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Är. 133 Donnerstag, üen 11. Zum 1925 20. Jahrgang Muer Tageblatt L'ÄLLrLrLL L.l.sra«m.. -»„.blatt ftu«r,g.b,rg,. Enthalten- -k amtlichen Sekanntmachungen -r» Nate» -er Gta-t UN- -es Amtsgerichts st«. p«ivh«t.el»w,'^g'a°n,»u Englanü ist mit -er Ein gung in Genf zufrieden. London, 9. Juni. Zn britischen diplomatischen Kret- sen «herrscht Rückhaltlose Befriedigung Mer die Nachricht aus Genf, daß zwischen Großbritannien und Frankreich sine vollstündige Einigung über die Grundlage, auf der dis Verhandlungen über den geplanten Sicherheftspakt Wetterzuführen sind, zustande gekommen ist. Es wurde betont, daß es seit der ersten Anregung der deutschen Regierung zweifellos war, daß der Pakt hei etwaiger Verwirklichung streng gegenseitig und zweiseitig sein würde, und daß die Verpflichtungen England» sich auf die Garantien der Grenzen zwischen Frankreich und Bel» gien einerseits und Deutsch land andererseits beschrän ken würden. Drn'.l britischen 'Standpunkt au» war nicht in Aussicht gestellt worden, in einen etwa,tg«n Konflikt, an dem England kein tatsächliches Interesse chatte, ein» zugreifen, sondern durch eine gegenseitige Verständigung und zweifelsfreie Festlegung der englischen „Interessen in Mitleidenschaft ziehenden Krieges an der genannten Grenze auSzuschließen. Alle Unterzeichner de» VatteS, — zu denen hoffentlich auch Belgien und Italien ge hören werden —, sollten alle den VMeubundsmitglie- dern Ankommenden Rechte und 'Pflichten übernehmen!, ebenso wie auch Deutschland, da der Pakt erst in Kraft' treten könne, wenn Deutschland selbst vollberechtigte» Mitglied des Völkerbundes geworden sei. Bezüglich der anderen Grenzen Deutschland» verlautet, daß der Pakt in keiner Hinsicht die darauf bezüglichen Bestimmungen des Friedensvertrages abschwächen werde, und daß et- waigs Streitigkeiten unter die Bestimmungen des Böl» kerbundspaktes fallen werden. Die Wirkung des neuen Paktes wurde von gutunterrichte ter Seite dahin zusam» prengefaßt, daß Großbritannien sich hinsichtlich der fran zösischen Grenz« in genau der gleichen Lage befinden werde wie im Zähre 1914 hinsichtlich der belgischen. Premierminister Baldwin erklärte in der heutigen Sitzung des Unterhauses, .daß er hoffe, sich gegen Ende der nächsten Woche, sobald Chamberlain nach London zurückgekchrt sei, zu dem engltsch-französischen Abkom men über den Gtcherheitspakt äußern zu können. Europa ist friedlicher! London, 9. Juni. Auf dem Kongreß der konserva tiven Frauen sagte KriegsMinister Wo.rtihtngtdn Gvan«: Güstern ist Austen Chamberlain in Genf zu einer end» gliltigen Vereinbarung mit Briand hinsichtlich der Ant wort an Deutschland gelangt. Ich glaube, daß diese Vereinbarung viel zUr Stabilisierung der Lage Europa» beitragen wird und daß wir jetzt am Anfang eine» viel friedlicheren Zustandes in Europa stehen Als je seit dem Waffenstillstand. Wenn dies erreicht werden kann, so wird es viel zur Ermutigung der Völker Europas und zur 'Förderung friedlicher Verhältnisse für den Handel beitragen. Uebcrrelchung der Note nach Rückkehr Briand». Pari», 9. Juni. HaoaS Meldet au» Genf: Tte Note zur Sicher'heitSfrag«, über die sich Ms englische und französische Regierung nunmehr geeinigt haben«) wird Deutschland nach der Rückkehr Briand» nach« Pa rts übermittelt werden, Briand beabsichtigt, Genf nicht vor Mittwoch abend zu verlassen und Chamberlain wird seinen Aufenthalt bi» Donnerstag verlängern, zu wel chem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich der Vülkerbund-rat seine.Arbeit beendet habqn wird. Tie Note an Deutsch land, deren Text feststeht, wird nichts weiter enthalten als eine möglichst klare Aufzählung der Grundsätze,' auf Lenen jeder Sicherhettspakt, an dem Deutschland teilntmmt, notwendigerweise aufgebaut sein muß. So bald die deutsche Regierung in ihrem Besitz' sein wird- wird sie unzweideutig erkennen, unter welchen Bedin gungen der von ihr selbst gemachte Vorschlag Erfolg haben kann. > ' . i Ausäehnung äerUnruhen in China London, 9. Juni. Die Blätter berichten Wetter ein- gehend über die ernste Lage in China. „Time»" meldet aus Schanghai, die Anzeichen Mehrten .sich!, daß die Unruhen wehere Provinzen in Mitleidenschaft ziehen- Tis Stimmung in Honan sei gereizt, die Lage der dor- rigsn Ausländer verursache Besorgnis. Laut „Daily Telegraph" sind die britischen amtli chen Kreise wegen der Lage in (Gina sehr beunruhigt. „Daily Telegraph" berichtet au» Tokio, daß maßgeben den Berichten zufolge China von Kanton bis Peking und von Setschuan bis 'zur Mündung de» Aangtsekiang in Gärung sei. Eine Meldung der „Associated Preß", wonach Rußland beabsichtige, sich, die Kontrolle Chinas zu sichern, habe zu wichtigen privaten Konferenzen an hoher japanischer Stelle geführt. Rach der in de ja panischen Hauptstadt vertretenen Ansicht könne H.nen Augenblick gezweifelt werden, daß ein Abkommen besteht, durch da» die Hauptinteressen Tokio», Moskau» und Peking nach> einer unvermeidlichen Periode des' Chaos!, bei der Japan der größte unmittelbare Verlierer sein werde, sichevgestellt werden. Von 'hoher Seite verlaute, daß dis Entwicklung in den nächsten sechs Monaten den Beginn einer vollkommen neuen Aera im Fernen Osten bedeuten werd«.' i „Morning Poft" Meldet azrS 'Schanghai, daß die Ausländer jetzt als einen ernsten Fehler di« Beschlüsse ansehen, die zur Aufhebung der exterritorialen Rechte der Deutschen, der Oesterretcher Und anderer« führten, und zwar wegen de» Prestigeveriuste», den di« Auf hebung zur Folge hatte. « Paris, S. Juni.' Wie HavaÄ au» Schanghai mel det, haben verschiedene Bereinigungen von Studenten und mehrere Verbände von 'Handlungsangestellten Se stern abend in der Handelskammer «in« Konferenz ab gehalten. Sie haben 17 Entschließungen gefaßt, in de nen insbesondere die Räumung Schanghais« durch die Marineinfanterie, die Freilassung der festgenommenen Aufständischen, Abschaffung der Exterritorialität, ^Ab schaffung des 'Gemischten Schiedsgerichts usw. gefor dert toird. In einer Dieser Entschließungen wird auch gefordert, daß die englischen und die japanischen di plomatischen Vertreter sich bet der chinesischen Regierung entschuldigen und die Zusicherung geben sollen, daß keine Repressalien für die Zukunft ergriffen iverden. Schanghai, 9. Juni. Zn der Lage de» Streikes ist insofern ein« neue Entwicklung etngetreten, al» sich die chinesisch«» Se«l«ut« «entschloss«, ha-m, d« B«. wegung anzuschlteßen.' 800 S««l«ut« von S britischen Dampfern, di« in Küsten- und Flußtzandel fahren, tra ten gestern in den Streik. Bisher sind Ozeandampfer von der Bewegung unberührt geblieben.. Die japa nischen Schiffe Haben ebenfalls! v,it Schwierigkeiten zu kämpfen und erwägen die Ersetzung der chinesischen Be satzungen durch, «Japaner. Der 'Streik der Dockarbeiter hat die Tätigkeit der Docks unterbrochen. Da die chine sischen Banken und Schtffsftrmen, die die Labungen fi nanzieren und Handel treiben, ihre Büros, geschlossen haben, finden Güterbewegungen in nur geringem Sim fange statt. Was gehl in Bulgarien vor? Die Nachricht über erneute große Aufstände in Bul garien wurden von der bulgarischen Botschaft demen tiert. ES wurde erklärt, daß die Ruhe in Bulgarien vollständig hergestellt und der Belagerungszustand auf gehoben sei. > Das „Berliner Tageblatt" meldete gestern Straßen- kämpfe in Sofia. Sofia, 9. Juni. Bei einem Straßenkampf wurden 7 Personen, darunter ein Mitglied de» Parlaments, getötet, mehrere hundert verwundet. WTB. berichtet über Verhaftungen im Bezirk Har- manli r , Sofia, 9. Juni. In dem Bezirke Harmanlt sind '800 Personen festgenommen worden, die verdächtig find, mit den Bersch'wöreroxgantsationen in Verbin dung zu stehen. Unter den Verhafteten befindet sich auch der kommunistische Führer und ehemalige Ab geordnete Dr. Ztposonoff. Bi» jetzt ist gegen diese Nachrichten' noch kein Le- imentt erfolgt und e» ist anzunehmen, daß! trotz den Wer- stcherungm der Regierung die Unruhen meitergroifen. Sofia, 9. Juni.' Die Polizei hat nunmehr den Zen tralausschuß entdeckt, d«r materielle Unterstützungen an die Angehörigen der gefallenen und geflüchtet«« Ver schwörer verteilte, Im Zusammenhang mit dieser Aw- gelegenheit wurden 47 Personen verhaftet, di« bereit» ein Geständnis abgelegt haben. Sofia, 9. Juni.' Tie bulgarisch» Agtuung ver- imigert di« Herausgabe de» sowjetrusstschen Schiffes „Utrtsch". solange der bulgarisch« Motorschoner „WM sow", der in Odessa von den Sowjetbehörden beschlag nahmt worden ist, nicht fraise geben ist. Sofia, 9. Juni/ »dach'ähnlichen Angaben befinden sich aug«nblicklich üb« LV00 bulmtkische Gntgrankentn Jugoslawien. Davon sind 800 Kommunist« und 1700 Ungehörig» der Bauernpartei. Presse unä »öffentliche Meinung* Sowjelruhlanüs. Der «onderbertchterstatter der „Vvssisch« Zeitung", Dr. Erwin Honig, Moskau, schreibt in Str. 187 unter obig« Ueberschrtstr ,LM Bürgerkrieg sind Zeitungen ebenso eine Waffe wie Dtafchinengewehre" hat vor sieben Jahren der von Bucharin verfaßte kommunistische „Katechismus" ver kündet. Der Bürgerkrieg ist 'zwar auSgeMmpst, Mit ausländischen Staaten werden Verträge geschlossen, mö gen st« noch so absolutistisch regiert werden und itzwe eigenen Kommunisten noch so sehr unterdrücken, ab« die Meinungsfreiheit in Rußland selber ist in den gleichen Beschränkungen geblieben. Dort, wo die russische «er- fassung von den allgemeinen Grundrechten spricht, heißt es, daß die gesamte Presse ausschließlich in die Hände de» Proletariats übergegangen ist. Dies« Tatsache hat zwei Setten. Auf der vinen ist zu buchen, daß di« Ver breitung der Presse unter dem Kommunismus mit der fortschreitenden Bekämpfung de» Analphabetentums gv> stiegen ist. Wenn ein vor Jahresfrist in MoHku ge gründetes Bauernblatt, die „Krestjanska Gaseta", heute in 400 000 Exemplare« gedruckt wird, so gelangt sicher nicht jedes in eine Bauernhütte, die Propaganda wird hier vielleicht einen besonder» starken Leerlauf haben? aber Allein schon da» Vorhandensein einer ganz dem Znter«sso der Bauern güvidmetan Tageszeitung bedeutet für Rußland etwas Naue». Auf der anderen Seit« ist die Absichtliche Beschränkung der Zeitungen auf prole tarisch« Interessen etwa», wa« ihren Horizont zu künst lich einengt, al» daß e» ohne Gelbstschädtgung aufrecht erhalten werden könnte. Die Drucklegung ein« nicht kommunistischen Zeitung od« auch nur «ine» Flugblat tes ist im ganzen Reich« ausgeschlossen. - . Einen großstädtischen Charakter haben eigentlich nur mehr di «Moskauer Blätter; die Petersburg«, einst weit Vorau», sind auf Provinzntveau gesunken, in noch! wei terem Abstand folgt Charkow ' Moskau hat drei „große" Tageszeitungen r die ,JsweMja" („Nachrichten", abge kürzt aus Nachrichten do» ' ZentraloollzugSauSschufse» de» SowjotbundeS usw.), die „Prawda" („Wahrheit") und die „Gkonomitscheskaja Schisn" („Wirtschaftsleben"). Ihre Auflageziffern sind in derselben Rethenfolger 700 000, eine halbe Million, '250 000. DäS Berbrei- tungsgebtet «streckt sich über da» ganze Reich, während die Moskau« Arbeiterbepölkerung lieb« die kleine, handliche „Rabotschaja Gassta" („Arbeiterzeitung") liest. Politisch steht natürlich alles auf derselben Linie der herrschenden kommunistischen Partei, mit den Nu ancen, daß die „Jswestija" wehr das! Staatsblatt und die „Prawda" den eigentlichen Parteimoniteur darstellt, während die „Gkonomitscheskaja Schisn" sich! überhaupt auf wirtschaftliche Fragen beschränkt, iei dem Riesen format dieser Blätter (68 x 55) und oew Umfang von 2 hi» 3 Bogen ist der Einzelpreis von 5 Kopeken, ein Rubel im Monatsabonnsment, niedrig. Da» teure Pa pier bildet auch in Moskau die Klage sämtlicher Zei- tungsleute. Der Inseratenteil umfaßt ein Fünftel bi» V« dor Umfange», di« Anzeigen stammen au» allen Ge bieten des Geschäftslebens, vvn den großen Trust» bi!» zürn Kleintirrmarkt, wobei die Ankündigungen der gro ßen Staats- und Partoioerlqge besonderen Raum ein- nehmen. Die Werbung der Anzeigen geschieht durch di« Agenten wie bet der „kapitalistischen" Presse, Die Frage de» journalistischen Nachwuchs«» ist eben so brennend'wie die d«» Führerersatzes überhaupt. Die H^anziehung junger Kräfte direkt au« dsW Avbetteo- bvruf, die besonder» Trotzki angeregt hatte, durch die so genannten Robkorrt (Arbeiterkorrespondenten), hat nicht imnrer in die journalistische Bahn geführt, sondern mehr Kontroll-wecken der Partei gedients erst in allerjüngst« Zett stellt man einen direktes» Zusammenhang zwischen den Mitarbeitern in der Fabrik und den Redaktionen her. ES sind keineswegs ausschließlich Parteimitglie der, di« in den Redaktionen sitzen, mpn trifft Männer, die früher in der bürgerlichen Press« tätig waren, eben sogut wie freiwillig oder unfreiwillig au« dep Partei autzg«schieden« Kommunisten. Die Behält« der Redak teur« unterstehen keinem Gewerkschaft»tartf, sondern nur freier Abmachung, da» Einkommen einiger an exponier ter Stell« stehender Journalisten hat sogar.sehr da» Augenmerk der Z.K.«. (ZentralkontrolttoMmisston) du Partei auf sich gezogen. Der grüßt« Mangel dieser Presse ist dieFntformte- rung ihre» Noch richtmteil». Auf diesem Gebiet ist in Völlig« Verkennung de» wahren Charakter« der Rach richt eine Monopolstellung für di« Rost« geschaffen wor den. Die Rosta ist der direkt» Nachkomme der zavM- schen „Petersburger Telegraphenagentur", deren Pew träge mit den verschiedenen europäischen und amrrtta- Nischen offiziösen Agenturen st» übernommen hat. «vt- m Zeil» über »sAnge im Sklüand wie iM Inland,