Volltext Seite (XML)
Mer Tageblatt 2V. Mhr^rmy Dienstag, äen 27. Oktober 192S Nr. 25i für ^nz.Ig.» «u» H». u«» »» O»I»,>«»»!««, a»i— -mtltch, z.Il, « «»ltpf.nol,«. Ltkgramm«, rag,blatt ftu«,r,»*bl,-«. Enthattenö -j» amtliche« vrkauotmachuuge« -es Nate» -rk Sta-t an- -Es Amtegerichts Ao». p»lilch«ck.«,at» «Ml L*ip,«s Nr. 1»»« LM-- Anzeiger für Sas Erzgebirge Rücktritt -er deutschnationalen ReichsmiMer. Berkin. 25. Okt. Ter Vorstand der deutschnatto nalen Reichstagsfraktion trat am Sonntag nachmittag fünf Uhr zusammen und beriet Uber die durch den Be schluß des Parteivorstande- und der Landesverbandsvor sitzenden vom Freitag abend geschaffenen Lage. Nach etnstündiger Beratung begann 6.20 Uhr die Sitzung der Fraktion, die von über 60 Mitgliedern be sucht war. Reichstnnenmtnister Schiele nahm an der Sitzung teil. Nachdem Graf Westarp, der Vorsitzende der Fraktion, Bericht erstattet hatte und den Vorschlag des FraktionsvorstandeS vorgelegt hatte, nahm die Frat- Lion schon um Uhr, also nach sehr kurzer Aus sprache, den Vorschlag des FraktionsvorstandeS einstim mig an und beschloß danach : „In Verfolg des Beschlus ses der Reichstagsfraktion voM 21. Oktober und Hes Parteivorstandes und der Landesverband-Vorsitzenden der Teutschnationalen VokkSpartei vom 23. Oktober bil ligt die Fraktion den Entschluß der Herren Minister Schiele, Neuhaus, v. Schlieben, noch heute ihre Ent lassung nachzusuchen. Nachdem der Beschluß gefaßt war, verließ Mini- Her Schiele die Sitzung. Tie Fraktion blieb aber noch weiter zusammen und sprach sich über die Lage aus. Wie die T.-U. erfährt, haben die Minister Schiele, v. Schlieben und Neuhaus entsprechend der in der deutsch nationalen Entschließung enthaltenen Ankündigung am Sonntag abend neun Uhr dem Reichskanzler ihre Rück trittsgesuche überreicht. ' ' . , preflestimmen zur Kabinettskrise. Die „Leipziger Neuesten Nachrichten" schreiben: Im übrigen ist durch das seltsame Verhalten der Teutsch nationalen unsere Stellung gegenüber der vertragsmäßi gen Gegenpartei von Locarno nicht unbedenklich ge schwächt worden. Die Teutschnationalen hatten wahr- lnistig Zeit genug, während der Verhandlungen in Lo- carno ihren Widerspruch mit aller Deutlichkeit geltend zu machen. Sie waren über den Verlauf der Bespre chungen genau unterrichtet. Die Herren Schiele, Neu haus und v Schlieben hätten auch noch unmittelbar nach der Rückkehr der deutschen Abordnung aus Locarno in den Kabinettssitzungen die abweichende Haltung ihrer Partei mit Nachdruck vertreten können. Aber das ist offenbar nicht geschehen. Wenigstens ist der Oeffentlich- keit wiederholt mitgeteilt worden, daß die Grundzüge der Vereinbarungen von Locarno vom ganzen Kabinett einmütig gebilligt worden seien, selbstverständlich mit der Einschränkung, daß die endgültige Entscheidung! Wer den Vertrag von der Erfüllung der „Rückwirkungen" durch die Gegenseite abhängig zu machen sei. Nun haben die drei Minister aber unter dem Truck ihrer Partei ihren ursprünglichen Standpunkt aufgegeben, und Pa- keine «eiteren Gptanten-fluswelfungen. Warschau, 24. Okt. Heute mittag veröffentlichte das Außenministerium die Liste der deutschen Optanten, die laut den Wiener Bestimmungen ausgewiesen werden soll ten und auf deren Ausweisung jetzt verzichtet wird. Es sind im Ganzen 711 Personen, darunter sind 136 im Kreise Menczezkow. 98 in Rawiez, 34 im Kreise Okczes- kow, 12 in Posen, 8 im Kreise Posen und weiter ein zelne Familien in verschiedenen Städten, Dörfern und AutKbesitzungen im Innern Polens. 90 Prozent dieser Anzahl gehört zum landwirtschaftlichen Stand. politische Ausammenftöße in Vortmunö. Dortmund 25. Okt. Am Sonnabend fand in Fre- denbaum eine von der Nationalsozialistischen Arbeiter partei einberufenen Versammlung statt, auf der Adolf Hitler sprechen sollte, dem aber auf Grund einer An weisung de» Innenministerium- da» Auftreten untersagt wurde. Auf der ZugangSstratz«,zuM Versammlungslokal kam «» zwischen Hitleranhängern und dem Publikum mehrfach zu Zusammenstößen, wobei «in Httlermann und ein Kommunist durch Messerstiche verletzt wurden. Di- Polizei säuberte verschiedentlich die Straße, wobei Polt« zeibeamte und auch Hitleranhänger durch Ttetnwürf« verletzt Kurden. Nach der Versammlung wurde von etnSm Lastkraftwagen, auf welchem sich Hitleranhänger auf der Fahrt nach dem Bahnhof befanden, geschossen. Eine Untersuchung führte zur Entdeckung von Armee pistolen, Armeetrommelrevolver, Gummiknüppel, Tot schlägern. Dolchen und Schlagringen. Ein« Anzahl von Leuten, in deren Besitz sich Waffen befunden hatten, wurdet» festgenommen. Unter den verhafteten befindet sich auch der Hitlermann, der seinem Gegner den Mes serstich in den Unterleib beigebracht hatte. mit ist eine Komplizierung auch der außenpolitischem Lage eingetreten, deren Folgen noch nicht abzusehen sind, für die aber allein die Teutschnationalen verantwortlich ge macht werden müssen. Nicht unwesentlich für die Beurteilung der Lage ist schließlich der Umstand, daß nur 60 Mitglieder der deutschnationalen ReichstagSfraktton den Beschluß ge faßt haben, der zu dem Rücktritt der drei Minister ihrer Partei Anlaß gegeben hat. Die gesamte dzutschnatio- nale Reichstagsfraktion zählt aber rund 110 Mitglieder., Es wird noch zu erörtern sein, ob die Abwesenheit von 50 Mann bet diesem wichtigen Beschluß auf besondere Gründe zurückzuführen ist. In der „Vossischen Zeitung" schreibt Georg Bern hard: Tie Vorgänge in der Teutschnationalen Partei sind kennzeichnend für den Mangel an Mut der deutsch nationalen Führer. Sie haben Furcht vor ihren Wäh lern, Furcht vor den Völkischen, Furcht voreinander, und nicht zuletzt Furcht davor, daß das deutsche Volk sie zur Rechenschaft für die durch sie verlorenen Jahre zie hen wird. Seit dem Frieden von Versailles hat die ganze Politik der Deutschnationalen Volk-Partei daraus beruht, im deutschen Volk den Glauben an die nahe Revanche großzuziehen. Keinen anderen Zweck kann die Ermutigung zur Soldatenspielerei, die dauernde Auf hetzung gegen die Alliierten und die Beschimpfung und Bedrohung all derer gehabt haben, die in Deutschland versuchten, durch Verständigung mit den mächtigen Geg nern Ruhe, Frieden und Sicherheit für Deutschland zu schaffen. Immer, wenn die Stimmung in der Welt und die wirtschaftlichen und weltpolitischen Verhältnisse bei den Alliierten diese einer Verständigung geneigt erschei nen ließen, haben die Teutschnationalen dafür gesorgt, daß auf dem Buckel Deutschlands die Einigkeit der Alli ierten wieder hergestellt wurde. Dieser ganze Klüngel von Etappenkriegern hat.die Not der besetzten Gebiete von Jahr zu Jahr vermehrt. Ihm war es recht, daß der Kampf um seine Parteikrippe bis zum Verbluten des letzten Rheinländers geführt wurde. Er hat durch seine Großmäuligkeit zum Leiden des Rheinlandes noch die unsagbare Not der Ruhrbevölkerung gefügt. Um dann endlich einzusehen, daß nur »nit den Methoden der ver lästerten Erfüllungspolitiker die Befreiung Deutschlands VoM fremden Joch möglich ist. Mit dieser gestohlener' Politik haben dann die deutschnationalen Minister ope riert. Aber sie haben nicht den Mut aufgebracht, den Diebstahl einzugestehen. Sie waren zu feige, die Be völkerung über ihre veränderten Wege aufzuklären. Sie haben heimlich Versöhnung getrieben, öffentlich aber genau so Wetter geredet, als ob sich nicht» verändert hätte. Sie haben geglaubt, sie werden „die dummen Massen" schließlich schon irgendwie Herumkriegen. Abweisung Ser Klage um Aufwertung -er alten 1000-Mark-Schelne. Berlin, 24. Okt. Zn den Sachen Jäntsch gegen die Reichsbank und Winter gegen die Reichsbank wegen Auf wertung alter Reichsbanknoten auf 1000 Mark stand heute vor dem Kammergericht Termin zur Verhandlung über die von den Klägern eingelegte Berufung an. Nach ausführlichen Verhandlungen verkündigte das Ge richt sein Urteil dahin, daß beide Berufungen zurückge wiesen werden. Demnach hat auch das Kammergericht, wie das Gericht erster Instanz, die Bestrebungen deS so genannten Reichsbankgläubigerverbande» für unrechtmä ßig erklärt. keine Erkrankung Vr. Wirths. Freiburg, 25. Okt. Bet der hier wohnenden Mutter de» Reichskanzler» a. D. Dr. Wirch ist «in Telegramm etngetroffen, in dem Dr. Wirth di« Nachrichten von sei ner Erkrankung als unrichtig bezeichnet. Sein Gesund heitszustand sei immer sehr gut gewesen. Um Sie üeutfch-polnifchen han-elsvertrags, verhanüiungen. Warschau, 25. Okt. Der Polnisch« Bevollmächtigt bet den deutsch-polnisch-n Wirtschaft-Verhandlungen Dr. ProndzhnSkt wurde gestern abend von dem Minister präsidenten Grab-kt empfangen. Presseäußerungen zu folge rechnet man hier mit der Möglichkeit einer baldi gen Wiederaufnahme der deutsch-polnischen Handelsver trag-Verhandlungen. Die Griechen sehen äen Dormarsch fort. Telegramm an -en Völkerbund. Sofia, 25. Okt. Die Bulgarische Telegraphenagentür Meldet über die Lage an der griechisch-buhgartschen Gren zer Heute nachmittag gegen 4 Uhr hißten die Griechen überall weiße Fahnen, als jedoch die bulgarischen Sol daten sich daraufhin näherten, wurden sie beschossen. Um V-6 Uhr wurde da- Artilleriefeuer grtechtschersetts auf der ganzen Front wieder ausgenommen und Znfan- terieeinheiten setzten ihren Vormarsch in Richtung auf Petritsch fvrt. Di« bulgarischen Behörden ordneten bi-- her die Räumung von zehn Ortschaften an, von denen sieben von den griechischen Truppen besetzt worden find und drei dauernd bedroht werden. Die Zahl der Alücht, lings, die im Freien kampieren müssen, beläuft sich auf Mehrere Tausende. Au- den besetzten Ortschaften werden zahlreiche Ausschreitungen gemeldet. Ein junger Bur sche in Lopolnttza ist in Gegenwart seiner Mutter von den griechischen Soldaten ermordet worden. In Pipe- ritza wurde eine alte Frau durch einen Schuß am Auge verletzt. Eine Gruppe bulgarischer Emigranten, vie ent sprechend dem griechisch-bulgarischen Auswanderungsab kommen auf dem Wege zur Grenze waren, haben erst heute, nachdem sie 18 Tagen von den griechischen Be fehlshabern festg^halten worden waren, die ersten Li nien der griechischen Truppen passieren dürfen. Die bulgarische Presse gibt allgemein ihrer Entrü stung über den Angriff Griechenlands auf ein entwaff netes Land Ausdruck. Tie offiziöse „Demoeratischeski Sgovor" erinnert an die sriedenserhaltende Aufgabe des Völkerbundes und hofft, daß diese Einrichtung diese neue Prüfung in Ehren bestehen wird. Das bulgarische Volk, das durch den Angriff in Bestürzung geraten sei, erwarte, daß dem Recht Genüge gescheh«. Der unabhängig« „Slovo" erklärt, wenn die Verantwortung für den Zwischenfall auch nur zu einem Teil auf Bulgarien falle, so sei es bereit, di« Folgen zu tragen. Wenn hingegen durch den Völkerbund nachgewiesen würde, daß der An griff von Griechenland ausging, so wäre eS nur naiüv- lich, daß dieses gezwungen würde, den ang-rtchteten Schaden wieder gutzumachen. Da» Oppositionsblatt „Ne, sawisimost" glaubt, daß das Ansehen und die Zukunft des Völkerbundes auf dem Spiele stehen. „Zname" be, zeichnet den griechischen Angriff als ein Attentat auf den neuen Geist,-der seit Locarno in Europa herrscht. Ebenso wendet sich „Zora" gegen das griechische Vor gehen, das vor allem die fett der letzten Konferenz herr schende, einer Verständigung der Völker günstige Atmo sphäre beeinträchtige. Ter bulgarische Minister des Aeußeren Kalfoff rich tete an den französischen Außenminister in Beantwor tung des Schreibens BrtandS folgende Depesche: In Bestätigung des gestrigen Telegramms betreffend dis Ein berufung einer Sondersitzung de» Völkerbund-rat- für Montag in Paris, beeile ich mich, den Tank der bulgari schen Regierung für die Schnelligkeit auszudrücken, Mit der der Rat und das BülkerbundSsekvetartat in dem griechisch-bulgarischen Konflikt, der durch! die Verletzung bulgarischen Territoriums durch den Einmarsch griechi scher Truppen hervorgerufen wurde, intervenieren. .IM Bewußtsein der Pflichten, die Bulgarien als Mitglied de» Völkerbundes obliegen, hat di« Regierung den Truppen den kategorischen Befehl gegeben, nichts zu unternehmen, was die Situation verschlimmern könnte. Obwohl die bulgarischen Truppen niemals in griechische» Gebiet «tn- gedrungen sind, sind doch neue dringende Instruktionen IM Sinne der Empfehlung Eurer Exzellenz gegeben wor den. Leider muß ich mitteilen, daß noch immer grie chische Truppen auf bulgarischem Territorium verblei ben und daß zur Stunde ihre Artillerie svrtfährt, di ungeschützte Stadt Petritsch zu beschießen. Wir protestie ren erneut dagegen und bitten Eure Exzellenz, dagegen sofort einzuschreiten. Die bulgarisch« Regierung wird in der Sondersitzung de» Völkerbünde» von jhvem Ge sandten in Pari» Morfofs vertreten sei«. Wie au- Athen gemeldet wird, hat d«r griechisch« Außenminister Hadjakhrtakos an den Generalsekvettir de» Völkerbünde- ein Telegranmr gerichtet, worin er in Er widerung auf dessen drei Telegramme über den grie chisch-bulgarischen Zwischenfall auf da» Unerwartete und Unprodozttrte de» bulgarischen Angriffe», durch den auf griechischer Sette «in Hauptmann und ein Soldat um» Leben kamen, hinwetst. Das Telegramm erklärt «. a.r Angesicht» dieser unqualtftzierbaren Haltung müßte die griechische Regierung ihrem Oberkommando gestatten, die jenigen Maßnahmen zu ergreifen, die sich zur Verteidi gung und erforderlichenfalls zur Säuberung de» jetzt noch an einigen Skllfn von regulären Truppen besehtm griechischen Staatsgebiete» ab» notwendig «miesen. Sm bald die zwei griechischen Gren-Posten, deren Wieder besetzung durch da» bulgarische Feuer mich unmöglich gs-