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Muer Tageblatt ge beroils llen Nr. 214 Dienstag» äen 14. September 1926 21. Jahrgang rl Biere ierttng. vor Kers Präsident des Ntederösterreichischen Landtages, Dr. Ritter, das steht nunmehr unzweifelhaft fest, derselbe Schröder, auf mann. Auch diese Redner stellten sich auf den Boden derl >-n deutend der Magdeburger Kriminalkommissar Tenhold poft «achtel. sabsek und Der. lenehmer enaufenihalt solut notwendig. Oesterreich habe sich zu dem guten nationalen deutschen Gedanken bekannt, wie er au» den Schriften Fichtes hervorgeh«, zu dem Gedanken der Freiheit und Einigkeit der eigenen Nation. Der Anlchlußgrdank« sei keine Heraus« forderung. sondern nm die Geltendmachung eine» ureigensten, Bestrebungen des Oesterreichisch.Deutschen Volkskunde». Die große Kundgebung wurde durch Lieder und andere Dar« bietungen verschönt. enMlen. hnert. »tl« kiemann. istsclt. v Küvko »teile. Rechte». Nach Dr Renner sprachen noch die Abgeordneten Erkelenz (Demokrat) und Hammacher (Ztr) sowie der der für di« Voruntersuchung zuständigen Organe zu beschäf' ttgen haben. Dabet gilt es, unter Auswertung aller krimi' nellen Erfahrungen und Heranziehung kriminalistisch geschulter Kräfte im Interesse gerechter Strafrechtspflege klare Richt« linten zu schaffen und einheitliches wie zielbewußtes Zusammen wirken herbeizufuhren. Sicherung der Strafrechtszwecke be deutet zugleich nachdrückliche Wahrung und Schutz berechtigter Interessen des Angeschuldigten. Dr. Bell wendet sich dann der Vertrauenskrise in der Rechtsprechung zu. Er führt aus: „Aus lebhaften und zum Teil leidenschaftlichen Erörterungen klingt der Ruf: Da» Recht in Not! Wenn Wunden am Rechtskörper zu heilen sind, so liegen hier Aufgaben, an deren Lösung jeder deutsche Jurist sein Bestes setzen soll. 3m vaterländischen Interesse darf jedoch bet aller Kritik der Boden der Sachlichkeit nicht vrrlassen werden. Verhängnisvolle Ungerechtigkeit würde «» vor allem sein, den deutschen Richterstaud für Verfehlungen und Mißgriff« einzelne», die uns mit ernster Sorge erfüllen, verantwortlich zu machen. Mit Freud« haben wir es daher auch begrüßt, daß sich dir Organisationen des deutschen Richterstandes di« anerkennens wert« Aufgabe gestellt haben, rückhaltlos Selbstzucht Selbstkritik zu üben und dadurch zur Festigung des trauens in unserer Rechtspflege beizutragen. In die Lewijsenssreihsit der deutsch«» Richter darf nicht «ingegrifsen «erden. Bor ihre Unabhängigkeit werden wir uns nach wie schützend stellen. Denn wir wissen alle, daß den deutschen Richtern ihre Unabhängigkeit nicht als einseitiges Vorrecht gewährt ist, sondern als Mittel zur Erfüllung ihrer höchsten richterlichen Aufgabe, nämlich des gleichmäßigen Schutze» aller Staatsbürger und der unparteischen und gerechten Rechtspflege. Tr««« Hingabe zum Staat und zur Reichsverfassung muß den Richter, der im Namen de« Staat» Recht spricht, an erster Stell« au»zelchn«n und ihm die Staatsverbundenheit zur Gewissenspflicht machen. Vergegenwärtigt sich der deutsch« Richter, was wir zuversicht» ltch erwarten, bei allen seinen Amtshandlungen und vor nehmlich bei der Strafrechtspflege, daß ihm der Volksgenosse und der Mitmensch gegenübersteht, dann wird seine gerechte und unparteiische Rechtsprechung das Vertrauen aller Volks schichten finden. 2» der Brust de» deutschen Richter» liegen dl« Schicksal»st«rn« der deutschen Justiz. Alle Organe der deutschen Rechtspflege, Richter und Staats anwälte und Rechtsanwälte, müssen in edlem Wetteifer und freudiger Gemeinschaftsarbeit dem deutschen Rechte dienen " täten Haus». U8tSlite! 'I»tx«. I ßisr. oral. Wtel Tel. 257 Rablumbad zu dem Berichterstatter eines Berliner deutschnationalen Zta tes gesagt hatte: „Sieht so ein Mörder aus?" Jetzt end lich wird Haas aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem ihn der Untersuchungsrichter Kölling auch nach dem Geständ nis Schröders noch tagelang festgehalten hatte. Es steht also unwiderleglich fest, daß der Unter suchung s ri ch te r monatelang «ine falsche Spur verfolgt und daß erst das Eingreifen Hörsings mit dem Berliner Kommissar zur Ermittlung des wirklich Schuldigen geführt hat. Wäre das angeblich unzulässige Eingreifen nicht er folgt, so säße der Unschuldige noch heute in Untersuchungshaft. Wenn bei solcher Sachlage die rechtsradikale Presse sich noch heute über das Eingreifen Hörsings und Severings ereifert, wenn man noch heute von einem „Kesseltreiben gegen die Magdeburoer Richter spricht, so heißt das wirklich die Dinge auf den Kopf stellen. Die rein formalen Gründe, aus denm auch der stellvertretende Vorsitzende des Magdeburger- Richter-Bezirksvereins Rusch le in einer Eingabe an den Reichstag (!) gegen das „Eingreifen" der Verwaltungsbehör den protestiert hat, sind sehr fadenscheinig; eS ist wirklich nicht abzusehen, warum es unzulässig sein soll, daß neben den Spuren die ein Organ der Justiz verfolgt, eine Verwaltungs behörde noch eine andere Fährte untersuchen läßt. Di: Organe der Justiz sind nicht um ihrer selbst willen da, sie sollen dem Recht zum Sieg verhalfen, und wenn triftiger Grund sür die Annahme besteht, daß sie auf falschem Wege sind, kann andern Organen der Staatsgewalt doch wohl nicht das Recht bestrit ten werden, andere Spuren zu verfolgen, die auf den wirk lichen Täter Hinweisen. Der Magdeburger Richter Ruschke hat in der erwähnten Eingabe an den Reichstag gesagt, durch das Eingreifen der Verwaltungsbehörden entstehe die Gefahr, daß die Klärung der Angelegenheit unmöglich gemacht werde. Nun steht er als der Blamierte da: gerade dal Eingreifen hat zur Klärung geführt, nachdem Ach der Untersuchungsrichter in den Gedan- Satt. «leli»earing veutKb-oestemlckMe siimägebiiag. Zusammenschluß ist notwendig. Düsseldorf, 12. September. Der Oesterreichisch- Deutsche Volksbund veranstaltet heute im großen Saale des Planetariums eine Kundgebung für die Schaffung einer großen deutschen Republik durch die Verbindung Deutsch-Oesterreichs mit dem deutschen Reiche. Oberbürgermeister Dr. Lehr be- grüßte die Versammlung im Namen der Stadt Düsseldorf und der Großen Ausstellung. Der Vorsitzende des Oester- reichisch-Deutschen Volksbundes, Retchstagspräsident Löbe, legte die Ziele des Bundes dar. Oesterreich habe seinen ernsten Willen zur Rückkehr zum Mutterlande oft genug kundgetan, und wenn heute noch Zweifel darüber herrschten, so möge r ^ukentbatl I'ernilckt. ranck« r. rei«a. ckienung Wien. «US»« «,, »«ui», zu«,« , La-eR« EulhaUraö ök amkttch«, 0e»«mt»achm,g« ö— Nate» ö« Stasi ass s„ Mat»s«tcht» Maa. poftsitz^-Kom» ft« Leipzig ,«,« remcken, /«reine. Its-öall ce. I 's- vbttL. Der M-gäeburger Julthf-ll. von Richter Alfred viwdauf, Mitglied des Reichstages. Es geschah in Magdeburg, daß vor anderthalb Jahren ein Rtchterspruch gefällt wurde, der in der Öffentlichkeit da größte Aussehen» speziell in den republikanischen Kreisen, die größte Entrüstung erregte. In einem der vielen Prozesse, die wegen Beleidigung des Reichspräsidenten Ebert angestrengt werden mußten, wurde der Beleidiger zwar bestraft, aber das Gericht unter Vorsitz de- Landgerichtsdirektors BewerS- dorff glaubte auf Grund von Aussagen vorbestrafter Indi viduen feststellen zu können, daß Ebert gegen End« des Kriege- durch sein Verhalten beim Munitionsarbeiterstretk Landes verrat begangen habe; es übersah dabei, daß eS durch diesen Spruch die königlich preußische Staatsanwaltschaft von 1918 einer Pflichtwidrtgkeit zieh, da diese doch hätte etnschretten müssen, wenn Eberts Verhalten bet dem Streik wirklich Lan desverrat gewesen wäre. Jetzt hat abermals ein Magdeburger Strafprozeß, noch im Stadium des Vorverfahrens befindlich, die Öffentlichkeit in stärkstem Maße erregt. Und wie jener Fall zu schärfsten poli tischen Auseinandersetzungen geführt hatte, so ist das auch jetzt wieder geschehen; je nach der politischen Einstellung der Press« hat der Fall eine so gegensätzliche Beurteilung gefunden, wie sw für die innerpolitischen Verhältnisse Deutschlands charak teristisch ist. Auf der einen Seite die schärfsten Angriffe gegen den in Frage kommenden Untersuchungsrichter Kölling und die Magdeburger Richter,, die sich hinter diesen stellten, auf der anderen Seite allerschärfst« Angriffe gegen den Ober präsidenten Hörsing und den preußischen Innenminister Se- vering wegen gesetz- und verfassungswidriger Eingriffe in ein schwebendes gerichtliches Verfahren. Welche Sette ist im Recht? Bet objektiver Würdigung des Falles könnte e» keinen Streit mehr geben. Man vergegenwärtige sich klar den Sach verhalt. Zufolge Verdächtigung durch Schröder hat der Magdeburger Kriminalkommissar Tenholt, der Staatsanwalt und der Untersuchungsrichter Kölling den Fabrikdtrektor Haas wegen Verdachtes, den Mord an Helling begangen zu haben, verfolgt; Haas wurde in Untersuchungshaft genommen. Der Magdeburger Oberpräsident Hörsing veranlaßt in der Ueberzeugung, daß Haas unschuldig ist, in dieser Sache die Ersetzung TenholdS durch einen Berliner Kriminalkommissar auf dem Verwaltungsweg. Der Untersuchungsrichter Kölling protestiert dagegen, er erweigert das Zusammenarbeiten mit dem Berliner Kommissar. Die Magdeburger Richter stellen sich hinter Kölling. In dem Kompetenzkonflikt deckt der In nenminister Severing den Oberpräsidenten Hörsing. Inzwi schen verfolgt der Berliner Kommissar, später abgelöst durch einen anderen Berliner, Spuren, die auf Schröder al- den Täter verweisen. Die Verdachtsmomente gegen Schröder ver* dichten sich: Hellings Leiche war in Schröders Keller gefunden worden, die Mordkugeln stammten aus Schröders Revolver, in Schröders Wohnung wurden schwerbelastende Urkunden beschlagnahmt. Die Täterschaft de- HaaS wird s» immer unwahrscheinlicher, aber der Untersuchungsrichter bleib: auf seiner Fährte. Schließlich gesteht Schröder vor dem Berliner Kommissar den Mord. Vor dem Untersuchungsrichter — wie ist das gekommen? Suggestivfragen? — widerruft er da- Geständnis, aber er kann gegenüber der Wucht der Beweise den Widerruf nicht lange aufrecht erhalten. Der Mörder ist, /lnzeiger für üas Erzgebirge Köln, 18. Sept. Heut« wurde in Köln der 84. Deutsch« Iuristentag eröffnet. Nach der Begrüßungsansprache durch den gegenwärtigen Präsidenten Kahl ergriff der Reichsjustiz- mintster Dr. Bell da» Wort zu einer Ansprache, in der er auf di« wichtigsten Programmpunkte der diesjährigen Beratung eingtng und insbesondere auch auf die Frage der Vertrauens krise in der deutschen Rechtspflege zu sprechen kam. Dr. Bell behandelte diese Frage mit vielem Takt und wußte doch alles ,u sagen, was zu sagen war. Für di, Reform des deutschen Recht» müssen die ewigen Sittengesetze, nicht aber Tagesanschauungen und Zeitströ- mungen als Grundlagen dienen. Die durch den Krieg ver ursachte Hypertrophie der Gesetzgebung muß beseitigt werden. Dabet dürfen Rechtsfindung und Rechtsprechung der Fort- Entwicklung in Staat und Gesellschaft, Wirtschaft und Sozial leben nicht nachhinken, sondern müssen mit ihnen in gleichem Schritt marschieren. Von staatspolitischer, wirtschaftlicher und sozialer Fortentwicklung sollen auch die verschiedenen zivil- und strafrechtlichen Reformwerk« durchdrungen sein, di« jetzt in Vorbereitung sind und der möglichst baldigen Verabschiedung entgegengeführt werden sollen. Dr. Bell kommt dann auf di« Frage der parlamentarischen Unt«rs«chung»au,schüss, zu sprechen, die bekanntlich auf dem Juristentage zur Debatte steht, und erklärt, daß diese Einrichtung noch in den Kinder- schuhen stecke und von Kinderkrankheiten nicht verschont ge blieben sei; aber man dürfe da» Kind nicht mit dem Bade ausschütten Zur Strafrechtsform führt der Reichsjustizminister aus: Die Reform des Straf rechts ist in vollem Gang«. Zu Beginn des kommenden Monat» wird der Retchsrat an die mündlich« Beratung des ihm vorgelegten Entwurf» Herangehen. Auch im Reichstag sollen die Beratungen dann mit möglichster Beschleunigung so fortgeführt werden, daß eine die außerordentlich« Schwie rigkeit de» Stoffe» und die Füll« der auszugleichenden Gegen- sähe befriedigende und für da» Volksganze ersprießliche Lösung gefunden werde. Im Zusammenhang mit der Strafrechtsreform werden weitere Reformarbetten durchgeführt, so die Regelung eines durchgreifenden Ehrenschuhes und di« Revision des Straf- Prozeßrecht« sowie die Erledigung des den Stufenstrafvollzug festlegenden Strafvollzugsgesetzes. Die Neuregelung der Untersuchungshaft und darüber hinaus der Voruntersuchung, wird sich auch mit de« besonder» wichtigen und zeitgemäßen Thema der Kriminal psychologie und der kriminellen Vorbildung und Ausbildung sbei' lerrl. k'emilc!! ulen. rtunz. Relchsjustlzmlaister Vr. Sell über Versailles un- Sens. Köln, 12. Sept. Bet einem vom Messeamt am Sonn tag abend zu Ehren der aus Anlaß der Herbstmesse in Köln weilenden Pressevertreter veranstalteten Pressebankett ergriff auch Reichsjustizminister Dr. Bell das Wort. Er führte unter anderem aus: Alle, die heute für die Verständigung und gegenseitige Befriedung eintreten, kommen mehr und mehr zu der Ueberzeugung, daß ein Wiederaufbau Europas ohne di« tätige Mitwirkung des Herzens Europas, nämlich Deutsch- land», nicht möglich ist. Aber der Geist von Genf sei unver einbar mit dem Geist von Versailles. Der Geist von Ver sailles müsse verschwinden, sonst sei «in« Befriedung und «in« Versöhnung der Völker nicht möglich- Hinsichtlich des Eintrittes Deutschlands in den Völkerbund sei weder über triebener Optimismus noch Pessimismus am P'atz«, sondern nur ein gesunder Realismus und rin kühler Blick gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen. Unsere früheren Gegner und die Neutralen seien bald zu der Ueberzeugung gekommen, daß ein gesundes Wirtschaftsleben und «in« Wiederherstellung der zertrümmerten Finanzen Europas ohne die tätige Mit- Wirkung Deutschlands unmöglich sei, und über die Wirtschaft hinaus zeigten sich auch schon wieder alt« kulturelle und «in« Volksabstimmung entscheiden. Es würde sich dann mit aller Klarheit zeigen, mit welch ungeheurer Wucht sich Oesterreich für den Zu sammenschluß der beiden Länder aussprechen werde. Der stellvertretende Präsident des Oesterreichlschrn Bundesrates, Hugelmann, erklärte sich in seiner Rede al» Vertreter der Christlich-Sozialen Partei Deutsch-Oesterreich» ebenfalls für den Zusammenschluß. Reichstagsabgeordneter Dr. Tremer (Deutsche Volkspartei) bezeichnete als die wichtigste Voraus setzung für die Gesundung Deutschlands die Einräumung des Srlbstbeslimmungsrechtes an Deutschland, wie es die anderen Länder besäßen In temparamentvoller Weise schildert« dann der frühere österrreichische Bundeskanzler Dr. Renner die jetzige Lage Deutsch > Oesterreichs. Der Völkerbund habe, Oesterreich amtlich für gesund erklärt, aber die wirtschaftliche! Lage Oesterreichs sei trostlos, denn man habe Oesterreich sein Ackerland genommen. Nur wirtschaftlicher Irrsinn habe solch« Zustände schaffen können. Der Zusammenschluß sei ab- ideale Zusammenhänge. Der Minister schloß mit einem be redten Apell an die Presse, bei aller tnnerpolitischen Zerrissen heit in außenpolitischen Dingen stets eine Einheitsfront zu bilden, um so Deutschland wieder auf den ihm gebührenden Platz zu führen. Die Reform des deutschen Rechts Eine Rede des Rerchsjusttzministers.