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/luer Tageblatt Mu-»»»--«-»«, «I flr 0n>«t,,o »u» 0», unt Um,«,««» *» «»ItpfionI,,. «u„ ».,«>,,a l» «»Na»,»» «»I»pf,nn>„ «»«Ich« I,<»,ramm»i raa«»iai> ftu..r,o.dirg, Enthalten- Sie amtttchra Srkaoatmachoagea -es Nate« -re Eta-1 an- -r» Amtsgericht« Noe. p-nsttz^k'S-ni. Mm« L»«P,I« Nr. 1»,, MM- /lnzeiger für das Erzgebirge Sonntag» äen 6. Dezember t92S Nr. 2S3 20. Jahrgang Die Türkei rüstet für einen Moffulkrieg. London. 4. Dezember. Der Korrespondent der West minster Gazette in Angora weift darauf hm, daß die Türken aegenwärtig trotz der koft pieligen Unterdrückungdes kurdischen Aufstande» große Summen Geldes für Rüstungen ausgeben und erklärt, alle Türken, mit denen er gebrochen habe, seien der Anstcht, das, die Türkei! den Kampf mit den Mafien auf- . nehmen werde, wenn die Entscheidung In der Mossulfrage für! sie unannehmbar 'ei. Westminster Gazette bemerkt dazu, der graste Ernst der Lage sei in Londoner amtlichen Kreisen wohl bekannt und weist auf die drohende Gefalr hin, wenn man e.< dazu kommen lasse, dast die Türkei das strittige Gebiet gewalt sam besetze und England nur die Wal l lasse, en weder eine chwere Demütigung zu erdulden oder die gewaltsame Riiü-! eroberung zu ver uchen Das Blatt rät -,n e'ner Verständi gung mit der Türkei, die keineswegs so unser ähnlich sei wi- manche behaupten. Der BölkerbundSrat, der soeben zu seiner 37. Ta gung zusammengetreten ist, beschäftigt sich wiederum mit allen aktuellen Fragen der internationalen Politik. Nicht ohne Bangen aber wird der Behandlung des Punk tes der Tagesordnung entgegengesehen, welcher sich mit dec Grenzfestsetzunq zwischen der Türkei und Irak be schäftigt. worunter man kurz den Streit um Mossul versteht. Ter Völkerbund hat sich schon auf der Sep- tcmbertagung mit dieser Angelegenheit befaßt und bat dann zur Klärung des juristischen Sachverhaltes den Haager Internationalen Gerichtshof angerufen. Wer aber damals unvoreingenommen den englischen Stand- Punkt- in dieser Frage mit jenem der Anaoraregierung verglichen hat, dem konnte es nicht entgehen, daß die Mossulfrage dem Völkerbund noch schwere Sorgen be reiten werde, unbeschadet der Entscheidung des .Haager Gerichtshofes, dem drei Fragen zur Begutachtung vor gelegt worden waren. 1. Welche Art von Entscheidung hat der Rat kraft Artikel 3 8 2 des Vertrages von Lausanne zu treffen? (Schiedsspruch, Empfehlung oder Vermittlung.) 2. Muß die Entscheidung einstimmig sein oder kann sie mit Stimmenmehrheit erfolgen? 3. Dürfen die Vertreter der dabei interessierten Parteien an der Abstimmung teilnehmen? England hat sich schon im September mit dieser Fragenstellung einverstanden erklärt, während der tür kische Vertreter keinen Zweifel ließ, daß seine Regie rung sich dazu absolut ablehnend Verhalten werde. Die Türkei wollte von Anfang an höchstens eine »ermit telnde Rolle des Völkerbundes anerkennen, und ihr De legierter erklärte ganz ossen, daß eine der Türkei un günstige Entscheidung nicht akzeptiert werden würde. Zur Verhandlung im Haag hat die Türkei keinen Ver treter entsendet, um dadurch zu dokumentieren, daß sie an ihrem ablehnenden Standpunkte gegenüber einer autoritativen Intervention des Völkerbundes festhalte. Anläßlich der Eröffnung der letzten Session in der tür kischen Nationalversammlung in Angora hat der türki sche Staatspräsident Kemal Ghazi dann die Entschlos senheit der türkischen Republik zum Ausdruck gebracht, in der Mossulfrage unter keinen Umständen nachzuge- ben. Die über jeden Zweifel erhabene Andeutung des bestehenden Freundschaftsverhältnisses in der Mossul- frage zu Sowjetrußland, bestätigen vollends die An sicht, daß die Mossulfrage gegenwärtig den gefährlich sten Punkt in der Weltpolitik einnehme. Demgegenüber hat sich der Gerichtshof im Haag von der türkischen Regierung keineswegs einschüchtern lassen. Tos Gutachten, das er dieser Tage erstattet hat. entspricht im großen und ganzen dem englischen Stand punkt. Dem Gutachten zufolge kommt der Entscheidung des Völkerbundes der Charakter eines Schiedsspruches zu, die Entscheidung muß einstimmig getroffen tverden, endlich kommen die Stimmen der beiden interessierten Parteien nicht in Betracht. Nachdem sich die Angelegenheit bis zu diesem Punkt entwickelt hat. dürfte der Völkerbund kaum mehr in der Lage sein, dieselbe noch weiter dilatorisch zu b!e- handeln. Außerdem kann fast mit Sicherheit ange nommen werden, daß nicht der türkische Standpunkt, sondernder englische durchdringen dürfte. Ter günstigste Fall für die Türkei wäre, daß kein einstimmiger ?ie- schluh zustandekäme. Dann würde der Völkerbund als einfacher Vermittler wetterwirken. Die Entscheidung in der Mossulfrage aber liegt jetzt eigentlich bei Frank- reich. Nur von ihm hängt der einstimmige Beschluß ad, von niemand anderem. Das englisch-französische Ortentabkommen wird dabet seine Feuerprobe bestehen müssen. Bleibt dann noch immer die Frage ossen, ob der Völkerbund schließlich die Türkei zwingen kann, sich ihrem Schiedsspruch zu unterwerfen. Jedenfalls muß vorläufig noch mit dem äußersten Widerstand der An- gorarefterung gerechnet werden, der eventuell zu den letzten Konsequenzen einer gewaltsamen Weigerung füh ren kann. Tann fällt die entscheidende Rolle den Beziehun gen zwischen Angora und Moskau zu. Tos Abrücken Rußlands vom Völkerbund und von den europäischen Westmächten ist offenkundig. Durch die Behauptung der Ertstenz eines antirussischen Kurses in Europa will Moskau vielleicht im vornherein die Schaffung einer ! panastatischen Koalition rechtfertigen. Zwischen Mos kau und Kemal Ghazi bestehen auch militärische Ver einbarungen, und die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Sowjets die Türkei in einen Krieg mit England hineinhetzen. Wenn auch vorderhand den russischen Truppenbewegungen im Kaukasus, Turkestan und Fergana vielleicht nur ein demonstrativer.Charak ter zukommi, so richtet sich dieser doch ganz offenbar England und sein Kolonialshstem. Im Schoße des Völkerbundes ist man «ich des Ernstes der Lage und der großen Verantwortung voll auf bewußt Verschiebt er noch einmal dis Entschei dung, so verlängert er die Unruhe in Vorderasien, trifft er aber eine Entscheidung zuungunsten der Türkei, dann leuchten ihm schon heute die Flammenzetchen einer mög. lichen kriegerischen Entwicklung entgegen, die zu ver hindern zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört. Vas -rutsche vermögen in Amerika freigegeben! Newhork, 4. Tez. Einer Meldung des „Newhork World" aus Washington zufolge scheint es endlich zu einer Lösung der Frage des während des Krieges be schlagnahmten deutschen PrivatvermögenS zu kommen. Tic Schwierigkeit bestand bisher darin, haß die während des Krieges durch deutsche Krtegsmaßnahmen geschä digten Amerikaner sich einer Rückgabe, des deutschen Ver mögens widersetzten, solange nicht ihre Ansprüche be friedigt worden seien. Nach dem Plan, den die „Newhork World" be- kanntgtbt, soll diese» Haupthindernis dadurch aus dem Wege geräumt werden, daß die amerikanisch« Regierung zur Befriedigung ihrer Staatsangehörigen, di«. Ansprü che an den deutschen Staat haben, ein« Anleihe von 250 Millionen Dollar auflegt, deren Zinsen und Amor tisation aus den ben 'Bereinigten Staaten zuflteßenden Erträgnissen des Tawes-Plane« sichergrstellt werden sol len. Aus den Erträgnissen de« Anlkihe-Zßtchnung und au» den bisher ausgelaufenen Zinsen de» beschlagnahm ten deutschen Vermögen», etwa 30 Millionen Dollar, sollen die amerikanischen Gläubig;« Deutschlands sofort befriedigt werden. Der Verzicht auf di« bisher aufgelaufenen Zinsen de» deutschen Vermögen» in Amerika bedeutet allerdings ein Opfer, doch heißt e», da- di« Anwälte der deutschen Eigentümer sich mit dieser Regelung einverstanden er klärt haben. Ohne Entgegenkommen deutscherseits wäre «ine befriedigende Regelung in absehbarer Zett sowie so kaum »u erreichen gewesen. Das Etnwanderungsverbot gegen Deutsche und Oesterreicher nach Australien ist ausgehoben worden. Als Termin der Aushebung gilt der 4. Dezember,. Für Neu- Guinea wird das Verbot weiter ausrechterhalten. heute Rücktritt -er Neichsregierung. Berlin, 6. Dez. TaS Rücktrtttsgesuch des NeichS- kabineUS, das heute beschlossen werden wird, wird laut „Täglicher Rundschau" dem Reichspräsidenten im Laufe des Nachmittags überreicht werden. Es sei nicht damit zu rechnen, daß der Reichspräsident sofort nach der An nahme der RücktrittSerklltrung Auftrag zur Reubildung der Regierung erteilen werd«, voraussichtlich »verde er erst in der nächsten Woche die Berufung zur Neu bildung de» Kabinett» ergehen lassen und zwar werde er sich, wie von dem Blatt jesft al» bestimmt angenommen wird, an den bisherigen Reichskanzler Dir. Luther wen den. Al» einzig mögliche und deshalb auch fvohl al« «wahrscheinliche Lösung hält da» Blatt die Koalition der bürgerlichen Parteien mit Ausnahme der Deutsch, nationalen, die sich durch ihre Richtanerkennung der Verträge von Locarno von der Regierung-totlnahme selbst ausgeschlossen hätten. , Berlin, S D«z- (Amtlich.) Di« Reicheriqirnmg b«- schloß heut« riosiimmig, dem Herrn Reichspräftdenten bt< Demission zu überreichen- Der Reichekanzier wird hept« vor-! mittag vom Neichcprästdrnten empfangen werdrn. Nach tter Unterzeichnung Von Dr. Külk M. d. R. Durch dte in London erfolgte Unterschrift unter das Vertragswerk von Locarno ist für Deutschland eine Lage geschaffen worden, dte sich in einem einzigen Satze erschöpfend kennzeichnen läßt: außenpolitisch ein be scheidener Erfolg, innerpolitisch ein Scherbenhaufen. Dte Erkenntnis dieser Lage gibt die politischen Aufgaben der nächsten Zeit an die Hand: Erweiterung des außen politischen Erfolges, Wegräumen der Scherben vom Felde der Innenpolitik. Tie positiven vealpolitischen Erfolge in Locarno hätten qllein nicht genügt, um die Zustimmung zu die sem VertragSwerk zu rechtfertigen. Dazu mußte schon noch ein erhebliches Matz optimistischen Vertrauens in die weitere Entwicklung der Dinge kommen. Die frühere Vergangenheit berechtigte zu einem solchen Vertrauen nicht, wohl aber der Wandel der ganzen Politischen Ge sinnung, der aus den ganzen nunmehr vollzogenen Ver einbarungen zu uns spricht. Aber auch hier qkltS jetzt: Der Worte sind genug gewechselt, nun latzt un» end lich Taten sehen! , Die erste Tat, die wir erwarten dürfen, ist die so fortige beschleunigte und volle Räumung des Kölner Gebietes. War die Besetzung der Kölner Zone schon von Anfang an eine flagrante Völkerrechtswidrigkeit, so wird sie nach Vollziehung des Vertrages von Locarno zum Politischen Unsinn. Auch die Aufrechterhaltung der übrigen Besetzung deutschen Gebietes ist nach dem „Sicherheitspakt" gegenstandslos geworden. Wenn zwei Staaten durch zweiseitigen, freiwillig etngegangenen Vertrag.unter Gewährleistung! dritter Mächte sich ihre Grenzen garantieren, so wird der jenseits dieser Grenze aufrcchterhaltenen Besetzung fremder Gebietsteile jede Grundlage nach der rechtlichen und politischen Seit« ent zogen. Entweder vertragsmäßiger Schutz oder gewalt samer Schutz; eine Kombination beider Systeme gibt e» nicht. Wenn hier sichtbare Erfolge mit der Verringe rung der Besatzungstruppen und in Verkürzung der RäumungSfrtsten nicht von heute zu morgen in die Er scheinung treten, so muß man zur Erklärung! hierfür be rücksichtigen, daß eS in Frankreich zum Teil noch schwie riger ist als bei uns, einen beachtlichen Teil des Volke» von der bisherigen Politischen Einstellung! abzubrtngen, der nicht das Recht, sondern die Gewalt als die ein zige Norm im Gemeinschaftsleben der Völker betrachtet. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Deutschland seinen Ein tritt in den Völkerbund anmelden wird, ist für die deut sche Regierung, hinreichend Gelegenheit gegeben, sich übe« dir positiven Aussichten auf ErfüÜung unserer berech tigten Erwartungen zu vergewissern. Alsbald nach dem Eintritt in den Völkerbund wird dann das weitere außenpolitische Sanierungsprogramm mit Nachdruck zu betreiben sein, an dessen Spitze dte beiden Punkte, stehen müssen: Aufnahme TeutschlandS in die Reihe der Ko- lonialmächte und Befreiung des deutschen Luftverkehrs von den Einengungen und Hemmungen, die ihm bisher eine hysterische Angstpsychose zu unserem und des Welt verkehrs Schaden auferlegt hat. Man steht, daß nach der Vollziehung de» Vertrags dte eigentliche Arbeit unserer Diplomaten und Außen politiker erst beginnt. Geleistet werden kann dies« Ar beit nur von einer Regierung die auch innerlich ganz auf dem Boden von Locarno steht. Wird eine solche Negierung zustande kommen? Vor der Hand stehen wir vor einem Scherbenhaufen, und es läßt sich zur Stunde . noch nicht übersehen, binnen welcher Zett die Aufräu- mungsarbetten gelingen werden. Dian sollte der Deutschen Volk-Partei bei diesen Arbeiten den Vortritt lassen. S» wird vi«l zu wenig er kannt, daß die gegenwärtige RegterungSkrtstS doch «in Scheitern der Politik der Teutschen Volk-Part«! bedeutet. Sie war es. die sich von der großen Koalition abwandte, weil sie eine unbezähmbare Sehnsucht nach recht» ver spürte, weil sie glaubte, di« Dculschnativnak« Härten schon jetzt den Weg au» den Gefilden d«r Opposition in den Bereich der Staat-Verantwortung gesunden. Run. da dte Teutchnativnalen mit Vteuevgrsetz«« und Zoll- tartf wirtschaftspolitisch ihre Ernte in dte Sch«uern ge bracht haben, kehren sie auf dte Partetwetde der Oppo- sition zurück »nd lassen ihren volk-parteilichen .V«r- kündeten allein. Ihr laßt den Armen schuldig werden, dann überlaßt Ihr in der Pein! Ja, die Regierungs bildung wird der Volk-Partei noch manch« Pein b«. reiten, und man sollte sich von Setten der andrren Par. reten n.cht allzu eifrig bemühen, für sie die Kastanie» aus dem Feuer zu holen. In «irrem parlamentarisch reifen Lande würde die Regierungsbildung heim vor liegenden politischen Tatbestände nur wenige Stunden dauern. Die Parteien, di« bei Locarno Drägsr ke» Mehrheit-Willens waren und hinter der Reginmng stan den, sind di« selbstverständlichen Dräger auch dsr nsusn —i.—. ————,