage gegenseitigen Vertrauens zusammenzuarbeiten. Noch hat der Völkerbund seine Ziele nicht erreicht, alle Weltmächte in sich zu umfassen^ Wenn der Ein tritt Deutschland» einen wichtigen Schritt zur Univer salität de» Bunde» bedeutet, so können wlr nur unse rem lebhaften Bedauern darüber Ausdruck! geben, daß Brasilien kund getan hat, sich au» dem Völkerbund -u- rückzuztehen. Liese» Bedauern ist umso lebhafter, als Deutschland auf dem Standpunkt steht, daß zum Be griff der Universalität de» B-Verbund e» auch der Go» ch.»0 I 1.10 11.70 40.- Anzeiger Mr -as Erzgebirge Lagedlaii ftmeqgesug«. Enthalte«- -le amtliche« Srlaaatmachukge« -e» Nate» -re Gta-t oa- -e» Amtsgerichts A«e. p-a»h«e.R»»l» mm Leip,«- «,. 1-4« ! V0N den ' und ten. , schretbungsmöglichkeit «hinaus überfüllt- 3000 Menschen drängen sich auf dem Parkett und auf den Tribünen Einzelne Herren der deutschen Delegation, so Herr von Rheinbaben, D«r. Kiep und Legationsrat Redelhammern sind bereits im Saale und begrüßen sich mit den ihnen bekannten Delegierten. Der Präsident eröffnet die Sitzung um 10.30 Uhr. Ein Augenblick tiefer Stille. Er gibt zunächst das Wort Herrn Aguero-Cuba, der über die Prüfung d-r Vollmachten der dentsch«en Delegierten berichtet und feststem, daß sie in Ordnung seien. Die Versammlung bestätigt ohne Widerspruch die Vollmachten der deutschen Delegierten. Tier Präsident ^erklärt hieraus, er lasse die deutschen Delegierten bitten, ihre Plätze im Saal einzunehmen. Totenstille tritt «ein. Die Jupiterlampen flammen auf. Gleich darauf kommen in einem dichten Knäuel von Völkerbundsfreunden die drei deutschen Delegierten, zuerst Direktor Dr. Gaus, dann Dr. v. Schubert, zuletzt Meichsaußenmintster T«r. Stresemann, alle in schwarze Gchröck« gekleidet, in den Saal. Eine ungeheure Applanesalve bricht los und ist für die Dauer von Minuten nich^t zu stillen. Sobald die Herren in deut «Gedränge ihre Plätze erreicht haben, Mutet wieder die Glock« des Präsidenten. Präsident Nintschitsch nimmt das Wort zu folgender Begrüßungsansprache: >,Zch entbiete den Delegierten Deutschland» ein herzliche» Willkommen in diesem Gaal. Tas Ereig nis, das wir erleben, ist glücklich! und würdig der ewi gen Erinnerung. D«a» große Kind des Völkerbundes, die Erhaltung des Friedens, ist in dieser glücklichen Stunde wesentlich gefördert worden. Wir erleben einen «Erfolg des Völkerbundes, der sehr langwierig vorzuberetten war, der aber durch den guten Willen aller Beteiligten erzielt worden ist. Eine große europäische Macht nimmt in der Pölkerbundsfamtlie dieses Saales Platz auf Grund ihrer einstimmigen Aufnahme durch diese Versammlung. Ich! entbiete« in diesem Augenblick dem deutschen Volke durch seine Delegierten die herzlichsten Grüße. Ich bin glücklich, die deutschen Delegierten hier zu sehen in dem Wil len, un» bei unseren Bemühungen um den Weltfrie den zu helfen und mitzuarbeiten jm echten Völker- bundsgeist." Nach der englischen Uebersehung seiner Rede er klärte der Präsident: ,Zch gebe das Wort dem deutschen Reichsautzenminister, Herrn Dr. Stresemann." Im gleichen «Augenblick, als Vr. Strefemg«« sich erhebt und auf die Tribüne Unaufsteigt, bricht ein neuer ungeheurer Applaussturm los, der vier Minuten lang den Saal durchbraust. AlH dann Dir. Stresemann mit einer «Verbeugung zu der Präsidententribüne « dann zur Versammlung begurnt mit den Wpr^«. . . „, . - - - -- „Herr Präsident, meine Damen« und Herren!" geht ein 'önen als neuer Applaus durch den Saal. Auch während der " Rede StresemannS, die er mit großer Ruhe und Selbst beherrschung und mit sehr deutlich««, langsamem Vor trag Vorbringt, ertönt an mehreren Stellen' immer wie der Applaus im Saal. Dr. Stresemann führte ach»: Der Herr Vorsitzende dieser hohen Versammlung hat soeben wie der Herr Vorsitzende de» Völkerbunds rate» die Güte gehabt, mit Worten der Freude und Ge nugtuung den Eintritt Deutschland» in den Völkerbund zu begrüßen. Wir sind bewegt durch di« Worte, die wir am heutigen Tag« gehört ha-enj und e» ist weine erst» 3.88.. 11.10 tküsssr