Volltext Seite (XML)
Mer Tageblatt -^---- /lnzeiger für öas Erzgebirge 5 «mich, zu«, e, ru*ma««„ «egeve« fi>-qs««,s,. EnthaUen- bl, amtliche« -«kaantmachoage« -e« Nates -« Stabt «mb bas fimtsgeeichts Bae. p«mheck.maw, ftM tw.I«ee Nr. 20S ^reUsg, cien 4. September 1S2S 20. Jahrgang Zuristenkonferenz in London. Strenge» Stillschweigen der Sachverständige«. — Die Teilnahme Italien». London, 2. Echt, Lite Sachverständigen.haben heute G ihre Besprechungen fortgesetzt. Soviel man aus äußerst I- zurückhaltenden Andeutungen schließen Sann, nehmen die «Besprechungen einen normalen Verlauf. Die Juristen A unterhalten sich in freundschaftlicher Md zwangloser Weise, so daß di« anfänglichen Befürchtungen, daß Dr. Gau» in London einer Phalanx der Alliierten gegen« i überstehen könnte, zerstreut sind. Alle in der Presse auf« H tauchenden Meldungen von „erregten Diskussionen" wer- D dm von Kreisen, die e» wissen können, als unrichtig Ve« H zeichnet; auch die sonstigen Mitteilungen über den Per« M lauf der Unterredungen sind als PhantasieProdukte zu U bezeichnen. Denn die Juristen haben sich zu absolutem H Stillschweigen verpflichtet, die Pressemeldungen, daß U Dir. Gau» hiergegen Widerspruch erhoben habe, sind falsch. Die juristischen Sachverständigen der Alliierten und Tr. Gaus trafen sich gestern am späten Nachmittag, um es Pilotti zu ermöglichen, an ihren Unterhaltungen teilzunehmen, der bet dem ersten Zusammentreffen durch Preziost von der hiesigen italienischen Botschaft ver treten worden war. Tr. GauS hat die letzten 24 Stun den benutzt, um sich mit den Paktentwürsen. und Andeu tungen der alliierten Sachverständigen zu beschäftigen, und hat wahrscheinlich hierüber auch mit Berlin ge sprochen. Ueber die Gründe, welche die italienische Regierung veranlaßt haben, an den Verhandlungen über -en Si- cherhettspakt sich nachträglich durch Entsendung eine» Juristen zur Londoner Konferenz zu beteiligen, gibt Mussolinis „Popow d'Jtalia" folgende Auskunft: „An fang» schienen die englisch-französischen Verhandlungen wenig Zutrauen zu verdienen, da ihr Erfolg zweifel haft erschien und sie vielmehr den Sondertnteressen der Teilnehmer zu dienen schienen. Daher verhielt sich Ita lien abwartend und beobachtend, um zu sehen, ob seine Teilnahme ratsam sei. Aber nach den zweimonatigen Verhandlungen nimmt der Vertragsplan schärfere Kon turm an. Die deutsch« und die französische Regierung äußerten den Wunsch, einen politischen Vertrag gleich den wirtschaftlichen Abkommen zwischen den Industrien beider Länder abzuschlteßen. Gleichzeitig tritt die groß britannische Regierung mit ihrem ganzen diplomatischen Schwergewicht auf, um den Frtedenspakt zu fördern, der Europa auf 30 Jahre sicherstellt. Die Gewißheit, daß die produktiven Kräfte geordnet werden und aus Deutsch land ein Bollwerk des Westen» gegen das Morgenland wird, scheint die westlichen Stegermächte dazu zu brin gen, alle zwischen ihnen und dem Besiegten schweben den Differenzen beizulegen. Ta der Vertrag Europa ein neues Gesicht im Rahmen des Friedensvertrage» gibt, sowie ein dauerhaftes Gleichgewicht, hak Italien keinen Anlaß mehr, beiseite zu stehen, sondern vielmehr zwecks Verteidigung seiner Interessen teilzunehmen." Der Konflikt bei -er Reichsbahn. Berlin, 3. Sept. Die Pertragschließenden Organi sationen der Eisenbahner werden heute vormittag zu sammentreten. um zu der geschaffenen Lage Stellung zu nehmen. Ter „Vorwärts" glaubt, daß die Organisa tionen an das Reichsarbettsministerium den Antrag stel len werden, ein neues Schlichtungsverfahren einzulei- ten. Wie das Blatt Wetter mttteilt, ist die Stimmung im ganzen Reich auf Einleitung einer scharfen Aktion. Um Sie Räumung -es Duisburger Hafens. Berlin, 2. Sept. Auf die deutscherseits in Paris vorgebrachte Beschwerde wegen Belassung eines Kontroll postens der interalliierten Feldschisfahrtskommisfion in Duisburg hat die französische Regierung gestern geant wortet und vorgeschlagen, bezüglich! deS Hafens von Duisburg eine ähnliche Vereinbarung zu treffen, wie sie seinerzeit wegen der Häfen von Karlsruhe und Mannheim abgeschlossen worden ist. Auch! ^dort waren bekanntlich zunächst trotz der Räumung im vorigen Jahr Kontrollposten zurückgelassen worden. ^ Die . interalli ierte Rheinlandkommission hat gleichzeitig gebeten, mit deutschen Bevollmächtigten wegen eines Abschlusses eines solchen modu» vivendi möglichst bald zusammenzukom men. Die Verhandlungen werden voraussichtlich in Koblenz bereits in der nächsten Woche beginnen. Eine Unterre-ung zwischen Van-ervel-e un- Ehamberlaln über -en Sicherheltspakt. Genf, 2. Sept Vandervelde und Chamberlain hat ten heute nachmittag eine einstündige Unterredung über den SicherheitSPakt. Bet seiner Rückkehr erklärte Ban- dervelde der Presse, daß zwischen ihm und Chamberlain über die Grundlagen de» Sicherheitspakte- volle Einigkeit herrsch«. Diese Einigkeit sei um so wertvoller, al» sie sich auf England, Belgien und Frankreich er streck«, wa» er aus Grund seiner heutigen Aussprache mit Briand Mitteilen könne. Diese Einigkeit dürfe nicht pUtzverstanden werden, da e» sich in keiner Weise bei dem jetzt in London von den juristischen Sachverständigen be ratenen Paktvorschlag um etwa» Handl«, wa» von Deutsch, land nur angenommen oder adgelehnt werden könne. Jin übrigen habe sich in seinen heutigen Verhandlungen mit Chamberlain wieder gezeigt, daß «in«, mündlich« Au», sprach« rascher vorwärts bring«, al» «in Notenwechsel. Tie Besprechungen sollen in einigen Tagen fortgesetzt werden, sobald di« Ergebnisse der Londoner Konferenz der juristischen Sachverständigen in Genf oorliegen. 0u«-»»pr«fl-»nt helnlsch zum Toüe HStzen-orfs. Wien, 9. Sept. Bundespräsident Heintsch richtete ein Beiletd-schreiben an di« Witwe Konrad d. Höhen dorf», in dem er heißt r „Ich bin Ihrem verstorbenen Gatten nie begegnet, stet» aber habe ich vor ihm die größte Hochachtung gehabt. Schon deshalb weil er stet» für seine Ueverzeugung eintrat. Ich hab« sogar die Med« nung, daß manche» ander» aü»geganMN wäre, wenn man die Ratschläge -eß verstorbenen rechtzeitig gefolgt Hütte»* Einführung -es Getreiüeetnfuhrfcheinspflems am 1. Oktober. Die Retchsregterung hat, wie au» Berlin gemeldet wird, in einer Verordnung die unbeschränkte Gültigkeit des GetreideeinfuhrscheinshstemS erst am 1. Januar 1926 einführen wollen, um den Zollschutz nicht sogleich zur vollen Geltung zu bringen .und die große Ernte in der Preisgestaltung ruhig sich auswirken zu lassen, wenig!- stenS aber trotz der großen Ernte scharfe Preissteigerun gen für Getreide und Brot im Herbst und Früjhwtnter zu vermeiden. Dagegen hatte bekanntlich der Landbund protestiert und die sofortige unbeschränkte Einführung de» GetreideeinfuhrscheinshstemS verlangt. Nachdem die Ausschüsse des Reichsrate» die ursprüngliche Vorlage auf Antrag Bayerns an die Kommissionen zurückverwie sen haben, hat die Reichsregierung jetzt in einer neuen Vorlage di« bisherigen UebergangSbesttmmungen fallen lassen und die Vollgültigkeit des Getreideeinfuhrscheines bereits für den 1. Oktober festgelegt. Italienisch-österreichischer Erenzzwkschenfall. Wien, .2. Sept. Nach einer.Meldung deS LandeS- gendarmenkommando Klagenfurt überschritt gestern ein« italienische Militärabteilung von 180 Mann mit 20 Tragtieren unter Kommando eine» Leutnants di« Lan desgrenze und marschierte, trotzdem sie auf die Grenz. Verletzung aufmerksam gemacht wurden und die Grenz- steine deutlich zu sehen waren Mit klingendem Sviel durch den Ort Magiern in Kärnten. Wie die amtliche Nachrichtenstelle erfährt, wurde die österreichische Ge? sandtschaft in Rom angewiesen, die nötigen Schritte zu unternehmen. DK Vers-Hnungspolitlk Zrankrelchs. Unterdrückung der Wahrheit und Lod««urteil. Der Verleger und Redakteur de« „Alzeyer Beobacht ter" Reinhold Pfund wurde von dem Mainzer Mtlitär- poltzeigericht wegen Abdruck» eines Artikel» über die Abrüstung-frage in Frankreich zu zwei Monaten Ge- fängni» und 1000 Mark Geldstrafe verurteilt. Da» Kriegsgericht von Naney hat den deutschen Hauptmann Niemann gestern im Abweftnheitsverfahren zum Tod« verurteilt, Hartptmann Niemann soll mit Revolverschüssen «inen französischen Unteroffizier und zwei französisch« Soldaten, die während der Kämpf« in der Nähe von Tianeourt im September 1914 verwun det und gefangen genommen worden waren, getütet ha ben. Ferner wird chr beschuldigt, Ende August 1914 in der Gegend vpn Bertrichamp* den Befehl zur Er schießung «ne» Zivilg-fangenen gegeben zu haben. Vir warschauer korfantpbank unter Eeschäftsausstcht. Berlin, S. Sept. Nachdem di« Kattowttzer Kvr- fantybank in Schwierigkeiten geraten war, ist nunmehr auch nach einer Meldung der „vosstschen Leitung" di« Lage der Warschauer Bank für Handel und Industrie, an der gleichfalls Korfanty führend beteiligt ist, so ernsthaft geworden, daß sie unter Geschäfttaufstcht ge- stÄt werden wird. Eröffnung äes Lrieäenskongreffes. Slu ««»friedliche," Anfang. — Rede de» Nelch,tag,Präsidenten Löb«. Pari», 2. Sept. Bei der heutigen Eröffnungssitzung! de« Friedenskongresse» sollt« auch neben dem französi schen Kammerpräsidenten Herriot dep deutsch« Reichs tag-Präsident Lvbe zu Worte kommen. Da Herriot durch die Arbeiten de« Generalrats de» Departement» Rhon« in Anspruch genommen ist und nicht zu dem Kongreß er scheinen konnte, hat auch der Reichstag-Präsident Löbe einer ihm ergangenen Anregung Folge leistend darauf verzichtet, seine Rede zu halten. Die deutschen Delegier ten haben darauf beschlossen, daß, da Löbie nicht zu Worte gekommen ist, auch kein andere» Mitglied der Delegation sprechen soll. Ter Zwischenfall hat in den Kreisen der deutschen Telegaiton Befremden hervorgerufen. Hava» gibt Über den Zwischenfall folgen-« Darstellung: Unter- rtchtsmintster de Monzie teilte der Versammlung Mit, daß weil Herriot nicht anwesend sei, Reichstag-Präsident Löbe sich entschlossen habe, nicht zu sprechen und daß die Rede später veröffentlicht werden würde. In der Rede, die ReichiStagSpräsident Löbe heute auf der Friedenskonferenz halten wollte, heißt e»r ,An dieser Versammlung fühlen wir olle r Eine neue weltgeschichtliche Epoche tritt ein, wenn die alten Ri valen begraben, Grundsätze des künstlichen Gleichgewichts der Kräfte ersetzt werden durch die große Ide« de» gegen seitigen Vertrauens, der freiwilligen Eingliederung in, ein« höhere europäische und Weltgemeinschaft. Die Uebersührung dieses großen Ideals in die Wirklichkeit steht heute aus der Tagesordnung der Weltgeschichte. Nicht geistige und moralisch« Kräfte allein arbeiten an dieser Errichtung, auch wirtschaftliche Notwendigkeiten zwingen zu Verständigung und dauerndem Frieden. Krieg- und Nachkriegszeit haben die materiellen Kräfte der Welt stark umschichtet. Nur ein einiges Europa kann seinen Platz in der Welt behaupten. ,Tie erste Etappe hierzu ist die Zollunion der europäischen Län der. Ai« politische Verständigung bringt un» dem Ziel« d er Verhütung des Krieges näher. Wir deutschen Friedensfreunde begrüßen jede internationale Anregung, die den Krieg als Verbrechen brandmarkt und den An greifer an der Ausführung seiner verbrecherischen Absicht erfolgreich hindert. ES gibt kein nationale» Gut, da» so hoch wäre, um leichtfertig und verbrecherisch da» Le ben von 60 Millionen aufs Spiel zu setzen, die Leber lebenden aber für ihr ganze» Leben moralisch und gei stig zu verelenden. Höchste nationale.Pflicht ist vielmehr die Erhaltung und Veredelung dieser Menschenleben. Jeden Versuch, die Rückkehr der Kriegsschrecken praktisch unmöglich zu machen, stimmen wir deshalb zu., Der Schiedsgertchtsgedanke, der jetzt in so erfreulicher Leber einstimmung von den Staatsmännern beider Länder er hoben wird, macht auch in unserem Lande entschieden Fortschritte bei vielen Parteien bi- weit in die Reiht« hinein. Dabei sind wir deutschen Friedensfreunde Über zeugt, daß das obligatorische Schiedsgericht nicht nur. in Fällen rechtlicher und anderer Differenzen zweiten Rän ge» in Tätigkeit treten soll, sondern auch für. die so««- nannten politischen, die Lebensfragen, di« Ehrenfragen. ES gibt keine höhere Ehre alS die, seinem Volke dem Massenmord zu ersparen. Wirksam wird dies« Schieds gerichtsbarkeit erst werden, wenn die Abrüstung allge mein in Angriff genommen wird, wie sie di« Einleitung zum L. Abschnitt des Versailler Vertrage» in Aussicht nimmt. Die allgemeine Abrüstung muß di« selbstver ständliche Ergänzung jede» Gericht» und Sicherheit»- Pakte» sein. Löbe betont« hier, Deutschland M technisch bi» zu einem Grade abgerüstet, der für all» Länd« Europa» ein Vorbild sein kann. Teutschland Markt auf die Erfüllung der Zusagen in Abschnitt 8 de» grteden-verttage», sowie auch die moralisch« Abrüstung fordern wir. Auch der Krieg-Wille muß abgebaut Wor den, wen« di« Welt vor neuen Aderlass«« geschützt wor den soll. Die» ist nur möglich durch gegenftitW» Per- trauen und Verständigung, durch vollkommen« Gleich berechtigung der Völker, Wird »in öO-MilltonZn-volk in Europa von dieser Gleichberechtigung ausgeschlossen, so Muß darunter die Atmosphäre de* Vertrauen» lei den, deren wir all« der Vollendung de» Werke» dtz» dürfen. Begraben wir di« Idee der U«Verlegenheit und -en Vorrechten einer Nation, ersetzen wir di» Adeoloaig vergangener Zeiten durch di» «roß» Ide» der europäischen Gemeinschaft, der auch Jaure» dient», lasset uns von dieser großen Sach« den Staatsmännern Europa» zu rufen« vollendet da» Merk der internationalen Gesche, da» ihr so au»stcht»reich »«gönnen, wenn «F gelingt, . den alten Hader d«r beiden großen Nationen zu beenden- wenn da» Band der Versöhnung sich um Frankreich und Deutschland schlingt, dann wich ch sich auch bald Mn Europa schlingen." ,