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Mittwoch. äen S. Mai 192S 21. Jahrgang Nr. 103 London»8. Mal. Das Unterhaus hat sich vertagt. Alle Berhandlungen sind gescheitert. Der Generalstreik beginnt um Mittemacht. dir Kartellbestrebungen -rr -rutschen Eisenbahner. Einer Korrespondenzmeldung zufolge haben sich die Verhandlungen über Pie Bildung eines Kartells aller deutschen Eisenbahner, sowohl der Beamten wie der Arbeiter, zerschlagen. Die Gründe hierfür sollen in erster Linie in der Tatsache liegen, daß, der Zentral- gewerkschaftsbund der Retchsbahnbeamten und Anwär ter durch Verhandlungen mit der Reichsbahngesellschaft und Regierungsstellen die Unkündbarkett der Beamten auch in den Gruppen 1—4 sichergestellt habe. Der Zentralgewerkschaftsbund habe darauf beschlossen, den anderen Organisationen mitzuteilen, daß er die Grün dung des geplanten Kartells gegenwärtig nicht für mög lich halte. Er habe sich dagegen bereit erklärt, in an deren Fragen mit den übrigen Gewerkschaften von Fall zu Fall zu verhandeln und die Einsetzung eines Ge schäftsausschusses aller Eisenbahnerorgantsattonon vor geschlagen. die Negkerungsvorlage über -le ZürstenabstnSuna. Die Vorlage der Reichsregterung über die Entschä digung der vormals regierenden deutschen Fürsten ist laut Tageblatt heute mittag an den Neichsrat gegangen, nachdem Reichsmintster des Innern Dr. Külz die Vor lage. die vom ReichSjusttzmintsterium ausgearbeitet wor den war, heute vormittag unterzeichnet hatte. Wie die Regierung in einem amtlichen Bericht her vorhebt, gibt es nur ein Mittel zur Durchführung der Sanierung: die ehrliche und vorbehaltlose Annahme der Vorschläge der Enquetekommission, die als Uebergangs- maßnahmen während der Sanierung eine Regelung der Arbeitszeit .und des Arbeitslohnes vorsehen, die für den Bergbau wirtschaftlich tragbar ist. Wenn die Berg arbeiter oder der Gewerkschaftskongreß bereit gewesen wären, die Erklärung abzugeben, daß sie die Voraus setzung des Sanierungsplanes, ein provisorisches Lohn- und Arbeitszettabkommen wenigstens grundsätzlich an nehmen würden, wäre das Kabinett bereit gewesen, zur Erleichterung weiterer ins einzelne gehender Berhand lungen die bis zum 1. Mai gezahlte Subvention um l4 Tage zu verlängern. Da die Mehrzahl der Gewerk schaften inzwischen ihre Mitglieder aber zum Generalstreik ausgefordert hätten, und im Betriebe der „Daily Mail" ein grober Eingriff der Gewerkschaften in das verbürgte Recht der Pressefreiheit erfolgt sei, stelle das Verhalten der Ge werkschaften einen Verstoß gegen die verfassungsmäßi gen Rechte und Freiheiten der Nation dar. Bevor die Regierung tcchnisch-wirtschaf.ltche Verhandlungen erneut in Erwägung ziehen könne, müsse die Regierung! von den Gewerkschaften eine Zurücknahme des Generalstreikbe- schlusses und der Eingriffe in die Pressefreiheit fordern. Diese energische Erklärung der Regierung führte alsdann heute nacht zum Scheitern der Verhandlungen mit dem Generalrat des Gewerkschaftskongresses. Vte Antwort Ser Gewerkstbaften. Nach dem Scheitern der Verhandlungen erstatteten die Mitglieder des Verhandlungskomttees des Gewerk schaftskongresses dem Generalrat des Gewerkschafts kongresses Bericht über die Verhandlungen. Als Ant wort auf den amtlichen Bericht der Regierung über die Gründe, die zum Scheitern der Verhandlungen führten, wurde alsdann vom Generalrat des Gewerkschaftskon gresses ein Brief an den Premierminister abgesandt, in dem das Bedauern darüber ausgesprochen wird, daß die Besprechungen, die den Weg zu neuen Verhandlun gen hätten anbahnen können, von der Regierung so plötzlich abgebrochen worden seien. Der Generalrat wendet sich in dem Briefe gegen die, von der Regierung angegebenen Gründe, die zum Schei tern der Verhandlung mit dem Gewerkschaftskongreß ge führt haben. Es sei nichts Ungewöhnliches darin zu sehen, daß Arbeiter als Lohnempfänger die Arbeit nie- derlegen, und es geschehe in diesem Falle, um den Ar-> beitern das Recht zu sichern, daß die Verhandlungen ge führt werden sollen in einer Atmosphäre, die von Aus sperrungen oder Streiks frei sei. Der Generalrat habe keine Kenntnis davon, daß Eingriffe in die Pressefrei heit sich zugetragen hätten. Er habe Entscheidungen getroffen durch die solche unabhängigen und nicht auto risierten Handlungen verboten werden. Der Generalrat habe Maßnahmen getroffen, um jegliche Disziplinlosig- kett zu verbieten. Ter Generalrat bedauert, daß ihm keine Gelegenheit geboten worden sei, die Zwischenfälle zu prüfen, ehe sie von der Regierung zum Anlaß ge nommen worden seien, die Verhandlungen abzubrechen die Notstandsmaßnahmen. London, 4. Mat. Die Beurlaubungen in der Armee sind eingestellt. Alle Truppen erhielten die Weisung, sich jederzeit beweitzuhalten. Die Eisenbahn neu wurden für die Dauer des Streites unter Kontrolle gestellt. Der Haftbefehl gegen das kommunistische Mit glied des Unterhauses Saklatvaka ist erlassen worden, weil er am Sonntag im Hhde-Park eine aufrührerische Rede gehalten haben soll. Keine Kohle nach EnglanS. A msterdam, 3. Mai. Tier geschäftsführende Vor stand des internationalen Transportarbeiterverbandes hat heute die Transportarbeiterverbände der wichtig^ sten europäischen Länder telegraphisch angewiesen, jede SteinkohlauSsuhr nach England sowie jede Anmuste rung für englische Schiffe zu verhindern. Haftbefehl gegen einen englischen kommunistischen Abgeordneten. London, 3 Mai. Gegen das kommunistische Unterhaus- m tglied Saklatvala ist ein Haftbefehl erlassen worden. Eine Erklärung Ser -rutschen Bergarbeiter zum englischen Bergarbeiterkonstikt. Bochum, 3. Mai. Der Vorstand des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands erläßt an seine Mitglieder eine Erklärung bezüglich der Stellungnahme zum eng lischen Kohlenarbeiterstreik, in der es u. u. heißt: Ge treu dem Brüsseler Beschluß wird der Bergarbetterver- band alles tun, was in seinen Kräften steht, um zu nächst die Zufuhr von Kohle nach England zu ver hindern. Er hat sich zu diesem Zwecke mit dem Allge meinen Deutschen Gewerkschaftsbund und mit den andern für diese Frage in Betracht kommenden Verbänden in Verbindung gesetzt und wivd mit diesen die zu treffen den Maßnahmen beraten. Inzwischen aber müssen die deutschen Kameraden auch das Ihrige tun, um den eng lischen Kameraden zu helfen, insbesondere da dies auch in ihrem eigenen Interesse liegt. Im Interesse der deut schen Bergarbeiter liegt die Beseitigung der Ueberschich- ten, die heute noch im großen Umfange gemacht werden, trotzdem wir in den letzten Monaten 2/4 Millionen und nuchr Feierschichten und Haldenbestände von 7—8 Mil- Nonen Tonnen allein im Ruhrgebiet hatten. Kame raden! Wehrt euch gegen jeden Versuch, euch Neber- schichten gufzuzwtngen, vergrößert nicht die Arbeits losigkeit und die Feierschichten im eigenen Lande und zugleich die Schwierigkeiten der englischen Kameraden. Beschlüsse seitens des Vorstandes sind noch nicht gefaßt worden. Botschafter von Hösch kn Berlin. Berlin, 4. Mat. Der deutsche Botschafter in Parts von Hoesch ist gestern abend in Berlin Kngetrof- fen, ivo er voraussichtlich ein Paar Tage verweilen wird, um Mit dem Reichskanzler und dem RetchSaußenmintster die Fragen zu besprechen, die der Beratungsgegenstand der am 10. Mat in Genf zusammentretenden Studien kommission sind. Generalstreik in England Die Berhandlungen gescheitert. Deutschlands Außenhandel. Nunmehr liegen die Außenhandels-'ffern für das erste Vierteljahr 192S vor. Trotzdem eine le chte Besserung im März festzustellen ist, ble bt der Fehlbetrag mit.328 Millionen Mark außerordentl ch hoch. Insgesamt find in den ersten drei Monaten 1925 für rund 1,4 Milliarden Mark mehr ein- geführt als ausgesührt worden. Da'S bessere Ergehn s für März wurde durch den Rückgang der Einfuhr von Lebens mitteln und Rohstoffen erzelt, während sich die Einfuhr von Fertigwaren auf gleicher Höhe Helt. Auf der' anderen Seite ist es gelungen, die Ausfuhr von Rohstoffen und Fer- t gwaren zu steigern, wobei hauptsächlich Etsenwaren und chemische Erzeugnisse beteiligt sind. Das Problem, den Ein fuhrüberschuß aus der Zahlungsb lanz zu decken, besteht also in unverm nderter Schärfe fort. Es ist nickt damit zu rech nen, die Ausfuhr soweit ste'gern zu können, daß fick damit die notwendigen Rohstoffe und Nahrungsm ttel bezahlen, laßen. Eine günstige Ernte kann hierauf von Ensluß sein! aber der Zwang zur Einfuhr von Gctre de, Fleisch usw. wird unver« m'ndert fortbestehen. Im Ausland, vor allem in England und in den Bereinigten Staaten werden die Probleme deS deutschen Außenhandles schärfer beobachtet als 'n Deutschland. Dabei ist d e Neigung unverkennbar, die „unsichtbare" Ein fuhr und Ausfuhr Deutschlands viel günst'ger zu beurteilen, als eS sich durch die tatsächlichen Verhältn'sse rechtfertigen läßt. So wird in engl sehen und nordamerikantschen N nanz- blättern der Wert der deutschen Kapitalanlagen im Ausland auf 8 M'lliarden Mark geschätzt, was sicher zu hoch gegriffen ist. Selbst wenn eS so wäre, so würde der Ertrag au» ihnen nicht auSreichen, um auch nur die viel höheren Zinsen der Dawesanle'he und der privaten Kredite zu decken.. Die Ein nahmen aus der deutschen tzandelsschiffahrt können für 1925 nicht viel höher als mit 2b0 Millionen Mark eingesetzt wer den, gegen etwa 600 Mill onen Mark vor dem Kriege. . Eng lands Zahlungsb lanz ist unverhältnismäßig günstiger, denn es hat aus ihr rund 8 M'lliarden Mark zu erwarten, wobei Zahlungen für den Zinsendienst von Auslandsschulden und Krediten nicht in Frage kommen. Die Jahresraten an d e Vereinigten Staaten werden ja auS dem Ertrag der deutschen Ausfuhrabgabe gedeckt, während der Rest aus den noch aller dings recht problemat'schen französischen Zahlungen gedeckt werden' soll. Deutschland muß nach Lage der.Dinge allein d>e Mittel und die Wege suchen, um den Fehlbetrag im Außenhandel abzugle'chen. Eine große Auswahl steht dafür nicht zur Verfügung, am allerwenigsten solche, die schnell und umfassend wirksam sind. In erster Lin e handelt es sich um die Steigerung der Ausfuhr von Halbzeug und Fertigwaren was wieder davon abhängt, daß wir h „sichtlich Qualität und Preis dem schärfsten Wettbewerb standzuhalten vermögen. Auch h'er spielt die Regelung der Autzenhandelsverträge eine entsche'dende Rolle. Mit der einfachen Formel, den Inlandsmarkt durch hohe Schutzzölle zu sichern, werden wir um so weniger weit kommen, als d es Mittel auch gegen uns angewandt werden kann Eine Mögl'chkeit bietet sich ferner, die Kohlenausfuhr zu ste'gern, aber auch nur dann, wenn die Reichsbahn die Gütertarife so we't herabsetzt, daß ein erfolg reicher Wettbewerb auf den Auslandsmärkten mögl ch ist. Die engl sche Kohle ist uns vor allem dadurch überlegen daß sie überallhin zu Schilf verfrachtet werden kann, während die deutsche Kohle b's zu den Seehäfen lange Anmarschwege "ündon muß Vie wirtschaftsverhan-lungen mit Frankreich. Mehr als IN Jahre sind vergangen, seit Deutschland d'e Verhandlungen mit Frankreich über einen Handelsvertrag begann. Damals hoffte man, daß der Vertrag sofort noch W ederhersiellung der deutschen Handelsvertragsfreiheit salso am 11. Januar 1925) werde n Kraft gesetzt werden können. Diese Erwartung hat grimmig enttäuscht. Die Franzosen weigerten sich beharrlich, den Deutschen de Me Begünstigung zuzngestehen. Da aber Frankreich auch anderen Ländern keine Meistbegünstigung e'nräumt, lag h'erin wenigstens keine ab- sichtliche Mißachtung deutscher Forderungen Frankreich kennt nur einen Max'mal- und e nen Minimaltarif und ge- währt anderen Völkern gegen entsprechende Zugeständnisse Zollsätze, die näher an den Minimal- oder an den Maximal- sähen l egen. B s Ende des Jahres 1925 wollten uns die Franzosen nicht einmal bei Inkrafttreten des abzuschlteßen- den Handelsvertrags die vereinbarten Vertragszölle zuge- stehen, sondern wünschten, daß während e uer Uebergangszeit von 14 Monaten die Annäherung an die Vertragszollsätze er- ^tae Hierin scheint sich ein Wandel vorzubere ten. De französischen Unterhändler sind bereit, wenigstens sttr d'e Erzeugn sie der deutschen Maschinenindustrie sofort bet In- krafttrcten des Handelsvertrages d e VertragSsähe zu gewäh ren Augenscheinlich beginnt man in Frankreich einzusehen, daß Stet gke t und Sicherheit in den Außenhandelsbeztehungen eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaft! che Wohlfahrt eines Lande- sind. Am 24 Apr'l sind d'e deutsch-französtschen Wirtschaft«- ^'Handlungen für kurze Zeit unterbrochen worden. Der Gund ist diesmal nicht darin zu suchen, daß man bei den Verhandlungen auf e nen toten Punkt angelangt wäre. VA- mehr war der Führer der deutschen Abordnung Mtnisterial- Zusammenstoß zwischen Kommunisten un- Nationalsozialisten. Berlin. S. Mai. In dem Dorf Legebruch bot Belten im Norden Berlins kam es gestern mittag zwi schen Kommunisten und einer Abteilung Berliner Na tionalsozialisten, die dorthin einen Ausflug unternom men hatte, zu einer Schlägerei. Me Gegner gingen mit Stücken und Gummiknüppeln aufeinander los und eS wurden auch mehrere Schüsse abgegeben. Zehn Per. sonen wurden verletzt, davon zwei so schwer, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Herbeige rufene Polizei machte schließlich' der Schlägerei ein Ende war der Führer oer oeunawn und verhaftete sowohl Kommunisten als auch National-' Erektor Posse als Vertreter des zur vorbereitenden inter- soztalisten. Die meisten der Festgenommenen wurden „at onalen W rtschaft-konferenz nach Genf entsandten.Staats- nach Feststellung ihrer Personalien wieder fretgelassen. j sckretärs Trendelenburg in Berlin notwendig. Der sran-o- Mehrere Pistolen, sowie Hieb- und Stichwaffen wurden si'che Unterhändler GerruyS war mit der Vertretung letnes beschlagnahmt. i . t^nde« in Genf betraut worden. D.« verhandlung-pauss soll Mer Tageblatt Unreiner üa« WWMZ °«M> kelesrammer Tageblatt No,,r,g,btrge. Enthalten- -le amtlichen Bekanntmachungen -es Bote« -er Gta-1 an- -r» ftmtegerlcht« sioe. pasifcheck-R-ut» n«t Leipzig Nr. ,e»e