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Mer Tageblatt «ch NUN-»«-««« -« p-y-ast-U-» »tAH«. — Ersch-UU »ikttlittch. Am^«ch.M,5hl«r a». « Mnzeiger für -as Erzgebirse PUUM, f», «„ Mu «» Um,,,«»» »» «u» »«Mch« A«U- U «MMN»MU, ras*dlaü Fu««sge»t»ge. Enthalte»- -le amtlichen Sekaatümachaagea -es Rate» -er Sta-t aa- -es Amtsgerichts Mae. Pesycheck-Kout», Fmt letpsi« a». ISS» Nr. 12S Ireitsg, äen 29. Mai 192S 20. Jahrgang Englands Antzenpolttik. China unä Deutschlanä. Bon Richard Wilhelm. Vle Seotsche Politik wir- von Meisterhand geleit Englan- un- Zrankreich. - Lev Londoner Vertreter des „Matin" hat mit einer PerfönNchkeit gesprochen, die über die englische Politik gut unterrichtet sein will.' Diese englische PersönlichesiL erklärte u. a.: Lord Mrkenhead steht sich enttäusch^ da Mt aus» neue auf zwei Jahre der Posten des Vize- WntgS von Indien entgeht, auf den er wartet. Amerh kann sich mit Chamberlain nicht über die Reform des KolonialmtnistertumS verständigen, und Churchill, der immer nach c^vaS Originellem sucht, vertrügt sich! nicht mit dem Staats rkretür deN Aeußern. Lite Hauptsache aber ist, daß die Mtglieder des Kabinetts, die diesen drei Persönlichkeiten folgen aufrichtig davon überzeugt sind, daß Deutschland keine unmittelbare Gefahr bil det, und daß es für lange Jahre unfähig ist, eine wirk liche Bedrohung für England zu werden. Andererseits ist man unter dem stetig größer werdenden Einfluß der Vereinigten Staaten immer mehr davon überzeugt, daß der künftige Konflikt, dem England sich nicht- entziehen kann, ganz sicher im Stillen Ozean zwischen der wei ßen und der gelben Rasse ausbrechen wird. Endlich besteht für Großbritannien die Notwendigkeit, sich in Asien gegen die bolschewistische Gefahr zu schützen, wes halb man von einem einzigen und homogenen Block in Eurvva träumt. Tos schließt natürlich eine Annäherung an Deutschland in sich/ Seit dem Monat Februar hat ICHamberlain in seiner Politik, die sich auf dem Gedan ken einer Verständigung Mit Frankreich aufbant, weil dies der Ausgangspunkt für jede Befriedungsaktion in Gurova sein muß, eine Serie von Niederlagen erlebt. Die Parteien sind durch den deutschen Garantievaktoor- schlag in Bewegung gebracht worden. Was die Lage kompliziert, ist, daß der deutsche Paktoorschlag die Re- aierung von London ausschließt. Der Quai d'Orsay hätte also Deutschland unabhängig antworten können. Das hat er nicht getan, und die Tatsache, daß er das Foreign Office befragt hat, zwingt die britische Regie rung, sich der französischen Antwort entweder anzu schließen oder zu erklären, daß sie sich einer Antwvrt enthalte. Las Kabinett ist in sehr großer Verlegenheit/ du sich Chamberlain keinen Illusionen über daS hingibt, was sich heute in Europa ereignet. Es zeigt sich eine Mächtige Bewegung, um dasselbe Protokoll von Genf, das die englische Diplomatie als erledigt erklärt hat'! wieder in den Vordergrund zu schieben. Tiers Gedanke des obligatorischen Schiedsgerichtsverfahrens geht sei nen Weg, und Man erwartet, daß. während der VÄkker bundStagung iM Monat September Großbritannien aufs neue gezwungen kein wird, Stellung zu nehmen. Liest Stellung wird übrigen» der Stellung der Mehrheit der anderen Staaten, an deren Spitze Frankreich steht, ent gegengesetzt sein. Der deutsche Vorschlag enthält auch daS Angebot, SchiedSgerichtSoerträge abzuschließ- er Wirst also die gleiche Frage wie das Protokoll auf. Bis setzt hat die englische Politik von der Hand in den Mund Der deutsch-spanische Hanäels- vertrag angenommen. Berlin, 27. Mai. Im Reichstag wurde nach 10 Uhr abends, alS noch- fünf Redner dorgemorkt waren, ein Antrag auf Schluß der Debatte angenommen. Der grundlegende Artikel deS deutsch-spanischen Handels vertrages wurde in namentlicher Abstimmung mit 170 gegen 96 Stimmen bet 98 Stimmenthaltungen angenom men. Für den Vertrag stimmten die Regierungsparteien Mit den Mehrheiten ihrer Fraktionen sowie die Tiemo^ traten, dagegen stimmten die Kommunisten, die Völ kischen und die ablehnenden Minderheiten der bürger lichen Fraktionen. Die Sozialdemokraten enthielten sich der Stimme. Mit demselben StimMoerhältni» wurde der ganz« deutscher,anlsche Handelsvertrag sodann in zweit« und dritter Lesung angenommen. Trotzki Wirtschaftsminister. Mi« der Korrespondent der „Dossischen Zeitung" in Moskau erfährt, ist die Ernennung Trotzki« soeben er folgt. Gr erhält drei Aemter r '1. da» de« Vorsitzenden de» Kollegium» der technisch-wissenschaftlichen Abteilung de» Obersten Vvlk-wirtschastSrato», S. da» Amt de» Vor sitzenden de« Hauptelekttotruste« und 8. da» Amt de« Vorsitzenden de» HaupttonzesstonSikvmit«», welche» die großen Konzessionen mit dem «uSlande adschlietz. Mt dieser Wahl für den so kombinierten Posten ist fttr Trotz' ki di» Bahn für die Durchführung «ine» -rotz« Plan wirtschaft sreigeaed«. rtl — Keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Sezlehungen zu Rußland. gelebt und Entscheidungen getroffen, je nachdem die UM« stände es erforderten, jetzt aber ist der Augenblick! ge kommen, in dem man sich endgültig Mer die Grund sätze der britischen Stellung entscheiden mutz. Endlich wird di« Lage noch, erschwert dadurch!, daß dem jetzigen britischen Kabinett ehemalige Mitglieder der Koalition Lloyd George angehören. Aber man mutz auch hinzu fügen, daß die deutsche Propaganda niemals so aktiv und geschickt gewesen ist wie in diesem Augenblick. Sie wird von einer Meisterhand geleitet, man, fühlt ihren ständigen Einflüß in politischen und finanziellen Krei sen. Die Propaganda sucht.viel mehr ein Gefühl her Unzufriedenheit mit Frankreich als eins der Liebe für Deutschland zu schaffen. Schließlich befindet sich der neue amerikanische Botschafter Houghton jetzt in Lon don, der den Versuch macht diese Bewegung zu ermu tigen, denn dieser aufrichtige und offenherzige Ameri kaner hat Berlin mit der Ueberzeugung verlassen', daß die Absichten der Reichsregierung loyal und ehrenhaft sind, und er sagt das jedermann, was einen beträchtlichen Eindruck hervorruft. London, 27. Mai? Meuter teilt mit: E» besteht kein Grund für die Annahme, daß. hinsichtlich des Sicher« heitspaktes oder der Entwaffnungsfrage neue Mei nungsverschiedenheiten zwischen England und Frankreich entstanden sind.' TäS Kabinett hat nunmehr die franzö sische Antwvrt auf seine Fragen erhalten', und diese Müssen geprüft werden, um Frankreich den genauen bri tischen Standpunkt oarzulegen und es geneigt zu ma chen, ihm zuzustimmen. Im gegenwärtigen Stadium kommt eine formelle Konferenz kaum in Frage. Was die Entwaffnungsfrage betrifft, so haben sich England und Frankreich praktisch auf einen Plan geeinigt, der Deutschland überreicht werden soll, lieber daS Mantel schreiben besteht, obwohl eS noch nicht fertiggestellt ist, allgemeine Uebereinstimmung. Im allgemeinen ist man dahin überetngekommen. daß Deutschland seine Ver pflichtungen auf Grund des Dawesplanes auSgeführt hak, aber es ist noch die formelle Versicherung von feiten der Reparationskoinmiss'on erforderlich, obgleich nicht viel Zweifel darüber besteht, wie die Antwort lauten wird. Wenn Deutschland seine finanziellen Verpflichtungen und auch die Entwaffnung ausgeführt hat, wird Köln geräumt werden. * Chamberlain wurde im Unterhause Mer die Schritte befragt, die die Regierung zur Besserung der Beziehun gen zwischen England und Rußland zu tun gedenke. Er erwiderte, die Reoierung würde jeden ihr von Rußland unterbreiteten Vorschlag in Erwägung ziehen, sie habe aber nicht die Absicht, ihrerseits mit derartigen Vorschlä gen hervorzutreten. Rußland habe nichts getan, um seine Schulden an Großbritannien anzuerkennen. Die Ernennung Trotzkis bedeutet, daß er bis auf weiteres von politischer Betätigung auf die rein Wirt schaftliche verwiesen ist.' DaS gilt natürlich! nicht auf Lebenszeit, und man kann von einer Art Quarantäne sprechen, der sich Trotzki gegenüber der kommunistischen Partei unterzieht, bis der kommende Parteikongreß im Sommer oder auch in: Herbst die ganze Frage revidiert- Trotzki hat vor seiner Rückkehr erklärt, daß er. um Disziplin zu zeigen, jedes Amt übernehme, das ihm dis Partei zuw-isen werde.' Die Kombination der drei wirt schaftlichen Posten gibt Trotzfi die Möglichkeit, groß zügige Planwirtschaft mehr vorbereitender als ausfüh render Art zu betreiben. Auf allen drei Posten Hatz Trotzki übergeordnete Instanzen entweder in Gestalt des obersten WirtschastsrateS, dessen Vorsitzender Dser schinski ist, oder de» Rate« für Arbeit und Verteidi gung, den Kanwnew leitet." Der Trotzki zugedachte künf tige Posten kann ohne neue Gesetze de» BundeSkcmgresse» geschaffen und von der Zentralexekutive eingerichtet wer den, sobald die Partei ihre Zustimmung gegeben hat. Erweiterung -er Amnestie k Berkin, 28. Mai. Die sozialdemokratische Fraktion de» Reichstage» hat dem „Vorwärts" zufolge im Hauptausschuß «ine Entschließung eingebracht, in der di« Reichsregterung ersucht Wird, gelegentltch der vor- ftoung «ine» Gesetzentwurfs? über ein« allgemein« Am- nsstt« auch ein« solch« Über Amnestierung von Dtszi- pkinarvevgeh« der Reichs-aamt« «in»uvrtng«. Den nachstehenden Artikel entnehmen wir dem so eben erschienenen 1. Heft der im Verlag Der Neue Geist, Leipzig, erscheinenden, vom Prinzen Karl Anton Rohan herausgegebenen Zeitschrift . »Europäische Revue". Man könnte natürlich auch ebensogut über China und Frankreich sprechen und noch besser über Thtna und Europa. Denn China ist ein Kontinent und wird am besten mit Kon tinenten verglichen. Wer man kann auch mit gutem Recht über China und Deutschland sich seine Gedanken machen. Gewisse Ähnlichkeiten liegen auf der Hand. Beide hab« eine zentrale Lage und haben die Vorteile und namentlich auch die Nachteile einer solchen Lage zu erfahren gehabt. Beide Völker zeichnen sich durch eine natürliche Anpassungs fähigkeit an die Verhältnisse aus, weshalb beide auch bi» in die neueste Zeit sich unter einem Kaiser von Gotte» Gnaden verhältnismäßig wohl befanden. Beide haben viel Familien sinn und gewissenhafte Redlichkeit in Handel und Wandel ge habt. Man liebte das Hergebrachte, allgemein gültige, man war fleißig und mäßig. Die Gebildeten brachten ihr Leben damit zu, von Examen zu Examen fortzuschretten, um schließ? lich die Berechtigung zu erwerben, aus Geprüften Prüfende zu werden. So liegt denn entschieden Berechtigung darin, daß, wie Goethe erzählt, auf einem alten GlobuS die Bemerkung gestanden habe, die Chinesen ein Volk seien, da» den Deutschen sehr ähnlich sei. So ist eS auch erklärlich, daß eS gerade Leibniz war, der für die chinesische Moralvhilosophie ein sol ches Verständnis hatte daß er ihren Anschauungen tn der Auf- klärungSzeit einen großen Einfluß verschaffte. Man kann selbstverständlich auch eine sehr lange Liste aufstellen von Gegensätzen zwischen Thtna und Deutschland. Deutschland hat seine zentrale Lage benutzt, um Anregungen von außen her aufzunehmen, zu verarbeiten und dann wetter zugeben. Ein großer Teil der deutschen Kulturarbeit im Osten wurde so geleistet. China ist mehr der gebende Teil. Es hat von seinen Nachbarn wenig bekommen und ihnen stet» viel gegeben. Die deutsche Anpassungsfähigkeit birgt tn sich die Gefahr deS Verschwimmen- und AufgehenS im Fremden. Die chinesische Anpassungsfähigkeit ermöglicht eS dieser Raste, fremde Rasten zu absorbieren und sich anzugliedern. Ebenso wie deutsches Blut einen großen Bestandteil in fremden Kul turkomplexen bildet, bildet fremdes Blut (Mongolen, Türken, Mändschus, Miautse usw.) einen großen Bestandteil im chine sischen Kulturkompler. Der Deutsche besitzt normalerweise mehr Demut, abnormaler Weise mebr Arroganz; der Chinese normalerweise mehr Rechtsfinn, abnormalerwetse mehr Ver schlossenheit. Der Deutsche hat seine Landesväter jahrhun- derte lang in großer Geduld getragen und ihre Züchtigungen als Gottes Willen hingenommen, der Chinese hat immer wie der durch praktisch organisierte Revolutionen größeren und kleineren Stiles dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wuchsen. Darum ist die Republik in China im öffent lichen Bewußtsein eine feste Tatsache, und niemand, der junge Kaiser_inbegriffen, denkt heute an eine Rückkehr zu den alten Zuständen, während es in Deutschland doch noch manche Kreise gibt, die aus die vergangenen Zustände mit der Em pfindung zurücksehen, wie man im Sommer an einem Regen- tage etwa einen guten wärmenden Ofen anfieht. Ich bin nicht lange genug in Deutschland, um beurteilen zu können, ob es hier nicht sogar Leute gibt, deren Gefühle noch weietr gehen. So hat man tn China auch das alte Prüfungssystem ent schlossen abgeschafft, während man in Deutschland begeistert da zu zurückkehrt. Wer es gibt einen Hauptunterschied zwischen dem chine sischen und dem deutschen LebenSgefühl. Dieser Unterschied ist so groß, daß auf ihm fruchtbare Anregungen für Leide Teile sich ergeben können. Dieser Unterschied zeigt sich am besten, wenn wir die beiden Ideale nennen, die in Leiden Ländern am höchsten im Kurs stehen. Das deutsche Ideal ist „Sachlichkeit", das chinesische der „Edle" oder, modern auSge- drückt, „der bewußt wollende Mensch". Jedes dieser Ideale hat seine Vorzüge, die gerade die Nachteile des andern zu ergänzen imstande find. Da« deutsche Ideal der Sachlichkeit sucht sich immer mehr frei zu machen von aller Ideologie. Man stürzt sich au« dey Träu men der Dichter und Denker hinaus tn den Welt der Tatsachen. Mer man tut das mit Begeisterung. I« nüchterner, einfacher, nackter man die Tatsachen vor Gesicht bekommt, desto bester. Denn dann können die Methoden ersonnen werden, diesen Tatsachen beizukommen. Man macht Erfindungen, man or ganisiert, man schafft Leistungen und Sachwette. Diese Ge sinnung gibt eine große mechanische Genauigkeit und beruht auf einem ungemein starken Pflichtgefühl und einem leiden schaftlichen Hang zur Arbeit. NiraendS tn der Welt hat da« Watt „Arbeit" einen so religiös verklärten Heiligenschein um sich wie in Deutschland. Nirgends wird eS so sehr al« Lebens zweck gefeiert al» wie hier. Vielleicht da« charakteristischste Beispiel war di« deutsch« Revolution. Die Aufständischen -alten ein« Zeitlang die Macht in dm Händen. Sie konnten Fürst« mord«, fi« könnt« Oberlehrer töten und Juristen abfttzen. A-«r fie tat« nicht» von alledem. St» sicherten sich nur da« Recht auf Arbeit unter l»ben«mügltch»n Bedingungen. Als d« «rwtcht war, »ar di» Revolutioa -Erdet.