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Nr. 180. vuer Tageblatt und «nzeiger für da» SrzgeLsrge. Mittwoch, den ü. August Itlitb. Meint, die deutsch« Regierung hab«, obwohl st« elf Mo nat« Zett gehabt hätte, ihre entsprechenden Vorberel- tungen ossenbar bt» zum letzten Augenblick verschoben,, Liv Hauptverantwortung für die schlechten.Vorkehrun gen falle auf den preußischen Innenminister Severtng. Neuyork, 3. August. Lite polnische AuSwetsung«. frage wird in Amerika nach wie vor stark beachtet. Iln«, verkennbar ist, daß, die öffentliche Meinung mehr auf fetten Polens steht. Deutschland trügt an dieser Auf fassung ein« gewiss« Mitschuld. In Neuyork gab bei spielsweise der Geschäftsträger Polen- «ine lang« Er klärung ab, die allseitig abgedruckt wurde. Offizielle j deutsche Erklärungen blieben dagegen vollständig au».' Die äußerst geschickt« Erklärung de- polnischen Gs-! sandten gipfelte darin, daß, Polen das Recht zu den An«, j Weisungen auf Grund des Versailler Vertrages zustehe.' ES seien Verhandlungen unter den Auspizien deS Völker bundes in dieser Frag« oorauSgegangen. Die betroffe-! nen Deutschen und die ReichSregterung hätten bereits! seit Jahresfrist gewußt, was! ihnen bevorstünde. . Ter von Deutschland und Polen anerkannte Schiedsrichter Härte einen Schiedsspruch gefällt, auf Grund dessen das Wiener Uebereinkommen zwischen Deutschland und Polen tzustandegekommen sei. Polen, da» seit Jahren mit der Ausweisung gerechnet habe, habe alle Vorbereitungen hierfür seit langer Zett getroffen. Wie stark diese Erklärung in Amerika, wo man sehr wenig über die Verhältnisse an den deutschen Ostgrenzen weiß, wirkte, wird am besten durch einen Artikel des deutschfeindlichen „Herald" erhellt, den das.Blatt un ter der Ueberschrift „Deutschen-AuSwetsungen in ein neues Licht gerückt", bringt. Ter geschaffene ungünstige Eindruck wird nach in sämtlichen Berliner Meldungen vorhandenen Anspielungen über Mißverhältnisse in Schnetdemühl und das Versagen der deutschen Organi-> sation noch verschärft. Andere Zeitungen berichten, daß! unschuldige Menschen durch das Versagen der deutschen i Behörden leiden müßten. i Ekn amerikanisches Urteil über Polen. „Boston Evening Transcript" bringt unter .der Ueberschrift „Angebliche freie Demokratie Polens ist grausame Autokratie", einen Bericht über den Vortrag des polnischen Außenministers Skrzinski in Williams town, in dem der Außenminister ein begeistertes Loblied auf die einzigartige machtvolle Demokratie der Ber einigten Staaten sang, dem Polen in jeder Beziehung als treuer Verbündeter nachzueifern wünsche. Als Ge genüberstellung zu den Worten des Ministers bringt das Blatt vor der Inhaltsangabe des Vortrages ein Inter view, das der ukrainische Lehrer Sichinsky nach der Rede' des polnischen Außenministers der Presse gegeben batte. Tanach ist Polen keine freie Demokratie. Es gibt dort» mehr als 10 000 politische Gefangene, die den schlimm-! sten Mißhandlungen und Folterungen ausgesetzt sind. Die Polonisierung wird wett grausamer durchgeführt als unter der früheren russischen Herrschaft die Russifizie- rung. Tie Minderheiten, die 35 Prozent der Gesamt bevölkerung ausmachen, werden unterdrückt. Tiie Presse steht unter der Zensur der römisch-katholischen Kirche, andere Kirchen werden verfolgt And ihre Priester Aus dem Fände Vertrieben, selbst wenn sie Polen sind. Der Sankbranttenstreik ln Frankreich. Paris, 3. August. Der Streik der Bankbeamten in Paris erstreckt sich nunmehr auf neun Großbanken, die jedoch in der Lage sind, ihre Betriebe aufrechtzuerhalten. Heute nachmittag haben die Streikenden irr einem ge schlossenen Zuge, an dem sich etwa 5000 Personen be- Zorksthrittr -er Franzosen ln Marokko. Part», 3. August. Hava» bestätigt tn einer Mel dung au» Fez im wesentlichen dte Angaben, di« in einer heute früh bereits übermittelten Agenturmeldung Wer die Lage an der französischen Marokkvfront snchalten waren, und betont ebenfalls die sehr guten Ergebnisse, dte man durch Anwendung von zahlreichen Tank» in der Schlachtltnio erzielt hab«. Die französischen Truppen hätten den Posten Bab Murudsch ohne Schwierigkeiten wieder verproviantiert. Bon denk östlichen Frontab schnitt sei nicht- von Bedeutung zu berichten. Amtlicher Bericht von der spanischen Marokkofeont. Madrid, 3. August. Ter amtliche Bericht über die Lags in Spanisch-Marokko kündigt an, daß irr der spa nischen Zone kleinere Operationen zuM Zwecke einer besseren Sicherung der Verbindungslinien durchgefllhrt werden sollen. In dem Bericht ist ferner hervorgehoben, daß die Tätigkeit der Truppen durch große Hitze erschwert werde. . > > I Die Stellung Lyauteys. Madrid, 3. August. In einem Artikel über den Marokkokrieg bespricht „ABC" die schwierige Stellung LhautehS, die in Anbetracht der unklaren Regelung der Kommandofrage als gefährlich und zudem unwürdig be zeichnet wird. Tas Blatt hebt ferner hervor, daß tn der Proklamation NaultnS nur Petatn erwähnt, wäh rend Lyauteh übergangen worden sei. Keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Prlmo de Rivera und Jordans. Madrid, 3. August. Tie Zeitung „Jnformaeiones" wendet sich in einem Artikel gegen Auslassungen des „Temps", der behauptet hatte, zwischen Primo de Ri vera und dem spanischen Vertreter bei der Madrider Konferenz General Jordan« bestünden Meinungsver schiedenheiten und der Besuch Petains tn Tetuan habe den Zweck verfolgt, die militärischen Bestimmungen des Madrider Abkommens zu ergänzen. Tas Blatt erklärt, dis Mitteilungen Jordanas über das Madrider Abkom men seien unter voller Zustimmung Primo de Riberas erfolgt. ! Doumerguc an König AlsonS. Madrid, 3. August. Ter König von Spanien hat ein Telegramm des Präsidenwn der französischen Re publik Doumergue erhalten, in dem dieser für die glän zende Aufnahme der französischen Flotte in Spanien, durch die die Vereinbarungen von Madrid besiegelt wür den, seinen Tank auSsprtcht. . ! Keine türkischen Offiziere bei Md el Krim. Die „Anatvlische Nachrichten-Agentur" in Angora dementiert offiziell, daß türkische Offiziere bei Abd el Krim Dienen, sowie die Nachricht, daß die Türkei dem Rifführer Subventionen gewährt Hape. ' Aufstau- in Speie«! Parts, 3. August. Dte Blätter berichten von Zwi schenfällen in Syrien. Nach einer Meldung des „TempS" sollen in Trufe nrilitärische Operationen vor sich Men. Eine Fliegerbombe habe 18 Aufständische, als sie gerade zwei Kamele befrachtet hätten, getötet. ES sei daher von den Aufständischen ein Angriff gegen die Zitadelle von Srreida unternommen worden, die schwere Verluste dabei erlitten hätten. Auf französischer Seite seien fünf Mann leicht verletzt worden. Die Agentur HavaS erklärt dazu, daß es sich um örtliche Ereignisse handle, die sich am 20. Juli abgespielt hätten. Eine kleine französische Kolonne sei beim Biwakieren angegriffen worden. Sie habe einige Mißerfolge erlitten. General Sarrail habe aber sofort Verstärkungen abgesandt, um den Posten teiligten, vor dem Börsengebäude demonstriert. Es ist zu keinem Zwischenfall gekommen. ,Im Laufe des heuti gen Nachmittags werden die Angestellten der kleineren Banken zu einer Versammlung zusammentreten, um zu der Streikfrage Stellung zu nehmen. In Marseille, wo der Streik der Bankangestellten seit 14 Tagen an dauert. hat die Behörde zur Unterstützung der Familien der Streikenden eine Beihilfe von 50 000 Franken ge währt. . . I > ' > i ! >' f zu befreien. Der Pariser Berichterstatter deS „Daily Expreß" schreibt, Frankreich kämpfe anscheinend einen.neuen ge heimen Krieg, diesmal in Syrien. Der augenblickliche Krieg in Marokko habe in derselben Weise begonnen, wie die jetzigen Schwierigkeiten in Syrien. Der „Daily Herald" schreibt, neben seinem kostspieligen Marokko feldzug stehe Frankreich jetzt einem Aufständen Syrien gegenüber. > i , > ' Kunst und Wissenschaft. Tagung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. In den Räumen der Universität Halle a. S. begann die 47. Tagung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft, die von etwa 150 Teilnehmern aus allen Teilen Deutschlands besucht ist. Voran ging ein Begrüßungsabend in der Börse, bei welchem Prof. Sommerlad über die geschichtliche Bedeutung Halles sprach, und eine Stadtsühruug durch den Provinzial konservator Baurctt Dohle. Die Verhandlungen Norden von Geh. Rat Prof. Hans Virchow, Berlin, geleitet, der tn einer Begrüßungsrede auf die ähnlichen Peranstlckrunüerr in Tü bingen (19L3) und Hildesheim (19L1) hinwieö, der verstorbe nen Mitglieder der Gesellschaft von Luschau, Martin, Hau schild und Koch-Grünberg in ehrenden Worten gedachte, auf den trotz aller gegenteiligen Bestrebungen immer innigeren Zusammenhang der Anthropologie, Prähistorie und Ethno logie hinwies aber ebenso die Beziehungen dieser Wissenschaf ten zu Psychologie, Psychiatrie, Zoologie, Botanik, Geologie Geographie hervorhvb. Für die Universität sprach der Rec tor magnificius warme Bcgrüßungsworte, in denen gleich falls der universale Charakter der Anthropologie zum Aus- druck kam. Es sprachen ferner Walter-Halle über die natür lichen Grundlagen der mitteldeutschen Kulturen, Krause. Leipzig über Primäre und sekundäre Primitivheit, während Eugen Fischer-Freiburg die Urbevölkerung der Kanarischen Inseln behandelte, in der er den Cro-Magnon-Typ festgestelli sehen will. Reinerth-Tübingen trat im Gegensatz zu den Theorien Ferdinand Kellers, der in den Pfahlbauten Was serbauten erblickt, für deren Landcharaktcr ein. Eröffnung des 17. Weltesperantokongresses. Der 17. Welt- esperantokongreß wurde am Sonntag abend in Anwesenheit von über 1000 Teilnehmern au» 81 Ländern tn Genf eröff net. Offiziell vertreten waren dte Regierungen der Schweiz, Manien», HeS Deutschen Reiche»,, Oesterreich«, Rumänien», das Internationale Rote Kreuz-Komitee, der Gemeinderat Hollands, der Völlerbund, das Internationale Arbeitsamt, von Preßburg und 24 internationale Vereinigungen. Die Tagung des Internationalen ZahnürzteverVandes. Der internationale Zahnarztcverband, dem die Unterverbände aller europäischen Länder sowie amerikanischer und asiatischer Staaten angehören, hält gegenwärtig in Genf seine neum». Jahresversammlung ab. Den Arbeiten des Kongresses woh nen e:wa 100 Zahnärzte bei. Eröffnung der PostwrrtzeichenauSftellung in Hamburg. Im Beisein oes Protektors, Bürgermeisters Petersen, der Ec.rcngäst- und zahlreichen Publikums wurde in der Ham burger KunstHuverbcschule die Pnstwertz-ichenausstellung eröffnet. Der Senat stiftete eine goldene Medaille für die beste Sammlung altdeutscher Staaten. In den nächsten Tagen wird der 31. deutsche Philotelistentag eine große Schar von Briefmarkenfreundcn in Hamburg vereinen. Das Gemälde der Koiserproklamation. Auf eine kleine Anfrage deutschvvlkischcr Landtagsabgeordnercr. wegen der Unterbringung des Gemäldes Anton von Werners über die Kaiserproklamierung in Versailles im Möbelspeichcr des Schlosses Charlotteuburg hat der Preußische Finanzminister eine Antwort erteilt, aus der sich ergibt, daß das Bild ans Platzgründen nur vorübergehend an der jetzigen Stelle unter- gebracht ist. Es soll künftig den Hauptschmuck der „Polnischen Kammern" im Berliner Schlosse bilden, der einzigen Räume, deren. Waudslächen in der Größe ausreichen und deren dekorative Ausstattung der Bedeutung deS Bildes ent- spricht. Die Büldung. In Süddeutschland, besonders in Wien, unterscheidet man fein zwischen dem Gxbillbeten und dem Gebildeten. Dem schlechthin Gebildeten gegenüber ist ge- büldet, wex sich vor Reichen und Vornehmen natürlich zu sein schämt, oder wer stck den Anschein gibt, alles zu kennen, oder wer da meint, die Laute t und e durch L und ü ersetzen Ler Berichterstatter de- „Berl. Tagebl." schreibt: E» handel» sich in Syrien um ein« Empörung de« Sul tan- Mrasch, der bereit- vor zwei Jahren dem General Wehgand zu schassen machte. Damal- wurde «ine mili- tärtsche Expedition organisiert, die sechs Monate lang mit den Aufständischen zu kämpfen hatte, bis der Sul- tan sich unterwarf. Heute versucht der Sultan einen neuen Aufstand, wie der „Mattn" meint, „ermutigt Lurch da» Vorgehen Abd el Krim«". Die Regierung erklärt, daß die Unruhe ohne große Bedeutung sei. Aber dte offiziellen Berichte klingen nicht ganz so be ruhigend wie dte offiziellen Erklärungen. Der „Petit Parisien" schreibt über die Situation r „Bor etwa zehn Tagen wurde durch lokale Streitigkeiten eine gewisse Unruhe tn der Nähe des Milttärpostens von Suetdg in den Tvusenbergen hervorgerufen. Eine kleine französi sche Abteilung wurde angegriffen und zum Rückzug ge zwungen. General Sarrail hat sofort Verstärkungen nach dem von den Rebellen etngeschlossenen Sueida ab geschickt. Der französische Oberkommissar handelt 'In vollem Einvernehmen mit seinem englischen Kollegen, der ebenfalls gezwungen war, dte in Transjordanien etngedrungenen Trusen mit Kanonen zurückzutreiben." Eine Ne-e -es präflüenten doumergue. Paris, 3. August. In Grenoble gab gestern abend der Generalrat des Departements Jsere zu Ehren des' anwesenden Präsidenten der Republik ein Festmahl, in dessen Verlauf Doumergue eine Rede hielt. Ter Prä sident erklärte u. a., die beiden tn Frankreich augen blicklich stattfindenden internationalen Ausstellungen seien organisiert, um zwischen den Nationen einen herz lichen und fruchtbaren Wettbewerb zu veranstalten, der geeignet sei, ihnen begreiflich zu machen, daß der Ausl- gleich und die Vereinigung ihrer nationalen Anstren gungen und ihrer nationalen Freiheiten ihrem Sonder interesse ebenso nützlich seien wie dem her Welt. Ter Präsident fuhr fort: Diesen Wettbewerb — ein Vorspiel und eine Bedingung für die Verständigung der Völker — auf allen Gebieten der schaffenden Tätigkeit und des Geistes, möge man sich bemühen, zum Wohle des Vaterlandes zu pflegen. Da wir von ganzem Herzen wünschen, dvß ein segensreicher Friede zwischen den Völ kern herrscht, wollen wir im Innern unseres Lcurdes! ein Beispiel geben. Wie kann man denn in der Lat an dte Aufrichtigkeit des Willens zum äußeren Frieden bei de nen glauben, die nicht die Notwendigkeit eines inneren Friedens im eigenen Lande verstehen und die nur von inneren Zwistigkeiten und Bürgerkrieg träumen! korruptionsfkan-al in Amerika. Dunkle, seit langem kursierende Gerüchte über angebliche Korruption tn der Verwaltung des „feindlichen Eigentums" unter der Amtsführung Millers, der vor einigen Monaten durch Hicks ersetzt wurde, haben nunmehr ihren Weg in die Oeffentlichkeit gefunden. Miller wird. porgeworsen, durch Bestechungsgelder in Höhe von nahezu fünfzigtausend Dollars bewogen worden zu sein, Schweizer Strohmännern der deut' scheu Eigentümer an 6A Millionen Wert von Anteilen der „American Metal Company", einer Tochtergesellschaft der deutschen Metallgesellschaft, zukommen zu lasten, obwohl ihm di« wahren Eigentumsverhältnisse bekannt waren. Millers Freund King, der frühere Vorsitzende des Neuyorker republi kanischen Nattonalkomitees, soll über hunderttausend Dollars erhalten haben, auch sollen angeblich der Bruder des früheren Justizministcrs Daugherty sowie der berüchtigte Jesse Smith, Daughertys Vertrauensmann, in dessen Wohnung Smith 1923 Selbstmord beging, in die Angelegenheit ver wickelt sein. Die Möglchket erscheint aber nicht ausgeschlos sen, daß es uch um eine Gegenmine der der amerikanischen ,,Chpmli,cal Foundation" >nahestclMden Interessen handelt,, die über das energische Vorgehen der Regierung in der skanda' lösen Angelegenheit der verschleuderten deutschen Patente be unruhigt sind, allerdings sollen bereits „Libertyöonds" in Millers Banflonto identifiziert sein mit den von den Schwei zern ausgezahlren. Richard Merton aus Frankfurt führte 1921 in Washington Verhandlungen als Vertreter Schweizer Jnteveflenten. Die Untersuchung durch das Justizministerium ist im Gange, mit der vermutlich die parlamentarische Unter suchung parallel laufen wird. zü^ müssen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, daß die und e vielleicht schon au sich schvistdeutsch sind. Anzengruber ver spottet einmal dieses äußerliche Streben nach Bildung, in dem er Bauern tn Nachäffung des Geistlichen tüftrauörndö Hüntörblübönö und! geöhnctö vörsammöltö Anwösende anre' den läßt. Wir kennen diese Sprache aus dem Kladderadatsch mit seinem Zwückauör, der eine andere Rasse vertritt, als die übrigen Deutschen. Solcher Bildung erniangelt aber auch bec Plalcdeutßhe nicht, der einen derben Ausdruck wie schit- gelt umsormt zu Schüttgelb (grober gelber Sack). Aber auch diese Erscheinung hat sprachschöpferisch gewirkt. In Bayern wird Kau-mhen (norddeutsch Karnickel) zum Königs hasen oder doch König!, d. t. die Berhochdeutschang von Kü- ntkles oder Kinigl; die bayrische Form Küni für König spielt hinein in die Benennung des Tieres, wie auch das dem lateinischen cuniculis, d. i. Erdhöhlenhase, im Mittelhoch- deutschen ein Küueclin wurde. Die durch Luther eingesührte mitteldeutsche Form Kanin(i)chen geht zurück auf nieder deutsch Kani(eken); dies wie niederländisches konijn (spa nisch conejo) gehört ebenfalls zur Sippschaft des cuniculuS, der es bis zum König brachte. — Minder hervoragend sind die Früchte, die die Bildung der Kanzleischreiber zeitigte. In den Amtsstuben erhielten viele Ortsnamen einen latei- nischen Klang durch Umwandlung der tonlosen Endung e in a, so Eythra, Kötzschenbroda. Cosscbanda usw. Oesters wurde sogar ein au aus dem e. Holte! schreibt (Ehr. Lammfell 4, 1) von einem schriftdeutschen Sorgau, das „im Volksmunde ehr licherweise Sorge genannt werde". — Manchem Verehrer Klopstocks erscheint dieser Name anstößig, er macht wenigstens einen Klopfstock daraus. So schrieb Gellert (Fabeln 1, 50) auch von strupfichtem Gefieder, er hielt struppig für land- schaftlich, ohne sich an Gestrüpp (zu mittelhochdeutsch strupp) zu erinnern. Wenn heutige Dichter von würdigen Pfarr herren sprechen, so hielt man schon im Mittelalter Pfarrer (pharraer«) für eine Kürzung von Pfarrherr (pfarrherre).