Volltext Seite (XML)
Weihnacht-Anzeiger. Beilage zum Buer Tageblatt und Anzeiger für da» Erzgebirge. Sonntag, den LO Dezember 1SL5. AMe Wei IdMmMUi ^llr vamsn klur elxone Lrreu^nisst! I Keicitkaitijxs ^urvakl l Xlnelvrreklrmv io olleo LröLen uni! I^eislogeo. 8ergp«Im«n, e»L«dirtI»«k« tpial- —«een, 8»uk»,ten, ^uk«t«b»e1Iße!, Teckckx Küren, puppen, Ville uen , 0eeell«ek»kt»»pIvle, A«e»en, ?l»cl>- u. ttüngeieuektee Ln^el, Seeg- unck Keuekmüanee Lin beronäer» reirenä. Artikel «inä meine Kleinen pzernmlelen. Lintt Oeorjil, ^us «»e»ti>e»»»«e»v» H. I'eenepeeekee »SV beste veriisssqueile tür lUnrNee unck lleusierer. «kmpstdl« miid zur Beeflltzrnn» sü»t«ch«r «ItWIikk- II. Mmlstllttkllkllk«. Gleichzeitig dring« ich mein nlchhaitige« Laaer in kamplette» Ne», > Vlnrlchtnne»«, ««sch. teeken, W»»«W«ife».«pP«r«t«n ns». in rnnnnung. ' Paul «unzmann, kelefea S79 An, Wassrrstr lv 6^i'5ti3n Voigt 6ue vm ttsrkt Zperislgescstöst kür ^skkee - lee - Kolonialwaren Rotwein - ^/eindran6 - kum lrikSre - Züclwelne ladak - Zigarren E Llotoclie IliMslino von VIIi. nn I 7op;cIiii'M,l2leiItg „IVe-D»i.rui Nermann Jacobi, u e r. L., 8ekneeber8e^ 8tf. 9. kin guter kuck - 7.7'?!" Uiieiiligiillluiig Herbert boiriger ^ue i. Le-geb. Wett!ner»tr,Se IS. Orolles i-exer bester Oe«kenlklite»tur, KI»«I>ker,' Iiixenclscbrikteii, biläerbücker, Spiele, bücner Ner krau, ?spa-rv»ren, moct giiekpspiere in Oesebenkpecieunx., postirsrteiisIben.Sclueibiu^p^en, Usrmor-Lcbreibreux«. veiicktlgunz okne Kaukrven^ »een »eetettetk »«»»» »»»» RsASNscstlrms Zwei kveihnnctztefcste. Erzählung von Starte Stehl. (Schluß.) Und dann kroch die ftnstere Versuchung an ihn heran, dem geliebten Weib sein Leben zu opfern, sein Wort zu brechen, ihr Alle« zu sagen und al« ein Ehrloser aus dem Leben zu scheiden, sich zu erschießen. Doch das war das Letzte, das zu ihrer Rettung geschehen konnte, wenn alle ante- ren Wege versagten. Erst am späten Nachmittag kehrte seine Schwester aus der Stadt zurück. Sie hatte einen schweren Kampf mit der Toch ter gekämpft, doch sie war eine resolute Frau und Heide an Unterortnung gewöhnt. Sie stellte ihr die Alternative, ent weder sofort mit ihr nach Petzin zu kommen ober Doktor Schricke einen Brief zu schreiben, daß sie ihn vor dem Examen nicht mehr sehen könne, weil sie erst die Einwilligung ihrer Mutte« haben müsse, ehe sie al» Verlobte weiter mit ihn ver kehre. Ihr« Mutter habe diese Bedingung gestellt und sie müsse sich fügen, denn in dieser Doch« letzter angestrengter Arbeit vor ihrem Ziel», das sie um seden Preis erreichen wollte, sei jede Ablenkung für sie ein Uebersteigrn ihrer Kräfte. Diesen Brief diktierte ihr die Mutter selbst in die Feder und nahm ihn gleich mit zur Post. «Sie hat mir ihr Dort gegeben und ich kann mich auf Heide verlassen," erzählte Frau Lotte dem Bruder „Neben- dieS ist sie setzt für die letzten Arbeitswochen mit einer Freun din zusammengezogen, mit der sie alles teilt, das ist ein guter Schutz. Ich habe ihr gesagt, daß wir schwere Bedenken gegen die Verbindung mit Doktor Schricke haben, doch wenn fie auf dem Examen besteh«, könne sich da« Alles erst nachher klären unk zur Aussprache kommen. Damit gab fie fich zu frieden. * « a In diesen Tagen erhielt Balduin Schricke die amtliche Bestätigung seiner Anstellung als Leiter der städtischen bakte riologischen Instituts und damit hatte er eine glänzende Kar riere gemacht, denn obgleich einige Jahre älter als Johann Heinrich, war er doch noch jung für diesen Posten, den er praktisch schon seit dem plötzlich erfolgten Tode eines Chefs inne hatte. Einige hervorragende Arbeiten und die Tatsache, daß er eigentlich längst den Verstorbenen überflügelt und der Herrschende in der Anstalt gewesen, hatten ihm die Wahl einstimmig gesichert. Tin Ausdruck des Triumphes ging über seine scharf auS- gearbetteten Züge, als er das Siegel des amtlichen Dokuments erbrach und dieser Triumph hatte etwas unheimlich Dämo nische». " > Sein nächstes Fiel war erreicht, aber damit würde er fich nicht begnügen, seine ehrgeizigen Pläne gingen «och höher. Fugleich mit dem DmtSschreibe« war Heid's Lri-ck ge kommen, dem er erst «ach einer Seile Beachtung schenkte. Bei seiner Lektüre zuckte es spöttisch um leine Mundwinkel. Also, Vorschriften wollte man ihm von der Seite machen? Die Frau Mutter hielt ihre Einwilligung wie e» schien für sehr wichtig und die Kleine fühlte sich noch ganz: vom Him mel hoch, da komm ich her. Na, das würde bald anders wer ben, aber entgehen lassen würde er sich dieses süße Heiden röslein auf keinen Fall und ebenso wenig daS Vergnügen, sie ihrem so sehr verehrt« Onkel, diesem naiv schlauen Heuchler abspenstig zu machen. Wirklich ein, kapitale Gelegenheit ihm den Streich hetmzuzahlen, dem er ihn gespielt. Für Heide folgten fetzt schwer« Arbeitswochen, doppelt schwer, weil fie ein belastende» Gemüt hatte. Die Mutter -hatte fie nicht darüber im Unklaren gelassen, was fie Onkel Heiner und ebenso ihr angetan, wie lebenzerstörend ihr Ent schluß, Doktor Schricke zu heiraten, in Petzing gewirkt. Sie sagte ihr zum ersten Male frei und unumwunden alles über Heiners große, treue Liebe, wie er die Hochzeit zu Weihnach ten herbeigesehnt und baß sie keine Ahnung zu haben scheine, was fie mit diesem Manne verscherze Natürlich wurde ihre Opposition damit erregt, aber nachträglich kam der Jammer. Sie fühlte plötzlich, daß auch fie mit Onkel Heiner tief ver wachsen war und der Gedanke, ihn so unglücklich zu machen, war unerträglich. nUd die Konsequenzen. Schaudernd wurde ihr klar, daß fie ihn und mit ihm die Heimat, das alte, ge liebte Petzin, verlieren mußte. — Die einzige Rettung für fie war setzt die Arbeit, Arbeit bis zur Besinnungslosigkeit. So vergingen die Wochen und der Examenstag kam heran. Es war Winter geworden, die letzten Seminarprü fungen hatten fich in diesem Jahre bis kurz vor den Wcih- nachtsferien hingczogen. Schon lag Weihnachtsstimmung über Stadt und Land, der unbeschreibliche einzige Märchentraum, der einer ringenden Menschheit aus verlorenen Paradiesen noch gehlieben, fing an, seinen Hauber auszuüben und sein Licht scheinen zu lassen. In Petzin rüstete man bereits zum Fest, das ganz im Gegensatz zu früher, unter Johann Heinrichs Herrschaft, stets als ein hohes Fest der Liebe zur Beglückung aller im hoch herzigsten Maßstab gefeiert wurde. Und wie herrlich waren in diesem Jahre seine Pläne gewesen, seine Hochzeit mit diesem schönsten, heiligen Fest der Liebe zu verbinden. In der tiefen Depression einer qualvollen Enttäuschung wuchs von Tag zu Tag seine Furcht vor diesen Festtagen bis zu dem Entschluß zur Flucht, unter dem Vorwand einer großen Reise nach dem Süden. Doch er mußte das Examen und Heides Rückkehr abwarten, um persönlich seinen ganzen Einfluß geltend zu machen, die unselige Verbindung zu verhindern ! Es bedeutete «in großes und wahrscheinlich vergebliches Opfer doch es mußte gebracht werden, um nichts unversucht zu lassen zu ihrer Rettung. Vielleicht mußte er dann auch das Letzte tun, fich selbst opfern — dann war keine Re se und leine Flucht nötig. Am Eixamenstag schickte er seinen Wagen in die Stadt, um Heide gleich nach Schluß abzuholen Die Mutter fuhr! mit, um beim Einpacken zu helfen. Am Abend saß er allein in seinem Zimmer vor dem Ofenfeuer und wartete auf das An rollen des Fuhrwerks. Wie anders hatte er sich einst dieses Kommen ausgemalt. Persönlich hätte er sie geholt und einen seligen Einzug mit ihr gehalten. Vorbei der schöne Traum und sein Leben vernichtet, vielleicht morgen schon verloren War daS die Vergeltung für den sündigen Wunsch, den er einst gehabt gegen daS Leben eines Anderen? Heide kam gegen Abend in der Stabt als Siegerin aus ihrem Examen. Sie hatte es glücklich bestanden, doch es war keine Freude in ihr. Als die Mutter am frühen Morgen ein traf mit einer langen Liste für Weihnachtsbesorgungen, die unter Johann Heinrichs Herrschaft schon wochenlang vor dem Fest anfangen mußten, um die große Bescherung und die weitgehenden Beschenkungen fertig zu stellen erklärte sie ibr fie könne und wolle nicht mit nach Petzin, sie könne Onkel Deiner nicht traurig sehen. Die Mutter solle sie wo anders hknoringen, bi» fi« ein« Stelle «IS Lehrerin habe. Auf d'e Krage, wie die Sache mit Schricke steh« und was ihre Absichten seien, erwiderte sie, überhaupt nicht heiraten zu wollen. Schricke habe ihr die Wahl gestellt zwischen On- kel Heiner und ihm, in einer Weise, daß sie gemerkt, sie müsse mit der ganzen Vergangenheit brechen und Heiner verlieren, dazu die alte Heimal, wenn sie ihm gehören wolle, das könne sie nicht. Sein herrische» Austreten und diese» unerhörte Verlangen hätten fi« abgeschreckt. Sie hätte Heiner diel zu lieb, darüber sei fie fich erst setzt klar geworden und Schrick« ««falle ihr nicht mehr sv gut wie im Anfang. Es sei etwa- an ihm, da» fie bezweifeln lasse, ob er im Grunde der Seele wirklich ein guter Mensch wäre, er sei oft so scharf und spöttisch. Die Mutter atmete auf bei diesem Bekenntnis Sie redete ihr gut zu, heute mit nach Hause zu kommen, sie wolle gleich Schritte tun, fie vorläufig in ein Sanatorium in der Nähe zu bringen, wo fie fich erst mal von dem Examen erholen müsse, denn fie sähe sehr angegriffen aus. Alles weitere solle fich dann finden. Heide, die ein tiefes Ruhebe- bürfnis hatte, willigte ein. Als Heide nach Schluß der Prüfung mit ihren Kollegin nen di« Straße betrat, wurden diese von Angehörigen und Bekannten begrüßt und in Empfang genommen. ES gab ihr einen Stich in» Herz, weil fie so oft mit Heiner von diesem Tag und dieser Stunde gesprochen halte. Er wollte fie an der Tür erwarten und neckte fie stets damitz, wie er fich darauf freue, fie al» Durchgefallene auSzulachen. Sie wollte schnell in ihr« Wohnung eilen, doch eine Kollegin lief ihr nach und erzählte aufgeregt: „Hast du schon gehört? Denk nur, wie gräßlich! mein Bruder sagt, fi« haben Doktor Schrick« verhaftet, «egen tzu» WftMHktzW UN flitzWN NLrüÜLüM. Dn» Mtze lassens Assistentin soll ihn angezeigt haben, er halt« «in Ber- hältnis mit ihr, es soll Rache von ihrer Seite sein." . Entsetzt und zitternd stürzte Heide nach ihrer Wohnung zur Muttev. Halb ohnmächtig fiel fie ihr in die Arme, di« nur alles bestätigen konnte, denn fie hatte da» Schrecklich«, mit allen Details, bereits im Laufe deS Tages in den Läden und auf der Straße gehört. Weinen konnte Heide nicht, da» Grauen schüttelte fie und während der ganzen Fahrt heim wärts lag sie stumm im Arm der Mutter. Johann Heinrich saß noch vor seinem FerMr und lauschte dem klagenden Lied des Windes im Rauchfang de» Kamin», als der Wagen anrollte. Er wollte ihm entgegengehen, doch er brach zusammen. Und dann ging die Tür — totenblaß wie ein Geist, mit unnatürlich geweiteten Augen stand Heide vor ihm, mit einem Ausdruck, der ihm sagte, daß fie Hilfe bet ihm suche, denn er kannte die Sprache ihrer Seels. Da fielen alle Schranken zwischen ihn«n. Er breitet« ihr die Arme entgegen. ! „Heide, komm zu mir!" ' Und sie flog an seine Brust. > „Ich bleibe bei Euch!" flüsterte fie. Sie zitterte wie im Schüttelfrost Er zog fie an daS Feuer und behielt fie im Arm, nahm ihr den Hut ab und streichelte ihren Scheitel. Und sie lehnte stumm an seiner Schulter. Als die Mutter eintrat, sagte er: „Ich trage sie setzt nach oben, fie ist krank, bringe sie gleich ins Bett, ich werde ihr einen hetßen Glüh- '"ein machen." > Und wie er früher so oft getan, nahm er fie in dl« Arme und trug fie die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Nachdem Heide den Wein getrunken und müll« wurde, mußte ihn hie Mutter noch einmal zu ihr rufen, um ihm gute Nacht zu sagen Er hatte inzwischen alle» erfahren, auch ihr Bekenntnis vor dem Examen, ehe fie von der Verhaftung Schrickes gewußt. Jetzt faßte fie seine Hand und fragte: „Hast du mich noch lieb?" Die Antwort fiel ohne viel Worte so au», baß fie ia tiefem Frieden, m't dem Glücksgefühl gerettet und daheim zu em, bald einschlief. * * Wenn je ein Haus in Duft und Klang und Zauber de» Weibnachtsfestes gestanden, so war e» in diesem Jahre da» Petziner GutshauS. Es hatte fich für eine sunge Herrin ge lüstet. i . j! Erst am Morgen des vierundzwanzigsten Dezember war sie gekommen, denn einer alten Sitte nach durften Verlobt« nicht unter einem Dach vor der Hochzeit wohnen. Sie latt« sich in den letzten Wochen in einem Sanatorium vollständig erholt. Ihr Einzug glich einem Triumphzug, durch Ehren pforten, unter Festaeläut, in Anwesenheit des ganzen Dorfe». Unter dem brennenden Christbaum stand der kleine Altar, an dem ins junge Paar getraut wurde und nach des Bräutigam» "nd des gesamten Dorfe» Meinung hatte ni« eine lieblichere Braut unter dem WeibnachtSbaum gestand« al» H«ibs in ibren weiße« Schleiergewänder« mit der Mtzrthttkrv««. An diesem Abend war da» ganze Hans« und Hofperfonal mit den Dorfhonoratorien zu einem solenne« Festmahl st^ laden, im großen Saal deS ErdqeschosseS. ES gab ungeheure Braten, Pudding» und sogar Champagner, dazu viel heitere Trinksprüche und rührselige Reden mit einer zum Ueber« schäumen fröhlichen Stimmung Da» BrmttpMr eröffn^ die Polonnaise und den Tischwalzer mrd d«v NsüimMWo von allen war der Bräutigam. Der folgend« erste Feiertag bracht« «strc Mich am zweiten gad «» «in ganz große» HochzettSmcch! für di« Nachbarschaft und StandeSgenossen, bet welcher Gelegenheit das alte Petziner Haus seinen höchsten Glanz entfaltete. Johann Heinrich hielt eine wunderschöne Rede auf den alte«, toten Onkel, dessen rastloser Arbeit er es verdank«, wenn er sich heute sorglo» freuen könn«. Und fie weiht«« th« «in stilles GlaS. Am nächsten Tage brach daS sunge Ehepaar auf zu einer Hochzeitsreise nach dem Süden. Sie nahmen die frohe Ge wißheit mit, daß der Glanz und das Glück dieses Weihnachts- festes für immer den letzten Schatten au» ihrem geliebte« Heim bannen würde, der aus früheren schweren Zetten und von senem Weihnachten her, da» einen Sarg unter dem Christbaum gesehen, hängen geblieben war. Fortan würben die Weihnachtsglocken für fie und für ihr Hau» und Dorf immer nur im Rhythmus der HochzeitSglocken schwingen. Don Balduin Schricke hörten sie später, daß er au» der Untersuchungshaft entlassen wurde, weil der Beweis seiner Schuld nicht lückenlos festzustellen gewesen. T» kam ihm zu gut. daß die Anzeige ein Racheakt einer betrogenen Geliebten war. Doch eS blieb soviel an ihm hängen, daß er seine Stellung aufgeben mußt«. Er sing nach Amerika und blieb l»«asch»W».