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21. Zahrgrmg Sonntag» üen 11. Juli 1926 Nr. 159 len worden. hlieWich st. Mt Lettland ist soeben ein HandeMMnmnen auf der Grundlage der Meistbegünstigung abgefchl Da« kleine Abkommen mit Dänemark Düsseldorf, 9. Juli. Heute fand die vierte BundeSauSschutzstHung des Allgemeinen Deutschen Oe. workschastsbundeS statt, an der ReichSwtrtschaftHNtnister T«r. Curttu» und al» Vertreter des ReichsarbeitSmt- nisterS Ministerialdirektor Dir. Weigert teilnahmen. Nach der Eröffnungsrede des Vorsitzenden Lei Part und Be grüßungsworten des Oberbürgermeister» Dr. Lehr hielt Bruno Bro eck er ein Referat über die Lage de» Mr- beitSmarkte» und ' die Erwerbslosenfürsvrg«. Hierauf ergriff ! Reichs wtttschaftsminist« Dr. Surttu» Lio gewaltige Arbeitslosigkeit ist eine der wichtig sten Fragen der gegenwärtigen Krise, die die verant- wortungSvvllsts Beachtung der Reich »Wirtschaftspolitik erfordert. Lite ReichSregierung hat daher in Fortsetzung und Erweiterung der bisherigen Mahnahnten einen um fassenden Plan ausgestellt, um! angesichts der außer ordentlichen Notlage neue und zusätzliche ArbeitSmög. lichkeiten -u schaffen, die sich noch in diesem! Jahre auf dem.ArbeitSmorkt auswirken sollen. UM alle bürv- kratischen Hemmungen bei der Durchführung de» vvn der ReichSregierung festgestellten MrbeitSbeschaffungSPvo- tzramms -u beseitigen, hat die ReichSregierung einen mit besonderen Vollmachten auSgestatteten Ministertal ausschutz eingesetzt, der die Durchführung diese» Pro gramm» in enger Fühlung mit den Länderregierungen gewährleistet. Der Minister ging sodann auf die wirt schaftspolitischen Maßnahmen zur Stützung de» LrbeitSmarkteS und zur Schaffung neuer SrbsitSmSglichkißea ein, die von der ReichSregierung im letzten halben Jahr beschlossen worden und in der Durchführung begriffen sind die sich teilweise aber erst fetzt und in den kom menden Monaten auswtrken werden. Die bisherigen Maßnahmen lassen sich in fünf Gruppen teilen. Zu nächst galt es naturgemäß, die sogenannte Produktive Gr- werbSlosenfürsorge nach dem Einsetzen der Kris« wesent lich zu erweitern und auszugestalten. Ferner wurde versucht, und diese Maßnahmen bilden die zweite Grup. Pq, durch beschleunigte und erweiterte Gewährung öf fentlicher Aufträge wenigsten» einzelnen Industrien in gewissem Umfange BeschäfttgungSMöglichkeiten zu ver» schaffen. Die Maßnahmen der dritten Gruppe umfas sen die Hingabe von öffentlichen Mitteln an einzelne Privat« Unternehmungen zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe, während e» sich bei den Ausnahmen der vier ten Grupp« um die Gewährung von Krediten an» öf- festlicher Hand an bestimmte Wirtschaftszweige handelt. Di« Maßnahmen der fünften Grupp« schließlich end- springen nicht nur der gegenwärtigen Kris«, sie sind viel mehr auf längere Gicht gestellt worden, Sie sollen »um Beispiel den Auslandsabsatz! der deutschen? Industrie »u heben suchen, neue Kreditmöglichkeiten erzielen und durch Senkung der Produktionskosten in Richtung der Erleichterung der Wirtschaftslage wirken« lungen Möchte ich »»nächst die mit Frankreich her. vorheben. IM Augenblick wird zwischen! beiden Re» givrungen über ein Zollabkommen verhandel^ da» den Wirtschaften beider Länder die Betätigung auf deM Markts de» anderen erleichtern soll. In den Verhand lungen mit der Schweiz sind wir zu einer so wetP gehenden.Annäherung auf den einzelnen Perhand» lungsgebteten gelangt, daß mit einem baldigen Abschluß gerechnet wird. Ebensv liegt eS mit Japan. VS schwe ben dann noch die HandelSvertragSverhandlungen mit Polen, die sich ganz besonders schwierig gestalten, so wie mit der Türkei^ mit Gptechenland und mit Mexiko. Mit Litauen und der Tschechoslowa kei werden di« Verhandlungen demnckhst eröffnet. Zur Förderung de» Exporte» . mußten auch neue Wege beschritten welchen, so der der Exportkrsditversicherung und der de» Russengeschäftes. Lio Bestrebungen de» Reiche» »ur Schäftung einer EK. portkreditversicherung haben »u einem Erfolg geführt. Di« BerstcherungSstell« hat ihre Tätigkeit ausgenommen. Ein beträchtlicher Teil dieser Versicherungen betraf WO, landsaufträge gerade folcher Industrien, di«, wie z. B. di« Kletneiseninduftrio, besonder» schwer unter heM Verluste ihrer früheren Absatzmärkte zu leiden habest. Weitere Anträge sind in Bearbeitung. Die bewegen sich! nach Zahl und Umfang in aufststgender Ante. An der Schaffung einer zweiten Form der Exportkreditverstche- rung, di« sich an die Vorschläge der Hamburg« Expoo- teure anlehnt, wird mit Aussicht auf baldigere Erfolg gearbeitet. Im Laufe der nächsten zwei Woche« wett«» di« Pläne abgeschlossen fein. Nachdem ich so die Maßnahmen der ReichSregierung geschildert habe, die darauf hin-ielen, de« deutsch«« Waren ein erweiterte» Absatzgebiet bst AuSIand zu VeM schaffen, will ich auch die Bemühungen streifen, di« die ReichSregierung aufgewandt hat, um den innerdeutschen Markt NaMrege». Hi« waren insbesondere auf dast Gebiet« de» Kredit, wesen» manch« Mißstände zu beseitigen. SS galt, zu nächst den durch di« Inflation und ihr« Folgen z«m starten .Mack für langfristig« Kredite Mieder aufzu bauen. Di« hinauf hinzielenden Arbeiten der Reich»» rqgierung sind durch di« «stüMimg der Dinge unters stützt würden; «risenliquidattost, ausländisch« 'Hilft, wohl auch ausländisches Fluchtkapttal, dazu di« stän dig wachsend« Sparttttistkeit haben »in« Geldflüffigfttt herbeweführt, di« ihr«rseit» wild« den AulagemarR darum redlich, aber erfolglos bemüht, und die Saat geerntet, die sie hätten nicht ausstreuen lassen dürfen. Die Fraktions erklärung, die noch eine Anzahl von Wünschen und Beschwer den in der Fürstenauseinandersetzung aufzählte, mußte so gespenstisch lächerlich wirken — denn um dieses Mehr oder Weniger drehte es sich gar nicht. Der sozialdemokratische Mi nisterpräsident Braun in Preußen hätte noch vor wenigen Monaten nicht im kühnsten Traum das Bild gesehen, daß ihm die Deutsche Bolkspartet des Reiches (nicht Preußens) ein Gesetz entgegenbringen würde, das ein solches legitimes Zer schlagen der hohenzollertschen Ansprüche in sich schlöße. Diese Einzeldinge waren in der Stunde der Entscheidung ganz weggesunken; was diese verlangte, war weder juristische In terpretation, noch technische Komplizierung, weder Rückwir- kungsstreit noch Aufwertungsgrenze, sondern Politik. Das war natürlich auch der Sozialdemokratie klar, und d'e Tafeln, auf denen ihre unbefriedigten Wünsche ausge schrieben wurden, waren auch nichiS anderes als eine spani sche Wand, hinter der Politik gemacht wurde. Freilich eine miserabel schlechte. Die Mecklenburger Wahlen mit dem kom munistischen Zusammenbruch, hätten ihr Mut machen können, in ihrer Tätigkeit von links sich zu lösen — sie hat ihn nicht gefunden. Aber schließlich ist die Frage so bedeutender Natur, daß sie überhaupt nicht bloß eine Sache taktischer Entscheidung ist; hier war ein Stratagem als Aufgabe gestellt. Nämlich ob die demokratischen Parteien die Demokratie aner kennen und ob sie die demokratischen Institutionen aktiv machen oder erhalten wollen. Wie immer man die vierzehn Verlagen unä Verlagen. Von Theodor Heust, M. d. «. ES wäre ein aussichtsloses Beginnen, mit dialektischen Künsten die Niederlage wegzubeweisen, die der Gedanke und auch die Wirkungskraft des demokratischen Parlamentarismus mit dem Ausgang der Session erlitten hat. Das Ansehen des Reichstages ist gesunken und leider nicht ohne Grund. Er kann, wenn er um seine Reputation und um eine bessere Not« in der Geschichte kämpfen will, darauf Hinweisen, daß er sehr fleißig gewesen ist, in der Haushaltsberatung, bet der Erledigung einiger komplizierter Gesetze — aber solche Ver teidigung will niemand recht anhören. Denn allzu grell ist der Mißerfolg der Mühen in der eigentlichen Staatspolitik plakatiert. Wer das System anerkennt, sei es um seines ideologischen Hindergrundes, sei es einfach um se.ner geschichtlichen Ge gebenheit willen, wird veranlaßt sein, über den Tatbestand solcher Krise ernst nachzudenken; es ist kein Trost, zu Nüssen, daß sie auch durch andere parlamentarische Länder zu wan dern scheint. Mit dem Wort von den „Kinderkrankheiten" ist es nicht mehr getan, das gerne in Umlauf gesetzt war; einige dieser Krankheiten haben auch einen gefährlicheren und hartnäckigeren Charakter, wenn sie bei e uer „reiferen Ju gend" auftreten. Und in solchen Stand möchte doch die deutsche Demokratie langsam gekommen sein. Nun fehlt gewiß ein einheitlicher Nenner, auf den die Abfolge der deutschen Parlamentskrisen gebracht werden könnte. Ihre größere Hälfte erscheint, historisch gesehen, nur als Reflexbewegung außenpolitischer Ouäl.rei — Londoner Ultimatum, Entscheidung über Oberschlesien, es sind schmerz liche Erinnerungen. Die akuten Pressionen der Außcnpolit k sind seit 1924 zurückgetreten — die an den Locarnopakt sich anschließende Kabinettskrise lag wohl im Licht der Außen politik, war aber doch völlig von Parteimotiven bewegt. Luthers Sturz war durchaus innenpolitischer Vorgang. Und so auch die Krise der letzten Wochen, die freilich nicht zu einer dramatischen Exposition jührte, sondern wie eine unbe hagliche und schlechtkomponierte Novelle über das Thema „Irrungen und Wirrungen" ablief. Nun kann man bei der Feststellung der „Schuld" ein abgekürztes Verfahren einschlagen. Man stellt fest, daß die sozialdemokratische Frakttonsmehrheit stärker einer agitatori- schen Möglichkeit als einer verantwortlichen Staatspolitik sich verpflichtet fühlt. So stell es sich dar uyd so liegt es wohl auch — die Passivität der stärksten Partei bei der Kabi nettsbildung im Januar war ja schon nichts anderes als die Ouvertüre zu der Politik,, wie sie jetzt beliebt wurde. Aust jenem unbequemen Zur-Seite-Stehen ergab sich das Uebliche w" einer ziemlich fest errechenbaren Folge-Notwendigkeit. da- Wort Md führte etwa ftlgende» <m»r Aber dazw schen liegt nun auch die Wirkung der ver- Aber dazwischen liegt nun auch die Wirkung der fassungsmäßigen Anlage, die bei der Besprechung der Frage fast immer übersehen wird: Volksbegehr und Volksentscheid sind mit der parlamentarischen Gesetzgebung so enge ver schränkt, daß sie nicht als gelöste Aktionen lauten — der Reichstag muß zu ihren Etappen Stellung nehmen. Er kann, wenn er ein „Ja" ausspricht, die große Anstrengung des Volksentscheids überflüssig machen. Und hier öffnet sich die große Frage, ob es denkbar ist, daß er das je einmal tun wird. Was theoretisch möglich, ist praktisch sehr unwahrscheinlich. Denn die plebiszitäre Gesetz gebung muß immer, ihrer Natur nach, einfach und eindeutig sein, um das Bewußtsein der Massen zu fesseln; was aber an legislativer Arbeit aus dem deutschen Reichstag herauskommt, ist immer die Resultante sehr verschiedener Kräfte, mühsam abgewogene Kompromißarbeit. Wenn nun in ihrer technt- schen Form und in ihrem Sachgehalt so verschiedene Arten der Gesetzgebung gleich legitim sind und zeitlich einander be gleiten, wird eine von ihnen immer die Schwächere sein. Wir haben, als jetzt die Fürstenfrage die Monate hindurch auf der Tagesordnung war, die Ungeduld weiter Kreise des Vol kes verstanden, die durch ein Halbwegs befriedigendes Gesetz des Reichstages der eigenen Nntscheidung am 20. Juli ent hoben sein wollte. Aber wir waren von der Unmöglichkeit dieses so wünschenswerten Ausgangs überzeugt, von dem Augenblick an, da die Sozialdemokratie, entgegen ihrem an fänglichen Spott über den kommunistischen Gesetzentwurf, zu dessen Stütze sich gemacht hatte. Damit war für das Parla ment die erste Schlacht verloren, oder sie kam eigentlich gar nicht zur Entfaltung — es war ein Stück Stellungskrieg I im Parlament bei dem die schwachen Stellen der Gegenseite erkundigt, aber nichts Ernstes unternommen wurde. Denn draußen ging ein großes Ringen vor sich. Konnte man von der Sozialdemokratie erwarten, daß sie zweierlei Politik zur gleichen Zeit betreibe? Dazu gehört eine größere Beweg- lichkeit, eine stärkere Chance für den Führer, als die Massen organisation anzubieten in der Lage scheint. Offenbar ist es unmöglich, gleichzeitig mit Trommeln und Trompeten prole tarische Marschmusik zu veranstalten und an einem parlamen tarischen Kammerorchester mit Geigen, Oboen und milden Flöten beteiligt zu sein. Die Blechmusik muß erst verklungen sein, ehe die andern Künste versucht werden dürfen. Aber jener Lärm der Wochen hat vielen offenbar das Gehör verschlagen; das Echo klingt in ihren Ohren und macht sie taub für eine etwas zarter durchgebtldet« Instrumen tierung. So konnte es kommen, daß die Sozialdemokratie von der agitatorischen Betrachtung de» Problems sich nicht loSriß, um für eine staatspolitische Behandlung sich freizu- machen Ihre verantwortungsbewußt«» Leute haben sich Mer Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirgr Millionen de» Volksentscheid» bewerte, überschwenglich oder nüchtern: sie bedeuten ziffernmäßig einen Mißerfolg. Rur Narren, revolutionäre Literaten oder kommunistische Dauer demagogen konnten sie als Anlausbrett zum Äettsprung tu die völlige Enteignung interpretieren. Dio Sozialdemokratie, die sich zur Demokratie bekennt, muß einen Mißerfolg al» Abschluß anerkennen indem sie da» nicht tat, sondern trotz allem eine Art van Sieg herauslesen wollt«, verlor sie den . festen Grund einer ruhigen Operation und hat nun mit dazu geholfen, das Parlament, das zu, Aktion sretgeworden war, erneut zu lähmen. Die Spuren dies« Handlungsweise find in dem Bewußt» sein all derer, die als Ntcht-Sozialtswn die Organe d«r Demo kratie stärken wollen, tief; sie werden sich nicht so rasch und leicht verwischen lassen, und di« Gestaltung der 'deutschen Entwickelung mag sich, mehr al» den Sozialdemokraten Üar war, an dieser ihrer Stellungnahme orientieren. Das Ver trauen in den Reichstag und das Ansehen der (freilich unsicher arbeitenden) Regierung haben schwere Einbuße erlitten; wer wagt zu glauben, daß diese paar Monate Paule auch in sol chem Bettacht Erholungszeit sein werden? Die anspruchs lose Geistigkeit des Reichstages, die ihre elementaren Selbst« bekundungen am deMlchsten bet den Zwischenrufen offen bart, hat diesmal gern und auSgiebtg mit „FÜrstenknecht" und „Fürstendiener" operiert: welch grausame und groteske Iro nie, daß die größte republikanische Partei sich noch beeilt hat, als Abschluß ein« Sitzungsperiode den Fürsten nun nicht mit dem Wort, sondern mit der Tat Dienste zu «weisen. kurtiiü Mr das MsiMWMMM Kreditbeschaffung, Förderung der Einfuhr, Abschlutz von Handelsverträgen, produktive Eriverbslosenunterstützung. Ni« fünfte Gruppe der WirffchaftSMaftuchM« führt nicht auf da» Gchiet allgemeiner wirtschafttch» Uebergar^Smatznahmen. Hier»« gehört auch