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/luer Tageblatt »«»»»» — <ksch,i«t ««»tätlich. -,rnspr»ch' ftnschlufi Nr. ». /lnzeiger für -as Erzgebirge »««,«<,««»rils,, »I, p,tlt,,l>, ftlr »»,,»«,« »»» N»i «>» »» «»» »tlrtl«, U X«»la»,-P»tl»»«Il, »« «»ltpfinxl»» «»«Ilchl -«»»I « *,l»pfi«U«I. «.Iigramm«, Cnütblol! ft«,»,Enthalte»- -le amtliche« Vrkallntmachungen -ee Kat»» -er -ta-t «Ich Ara fimteserlchte M«. ft«, e»n>em.r«e Nr. 220 20. Jahrgang Sonntag, äen 20. September 1S2S Kundgebung des Deutschen Lehreroereins gegen den Reichsschulgesetzentwurs. Dom Leipziger Ährerverein wird der Presse nach folgende Kundgebung des Deutsch en Lehrerveretn» zur Verfügung gestellt: , Ter „Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung de« Artikels 148, Absatz 2 der Neichsverfassung und über die Erteilung von Religionsunterricht in den Volksschu« len", der dem Neichskabinett bereits vorgelegen hat, ist in dex Oesfentlichkeit bekannt geworden. Gegen diesen Entwurf erheben wir in allem Ernst und mit allein Nachdruck schon heute schärfsten Widerspruch. Dieser Entwurf stcht lm schroffsten Gegensatz -i"' Reicheverfassung. Artikel 146 der Neichsverfassung verbrieft die or ganische Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens; der vorliegende Entwurf will nur den zweiten Abschnitt des VersassnngSartikelS ohne jede Rücksicht auf das Gan.'.e, in Widerspruch zu dem grundlegenden Absatz 1 geutzgeberisch lösen/ Die Neichsverfassung macht die Geiiuiuschaftsschule in Würdigung ihrer volkseiuigen-l den Kraft zur Normalfvrm und lässt als Abweichung von der Siegel unter gewissen Bedingungen andere Schul- sonnen zu; der Entwurf begünstigt die Bekenntnisschule und die Welranschauungöschule in einseitigster Weise und droht die vorhandenen Gemeinschaftsschulen zu be festigen. Die Reichsverfassttag will durch den Begriff des geordneten Schulbetricbes verhüten, das; der Weg zur sozialen Einheitsschule verschränkt, das Schulwe sen durch hemmungslose Errichtung nichtleistungsfähi- ger Schulen beeinträchtigt und vine Gliederung des Schulwesens nach der Verschiedenheit der Begabung nicht unmöglich gemacht wird; dar Entwurf gibt dem Begriff ,,geordneter Schulbetricb" eine Deutung, durch die die deutsche Volksschule zerschlagen und in ihrer Leistung^- kraft herabgesetzt wird, die für Länder und Gemeinden ganz unabsehbare Folgen hat. Dieser Ges tzeniwurf l edenlet das Ende der Siaatssäurle. Die geschichtliche Linie einer jahrhundertelangen Entwicklung, die den Staat zum Herrn und Träger seiner Schule gemacht hat, wird jäh unterbrochen: der Staat tritt nach diesem Entwurf wichtige Rechte seiner Schulhoheit den Neltgions- und Weltanschauungsgemeiu- schasten ab. Die Volksschule wird herausgerissen aus dem deutschen Bildungsorganismus, sie ist nicht mehr die allein dienende allgemeine StaatSeinrtchtung, sie» wird zum Gegenstand der Sonderwünsche,. der Agita tion, der Wahlen. Tie Bekenntnisschule wird durch den Entwurf völlig verkirchlicht. Während die Relchsver- fassung nur fordert, daß der Religionsunterricht mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgesellschaft unbeschadet des AufstchtSrechteS de» Staates erteilt wird, !will der Entwurf, das; die gesamte Unterrichts- und . Erziehungsarbeit von dem Geist des Bekenntnisses ge tragen sein muß. Dadurch wird die Kirche -- uud in der Weltanschauungsschule deren Gemeinde — zur Herrin der Schule; dadurch werden viele Tausende deutscher Volksschulkinder, die aus räumlichen Gründen eine be- kenntntssreiude Schule besuchen müssen, in den vom Geist eines fremden Bekenntnisse« getränkten Unterricht hin- eingezwungen. Dieser Entwurf vernichtet die Rechtssicherheit des Lehrers. Der Religion«- bezw. der Weltanschauungsgemein schaft wird das Aussichtsrecht über die amtliche und außeramtliche Stellung des Lehrers gegeben; auf ihr Verlangen hin mutz der Staat den Lehrer von der Be kenntnis- (Weltanschauungs-)schule abberusen. Der Leh rer wird dadurch in seinem amtlichen wie in seinem ! Privaten Leben der Kontrolle der Religionsgesellschaft ! (Weltauschauungsgemeinschaft) unterstellt; er ist in stän diger Gefahr, seine Stelle zu verlieren; die Sicherun gen des staatlichen Disziplinarrechts gelten für ihn nicht mehr: so ist er rechtlos und schutzlos. s Die Tatsachen werden durch die „Begründung" des Gesetzentwurfes grell beleuchtet; entweder werden hier über die Auswirkung des Gesetzes Behauptungen asts gestellt, die die wirklichen Zustände verkennen, oder ss wird auf eine Begründung verzichtet mit dein Hinweis, daß die Schulgestaltung in diesem "Sinne geboten er scheine. Die Lehrerschaft wird ihre ganze Kraft cinsetzen, um zu verhindern, daß dieser, die Volksschule und ihre Lehrer schwer schädigende Entwurf Gesetz wird; sie er wartet von den berufenen Vertretern der Reichsverfas-j sung, den deutschen Regierungen und Penk deutschen^ Reichstage, das; sie diesen: Entwurf ihre Zustimmung! ixrsagen. ! Vie französischen Nheinlan-manöver. Paris, 18. Sept. Die französischen Manöver, die im Rheinland stattsinden, haben nach den Berichten fran zösischer Blätter mehr als 80 000 Soldaten zu einer Kriegsübung im besetzten Gebiet vereint. Unter dem Oberkommando des Generals Guillaumat wurde gestern die 47. Division aus der Gegend von Trier über die Eifer dirigiert. Der Berichterstatter des „Journal", der das kriegerische Schauspiel beobachtet, schreibt, daß die gute Haltung der Truppen auf die deutsche Beoöl- kerung einen starten Eindruck mache. (!) Die Deutschen seien durch diese Vorführung militärischer Kräfte über rascht und hätten die Menge und die Ausbildung der Soldaten bewundert. Tas französische Militär werde überall „sympathisch begrüßt". (?) Daß dieser Manö- vcrbertcht in allen Punkten richtig ist, darf bezweifelt werden. Nach brieflichen Aeußerungen gus hem be setzten Gebiet erscheint die „sympathische Begrüßung" mehr al« fraglich/ Selbst dann, wenn Flurschäden, wie sic in jedem Manöver Vorkommen, diesmal vermieden wurden, erscheint die französische Kriegsübung auf deut schem Gebiet als ein recht bedenkliches Experiment. Ter Krtegsmtntster Pninleve sollte einmal darüber nach denken, welchen Eindruck es auf die Franzosen gemacht haben würde, wenn in früherer Zett die deutsche mili tärische Uebermacht so kriegsmäßig gegen Frankreich manifestiert hätte. Eine kluge Vorbereitung für die Verhandlungen über den Sicherheit-Pakt.ist der Marsch über die Eifel jedenfalls nicht. ,Vrr Triumph -er -rutschen Politik.* Amerikanisch« Blätter veröffentlichen ein von dem englisch««» Funkdienst ausgesandte» Telegramm, da» im wesentlichen folgende Gedankengäng« wtedergibt« Die Konferenz über den deutschen Sicherheit-Vor schlag bildet einen der grüßten Triumphe der deutschen Nachkrteg-dtplomatte und einen Persönlichen Triumph Stresemann». Damit ist da» erst« Ziel der ganz«,» Ttresemannschen „Frieden-offensive" erreicht, mit Frank reich unter vier Augen auf der Grundlage.der Gleiche hett alle politischen Differenzen, die die beiden Länder trennen, zu besprechen/. Die kommende Konferenz bil-! det die erste Zusammenkunft französischer und deutscher j Staatsmänner, deren zugegebencr Zweck nicht die Be-! endigung eines Krieges ist, sondern die der Verhin derung eines künftigen Krieges zwischen ihnen und zur Beseitigung des allen Hasses, der während Jahrhunder ten ein Dunkel über Europa verbreitete, dienen soll. Was man vor einem Jahr noch für unmöglich hielt, ist jetzt die logische Folge des Lawes-Abkommens ge worden, welches den skrupellosen Politikern die Wusse der Reparationen entwand. Vor Papst und -er völkerbun-. Rom, 18. Sept. Die Nachricht deS,„Popolo d',Ita lia", der Papst wolle anregen, daß er zum Eintritt in den Völkerbund eingeladen werde, wird mir von erster vatikanischer Sette entschieden bestritten. Die Kurie habe niemals Schritte in obigem Sinne getan und sich nur zuweilen darauf beschränkt, in Fällen, wo die Lage der Katholiken gewisser Länder oder sonstige Umstände es erheischten (wie Wiederzulassung der deutschen Missio nare nach den früheren deutschen Kolonien, Balfours Paiästinaprojekt, endlich der Papstbrief anläßlich der Genuakonserenz), den Berne« Nuntius mit dem Völker- buntwvorsitzeuden konferier«»» zu lassen. A»u« deutsch österreichisch« Handelsvertragsverhandlungen. Wien, 18. Sevt. Der österreichische Gesandte in Berlin, Dr. Frank, wird morgen hier einiresfen, um mit der Re gierung wegen der beuarstehenden österreichischen Handels- orrirogsverhandlungen Fühlung zu nehmen und Instruktionen eiuzuholen. Die Verhandlungen über «in Zusatzabkommen zum vsterreichisch-deutschen Handelsvertrag werden Mitte nächster Woche in Berlin beginnen. Dr. Frank lehrt übermorgen nach Berlin zurück und wird Anfang Oktober in den skandinavischen Hauptstädten, wo er ebenfalls als Gesandter der österreichischen Republik fungier», sein veglaubiguttgsschretben überreichen- (Anmerkung de» WTB-: Wie wir erfahren, eilt diese Nach richt den Tatsachen insofern voraus, al« der Beginn der Verhandlungen für Okwber wohl in Aussicht genommen ist, «in bestimmter Termin für dem Beginn jedoch noch nicht s-stsülst.) Mäersinnigkeiten in äer Auswertung. Von Dir. Külz, M. d. R. Wa» alle einsichtigen Leute, di« sich mit den Aust wertuugSgesctzen beschäftigen mußten, vorau-sahen, tritt jetzt in vollem Umfang ein: das Gesetz ist überreich an nicht zu Ende gedachten Gedanken. Oder besser: di« Parteien des Reichstages, die verantwortlich für bieseV Gesetz firmierten, waren so fest auf das von ihnen ver einbarte Kompromiß etngeschworen, daß sie keinen «er- nunftsgründen zu gängig waren und „lieber Hie auch ihnen istar erkennbaren praktischen Mißhelligkeiten in Kauf nahmen, als durch Aenderungen der Kompromiß vorschriften die enge Gemeinschaft zu gefährden, in der sie über die üble, aus unerfüllbaren Versprechungen im Wahlkampf sich ergebende Situation gemeinsam hin weg kommen wollten. . Zunächst zeigt sich jetzt, daß eine außerordentlich starke Zahl von Beamten durch die Bearbeitung der Auswertungsgeschäfte in Anspruch genommen werden. Bei vorsichtiger Schätzung werden bet den Gemeindebe hörden, den Gerichten uud den staatlichen AmtSstellen schon jetzt im VorbereitungsstadtuM etwa 5000 Beamte in Aufwertungssache,» tätig sein. Wenn.dann erst die Flut der Aenderungen, der Prozesse, der Beschwerden, der Rechtsauskünfte über Einzelfälle kommen wird, dann wird man den finanziellen und leistungsmäßigen Leer- lauf ermessen können, der Mit der Durchführung dieser Gesetze verbunden ist und staatliche wie gemeindliche Mittel in Summen verschlingt, die viel zweckmäßiger für eine besser und einfacher konstruierte Aufwertung selbst verwendet werden würden. Daß bet gesetzlichen Bestimmungen von der Art der Austvertungsgesetze Unbilligkeiten mit In Kauf genom men werden müssen, ist selbstverständlich. Wenn der Gesetzgeber ein für Millionen von Fällen allgemein gültiges Rezept nicht gefunden hat, so kann man ihm daraus'btlligerweise keinen Vorwurf machen. .„Tie be sondere Häufigkeit aber von Unstimmigkeiten bet der Durchführung dieser Gesetze liegt in dem Umstande, daß von den drei an sich denkbaren Systemen der Aufwer tung, der sozialen, der individuellen oder der schemati schen, kein einheitliches System gewählt worden ist, son dern sine Kombination aller drei Systeme mit der Wir kung, daß die Schwächen aller drei Systeme sich nicht etwa ausgleichen, sondern besonders stark in die Erschei nung treten. Einige besonders krasse Beispiele vermeidbarst so- zialer und wirtschaftlicher Ungereimtheiten sprechen eine deutliche Sprache. Tie Hypotheken werden im allgemeinen mit 25 «/« des Goldmarkbetrages aufgewertet. Tier Grundstücks eigentümer kann jedoch eine Herabsetzung der.Aufwer tung bis auf 15 v. H. verlangen, wenn dies mit Rück sicht auf seine wirtschaftliche Lage zur Abwendung einer groben Unbilligkeit unabweisbar erscheint. Diese Bestimmung sieht aus de», ersten Augenblick sehr brauch bar und sehr gerecht aus, führt aber bet ihrer prakti schen Durchführung zu den bedenklichsten Folgen. Zm nächst einmal werden natürlich die meisten ÄrunbstüM. eigentümer versuchen, eine derartige Herabsetzung, ^er Auswertung zu erreichen. TaS hat zur Folge, daß in Hunderttausenden von Fällen entsprechende Anträge bet der Aufwertuugsstclle eingehen tverden. Die Aufwer- tungsstclle muß in diesen Hunderttausenden von Fällen nunmehr einen Widerspruch ist da» Grundbuch etntragen und alle die Hunderttausend« von Fällen müssen im wei teren Verlaufe individuell nachgchrüft ^»nd entschieden werden. Tas ungeheuerliche Maß von Arbeit, Zelt und Geld, »uns dadurch verbraucht wird, braucht nicht nä her erörtert zu werden. Aber es möchte da» alle» noch angehen, wenn damit wirklich die Gerechtigkeit gesvr- dert würde. In Wirklichkeit liegen die Ding« aber so, daß damit nur neuen Ungerechtigkeiten Tür und Tor ge öffnet werden. Di« Rückzahlung der Hypotheken kann bekanntlich erst im Zähre 1032 oder bet besonderen ver. hältnissvn erst im Jahre 1088 v«langt.werden. Mun werden sehr häufig die Ding« fo liegen, daß im geg«n- wärttgen Augenblick der Eigentümrr de» Grundstück» sich schon mit Rücksicht auf die noch vorliegende gemin derte «rtragsfähigkett de» Grundstück» sewst in einer Lage befindet, in der «ine 25prozenttge Aufwertung tatsächlich für ihn ein« schwer zu tragend« Last sein würde. Im Jahr« 1988, wo die Hypothek füllig wird, werden ab«r ganz ander« Grttag»ber-ällniss» de» Grund stück» vorlieg««. Gbenso werden oft ganz ander« son stige Bermüg«n»v«rhLltntsse für den Eigentümer gege ben sein, die dann im Moment der Rückzahlung 2S v. H. Aufwertung al» kein« unbillig« vrlastung mehr erschei nen lassen. S» ist weiter der Hall drnkbar, daß der jetzt in bedrängter Lage lebende Grundstücksbesitzer die Her absetzung der Hypothek aus 1ä Prozent zugebilllgt dA