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Nr. 11 r Donnerstag, cken 21. Mai 1S2S 20. Jahrgang Die politische Aussprache im Reichstag. «inounqen oei oen «zevygnoiungen. Mr hatten e» 'für einen verhängnisvotten Irrweg, ' wenn der Reichsaußenminister seine Außenpolitik un ter Ausschaltung der Sozialdemokratie treiben will, wenn er also 'im Sinne der bedenklichen Experimente des Grafen Westarp die Vertretung des größten Teil» der Arbeiterschaft, die an der Ueberwindung der revolutio- 7 „7 " 7'" 7.7„ 7, .7 tion statt aus den Weg der positiven Mitarbeit irÄben Witt. (Lebh. Beifall links und in der Mitte.) Wir müs sen lvskommen von der Antithese Bürgertuiv und Ar beiterschaft -ur ehrlichen Synthese der Volksgemeinschaft auf der Grundlage des neuen Vvlksstaatesl. (Beifall.) «»-. Freiherr ». «helnbaben (v. V.) Es gibt, so sühvt der Redner au», außer den deutsch- national eingestellten Wühlern auch ander» Wähler Hin ¬ denburgs. Die volk-parteilich eingestellte Wählerschaft hat Hindenburg gewühlt weil sie den TtaatSgedanken fördern und voranstellen wollte, int Geigensatz, zu dem parreipolitischen Hin und Her, und weil sis hoffte, daß durch die Wahl Hindenburg- die Einigung und Zusamt- Menfassung unseres Volkes zur Erziehung von Gleich berechtigung und Freiheit erreicht werden könnte. DaS SachverMndigengutachten ist eins so breit» Grundlag» unserer Außenpolitik geworden, daß wir allen Grund haben, es loyal durchzuführen. Wenn wir auch das Gut achten nicht als die Endlösung betrachten, so hab« Wik es doch vorläufig mit allen Konsequenzen durchzuführen Der Redner warnt davor, bei dem HandelövertragSV«^ Handlungen au,s politischen Gründen wirtschaftlich« Lö sungen anzunehMen, die zum Schaden sein könnten. Ge rade in dieser Frage ist größte Vorsicht am Platze', t Wir verkennen nicht, Paß der Eintritt Deutschland» in den Völkerbund uns gewisse Vorteile' bringen könnte. Dem steht der Nachretl gegenüber einer Bindung, die unS dem letzten Rest der deutschen MtionSfreiheit neh men würde. Wir billigen den Standpunkt der Regie rung zur DMerbundSfrage. England und Frankreich wären sehr wohl in der Lage, der besonderen Lage! Deutschlands bei seinem Eintritt in den Völkerbund Rechnung zu tragen. Uns erscheint ein Eintritt Deutsch lands in den Völkerbund auch ausgeschlossen, solange die nördliche Rheinlandzvne nicht bedingungslos ge räumt ist. (Beifall.) Mbg. Frau Goh'lk« (Komm.) erklärt, daß sich da» Hvhe HauS in ein Bethaus verwandelt hätte'. GS werde gekammert und appelliert. Dr. StreseMann habe an gefangen und die lebhafteste' Unterstützung bis Mr Lin ken gefunden. Die Einheitsfront von deU Deutschnatio nalen bis zu dem unglücklichen Rudolf sei Hsrgestellt. Au«sühruna«n der Demokraten. Kurz nach 6 Uh'r nachmittags nahm dann der Spre cher der demokratischen Fraktion Graf b. B ernSdorff das Wort. AIS Sachverständiger auf deM Gebiete der Außenpolitik hatte er das 'Ohr de- HaussS, und auch der Außenminister hörte den Darlegungen mit größter Auf merksamkeit zu. Zu Beginn seiner Ausführungen setzte sich Graf Bernstorf? noch weiter mit einer Meußerung d«S Vvtt-parteilichen Slbg. v. Rheinbaben auseinander. Der Vvlfsvarteiliche Abg. hatte davon gesprochen, daß setzt, nach der Präsidentenwahl VaS Schlachtschwert begra ben werden müsse. Dem stimmte Graf Bernstorfs zu, aber er müsse doch noch einmal darauf Hinweisen — auch wenn der Wahlkampf, nun vorüber sei —, daß die Art und Weise der Flugblätter der Rechtsparteien ge-> asn den Vottsblockkandidaten Marr zum Teil jeder Be schreibung gespottet Habe7 Selbstverständlich werde er und seine Freunde Vem Neuen Reichspräsidenten mit Ehrfurcht beaegnen. Er wünsche Nur, daß auch die Par- te'en der Rechten diese Haltung e.innähMen, wenn viel leicht einmal zu einem neuen WahlkaMpke wieder ein Präsident der Linken gewühlt werden soltts. Dann be- schäftiate sich der Redner Wit den Ausführungen des deutschnationalen Graten Westarp,. Er wies darauf hin, daß zum Teil Vie Rede Westarps immer noch einen Ovvoiiti onscharakter aei raa."n habe, obwohl seine' Partei doch in der Regierung vertreten sei. In der Fraae des S'chsrh'eitspakteS beständen auch in der demokratischen Fraktion manche Bede'nksn. Dio Fraktion belhalte sich daher ihrs Stellungnahme' hör, bis zu dem Zeitpunkt, wo der SicherheitSvakt Vorliegv. Dom Außenminister hätte der Redner gewünscht, haß er mit mehr kategorischen Erklärungen darüber hervor getreten wäre, ob auch 'in Zukunft die bisherige Außen politik ko't^eRthrt würde. Das hätte StreseMann mit aröße^er Wärm- und Entschiedenheit hervorheben müs sen. Eine solche Erklärung wäre vor allem für da» Au«land notwendig gewesen als Wirkung der Wahl de» neuen Reichspräsidenten. Deutschland Habs keinen De- Mer Tageblatt /mzttger mr oas vrzAevlme Lagediatt flu,,r,g.birs,. Enthalten- Sie amtlich»« Hekaannnachungen -es Nate» -er Gta-t ««- -es Amtsgericht» flur. «ml Leipzig ,»s» Die Rede Dr. Breitscheid». Di« große politische Aussprache im Reichstag nahm kur, nach 12 Ahr mit einer Rede des Abg. Breitscheid (Hy.) ihren Anfang. Der Redner meinte, die Rede Dr. vtresemanirs Habs rein akademischen Charakter getra gen. Er wolle von diesen Höhen etwas herabsteigen und in das Gebiet ver polemischen und politischen Ausein andersetzungen übergehen. Der Redner meinte, die trockenen Zusammenstettungen, die Stresemann gestern gegeben habe, hätten wohl ihm selbst und seinem rhe torischen Temperament nickt 'zugesagt. Das Saus quit tiert dtgse Bemerkungen mit Heiterkeit. Stresemann^ der inzwischen sv. Reichskanzler Luther erschienen ist, stimmt in diese 'erkeit ein. Tann weist der Redner darauf hin, daß die Sozialdemokratische Part-i 7ie Fra ge an die Regierung, nicht nur an den Außenminister berichtet habe, ob sie glaube das auch tun zu können, was sie tun Möchte. Darauf komme eS an. Man dürfe n'cht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als ob sich.mit dem '26. Avril politisch nichts geändert habe. Dann spricht der Redner dem Amtk-walton des ersten Präsidenten Ebert nochmals Ehrerbietung und Tank aus. Tie Mittel- und die beiden Linksparteien stimmen durch lebhaften Beifall zu. Ebert habe seines Amtes ohne Rüfficht auf leine parteipolitisch« Herkunft objek tiv gewaltet. Was sagen die Teutschnattonalen zu der Bemerkung der „Nationalvost", daß durch eine Fügung Gottes Ebert rechtzeitig 'gestorben sei . . . (Große Be wegung im Hause, die Deutschnationalen werden un- ru'hig.i Breitschetd fragt, was Wohl die Teutschnatio- nalen dazu gesagt hätten, wenn irgendein Lin'ksblatt so taktlos gewesen wäre, den furchtbaren Tod Helfferichs alS eine Fügung Gottes zu bezeichnen. Die Deutsch nationalen werden unruhig Vie Mehrheit deS Hauses stimmt diesen Ausführungen durch Beifall zu. Abg. Breitschetd gibt dann die Erklärung ab, daß. auch seine Partei dem neuen Präsidenten den Respekt entgegen bringen wird, der seiner Person und seinem Amt gebührt Diesen Respekt werde Man solange dem Reichspräsiden ten entgegenzubringen haben, als er sich im Rahmen der« Verfassung halte. Den Weg der Niederträchtigke>i'ten,' den gewisse Kreise gegen Ebert begangen haben, würden er und seine Freude niemals beschreiten. Dis Sozialdemokratisch« Partei werde die republi kanische Staatsfvrm verteidigen. Man habe manchmal allerdings den Eindruck, daß auch die Rechtsparteien sich mit der Republik abfinden würden, mit einer Re publik, die den Ruhrindustrietten '700 Millionen Gold mark bewilligte, die Schutzzölle einführe und den Brot wucher propagiere. Die Hauptsorge sei heute die. ob es möglich sein werde, Vie Politik des Friedens und der Verständigung fortzusetzen? Im Wahlkampfe sei Hin denburg als der ..Retter" gepriesen worden. Vor was habe Hindenburg gerettet? Tie Deutschnationalen hät ten den Dapst förmlich 'angefleht, er solle seinen nn- fluch gegen die Sozialdemokratie schleudern. Manch mal habe man auch den Eindruck gehabt, die Deutsch - nationalen wünschen. Hindenburg solle sie vor dem Re'ch°anß?nmwister Stresemann retten. (Große Hsi- terkeit.i Der Redner betonte 'daß. für ihn keine Veran lassung Vvrliegs, sich schützend vor Stresemann zu stel len. Es sei aber immerhin bezeichnend, daß gewisse Rechtskreise heute in 'Herrn Stresemann sogar einen. „Landesverräter" sehen. Tie Politik des Friedens und der Verständigung sei Glicht von Stresemann und Luther, sondern sei von Männern wie Rathonau eingebettet norden. Dann beschäftigte sich Abg. Breitschetd mit dem Darantiepakt, dessen Borgeschichte er beleuchtete. Die Regierung sei auf dem richtigen Wegs, wenn Ns bereit sei, einen Vertrag zu unterzeichnen, an dem Deutschland al? gleichberechtigter Kontrahent äeilnehme. Er beleucht tew dang, was in dieser Hinsicht gegen Stresemann von recht- her gesagt worden ist. Weaen Elsaß-Lothrknqen und einer eventuellen Volksabstimmung dort soll« Wan sich keinen Illusionen hiv-ben. Heute müsse Vie Hauptaufgabe sein, Zustände -u schaffen, die Dauer versprechen'. Gs müsse «ine Be- st-iew'ng EunwaS erfolgen: Vie Hauptsache sei, die Si cherheit des Besitzes von Rhein und Ruhr zu garantie ren. Der Redner verkannt« nicht, daß, die Grenze« im Men nicht von Swiger DIauer ssitt könnten. Gr sprach s Wirren ihren^großen ^teil^hat^ in die Opposi von einer Gekahr im Osten, aber feine Freunde dächten "" "" "'cht daran, eins Politik zu unterstützen, die diese Gren zen Wirch «inen netten Kries ändern wolle. Bedauer lich kei. daß Watt in Frankreich die Frage de» Garantie rte* kehr dilatorisch Gehandelt habe. Deutschland müsse 'ew« BereiwriMqkett zum Eintritt kn den Völkerbund erklären. G» gebe nun einmal keine andere Möglichkeit und deshalb müss» e» so schnell wie «»glich gescheh«. Abg. Traf Westarp stimmt dem Außenminister darin bet, daß man noch kein Recht habe, an der Räumung dös Ruhrgebietes am 16. August zu zweifeln. Die Einhaltung dieses letzten Ter mins ist integrierender Bestandteil des Dawesplanes. Wird das nicht gehalten, so fällt damit nach völkerrecht lichen und überhaupt rechtlichen Begriffen der ganze Londoner Vertrag in 'sich 'zusammen. Ferner drückt uns noch immer die Militärkontvolle. Diese ganze General inspektion des vorigen Jahres Wit ihren 2000 Untersu chungen war ein Akt der Rechtswidrigkeit, auf den die Entente keinen Rechtsanspruch,wehr hatte. Das ist von der deutschen Regierung auch in verschiedenen Noten wiederholt überzeugend dargelegt worden. Zudem hat England anerkannt, daß Pie Entwaffnungsbedingungen von Deutschland erfüllt worden sind. Also der Rechts lage zuwider hat Deutschland poch eine atterletzte Kon trolle zugestanden, aber Vie Erwartung daran geknüpft, daß diese Generalinspektion Vis !zuM 30. September 1924 beendet sein würde. Alles Vies ist.für uns maßgebend für die Verhandlungen Aber Pen Sicherheitspakt. Auch auf das deutsche Sicher'heitSangebot sind schon drei Mo nade verflossen, ohne daß Deutschland eine Antwort er halten hätte. Deshalb Möchte ich dem Herrn Außen- miniNer und dem Herrn Reichskanzler darin recht geben, daß d'e?er Zustand ersetzt werden muß durch! einen an deren. Es kann 'sich dabei aber nicht darum handeln, zu lenen Garantien, die' Frankreich 'fest in der Hand hat, noch weitere Zusatzaarantien zu geben, sondern darüber zu verhandeln, wie jene Garantien Frankreichs durch andere Garantien zu ersetzen sind. Graf Westarp lTw.) erörtert dann die Möglichkeiten und die Formen eines Eintritt- Deutschlands in den Völkerbund. Für uns ist das erste die RäuMung der Kölner Zone." Dann erst kann man eintreten in die Dis kussion über den SicherheitSvakt. Wir wünschen, daß die Politik Dr. Stresemann-, Vie er in seinem Memo randum eirmeschlagen hat. fortgeführt wird, durch Fest halten der Bedingung des Ausschlusses»der Gültigkeit des Artikels 16 für Deutschland. Die Frage lautet nicht, wie Dr. Breitsch-id sagte: Völkerbund oder Krieg, son dern, wenn die Gefahr des Artikels 16 nicht ausgeschlos sen wird, dann wird Vs für uns heißen: Völkerbund und .Krieg. An den Reich'"lantter dessen Etat ja auch heute besprochen wird, richten wir Vas Ersuchen, dafür ein- entreten, daß die äußere Politik in einem Sinne ge führt wird, der es uns ermöglicht, ferner mitzuarbsiten. In Bezug auf die Innenpolitik gilt es vor attsml. die notwendigen Aenderunaen der Weimarer Verfassung porzunehinvn, was in einem besonderen Ausschuß ge schehen könnte. Die Farben frage würde da u. a. zu er lägen sein. Der Redner wendet sich dann gegen die Behauptung des Abg. Breitscheid, daß Reichspräsident Hindenburg Mitglied der N-utschnattonalen Volk-Partei fei. Davon könne formell keine Rede sein. Hierauf spricht Abq. De. Kaa« sük da» Zentrum. Die deutsche Außen' olitlk muß immer wieder in wür diger Wahrung der Reckte Deutschlands und in aukrich- s tieer Bewnung seines Friedenswillens Verständigungs polltisch um die Gestattung.eines Zustandes ringen, der Deutschland zunächst ohne Aenderung der Verträge die wirtschaftliche und -'vlitt^che 'Bewegung°freiheit wieder- gibt, ohne die es nicht leben kann. (Beifall.) Tas Zen trum begrüßt die Fortentwicklung der internationalen Rvchtssormen, die Ablösung per rein gewattpolitischen Theorie und Praxis durch die internationale Schiedsge richtsbarkeit Darum sind wir auch damit einverstan den, daß die Regierung den VMerbundsgedanken för dert. Die Ausführungen des Außenministers zum Si- chörheitSpakt waren in einem so wenig durchsichtigen Halbdunkel gehalten, daß wir dazu heute weder !a noch nein sagen können. Wir warnen aber vor zu weitflehen- 5,^ den Bindungen bei den Behandlung«. ! daß das SelbstbesttMmungKpecht der Völker sich durch- In weftetvcn Ausführungen Vehandekte Graf Bern storff das Problem der Völkerbünde». Er betont« di» Notwendigkeit zum Eintritt. Wenn Frankreich für di« Fraas des Sicherheit-Pakte- und die Frage der soge nannten Verfehlungen dev Eintritt Deutschland- in den Völkerbund abhängig mach« so steh« er auf dem Stand punkt, daß «in« 'gleichzeitige' Lösung gefunden werden müsse. In Deutschland stehe man noch Mit zu groß« Vorurteilen dem Völkerbund« gegenüber. Vielleicht habe man sich buch in manchen Kreisen allzu «roße Hoffnungen gemacht. Der Völkerbund sei eigentlich nur »in Bund der Regierungen. Gerade diese Tatsache aber sei für ihn, ven Redner, Sin Grund mehr, daß wir mög lichst bald in ihn eintreten müßten. Graf Bernstorfs WW daraus -in, welchen Eindruck «§ mach« würde,