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Dienstag, äen 31. August 192S 21. Jahrgang Nr. 202 Muer Tageblatt -MM Anzeiger für Sas Grzgebtrse r.i.gramm«, rag,blatt f<u«r,g«birg,. Gachaltraö ök amtlich»« vrkaaatmachaagea -«» Xate» ö« Sta-t aaö öe» Hmtagerlchtr flu». p»flfih«r.K»ul» ftml L«ipz'g Nr. 1»»» Ratssitz und Tangerfrage. England will keine Tangerverhandlungen in Genf. Landon, 29. Aug. Der diplomatische Bericht erstatter des „Observer" schreibt zu der spanischen Tan gerforderung, die Locarnomächte, die dazu verpflichtet seien, dahin zu wirken, daß, Deutschland jetzt endlich sei nen Sitz im VölkcrbundSrat erhalte, seien entschlossen, sich! keiner Erpressung zu unterwerfen. Glücklicherweise sei die Lage jetzt durch eine Darlegung der italienischen Regierung geklärt worden, wonach Italien die Frage der Ratssitze und die Tangerfrage als vollkommen ge trennte Fragen betrachte und die Aufwerfung der letz-! teren in Genf als unzeitgemäß! ansehe. Dies sei auch der! Standpunkt, den Großbritannien und Frankreich einiieh- men. „Sundah Times" zufolge verlautet, daß die bri tische Regierung in ihrer Antwort auf das spanische Tan germemorandum, die wahrscheinlich innerhalb zweier Tags nach Madrid «bgcsandt werde, zum Ausdruck brin gen werde, daß die Abhaltung einer so kurz vorher ein« beruseuen Konferenz keinen nützlichen Zweck haben werde. Nach britischer Ansicht könne, eine Erörterung der Tau- gersrage erst nach der Sitzung des Völkerbundes statt finden, deren Hauptzweck die Aufnahme Deutschlands ist. §rinkrclch un- Tanger. Parts 29. Aug. Die Morgenpresse beschäftigt sich mit dem spanischen Vorschlag, die Tangerfrage auf einer am 1. September znsammcntretenden Konferenz zu behandeln. „Petit Paristen" teilt mit, am Quai d'Orsay habe man erklärt, daß die französische Antwort auf die spanische Note über die Tangerfrage noch nicht abgegangen sei, daß aber der spanische. Botschafter in! Paris schon jetzt seiner Regierung den wesentlichsten In- i halt dieser Antwort habe übermitteln können. Die französische Antwort wird ebenso wie die der englischen Regierung formell ablehnend sein. Keine spanischen Kriegsschiffe nach Tanger. Paris, 29. Aug. Nach einer im! „Matin" ver öffentlichten Meldung aus Cadiz wird die Nachricht bc-' stritten, daß drei spanische Kriegsschiffe gestern aus Ca diz mit der Bestimmung nach Tanger ausgelaufen seien. Alles lasse daraus schließen, daß die Telegramme einer strengen Zensur unterliegen. Hoesch unS Gaus in Genf. Genf, 29. Aug. Botschafter von Hvesch und Ministerialdirektor Gaus, die gestern nachmittag hier eingetroffen sind, hatten im Laufe des Abends eine fast zweistündige Unterredung mit Sir Cecil Hurst, Lord Robert.Cecil und Fromageot. Die Besprechung brachte im wesentlichen eine Bestätigung der Vorschläge der ersten Tagung des Prüfungsausschusses. Das in diesen Vorschlägen ausdrücklich vorgesehene Recht der Völker bundsvollversammlung auf jederzettige Abberufung und Neuwahl der nichtständigen Ratsmitglteder dürfte jedoch in der ursprünglich vorgesehenen Form nicht aufrecht erhallen bleiben. Nach Auffassung der Nechtssachver- ständtgen ist dieses Recht der Vollversammlung bereits im Vülkerbundspakt selbst grundsätzlich enthalten. Genf, 29. Aug. Tie Mitglieder der morgen vor mittag zusnmmentrctenden Studtenkommission für die Ratsfrage sind zum größten Teil die gleichen wie bei der ersten Mailagung. Die verschiedenen Vertreter sind fast alle bereits im Laufe des Sonntags augckvmmen. Abends wird noch der belgische Delegierte Graf de Brouckcre erwartet. Der Urheber des Resvrmplanes, Str Robert Cecil, dessen Abänderung wohl morgen zu nächst die Versammlung beschäftigen wird, war heute früh als erster etngetrofsen. Am Nachmittag kämen der deutsche Botschafter vpn Hoesch und Ministerialdirektor Tr. Gaus hier an. Diese hatten sofort nach ihrem Eintreffen um 6 Uhr eine Besprechung mit dem englischen Kronjuristen Sir Cecil Hurst und dem französischen NechtSbeirat und Vertre ter von Paul Boncvur in der Studienkommission Frv- mageot. An der Besprechung nahm außerdem noch Sir Robert Cecil bei. Die Unterredung währte bis gegen 8 Uhr abends und ergab, tote verlautet, «ine vollständige Ueberrinsiimmung aller Beteiligten. Es scheint, daß die. Nesormplänc von Lord Robert Cecil, die aus der Maitagung der Studien kommission hervorgegangen sind, nur in einem wesent lichen Punkte abgeändert werden sollen, nämlich in der Frage des Rechts der Bülterbundsversammlung, jeder zeit den ganzen VölkcrbundSrat, d. h. sämtliche nicht ständige Mitglieder, neu zu wählen. Ob dieser Abände rungsvorschlag freilich eine Uebcrcinstimmung in der Studtenkommission findet oder sogar eine Mehrheit in der VötkerbuudsversamMlung, kann zur Stunde noch nicht gesagt werden. Die Frage des deutschen Ratssltzcs betrachtet man hier allgemein als gesichert, da bisher von keiner Seite Nachrichten darüber vorlie gen, daß irgendein Widerspruch dagegen geltend gemacht wird. Ein leichter Skeptizismus scheint jedoch am Platze zu sein, um auf alle Fälle vor Ueberraschungeu ge sichert zu sein. Genfer Tagung -er Interparlamentarischen Union. Genf, 29. Aug. Die Kommissionen der Interpar lamentarischen Union setzten gestern ihre Beratungen fort. Die Kommission zum Studium der ethnographi schen und kolonialen Fragen beschloß auf Antrag von Tr. Schnee-Deutschland, neuerdings in die Tagesordnung die mit dem Regime der Kolonialmanbate zusammen hängenden Fragen auszunehmen. Andererseits prüfte die Kommission mehrere Vorschläge betreffend die na tionalen Minderheiten. Sie gab dem Wunsche Ausdruck, daß diese Fragen erst dann in die Tagesordnung ausge nommen würden, wenn sie durch die zuständige Kom mission und durch den Rat der Interparlamentarischen Union geprüft worden seien. Amerika für Revision -es dawesplanes. Neuhork, 29. Aug. „Neuhork Tribüne" meldet au» Washington, in politischen Kreisen werde die Mög lichkeit einer von den Vereinigten Staaten geforderten Revision des DawesplaneS erörtert. Es werde erwartet, daß Schahsekretär Mellon nach seiner Rückkehr über die Tunlichkeit eine» solchen Verlangens Aufklärung geben werde. Wahlnle-erlage -es ersien amerikanischen weiblichen Gouverneurs. Dallas (Texas), 29. Aug. Frau Ferguson, der erste weibliche Gouverneur Amerikas, ist bet den gestern abgehaltenen Vorwahlen um die Stelle des Gouverneurs von dem GeneralstaarSanwalt Tun Moody im BerhLIL- «iS düK Atl LÄAsssK wvVdsn. Amerika uu- -er Meltgerkchtshof. Neuhork, 29. Aug. „Associated Preß" meldet aus Washington, daß der demokratische Senator Tram mel! (Florida) erklärte, er werde in der nächsten Kon- greßsession die Rückgängigmachung der Senatsratifizie rung des Beitrittes der Vereinigten Staaten zum Welt gerichtshof Vorschlägen, obwohl er seinerzeit für die Ratifizier,mg gestimmt habe. Der republikanische Se nator Gooding (Idaho) hat kürzlich eine ähnliche Er klärung abgegeben, die er mit der Haltung! Frankreichs zum Schuldenabkommen begründete. Tagung Ser Exekutive -er sozialistischen Arbeiter-Internationale. Zürich, 29. Aug. Gestern tagte hier die Exeku tive der sozialistischen Arbeitcrtnternationale. Vertreten waren 20 Länder, darunter Deutschland durch WelS und Crispien. Brouckere-Belgten trat für eine positive Zu sammenarbeit der Sozialisten Mit dem Völkerbund ein, wogegen Bauer auf die Gefahren einer solchen Mitarbeit htnwicS. Der Exekutivausschuß beauftragte Brouckcre und Bauer mit der Ausarbeitung einer Entschließung zu dieser Frage. Auflösung -es französischen Militärpollzelgerlchts in Vüren. Düren, 28. Aug. Das in Düren befindliche Polizetgericht ist im Zusammenhang mit der kürzlich ge meldeten Zusammenfassung der französischen Militär gerichtsbarkeit im besetzten Gebiet aufgelöst worden. Seine Zuständigkeit ist auf das Militärgericht in Trier übergegangen. Um den beteiligten Personen jedoch weite Reisen nach Trier zu «sparen, werden je nach Bedarf > von Trier üuS Gerichtstag in Düren aögchaürn werden. Vie Sickerung äer Cilenbaknen. Tie außerordentliche Beunruhigung der weitesten Kreise über die Vorgänge im /Eisenbahnwesen, die zu der schweren Katastrophe von Leiferde geführt hat, Hat das Reichsverkehrsmintsterium veranlaßt, eine Bespre chung zu veranstalten, an der Vertreter der Hauptver waltung der RetchSbahngesellschaft und der beteiligten Reichs- und preußischen Ressorts teilnahmen. Ueber das Ergebnis wird die folgende offiziöse Mitteilung auSgegcben: „Aus Anlaß der in letzter Zeit häufiger aufge tretenen verbrecherischen Anschläge gegen Eisenbahnan- lageu hat im Reichsverkehrsministertum eine Aussprache mir der Hauptverwaltung der Deutschen Netchsbahnge- sellschast stattgesunden unter Zuziehung der beteiligten Reichs- und preußischen Ressorts. Im Nclchsverkehrömtutstertum besteht nach dem bis herigen Ergebnis der Untersuchung kein Zweifel dar über, daß der Unfall bet Leiferde auf einen verbrecheri schen Anschlag zurückzusührcn ist; auch die Kriminal polizei steht auf demselben Standpunkt. Die Bespre chung ergab Einverständnis darüber, daß eine Vermeh rung der Planmäßigen Streckcnbegehung leine Aussicht bieten würde, derartige Vorkommnisse htntanzuhalten. Neben diesen Planmäßigen Begehungen wird im Be reich der Deutschen Neichsbahnverwaltung schon seit Fuh ren ein besonderer Siretsdtenst zur unvermuteten Ueber- wachung der Bahnanlagen auSgcübt. E- ist ferner be reits vor einigen Monaten Anordnung getroffen, diesen Dienst aus besonders wichtigen oder besonder» gefähr deten. Strecken entsprechend zu verstärken. Diese Maßnahmen wurden auch bei der Besprechung als durchaus zweckmäßig anerkannt; nach den Ereig nissen der letzten Wochen hat die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesellschaft erneut eine Verschär fung dieses Streifdienstes angeordnet. Bei der Verfolgung der einzelnen verbrecherischen Anschläge wird auf engstes Zusammenarbeiten -wischen der Kriminalpolizei, die durch namhafte Vertreter an der Besprechung beteiligt war, und der Deutschen RctchS- bahngesellschaft größter Wert gelegt." Vie Mellkirckenkonferenz zur Nriegslckulcifrage. Berlin, 29. Aug. Im> Vollzugsausschuß der Weltltrchcnkonferenz beantragte, nachdem noch Erzbischof Soederblom gesprochen hatte, Professor Monnier fol gende Entschließung: „Der Vollzugsausschuß der Weltkirchenkonferenz beschließt, nach Anhörung der Vertreter der Landes kirchen Europas und Amerikas, vornehmlich der Ver treter Frankreichs, Deutschlands, Oesterreich» und Englands, den Völkerbund einzuladen, eine unpar teiische Kommission einzusetzen, zur Prüfung der Kriegsschuldfrage." Neichsgerichtsprüsident Tr. Simons gab eine Er klärung ab, in der er sagte, die deutschen Vertreter hät ten der glänzenden Rede von Professor Monnier nichts htnzuzufügen und würden sich seinem Anträge anschlte- ßen. Das Exekutivkomitee der Weltkirchenkonferenz hat über die Entschließung noch heute spät abends in einer Sitzung, die bis nach 10 Uhr dauerte, Beschluß gefaßt. Die Entschließung wurde mit 70 gegen 3 Stimmen bei b Enthaltungen angenommen. Dagegen gestimmt haben zwei Mitglieder aus Indien und ein Japaner. Der Stimme enthalten haben sich zwei Schweizer, ein Serbe, ein Amerikaner und ein Däne. Tie Resolution wird dem Generalsekretär des Völkerbundes übermittelt werden, an den sich der Appell der Welrkirchenkonferenz wendet. Reichsprovlnz Me-erfachfen k Nach einer Meldung aus Oldenburg vertritt Ober bürgermeister Delius-Wesermünde die Forderung, daß die Verwaltung der Häfen an der Nordseite unter drei verschiedenen Länderregierungen zu unhaltbaren Zustän den geführt habe. Er fordert die Beseitigung der Lan desgrenzen und die Uebertragung der Verwaltung aller Häfen aus das Reich durch Schaffung einer Reich-Pro vinz Niedersachsen, das u. a. auch Aufgehen des Staates Oldenburg in die neu zu schaffende Provinz bedeuten würde. Diesem! Vorschläge tritt der frühere oldenburgische Ministerpräsident Tantzcn mit der Forderung entgegen, ! daß das Hafengebiet nicht in das Reich, sondern in Preu- > ßen ausgehen müsse. Die Aufgabe sei nicht so gestellt^ ' Problem gegen sowie mit und durch Preußen zu lösen, I uw übrr Sveußsn ReHlkliHett zu -vmnstA.