Volltext Seite (XML)
UM«»«««, Nu-nsg»»«»-,. Sothatteo- -k amtlichen vekaoatmachon-ea Kat»» -er Sta-t an- -es ^lmts-rrtchts p'sychtck.«—tt, ft*i Eeisrtg Nr. 96 20. Zshrgang^ Sonnadenä. äen 2S. Npril 192S vr. Marx in Stuttgart. Mm Tonne r»tag abend sprach RetchsprÄstdentschaftS- kandtdat Dr. Marx in vier großen Versammlungen in Groß-Stuttgart. Er fA)rt« u. a. au», die Stellung des Reichspräsidenten sei cornehmlich eine politische. Tar- eu» ergebe sich, daß der Reichspräsident sich mit poli tischen Dingen beschönigen müsse. ES sei daher falsch^ einen Mann zu berufen, der sich bisher überhaupt ntch^ um Politik gekümmert hab« und angeblich über den Parteien stehe. Dann legte der Redner ein Bekenntnis zur Weimarer Verfassung ab, deren große Fortschritte und Vorzüge gegenüber ver früheren ReichSoerfassung er rühmte. Schließlich hing.er auf die Bedenken ein) die man gegen ihn als einen Mann von ausgesprochen katholischer Gesinnung habe. Die Freiheit der Kirchen, der gewissen une» 'der Weltanschauungen überhaupt sei sein Ziel. Mit 'Entschiedenheit wies er die Borwürfe dec Rechten zurück, 'daß irgendeine Partei im Volksblock durch den Zusammenschluss 'ihre Weltanschauung irgend wie beeinflußt haben 'könnte. Der Zusammenschluß, sei erfolgt, um das'Vaterland zu schützen und zu verteidigen. Fertigstellung -er Neichsschulgefetzesvorloge. Die Vorbereitungen für ein Reichsschulgesetz (Gesetz ,.ur 'Ausführung von Artikel 140 Abs. 2 der Reichsver- sassung) sind bei 'dem NeichSministertum des Innern so wett gefördert, daß der Entwurf kurz nach dem Zu§ sammentritt dcS Reichstage» dem Kabinett vorgelegt werden kann. Grundlegend für diesen Entwurf ist die Bestimmung der Reichsverfassung: „Ter Wille der Er ziehungsberechtigten ist möglichst zu berücksichtigen." Diesem Leitwort muß der neue Gesetzentlvurs unter Be rücksichtigung der ichultechnischen, pädagogischen, finan ziellen und CchulveewaltungSinteressen gerecht werden. Unsere auf christlicher Grundlage erwachsene Kultur erfordert auch für die Bekenntnisschule, in der Kinder des gleichen Religionsbekenntnis,e» von Lehrern ihres Bekenntnisses gemäß demselben unterrichtet und erzo gen werden, freie Bahn. Das zu erlassende Gesetz muß Vorsorge treffen, daß in der gesamten Unterrichtsver waltung (Schulaufsicht, Lehrerbildung) auf die besonde ren Bedürfnis e der Bekenntnisschulen gebührend Rück sicht genommen wird. Tas Gleiche gilt verfassungsmä ßig auch von den Weltanschauungsschulen. herriots Antrittsrede. Paris, 23. April. Herriot hat heute sein Amt als Kammerpräsident angetreten und in der NachmittagS- sitzung der Kammer Vie übliche Antrittsrede gehalten. Er führte u. a. aus, es sei für ihln, der mitten «ihm politischen Kampfe stand, eine volltommen neue Auf gabe, als Schiedsrichter bei den Debatten zu fungieren und nicht nur 'oie Rechte seiner politischen Freunde, son dern auch die ihrer Gegner sicherzustellen. Jede Partei habe ein Interesse daran, die aufrichtige politische Über zeugung der anderen zu achten. Es, sei nicht ml -lichf) die Pflichten gegenüber dem Lande auszudeuten, ohne daran zu erinnern, daß sie durch die Lehren, während der entsetzlichsten vier Jahre der Geschichte Frankreichs beeinflußt worden seien. Tainals fei die Aufwendung aller Energie gefordert worden, und durch diesen Krieg, an 'dem das französische Volk unschuldig gewesen sei, sei das ruhige Leben dec Republik unterbrochen worden. Die Erschütterungen, die man habe erdulden müssen, die Schwierigkeiten, denen das Volk ausgesetzt gewesen sei, die finanziellen Widrigkeiten, legten Zeugnis von der schmerzlichen Anstrengung ab, die das Land machen müsje, um wieder zum normalen Leben zurückzukehren. Las könne nur geschehen, 'wenn die Autorität zur Gel tung gebracht werde. Das Land könne sich nicht der materiellen Instrumente begeben, die feine Freiheit ga rantierten, und selbst die, die eine Mtlttärreform ver* langten, forderten sie nur um ein Regime zu erzielen) das besser der gegenwärtigen Zeit der aufrichtigen und ständigen Garantien angepaßt sei. T«er Krieg habe den W«rt der moralischen Krücke bewiesen. ES sei der Irr- tum der Gegner Frankreichs gewesen, ihn zn verkennen. Frankreich« Sicherheit habe darin bestanden, daß «» an sie geglaubt habe. Je mehr Frankreich republika nisch werde, desto mehr "werde e» seinen Friedenswillen betonen, und desto mehr den Völkern, die seine Rat schläge wünschen, al- die Ration erscheinen, die nur da nach trachtet, ihre Sicherheit zu garantieren, aber da mit auch di« Sicherheit der anderen Länder, um an die Stelle dec schändlichen Kriegsgewohnheiten da« Re gime der Schiedsgerichtsbarkeit zu fetzen. Kammerprä sident Herrtot erinnerte alsdann an di« Pflicht de» Staates, eine gerecht« Sozialpolitik zu betreiben und kündigte schließlich an. daß dach seiner Ansicht eine Sie- form der GeschLfts«dnunq der Kammer nötig sei, um die Arbeiten zu erleichtern und di« Diskussion abzu kürzen. L«r Arbeit der Kammer, sagte Herriot. fehle die Methode, auch der ParlarnentariSmUS habe es nö tig, sich den Zeitbedürfnissen anzupassen. Erklärungen Elementels über -le .maskierten Vorschüsse*. Ter Ftnanzmtnister des Kabinetts Herriot, Cle mente!, gab am Mittwoch vor dem Finanzausschuß. deS^ Senates Aufklärung über den Stand der Finanzen zur Zeit der Regierungsübernahme durch, das Kartell der Linken. Er erklärte, Herriot habe ihm nicht die dolle Freiheit vor dem Senat gelassen; er hätte zeigen kön nen, daß schon seit dem Jahre 1923 ein maskierter Vor- schuß von 1200 Millionen Franken vorhanden war, und daß 5 Tage, nachdem das Kabinett Herriot ans Ruder kam, diese maskierten Vorschüsse die Summe von 2325 Millionen Franken erreicht hätten. Davon habe die Bank von Frankreich Vorschüsse in Höhe von 1085 Mil lionen und verschiedene andere Banken Vorschüsse in Höhe von 1249 Millionen Franken gegeben. Der Aus schuß hat dem Senator Clemente! den Auftrag erteilt, bei der Beratuirg der Budgetzwölftel diese Mitteilun gen dem Plenum de» Senats zu machen und sich fer ner über die schweren finanziellen Verpflichtungen, des Schatzamtes im Laufe dieses Jahres zu äußern. Die Kammer hat in ihrer gestrigen Sitzung die Dis kussion über di« beiden von der Regierung geforderten Budgetzwölftel für Mai und Juni begonnen. Der Ge setzentwurf sieht 6 015 885 756 Franken für das allge meine Budget und '871'983 956 Franken für das Nach tragsbudget vor. Außerdem ist in d«m Regierungsent- Wurf ein Betrag bon 101507 574 Franken für die Ko sten der Besatzungstruppen vorgesehen. Tschechisch-polnische verbrü-erung. Do» Abkommen unter,«ichnet. Warschau, 23. April. Nach Unterzeichnung der polnisch-tschechoslowakischen Abkommen hat der tschecho slowakische Außenminister Dr. Benesch heute mittag mit dem Prager Schnellzug Warschau verlassen. Prag, 23. April. Die Presse beschäftigt sich ein gehend mit den Warschauer Besprechungen. Im „Ven- tov", dem Organ ver Agrarpartei und des Ministerpräsi denten, wird unter der Ueberschrift „Nahe Freunde" ausgeführt: Unsere beiden Länder 'haben die gleichen Schicksalsschläge erlitten und Ven Druck einer brutalen Macht gefühlt. Unsere beiden Völker sind durch die StammeSverwandtschast verbrüder: und müssen auch in Zukunft verbrüdert bleiben. In „Narodni Lisch" heißt es: Wir vertrauen auf ein aufrichtiges, freundschaftli ches Verhältnis in der Zukunft. Benesch hat ganz rich tig bemerkt, daß es wenige Länder gibt, die sich so ver vollkommnen werden wie 'Polen und die Tschechoslowakei. Die halbamtliche „Republik»" schreibt: Was uns von Polen getrennt hat, gehört der Vergangenheit an, jetzt handelt eS sich vm die Lösung der Zukunftsfragen. „Ceske Slovo", das Organ der 'Nationalsozialisten, sagt, ein guter Anfang 'sei gemacht. Beide Parteien befänden sich auf dem richtigen Wege. „Narodni Osvobozeni", das Organ der 'Legionärorganisationen, erklärt in einer Polemik gegen den 'kommunistischen „Rude Pravo", wel cher die Warschauer Verhandlungen als gegen Sowjet rußland gerichtet hinstellt, eS sei absurd, der Oeffentlich- kett einreden zu wollen, daß bie Zusammenarbeit gegen! irgendjemanden gerichtet sei. Tie loyalen und korrekten Beziehungen, die die Tschechoslowakei zu Deutschland un terhalte, und die erwiesenermaßen friedlichen Tendenzen der auswärtigen Politik der Tschechoslowakei entzögen von vornherein jedem nur möglichen Zweifel in dieser Richtung den Boden. Roch absurder wäre es aber, die Verträge mit Polen als Zeichen einer neuen Orientie rung der auswärtigen Politik der Tschechoslowakei und zwar in einem rvtzlandfeindltchen Sinn« ansehen zu wol len. Urbrigen» werd« die Zukunft die Grundlosigkeit des Geschreies beweisen ' > Vis portugkeMe MkNtärrsvolte gänzlich nieüsrgsfchlagen. 88 Offizier«, die »»nächst an Bord de» Kriegsschiffe» VaSco da Gama gebracht worden waren, sind jetzt in die Festungen ElvaS und Santavem übergeführt wor den. T«r Abg. Cunha Lean hat an die Kammer einen Brief gerichtet, in dem er unter Ehrenwort erklärt, daß er der revolutionären Bewegung fernstehe, und daß er, wenn die Kammer die Aufrechterhaltung seiner Haft zulasft, auf sein Mandat al» Abgeordneter verzichten werde. - . - - . Marx uaä äie evangelischen Wähler. Bo» Paul vtetnbar«. E» ist vielleicht die trübste Sette de» Kampfes um die ' Präsidentenschast, daß er sich infolge der Agitation gewisser. Kreise zu einem Teil auf konfessionellem Gebiete cköpstelt. Deshals sollen der bedeutsamen, diesem Thema gellenden und in ihrer warmen Menschlichkeit doppelt überzeugenden Dresdender Rede des Kandidaten des BolkSblockS Marx noch einige ergänzende und erläuternde Worte beigefügt werden. Wir wollen im folgenden sozusagen einige der Schlüsse ziehen, die Marx notgedrungen zu ziehen seinen Zuhörern überlassen mußte. Es ist bekannt, daß das konfessionelle Moment bereit» im ersten Wahlgang eine große Rolle gespielt hat. ES sei nur daran erinnert, daß die Bayerische Volkspartet im ersten Wahlgang in demselben Augenblick von einer jeden Unterstützung der Kandidatur JarreS Abstand nahm, al» ein Aufruf des Evangelischen Bundes nach ihrer Ueberzeugung den ktrchlischen Frieden in provozierender Form gestört hatte. Jetzt, im zweiten Wahlgang, sehen wir sogar den Widerstreit der beiden großen Konfessionen auf der ganzen Linie ent fesselt, und unter schroffster Frontstellung gegen das Zentrum sucht man mit dem Rufe „Los von Rom"! gegen die Kandi datur Marx Stimmung zu machen. Die Rechnung geht dahin, die sozialdemokratische Arbeiterschaft und die demokratischen und sozialdemokratischen Lehrer, die religiös eingestellten Be atmen, Kleingewerbetreibenden, vor allem aber hier wie dort die Frauen, von der am 26. April allein zur Entscheidung stehenden Frage abzulenken und durch Hervorkehren de» kon fessionellen Moments Verwirrung zu stiften. An die Stelle der nicht anders zu erschütternden Parole: „Wählt Marx"! soll die Zweifelsfrage: „Ein Katholik Reichspräsident?" einge schmuggelt werden. Daneben läuft eine systematische Beein flussung in dem Sinne, daß da- Zentrum schon derkalo nicht fähig sei, den Kandidaten für da» höchste Amt de» Reiche» zu stellen, weil es seine Weisungen vom Heiligen Stuhl empfang« und Deutschland einem «Pfaffenregiment" auSliefern wolle. Wie ist es nun damit bestellt? Die Antwort ist leicht und ganz klar zu geben. Und sie lautet einfach dahin, daß wir am 26. April für sieben Jahre die Entscheidung allein über die politische Zukunft der deutschen Republik zu fällen haben und daß zweitens ein Katholik als Reichspräsident keinen Deut mehr Einfluß auf die konfessionelle Entwicklung in Deutsch land auszuüben vermag als ein evangelischer. Die Spekula tion auf xeligiöse Empfindungen geht denn auch nur von der Erwartung aus, daß man in den Bevölkerungsschichten, die etwa in Frage stehen könnten, sich ganz unklaren Vorstellungen über die Lage auf konfessionellem Gebiete hingibt und daß man» um es ganz primitiv und populär auszudrücken, glaubt, Marr werde als Reichspräsident nichts Eiligeres zu tun haben, als Deutschland „katholisch zu machen". Eine solche Anschauung findet aber schon in den innen- und kulturpolitischen Kräfte verhältnissen des Reiches die eindeutigste Widerlegung. Zu nächst muß man nähmlich bedenken, daß das Zentrum, wenn man es schon als „ultramontan" und „römisch" abstempelt, seine besonderen konfessionellen Forderungen nur gegen sämt liche anderen Parteien von den Deutschnationalen bis zu den Sozialdemokraten durchsetzen muß, eine Machtkonstellation, die diese Parteien, sobald sie es wollen, in jedem Augenblick völlig unüberwindbar machen können. Zum zweiten gibt eS jetzt und in Zukunft keine kulturpolitische Frage, die mit Hilfe eine» katholischen Reichspräsidenten etwa über die Parteien hinweg entschieden werden könnte. Das gilt sowohl in der Schulsrage wie in der Frage eines Reichs- und preußischen Konkordat» und das gilt ebenso für die Besetzung der Posten in der Ver waltung durch Katholiken, über die außerdem allein die Län derregierung entscheiden. Andere Probleme von Wichtigkeit, als diese drei gibt es aber nicht. Man braucht garnicht anzuführen, daß' Mar« oben drein selber längst eine klare Situation geschaffen hat, indem er, bereits Präsidentschaftskandidat, am 1. April al» preußi scher Ministerpräsident dem Evangelischen Oberkirchenrat seine wärmsten Wünsche für die Zukunft der evangelischen Kirchen übermittelte. Und in seinem Wahlaufruf hat er die Unübcrwindltchkeit jeder echten Ueberzeugung und seiner Ach tung vor ihr gekennzeichnet. Aber, wie gesagt, so wichtig und erklärend solche. Dinge sind, sie treten trotzdem völlig zurück. Denn um sie dreht es sich am! 26. April garnicht. An diesem Tage stimmen wir nicht darüber, wa» bester sei, die katholisch« oder die evangelische Konfession. Die Wähler sollen vielmehr darüber entscheiden, ob wir außenpolitisch den Weg zur Ver ständigung oder neuer schwerer Konflikte mit den Entente mächten gehen wollen, die Wähler müßen sich darüber schlüssig werden, ob sie mit ihrem Wahlzettel für die Republik einttc- ten oder jenen innenpolitischen Mächten die Bahn ebnen wol len, die in ihrem Willen zur Macht einen fast achtzigjährigen Greis, der nach deutschnationalem Zeugnis selbst „nur noch unter Glas in eine RuhmeShalle gehört", zu der Kulisse machen wollen, hinter der sie ihre eigenen Wünsche und Pläne der Verwirklichung zuführen. Die Entscheidung für die Republik bedeutet ruhige erfolgreiche Weiterentwicklung, und die Ver körperung diese» Programm» ist Wilhelm Marx, ver Staats mann, der Politiker, nicht der katholische Zentrumßmann, der ad« obendrein da» Zentrum, wenn «» in ihm den Reich»-