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5 20. Jahrgang Sonntag» äen t2. Ilpril 1925 Nr. SS /luer Tageblatt ft», H», «,» Um«««,«» »» «u^ »le««. V «»«Ich. z.lk «« «l-romm», Lag.diali f«u.»r,g.d>rs,. Enthalten- -le amtlichen vekanntmachungeu -es Nate» -ee Eta-t UN- -e» Amtsgericht» /lue. ftmt Lttp,«» n».«,» MZW Anzeiger für -as Erzgebirge Kabinett k)erriot zurüekgelreten. Pari», 10. AprU. Da» Kabinett Herriot erlitt lm Senat eine entscheidende Niederlage. Die Tagesordnung der demokratischen Linken, die der Regierung da» Vertrauen aus- spricht wurde mit 156 gegen 1S4 Stimmen abgelehnt. Die Ursache der schweren Niederlage der Regierung, dir seit dem 15. Juni 1924 am Ruder war, ist vor allem auf einen Brief KurückzufAhrsn, den der Gou verneur der Bank von Frankreich an den Finanzmini- ster de Mvnzie gerichtet bat, worin er ihn auf den un gesetzlichen Zustand aufmerksam machte» daß. die Bank über 43 Milliarden Franken Banknoten ausgegeben habe, während gesetzlich bloss. 41 Milliarden gestattet sind. Infolgedessen ergebe sich, wie der Gouverneur schreibt, die Frage, ob die Bank ihre Operationen mit der Kundschaft und mit dem Finanzminister fortsetzen oder diese einstellen solle. Ta natürlich eine solche Einstellung des G»schä,tsVerkee,rS die chMrsteu Folgen für das Wirtschaftsleben Frankreich». Hütte, wollte der Gouverneur zwar provisorisch die Operationen fortsetzen las,en, forderte aber, daß der Finanzminister sofort das Nötige veranlasse, daß die Steigerung de» Banknoten- umlausS von beiden Kammern bewilligt lverde. Im Lause der Debatte im Senat erklärte Poin- care: daß Deutschland die Schuld an der Finanzlage trügt. i ' - Für Poinrare ist natürlich noch immer Deutschlaub an allem schuld. Poincare rechtsertigte die Finanzmaßnahmen, die er ergriffen hatte. Es föt ein Unrecht, daß die Ruhrbe- setzung Finanz,chivierigkeiten hervvrgerufen habe. Sie sei im Gegenteil produktiv gewesen und dann beginnt Poincare in ermüdender Breite, die den ganzen Saal etnschläfert, die von ihm schon vielfach zitierten Zif fern über oie Ergebnisse der Nuhrbesetzung zu wieder holen. ! Das Nuslanä zur RanäMatur Hmüeuvurgs. , Die ausländische Presse -beschädigt s.ch eingehend mit der Kandidatur Hindenburgs. Ohne Ausnahme be zeichnet man sie für verfehlt. Ter „Lemps" schreibt m einem Leitartikel: „Die Lage ist jetzt wenigstens klar geworden. Am' 26. April wird durch VoüSabstimmung entschiedet: tverden zwischen der -Republik und der Monarchie, zwischen der Konsolidierung der Weimarer Verfassung und der Wied», ausrichtung des Kaisertums der Hohenzollern. Allerdings ist noch ^keineswegs gesagt, oatz d e Kan didatur Hindenburg die Aussichten der Rechten rve- KvmiteeS übernommen und als Schiedsrichter in allen Fragen eingegri.fen, über die eine Verständigung zwi schen den Alliierten und der deutschen Delegation nicht erzielt werden konnte. Die seit mehreren Monaten im Gange befindlichen Verhandlungen nähern stch ihrem Ende. Tas Sachverständnis und der Gerechtigkeitssinn des Vorsitzenden haben es ermöglicht, beide« Fragen zu lösen, deren Regelung die Durchführung des Lawespla- rreS wesentlich erleichtern wird. , sentltch erhöhen wird. Dadurch, daß die Konserva tiven den Namen -des Feldmärs-challs! gewonnen ha ben, wollten sie die Bayrischen Vollspartsiler, die Wtrtschaftsparteiler und die Hannoveraner für sich ge winnen. Alan muß abwarten, ob die Massen dieser Parteien der Kandidatur Hrndenburg ine Uurerjtül- zung bringen werden, die zum Erfolg no.wendig ist. D.e Furcht vor dem Abenteuer uno vor dem Sprung rns Ungewiß,e kann die Kanoidatur Marx nur begün stigen, weil dieser eine Politik der Einigung im Fi. uvru uuv >^r Verständigung äußerlich betreibe. Z.rw Lager steten sich fetzt in Deutschland gegenüber. De. Re.chsblvck mit Huwenburg und der Volksblock m.t Marx, dein Führer einer Demokratie, die ihre Wege sucht. Noch einmal hat das deutsche Volk sein Schick sal in der Hand. Die ameruanisch.en Zeitungen heben hervor, ipaf Hindenburg auf schriftlichen > Befehl aus Toorn mgestilnmt hat. „Herald and Tribüne" beginnt die l nng mit dem Satz: „Dm frühere Kaiser Wilhelm st cie zum Kandidaten für das Amt des deutsche.. Reichspräsidenten nvm.niert worden!" D.e üres e des ReichMockeS ignoriert dis auslän dischen Stiminen oder bekennt offen: „Wir stehen demgegenüber auf dem Standpunkt, daß die Präs.dent.cha.tswahl in Deutschland eine An gelegenheit des deutschen Volkes ist und das Ausland gar nich.s nngeht. Jeder Versuch eines Druckes von außen muß als un-gehörige und unerträg liche Einmischung in unsere inneren Verhältnisse zurückgewiesen werden. Nach diesem offenen Bekenntnis ist eS nicht verwun derlich, wenn ein österreichisches Blatt zur Kandidatur Hindenburg» schreibt: „Die Reichspräsidentschaft Hin denburg» gleicht dem Ausziehen der KrlegSflagqe aus einem kampfunfähigen Wraä. Ver Ausschuß für Heeressachlieferungr«. HavaS veröffentlicht folgende Mitteilung: Die Mlt- .erten Regierungen und die Deutsch« Regierung hatten ,-ur Turchüyrung derjenigen Bestimmungen des TaweS- planes, der sich auf die den Besatzungsarmeen de»Rhein landes zu leistenden Sachlieferunzen beziehen, einen Ausschuß eingesetzt, der für die Abschätzung der Sach? lieferungen Richtlinien auSarbetten soll, di« für die- Ab- rechnung der Ausgaben' maßgebend sein sollen. Der ehemalige Präsident der Internationalen Haager «on- ierenz für russisch« Fragen und T-Iegierte der Bieber- land« bet der Drüss«l«r Ftnanhkonferen» sotv^^t d« Konferenz von Genua, Bettln, hatte den Vorsitz diese» Zolgrn ürr Ablehnung -rs -rutsch-fparüschra Haa-elsvertragrs. Tie Deutsche Handelskammer in Barcelona hat an die Reichsregierung anläßlich «der Ablehnung des deutsch- spant,chen Hanvelsablommens durch den handelSPoliri« scheu Aus,chutz r,e^ -RrichS.ages das folgende Telegramm gerichtet; i „Abstimmungsergebnis handelspolitischen Ausschus ses hat io,ort lahmend auf deutschen Absatz in Spanien gewirkt. Angesichts nunmehr befürchteten Zollkrieges ablehnen spanrche Kiu.er -Vergebung neuer Aufträge, annullieren bereis erte.lte. -Um Bruch Handelsbezie hungen zu vermeiden, -Rarisikation Abkommens unbe- diugs erforderlich." Neue flusschreltungen in Damaskus. Damaskus, 10. April. Gestern nachmittag kam eS hier wiederum zu ernsten Ausschreitungen. Dio Menge grisf d.e zum Schutze Lord Balfours beorderte Polizei mit Knüppeln an und versuchte, in das Hotel, welches Valsour bewohnt, einzudrtngen.' Balfour hat das Ho tel nicht verlas,en. Regierungstruppen mit Kavallerie, Panzerautos und Flugzeugen die Rauchbomben abwac- sen, mußren herbeigeru,en werden. Eine Anzahl von Polizisten wurde verletzt ebenso 50 Zivilisten. Ter Obercommistar General Sarrail empfahl Balfour drin gend, so,ort abzureisen. Während die Truppen die Auf merksamkeit'der Menge ablemteN, fuhr Balfour uner kannt im Auto ab. Er ist nach Beirut gefahren, wo er an Bord eines Dampfers gehen wird. Türkischer Heeresbericht. Angora, 10. April. „Am 7. April haben unsere Truppen die Lrlschatt Augnouni (?) wieder erobert und den in jener Gegend operierenden Aufständischen schwere Verluste zugesügt. Vor «unseren von verschiedenen Set ten vorrückenden Kräften Liehen sich die Aufständischen in den Raum Don Guendje und Lschapaktschur zurück." Moc-überfäUe auf Zoschifikn. In Faenza wurden auk dem Korso zwei Faschisten von einen: Kommunisten aus dem Hinterhalt erschossen. Ter ihnen zu Hil,e eilende Milizofftzier Gras Zautt Naldi wurde schiver verletzt, worauf der Täter mit zwei Genossen flüchtete. Die Miliz wurde mobilisiert, die Geschäfte wurden zum Zeichen der Trauer geschlossen. In Capua wurde ein Etsenbahnmtlizsvldat, al» er einen Diebstahl an einem Waggon verhindern wollt«, erschossen. -. - ' > fBet Bart entstand zwischen Faschisten und Tom- battantt eine Schießerei, wobei «in Faschist verwundet wurde. Die saschtsttsche Presse warnt vor Repressalien wegen dieser Häufung antifaschistischer -Morde und for dert strengste Handhabung der Ordnungspoltzet gegen di» Vtter. ' ? i. Vor äem zweiten Gang. Bo« Dr. Kill», M. d. R. Ter 1. Wahlgang 'zur ReichSprüstdentenwahl stan- ganz unter dem Zeichen parteipolitischer und parteitak» ttscher Orientierung. PersünlichkeitSfragen und staats politische Ziele waren in den Hintergrund getreten. Es war keine Volkswahl, die sich da vollzog, sondern eine Partetwahl. Die Hoffnung, daß der zweite Wahlgang von einer höheren Warte aus vorbereitet werden wür de, hat sich Kur in sehr bescheidenem Umsange erfüllt.- ES wird denen, die sich in Deutschland als politische Führer fühlen, doch eben seh« schwer, Lei großen staats politischen Notwendigleiten sich von parteipolitischen Wertmaßstäben frei zu Wachen. Besonders stark wurde der parteipolitische Einschlag bei den Vorbereitungen des zweiten Wahlganges durch da» Htneinsptelen der unglückseligen preußischen Regierungskrisis, die vier -Mo nate lang den ministeriellen Betrieb im größten deut schen Gliedstadt zum Gespött der Welt lahmlegte. ES mögen alle Parteien bet den jetzigen Vorgängen gesün digt haben, aber zwei Momente stehen doch für jeden, der noch klar sehen kann, im Vordergrund: die für den ersten Wahlgang gebrachte' überparteiliche Kandidatur wurde von der Deutschen VoltSpartet zerschlagen, und dieselbe Partei zerschlug die preußisch« Regierung der großen Koalition, die sich nach dem wiederholten Zu geständnis der Deutschen VoltSpartet selbst ausgezeichnet bewährt hatte, zerschlug sie ohne die Möglichkeit einer anderen Regierungsbildung zu haben. Um das trüb« Bild zu vervollkommnen, wurde der für den zweiten Wahlgang erneut aufgenommene, im ersten Wahlgang von den Demokraten gebracht« Gedanke -er überpartei lichen Kandidatur Slmons wiederum vom Partetgetft erwte». . - <, > s ! . ' ' Zunächst standen stch Jarre» und Marx gegenüber. Ta» lange Zögern des Recht»block«s, Jarres endgültig zu nominieren, war der beste Beweis dafür, daß Jarres selbst in diesen Kreisen instinktiv als da» empfunden wurde, was er ist, als zwar ehrenwerte, aber weltpoli tisch und staatSnlännisch doch, herzlich unbedeutende Persönlichkeit. Die nach langem, unwürdigem Hin und Her schließlich zustande gekvmmene Aufstellung 'von Hin denburg tonnte nur von Leuten eingeleitet werden, die s<. in ihrer Hilflosigkeit überhaupt nicht meh-r ein noch aus wußten, denn sonst -hätten sie nicht das Gefühl dafltd verloren, welche Versündigung es an dem greifen Fetd- ,Marschall und am deutschen Volke bedeuten muß, die verehrungswürdige Gestalt des Heerführer» in ein Mi lieu zu zerren, von dem er sich selbst bisher absichtlich fern gehalten hat, weil er wußte, daß es für ihn sich nicht eignet, und ihn der Gefahr auszusetzen, der Lu dendorff erlegen ist, der Gefahr, daß seine historischen Verdienste in der Oefsentlichleit des deutschen Volkes zersetzt würden durch Betreten des für ihn unbekannten . Gebietes der hohen Politik und der Staatsführung. Wie jemand «in sehr gutes Staatsoberhaupt sein kann, ohne die geringsten Fähigkeiten zur Heeresführung zu haben, so kann ein bedeutender Heerführer aller der -p* Voraussetzungen bar jein, die sich in einem Staatsober haupt erfüllen wüsten. Die Fiktion, daß in einem Staatsoberhaupt beides von Geburt oder „von Gotte» Gnaden" vorhanden -sein müsse, ist für ein republika nisches Staatswesen noch weniger zu gebrauchen, wie für die Awrurrchie. Beide Kandidaturen, sowohl Hindenburg wie Marx sind parteipolitische Kombinationen, und müssen als sol che gewertet werden. „Reichsblock", „Volt'sblock" oosr M andere schöne Schlagworts sind Firmenschilder für die « breite Masse, dahinter bleibt dis Wahrheit bestehen, daß die Parteitaktik stch dort breit auf den Stuhl gesstzt hat, wo der Majestät des Volkes hätte der Sitz be reitet werden sollen. I Würdigt 'man aber die beiden Kandidaten unter die sem Gesichtswinkel, so ergibt stch die klar erkennbare Lage, daß hinter Hindenburg die politischen Kräfte der Rechtsströmungen und der Antirepublikaner stehen, hin ter Marx aber stehen die Kräfte der Mitte. Die Gegner der Kandidatur Marx suchen sie als eine solche des Linksblockes hinzustelten. Von einem solchem könnte man vielleicht reden, wenn Zentrum und Demokraten auf einen sozialdemokratischen Kandidaten eingeschwenkt wä ren. In Wirklichkeit sind die Sozialdemokraten an die W Mitte herangerückt, die vom Zentrum und von den De mokraten gebildet wird, .nachdem die BolkSpartst ret tungslos in» rechte Fahrwasser abgeschwommen ist. Da» Bekenntnis der Sozialdemokratie zu einem Kandidaten der Mitte ist an stch schon ein starker politischer Gewinn, wie stark der praktisch« Erfolg s«in wirs, muß -er Wahl- au-gang l«hr«n.