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Mer Tageblatt Mnreßgtt für -as Er-mebirak ,,rnspr»ch-stnsthlu- M. S». ,.n«»^p.m,.,t.««»*ie»,«^». r«i,gramm,, ra,,bi»« stu»,r,g»d«rg,. Enthalte«- -le amtliche« arka««tmachaag»a -er llatr» -r» Sta-t ««- -es Amtsgericht» ^la». p»mh»«.«eat» m»< e«ipsl» o». ess« Nr. 234 Mittwoch» äen 7. Oktober 1925 20. Jahrgang Der erste Tag. Offizielle Begrüßung. — Konferenz der Juristen. Locarno, 5. Oktober. Die Pressechefs der Konferenz gaben heut« nachmittag '/»3 Uhr folgendes CommuniquL über die Vormittagssttzung aus: „Die Konferenz trat heute vormittag 11 Uhr im Justizgebäude in Locarno zusammen. Der Bürgermeister von Locarno, Rusca, brachte den Dele gierten den Wtllkommensgruß der Gemeinde. Im Namen der übrigen Delegationen antwortete Austen Chamberlain." „Der Empfang, den Sie uns im Namen der Stadt Locarno bereitet haben, hat mich tief berührt. Ich glaube dabei die Empfindungen all derer auszudrücken, die in diesem Saale vereinigt sind- Es ist nicht das erstemal, das ich Ihr edles und schönes Land besuche. Ungezählte Male habe ich hier in der Vergangenheit den Frieden und die Ruhe nach den Arbeiten und — das muh ich sagen — den Schwierig keiten unseres Alltagslebens gefunden. Als ich gestem von neuem in Ihre lachenden Täler einfuhr und die Gipfel Ihrer majestätischen Berge erblickte, habe ich mich gefragt, weshalb das heute noch leidende Europa nicht auch die Erleichterung finden sollte, die es so nötig hat, nach der es sich mit allen seinen Fasern sehnt, und die es schließlich in höchstem Maße verdient; das schöne Schweizer Land, so habe ich mir gesagt, wird uns den Erfolg unserer Aufgabe sichern. Meine Herren, wir haben keineswegs durch Zufall auf der Suche nach einem Zusammenkunftsort, wo wir diese für die Geschicke Europas so wichtige Erörterung führen könnten, überein< stimmend unsere Blicke nach der Schweiz gerichtet. Durch ihre Tradition, durch ihre Geschichte ist sie das Land der Be friedigung und des Friedens. Es wäre überflüssig, meiner seits an all die Dienste zu erinnern, die die Schweiz der Menschheit schon geleistet hat. Diese Dienste werden in der ganzen Welt anerkannt Wiederum kam die Schweiz uns zu Hilfe. Von diesem Augenblick an hängt es nur noch von uns ab, uns der Ehre, die uns angetan wurde, der Freund- schäft, die uns bekundet wurde, würdig zu erzeigen. Noch einmal lege ich Wert darauf, Ihnen in meinem Namen, und ich glaube sagen zu können, im Namen aller hier Vereinigten, die Empfindungen der Dankbarkeit auszusprcchen, die uns erfüllen. Wenn uns die Vorzeichen günstig sind, so legen wir Gewicht darauf, Ihnen, Herr Bürgermeister, zu danken. Dem einstimmigen Wunsche entsprechend, den Sie freundlichst geäußert haben, habe ich die Verantwortung dafür über- ! Linien unseres Vorgehens festgestellt und unsere Dispositionen für die Zusammenberufung der Zusammenkünfte getroffen haben werden, erlaube ich mir, anzuregen, kdaß wir auf die Förmlichkeit eines Vorsitzes verzichten und uns auf dem Fuße völliger Gleichheit i treffen, wobei jeder nach bestem Können für den Erfolg des gemeinsamen Werkes beiträgt, das den Frieden und die Wohlfahrt Europas anstrebt." Das Communique fährt dann fort: „Vor Eintritt in die Arbeiten der Konferenz wurde beschlossen, der schweize rischen Bundesregierung telegraphisch den Dank auszusprechen für die Gastfreundschaft und die freundliche Aufnahme, die den Delegationen in Locarno zuteil geworden sei. Die ein zelnen Delegationen brachten sodann den Geist der Aufrich tigkeit und des guten Willens zum Ausdruck, in dem sie an die gemeinsamen Arbeiten herangingen Es wurde ein stimmig beschlossen, von einer Eeneraldiskussion abzusehen, und sofort in eine Erörterung der einzelnen Artikel des von den Nechtssachverständigen in London ausgearbeiteten Pakt entwurfes einzutreten. Hinsichtlich einiger Artikel, wegen deren Fussung Widersprüche nicht erhoben wurden, konnte sofort Uebereinstimmung festgcstelit werden- Andere Artikel gaben zu Ergänzungsanträgen Veranlassung. Diese Anträge wurden den Juristen zur eingehenden Erörterung über wiesen. Schließlich wurden einige weitere Artikel der internen Erörterung der Konferenz Vorbehalten- Gestern nachmittag gegen 3 Uhr trafen die juristischen Sachverständigen der verschiedenen Delegationen zu der angekündigten Bera tung zusammen. Es wurde in die Beratung der zu den Ergänzungsanträgen Veranlassung gebenden Artikel des von den juristischen Sachverständigen in London ausgearbeiteten Entwurfes eingetreten. Die Besprechung dauerte bis 6 Uhr. Ueber das Ergebnis wird in diesem Falle selbstverständlich völlige Zurückhaltung bewahrt- Von zuständiger Seite wird darauf hingemieien, daß der Eindruck des Beginnes der Ver handlungen mit der deutschen Delegation durchaus zufrieden stellend ist. Ob morgen vormittag eine Vollsitzung stattfin det, oder eine Sitzung der juristischen Sachverständigen, steht heute abend noch nicht endgültig felt. Hinsichtlich der Punkte des Jurislenentwurfes, auf die man sich bereits ge- einigt hat, ist bis jetzt noch nichts bekannt. Man verfolgt Pressestlmmea zur Ronferenz. Man bedauert in London, daß die Konferenz von Lo carno sich in ihrem Charakter so weit von den ursprünglich geplanten bescheidenen vertraulichen Besprechungen der Außen minister der vier am Westpakt interessierten Mächte «ntfemt hat. — Der Leitaufsatz de» „Daily Telegraph" nennt Stresemanns Aeuherungen gegenüber der Press« zum min desten unaufrichtig und befürchtet, daß das ganze Tschitscherin- Zwischenspiel die Aussichten der Locarnoer Konferenz nicht verbessert habe, da es an Rapallo und Deutschlands damalige „törichte" Versuche erinnere, durch den Abschluß eines Der- träges mit Rußland einen Druck auf die Alliierten auszu üben. Eine ähnliche Auffassung klingt aus dem Leitsatz der „Morning Posk" und es läßt sich nicht leugnen, daß nach hiesigem Gefühl die Konferenz in einer ungünstigen Atmo sphäre beginnt, als ihre hiesigen Freunde vor kurzem gehofft haben. Der polnische Kurier Poranny sagt zu den gegenwärtigen Verhandlungen in Locarno: E» kann al» sicher gelten, daß zwischen dem Rhetnpakt und den östlichen Schied ssvertrügen eine Verbindung geschaffen wird, di« dem Rheinpakt jede antipolnische Spitze nimmt- Dadurch wird ein Teil der polnischen Befürchtungen hinfällig, aber «in« Teilnahme Polens an dem zweiten Teile der Konferenz allein benimmt nicht die Zweifel, die durch den Sieg drr Gautshese in London bezüglich der Neutralisierung der Rheinlands und der französischen Garantie der Ostverträge entstanden. Die Aufgabe Skrzynskis in Locarno ist sehr verantwortungsvoll, da er die polnischen Interessen vrrtetdi- gen muß, ohne auf dem Wege zum Frieden durch ein« deutsch-französische Annäherung Hindernisse aufzurichten. Di« Lage der Tschechoslowakei ist anders als die Polens, da di« tschechoslowakischen Grenzen nicht von Deutschland bedroht sind. Nach den bisherigen Anzeichen kann Skrzynski im Falle einer schwierigen Lage von den Tschechin «her unange nehme als angenehme Ueberraschungen erwarten- Zu der gleichen Frage äußert R zelzpospolt ta u-a.r Es ist sehr zweifelhaft, ob die Sicherheitsfrage durch den Rheinpakt und vier Schiedsverträge gelöst werden wird- Di« Hauptschwierigkeit wird sein, Deutschland zur Annahm« d«r östlichen Schiedsverträge zu bewegen. Die polnische Öffent lichkeit muß während der Konferenz ruhige» Blut bewahr««- Polen ist stark und nicht allein und hat Trümpfe in d«r Hand. nommcu, unsere erste Zusammenkunft einzuberufen, da irgend jemand unter uns notwendigerweise die Initiative dazu ^übernehmen mußte. Aber ich wünschte, daß diese Unter haltungen einen so fveien und so wenig formalistischen Charakter wie möglich bewahrten. Sobald wir die großen tNarokkokriegsberkcht. Paris, 5. Oktober. Nach einer Havasmeldung Hal im Frontabschnitt Zcrual eine kleine Säubcrungsaktion statt- 'gefunden, bei der die Nifleute einige Tote und Verwundete verloren. Gestern bei Tageounbrnch wurde eine Operation durchgefühu, um die gegnerischen Verteidigungsstellungen bet Ain Maatuf und Bab Taka weiter zurückzudrängen. In den ersten Nachmiltagsstunden besetzte die französische Vortrupps Bab Nlbab 4 Küomeier nördlich von Bab Taka und Djenin Medjbur 2 Kilometer westlich vom früheren französischen Posten Bru Hoiima. Im Frontabschnitt von iKiffane haben französische Eingeborenen < Abteilungen im wberen Tale des Wed Wissrl 26 Kilometer nördlich von Kiffane Tisi Ulsie erreicht. Zahlreiche Abteilungen der Desnaja sollen ihre Unterwerfung angeboten haben- Haoas meldet aus Fez, daß die Nifleute dem Vorgehen !der französischen Truppen am Schadja-Massiv energischen Widerstand leisten, aber überall unter schwersten Verlusten ^urückgett leben werden. Die ganze Gegend sei vom Gegner vereits gesäubert- Kämpf« bei Melilla. Nach «inem offiziellen Bericht aus Madrid hat gestern in der Gegend von Melilla «ine Abteilung der auf spanischer Sette kämpfenden Bent Bujahi und ein« Mehalla-Abteilung in drr Niederung von Derrano die Ortschaften M«saite, Dschebtr, Mesaiva und Segtr besetzt. Der Grgner habe drei Tot« und tintge Verwundrtr verlor«». Um -le -änlsche Souveränität über Grönland. Koprn Hagen, v- Oktober- Anläßlich des Noten- wechsel» zwischen dem britischen Gesandten in Kopenhagen lind dem dänischen Ministerium de» Aeußern betr. die Meist begünstigung von britischen Staatsbürgrrn und Firmen in Grönland hat der norwegische Gesandte in London am 28- 9- Mer Hinweis auf da» schwedisch-dänische Abkommen über Grönland die Aufmerksamkeit der britischen Regierung darauf gelenkt, daß dl« norwegische Meaieruvg die dänische Sourer- inttät über ganz Grönland nicht anerkannt hat. das Verfahren, zunächst die Fragen zu erledigen, über die sich eine Verständigung leicht erzielen läßt, und die schwie rigen Fragen erst im späteren Verlauf der Konferenz in Angriff zu nehmen- — Wie verlautet, werden Skrzynski und Benesch am Freitag hier eintreffen- Deutsch-russisches Elektroabkommen. Der Berliner Börsenkuriec hört, daß die seit einigen Wochen geführten Verhandlungen zwischen dem russischen Elektrotrnst und der A. E. G. zu einer grundsätzliche«: Einigung geführt haben. Das Abkommen ist darauf gerichtet, dem Elektrotrust die technischen Erfahrungen und Patente der A. E. G. zugängig zu machen. Der Kombination dürfte auch oie Gcneral-Electric-Company in Newyork beitreten. Auch mit dem internationalen Glühlampentrust werden Verhand lungen geführt. Diese Verhandlungen dürften gleichfalls zum Abschluß führen. Neben dem technischen Abkommen wird von russischer Seile auch ein Lieferungsabkommen angcstrebt, das jedoch wegen der mehrjährigen Kredit forderung der Aussen, die sich etwa in Höhe von 40 Milli onen Mark bewegen dürfte, bisher nicht zustande gekommen ist Wie das genannte Blatt mitteilt, ist man jedoch ans deutscher Seite bemüht, auch über diese Schwierigkeit hinweg, zukommen. Luftverkehr «ach dem fernen Oste«. Am Sonntag fand in der Deutschen Bank in Berlin eine Zusammenkunft statt, an der der Chef de» russischen Lustwesens, Nuklewttsch, sowie die Direktion der Deutschen Aero-Lloyd Ä.-A. und der Deru« lüft teilnahmen. Außer anderen Fragen wurde auf Veran lassung der Deutschen Aero-Lloyd A.-G. auch da» Projekt einer Luftverbindung nach dem! fernen Osten erörtert. Von dem Projekt wurde mit großem Interesse Kenntnis genommen. ES wurde allgemein der Wunsch ausgesprochen, daß die russische und die deutsche Zusammenarbeit, welche seit einigen Jahren innerhalb der Deutsch-russischen Luftverkehrsgesellschaft (Deru- lüft) so guten Erfolg gezeitigt hat, sich bet der Einrichtung eines Luftverkehres nach dem fernen Osten in gleicher Weise bewähren möge. Eröffnung der Hochschule für Musik in Köln. Am Montag vormtttaa fand im Gürzenich in Anwesenheit des Preußischen !7'.'stp?r,'inistc'.L Prsk. Dr. Recker h-'e Eröffnung t-rk Hochschule für Mustk slutt. Die Dossische Zeitung schreibt: Wenn man da» ganze Problem, das als Hauptschwierigkeit in dieser Konferenz steckt, einigermaßen zu überblicken vermag, so muß man er geradezu als einen Erfolg der verschiedenen an den Verhand lungen beteiligten Persönlichkeiten ansehen, daß es gelungen ist, zunächst einmal die juristischen Techniker di« «rsten B«- sprechungen führen zu lassen. Formell gab den Anlaß dazu die Tatsache, daß Deutschland ein« Reihe von juristischen Ausführungen zu den bisher vorliegenden Anträgen zu dem Sicherheitspakt gemacht hat- Von einer Begründung dieser Vorschläge hat Dr. Stresemann in der ersten Sitzung abge sehen, weil die Einzelheiten dieser Vorschläge in ihren letzt«» Formulierungen noch nicht allen Delegationen zugegangen waren. Die Juristen werden mithin, ohne daß vorher ein« politische Einbettung ihres Verhandlungsstoffes stattgefunden hat. direkt an die Arbeit gehen. Aber jedermann weiß, daß sich hinter diesen juristischen Formulierungen die außerordentlich wichtigen politischen Fragen verbergen. Teils handelt es sich dabei um Fragen, die im jetzig«» unvorbereiteten Stadium von den Politikern auch nicht ein mal angedeutet werden können, ohne daß sich dabei Kompli kationen, sowohl der Konferenz, als auch namentlich in der inncrpolitischen Stellung der einzelnen Minister in ihren Ländern ergeben müßten. Die Juristen sind in drr Lage, auf juristischem Gebiet« diese Dinge zunächst viel leidenschaftsloser vorzubrriit«». Sie können auch unter sich und unter dem Vorbehalt juristischer Unterstellungen alles mögliche erörtern, wa» al« juristische» Schulbeispiel harmlos, im Mund« «in«» verantwortlich«» Staats mann«» aber außerordentlich gefährlich klingt. Man wird dahrr in der Annahm« nicht fehlgeh«», daß dl« Politiker sich mit ditsrn Problemen erst dann wieder zu beschäftigen beabsichtigen, wenn sie von den Juristen filtriert und sterilisiert sind und wenn die auf dem Kompromißwege gefundenen Paragraphenformeln erst einmal tragbare Brücken bilden, die vom Konferenztisch zu den öffentlichen Meinungen der verschiedenen Länder führen. E» ist vielleicht «in etwa» neuer Weg, der hier eingeschlagen wird. Aber «in Weg, den die Klugheit gebietet und auf dem sich d«»halb, anscheinend ohne sehr viel« Worte und ohne ausdrücklich« Begründung der Zweckmäßigkeit der anzuwendenden Methoden, die Minister der verschiedenen Länder geeinlgi haben, nicht obwohl, sondern «eil sie politische Parteimänner sind Da» hat also doch auch manchmal sein Gute». _ . .