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Nr. 113 Sonnsbenä, äea IS. Msi 1S2S 20. Jahrgang Ermäßigung äer Lohnsteuer. In der gestrigen .Sitzung des Steuerausschusses des Reichstages gab Reichssinanzminister v. Schrieben fol gende Erklärung ab: ' „Die Reichsreaierung hat sich Wit den Anregungen der verschiedenen Parteien puf Ermäßigung Ker Lohn steuer nochmals sehr eingehend befaßt. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß über einen steuerfreien Betrag von 80 Mark Monatlich und über 2 Prozent Ermäßi gung schon für das zweite Kind nur bei einem Einkom men bis zu 3000 Mark nicht htnauFgegangen werden kann. Schon das 'wird, "wenn sich die Lohnverhältnisse nicht besonders gestalten, einen Ausfall von über 500 Millionen Mark bringen. Bei der Unsicherheit der wirt schaftlichen Verhältnisse kann 'ein noch! höherer Sah nicht verantwortet werden. Auch 'mutzt nach Lage der Verhält nisse angenommen werden, daß eine Reihe von Ländern einer wetteren Senkung kaum zustimmen wird und daß dadurch' die bon^allen dringend gewünschte Regelung der Materie nur noch weiter hinausgezögert werden müsse." ziehen. Briand wolle sich hur nächsten Tagung deS PLI- Verbundes nach Genf begeben.' Auf die Frage, vb er glaube, daß Deutschland wirk lich in den Völkerbund etntreten wolle, erklärte er, Laß er dies "annehme. Ueber die zukünftige Gestaltung Les abgeänderten Genfer Protokolls sprach sich Briand optimistisch aus. ' " > Hierauf schnitten einige Angelsächsische Journalisten die Frage der allgemeinen Abrüstung an. Briand ant wortete darauf: Frankreich, durch Erfahrungen gewitzigt, !hätte einen Mangel kn gesundem Menschenverstand be kundet, wenn es nicht nach dem Waffenstillstand stark ge blieben wäre. Trotz alledem "verfolgt es den Weg der Arbeit für den Frieden. Aber, wie viele Nationen sind gefolgt, um an den Verträgen tsilzunehmen, die für alle Fragen das obligatorische Schiedsverfahren aner kennen ? Was soll Frankreich noch mehr tun, um seine Friedensliebe zu beweisen? I Die Zahrtausenäfeier äer Nheinlanäe. Unter Beteiligung des Reichskanzlers, de» Preu- Tischen und des bayrischen Ministerpräsidenten, des Staatspräsidenten von Baden und vieler Reichs- und Länderminister wird am "16. Mat die Jahrtausendaus- stellung der Rheinlands kn 'Köln feierlich eröffnet. Wäh rend nicht eben günstige Nachrichten aus Paris und London einlaufen, die wieder einmal die Hoffnung auf baldige Befreiung des "nördlichen Rheinlandes erschüt tern, wird Hier, wie der Aufruf des Ehrenausschusses der Ausstellung sagt, veranschaulicht, daß der Rhein und das rheinische Volk dem Deutschen Reiche und der deut schen Kultur aufs innigste verbunden sind und bleiben. Die rheinisch? Jahrtausendfeter bedeutet eine Selbst besinnung auf die tiefsten Seelenkräfte der Be-oölke-" rung des Rheins, 'eine 'Selbstdarstellung ihres kraftvol len Zukunftswillens, der trotz der Zerstörungen und tie fen Wunden siebenjähriger Besetzung sich allenthalben erstaunlich durchsetzt. Man sollte nicht versuchen, diese Bedeutung der Jahrtausendfeier "zu verkleinern, etwa weil ihr geschichtlicher Anlaß 'für den historisch gründlich Belesenen nicht eindeutig 'feststeht, oder weil in die feier lichen Fanfarentöne der Herolde sich das Knallen von volkstümlichem Feuerwerk mischt. Sport- und Musik feste. Regatten und Sonderausstellungen von allerhand Verbänden sollen und "müssen die Massen in Bewegung bringen, damit, wie der erwähnte Aufruf sagt, ein ge waltiger Zustrom deutscher Volksgenossen Zeugnis da von ablegt, daß das ganze Deutschland an der Jubelfeier der rheinischen Bevölkerung "freudig teilnimmt. Die Festprogramme der "rheinischen Städte haben nunmehr endgültige Form "angenommen. Im Mittel punkt aller Veranstaltungen steht die Kölner Ausstel lung. Auch Aachen präsentiert sich in einer historischen Schau als die "Kaiserpfalz und die KrvnungSstadt der deutschen Könige und "zeigt deutsches Frauenkeben im letzten Jahrtausend. Düsseldorf, die Kunststadt, stellt hundert Jahre rheinische Malerei in einest SonderauS- stellung zusammenElberfeld "macht eine Bergische Hei- Watausstellung t Koblenz verherrlicht den rheinischen Wein in einer Weinbauausftollung. Es" ist! unmöglich) an dieser Stelle "ein auch, nur einigermaßen vollstän diges Verzeichnis aller Darbietungen zu geben. Wer in diesem Sommer "zum Rheine reisen will, erhält von den Verkehrsämtern der rheinischen Städte jede ge wünschte Auskunft. Auch "ein Heft mit einer Zusammen stellung der Jahrtausendfetern des Rheinlandes wird verschickt. Das Rheinland "ist bemüht, allen deutschen Volksgenossen eine herzliche "Aufnahme zu bereiten. Keußerungen Driantts. Di« Räumung Köln« hängt von Deutschland« gutem Willen ab? Paris, 14. Mai. Außenminister Briand empfing gestern ausländische Journalisten "und gab Erklär ngen ab, die der "Pariser Vertreter der Belgischen Telegra- phen-Agentur wie folgt zusammenfaßt: . " Bezüglich der an Deutschland zu übersendenden Now meaen seiner Verfehlungen am Versailler Vertrag erklärte Briand, daß Vie alliierten Regierungen vorerst daran gedacht hätten, kn London eine Konferenz abzu- hallen, aber daß man schließlich den Notenaustausch auf diplomatischem Wege vorgezogen habe. Die Dinge seien heute soweit vorgeschritten, daß es möglich sei, Vic' Tlbfassung einer Note in etwa zwei Wochen ins Auge > zu fassen. Diese Note werde durch Pie Botschaft?ckon- ferenz festgestcllt werden. Er, Briand, fasse die Mög lichkeit einer Reise nach England nicht ins Auge, weder in dieser Angelegenheit "noch wegen des von Deutschland borgeschlagenen Sichorheitspaktes. i Auf die "Frage wann die Alliierten da« Ruhrq«bi«t und di« Köln«» Zone räumen könnten, erklärte Briand, vatz dies sehr schwer zu sagen sei. Die» hänge besonder» ja ausschließlich von dem guten Willen Deutschlands <ab, sich mit dem Versailler Vertrag in Einklang zu sehen und den Vorstellungen der Alliierten bezüglich ver Verfehlungen Genugtuung zu geben. ' Hinsichtlich eines Paktes Mit Deutschland erklärte Briand, daß Frankreich "einen solchen nicht zurückwetser aber es müßte Vie Absichten der Berliner Regierung klar erkennen. Die "Frage deS PakteS berühste sich Mit der Entwaffnung Deutschlands; vber die eine könnte unabhängig von der änderen gelöst werden. Die Hal tung der Kleinen Entente, so erklärte Briand Wetter, sek ganz natürlich. Die Verträge seien unterzeichnet, und di» Kleine Entente "fordere, vatz man sie acht». Frank reich verlange da» "auch, und selbst Deutschland könne sich nicht de« Verpflichtungen Nu» seiner Unterschrift ent- ... —- .... . . .....—... Keine vernachlWguag -er Eisenbahnlinien km polnischen Korrl-or. Spruch de» Schiedigerichte». Tas Schiedsgericht in Danzig, für den Durchgangs, Verkehr im polnischen "Korridor Hut jetzt ekne vorläu fig« Entscheidung yekälll, nach der der Zustand der Strecke an der "Unsallstclle für den Unfall, soweit es sich jetzt noch übersehen "läßt, nicht verantwortlich! gemacht werden kann. Die eingehende Besichtigung der auf der Unfallstelle zurückgelassenon ca. "25 Schwellen ergebe, daß sie aus brauchbarem "Material bestanden. Aber auch die durch den Unfall zertrümmerten "Usberbleibsel von etwa 80 Schwellen, die von "der polnischen Eisenbahnverwal tung auf dem Bahnhof Stargard sorgfältig gesammelt und ausbewahrt waren, "ergaben nach! eingehender Prü fung, daß es "sich um gesundes Material handelt, abge sehen von einzelnen Morschen "Teilen, die auch- bei nor maler Untesthaltung Vorkommen. Auch VSr Zustand der an der Unfallstelle angrenzenden "Streckenteile wies" kein« erheblichen Drängel, die Vie Betriebssicherheit gefähr den könnten, auf. Nach diesem Ergobntss hält das Ge richt es nicht "für dringend weitere vorläufige Maßnah men betreffend Aufklärung der Ursache des Eisenbahn unfalles anzuordnen. Mit Rücksicht auf den oben er wähnten Zustand der vom Schiedsgericht besichtigten Streckenteil' findet das "Schiedsgericht keine Veranlas sung, ein Verfahren" gemäß Artikel 16 des Durchgangs abkommens vom 21. '4. 1921 — Dringlichkeitsverfah ren zwecks Anordnung 'von vorläufigen Maßnahmen — betreffend Besichtigung der "gesamten Durchgangsstrecke anzuordnen. Somit witd da» "Schiedsgericht die Par teien zur schriftlichen Aeußerung und Gegenäußerung aüffordern. " l Anwerbung des WTB.: Wie aus dem Schlußsatz der vorstehenden Entscheidung Hervorgeht, "geht das Ver fahren über den Antrag der Deutschen Regierung", fest zustellen, ob ein Verschulden der polnischen Regierung bezüglich der Unterhaltung "der "Strecke dvrlleat, weiter. Ta» Schiedsgericht Hat bei der vorläufigen Begehung eine» kleinen Teil» der Strecke nur festgestellt, daß zu Tringlichkeitsmatznahmen aü» Artikel IS deS Korridor- vbkvmMen» kein Ansatz Vvrliegt. Im übrigen konnte sich die Entscheidung de» "Schiedsgerichts naturgemäß nur aus den Tatbestand gründen, den e» hei der "Besich tigung am 12. Mai, also 12 Tage nach dem Unglück, noch Vvrsand. ' ' Rußlanäs außenpolitische Lage In der Mtttwochsitzung Ve» Sowjetkyngresf^ er stattete Rhkoff den Bericht der Regierung der Sowjets union. MS Hauptmerkmal der Lag« der Sowjetunion bezeichnete er ihre politische und wirtschaftliche Festi gung. Zugleich habe sich auch da» Verhältnis der Sowjetunion zu mehreren "kapitalistischen Ländern ge- sestigt, die die Krisen der Nachkriegszeit teilweise über wunden hätten. Andererseits "berge Vie.ständig« Ver schärfung der Gegensätze "zwischen den Großmächten und die durch Anwendung der veralteten Methoden ver Ko lonialpolitik geschaffene Lage "im Osten die Gefahr neuer Krisen und neuer "Konflikte. ' ! In der Frage der "Schulden der zaristischen Regie rung bleibe der Standpunkt der Gowjetregierung un verändert. Es seien "nur Kompromisse möglich, die beiden Teilen Vorteile "gewährten. Die Sowjetunion sei zu gewissen Opfern bereit, wenn sie davon überzeugt sein "könne, daß diese Opfer gewisse Vorteile bringen würden. Die Sowjetunion könne "nur Verpflichtungen übernehmen, die ausführbar seien und die die normale Entwicklung der Volkswirtschaft nicht störten.. Der Ver trag mit Japan sei ein Zeichen dafür, daß es 'möglich sei, mit der Sowjetunion "aus 'einer für beide Teile vorteil haften Grundlage zu verhandeln. Die Sowjetregierung sei bereit, Mit voller Aufmerksamst alle Vorschläge zu prüfen, die seitens der Regierung der vesteinigten Staaten von Amerika 'gemacht werden würde"». Da» Temvo der Entwicklung de» Handel» mit "Amerika ver spreche außerordentliche Ergebnisse, wenn erst die zur Zeit noch> bestehenden künstlichen Hindernisse beseitigt sein würden. Wenn man von englischer Seite versuch«, nachdem man den alten Vertrag fallen gelassen habe, di« Verhandlungen für einen neue» Vertrag in di« Län ge zu ziehen, um dadurch, auf die Sowjetunion einen Druck auszuüben und sie zur Nachgiebigkeit zu zwingen, so könnten solche Versuche keine positiven Ergebnisse Ho ven. Tie Gowjetregierung sei bereit, sofort an der Klar stellung der-französischen Ansprüche mktzuarbeiten, sie wolle aber gleichzeitig ihrs Gegenansprüche gellend ma chen. Di« Gowjetregierung hoffe, daß Äs trotz aller Schwierigkeiten möglich sein werde, eine für beide Teile vorteilhafte Derständigungsformstl zu finden. In letz- ter Zeit scheine die Möglichkeit, die Streitfragen zu lösen, und die Verhandlungen mit Frankreich zu be schleunigen, näher gerückt "zu sein. Zwischen der Sowjet union und Italien habe eine weitere Annäherung statt gefunden; zugleich hätten 'sich die wirtschaftlichen Be ziehungen zu Italien Weller gefestigt. Auch die wirt schaftlichen Beziehungen zu "Polen hätten sich gut ent wickelt, wenngleich die 'Intrigen 'einiger polnischer re aktionärer Kreise hemmend wirkten. Die Beteiligung Rumäniens an der Beratung der Generalstäb« der bal tischen Länder und Polens 'in Riga zeigten den aggres siven und feindlichen Marakker dieser Beratungen ge genüber der Sowjetunion. Die gegen die Gowjetregie rung erhobenen Beschuldigungen, sie sei an den Vor gängen in Sofia 'irgendwie beteiligt, seien geradezu un« geheuerlich, ebenso die Behauptung, daß die Sowjet union sich des Balkans bemächtigen wolle. Die Sowjet union habe am Balkan keine besonderen Interessen wahr- zunehmen, um sich dort in die inneren Verhältnisse einzumischen. " l I ! Zu den Böllern de» Osten» habe sich da» Freund schaftsverhältnis auf der Grundlage der Anerkennung ihrer souveränen Rechte gefestigt. Unter Anspielung auf den jüngst erfolgten Anschluß der Turkmenen und Usbeken an den Sowjetbund erklärte Rhkoff, daß alle Mittel benutzt werden würden, uM die wirtschaftliche Lage und die nationale Kultur der rückständigen Natio nalitäten zu fördern. Da» im Jahre 1917 proklamierte Prinzip des Selbstbestimmung-rechte» der Völler, da» bis zuM Ausscheiden aus dem Bunde führen könne, wie die» bei Lettland, Litauen und Estland sowie anderen Staaten der Fall gewesen sei, bleibe auch in Zukunft ün- verändert da» grundlegende Prinzip der Sowjetunion. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage der Sowjet union erklärt« Rhkoff, die Industrie, die jetzt durch schnittlich 60 Prozent der VorkriegSleistungen auszu weisen habe, benötige zuM Jnflandsetzen der Maschinen Hundert« von Millionen. Im Jahre 1925 seien der In dustrie 70 Millionen hur Verfügung gestellt worden. Wenn die Konjunktur in den nächsten Jahren anhalle, so werde die Sowjetunion selbst die erforderlichen Mittels bereit stellen können. Die Zahl der Industriearbeiter sei im Wachsen begriffen/ Die Zähl der eingetragenen Arbeitslosen hab? im Jahre 1S24 1S2S 0V0 betragen. Jetzt betrage fi« 900 000.' " Di« Besserung her vag« per staatliche« Industrie und d«r Genossenschaften gestatteten eb der Negierung) Wit größer«: Frrthett im bi» Au»nutzung de» Privat Muer Tageblatt MM- Mzeiger für -as Erzgebirge »»tu«, z«n»« UÄe^amm« I Eagidiatt ßu«,rzg,birg«. Enthalten- -lr amtliche» Hrkaaatmachaagea -es Kate» -er Gta-t UN- -es fimtsgerlchts fiue. Psstghnr-Ksat«, stau L*wris a,. ISS»