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Nr. S2 20. Jahrgang Dienstag» cken 7. April 1S2S Muer Tageblatt ---L s- Anzeiger für -as Eriiaedlrae tmmspnch'ftofihluß Nr. SS. M »,klam«.p.«t„u.„«,l»»f.«>>i„, r ^Wr Er ««Ulch« z<m »I «skgramm», Tageblatt Annrzgrbirg,. Enthalte«- -le amtliche« Sekanotmachuoge« -es Rates -er Sta-t««- -es fimtsgrrlchts fl«e. p»M»ck-«oni»r «Ml Lripzig Nr. I»e» Rustakl zum zweiten Wahlkamps. Kelne Kanüi-atur tzln-enbur^. Generalfeldmarschall von Hindenburg hat eine Kan didatur als Reichspräsident endgültig zugunsten der Kandidatur Dr. Jarres abgelehnt. Damit ist auch diese wichtige Frage, die in letzter Zeit erneut aufgetaucht war. erledigt. Voraussichtlich wird der Reichsblock schon zu Beginn dieser Woche den endgültigen Wahlaufruf für Dr. JarreS veröffentlichen. Vom Retchsblock wird gus Berlin mitgeteilt, die Verhandlungen des ReichshlockS am Sonnabend führten zu dem einmütigen Beschlüsse, mit voller Kraft den Kamps gegen die von der Weimarer Koalition ausge stellte Kandidatur Marx geschlossen ausznnchmen. Die endgültige Proklamation des Reichsblocks wird Mitt woch erfolgen, da maßgebende Organe anderer Parteien erst Dienstag ihre Beschlüsse fassen können. Marx' Hekenntnis. In einer Besprechung der Vertreter der im VollS- block zusammengeschlosfenen Parteien erclärte sich Reichs kanzler a. D. Wilhelm Marx zur Annahme der Reichs- präsidentschastSkandidatur dankend bereit, indem er u. a. ausführte: Die höchste Pflicht des Mannes, den das deutsche Volk als seinen Vertrauensmann zum hohen Anil drS Reichspräsidenten beruft, ist der Schutz und d.e Wah rung der Verfassung, aus der ihm seine Rechte und Pflichten erwachsen. In freiem Entschlüsse betannte sich das deutsche Volt zum Volksstaate, zur Republik. Auf gabe des Staatsoberhauptes muh es sein, diesen Wellen des Voltes zu achten und zu sichern. Auf diesen Grund festen der Verfassung soll sich in Freiheit und gegen seitiger Duldung unser nationales wirtschaftliches und kulturelles Leven entfalten. Solange ich politisch tätig bin, ist es immer mein Ziel und Streben gewesen, unser so tief zerrissenes Volk zu gemeinsamer Arbeit am Wohle des Vaterlandes zusammenzuführen. Dem Ziele, das sich das deutsche Volk als! eine unlösliche Schicksalsgemeinschaft einmal erkennen, fühlen und be-f betätigen wird, werden wir näherkommen, je mehr es uns gelingt, unser ganzes öffentliches Leben mit wahr-! haft demokratischer Gesinnung und sozialem Geiste zu! durchdringen. Mein ganzes Leben hindurch habe ich Mich um die Wahrung und Pflege der hohen Güter christlicher und deutscher Kultur bemüht. Gerade in dieser Arbeit wuchs in mir die Erkenntnis, wie sehr jedwede echte Ueberzeugung Achtung verdient und daß ein ruhiges Zusammenleben nur verbürgt werden kann, wenn der Staat die Gewissensfreiheit seiner Bürger ge währleistet und wenn das Volksleben dort gegenseitiger Rücksichtnahme und Duldsamkeit erfüllt ist. In diesem Geiste zu wirken, wird mir stets eine der vornehmstem Pflichten sein. Wie ich Ziele und Wege der dea chen Außenpolitik sehe, darüber habe ich durch meine ärbeil im Dienste des Reiches volle Klarheit geschaffen. Das deutsche Volk will die Verständigung im Geiste der Ge rechtigkeit und wahrhafter Weltbefriedung, ein Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn das Recht der Volker,' auf Freiheit und Selbstbestimmung gewahrt bleibt. Darum müssen wir alles daran setzen, daß der Bevöl kerung der noch besetzten Gebiete die endliche Freiheit wird, und daß allen unseren Volksgenossen das Recht der staatlichen Selbstbestimmung zugestanden wird, das andere Völker für sich in Anspruch nehmen. Sitzung -es -emokratischen Pattelausschusses. Der Parteiausschuß der dcmvkratischen Partei trat gestern im Reichstag Ulster dem Vorsitz des Neichsmintsters a. D. Koch zusammen, um zur Reichspräsldentenwahl Stellung zu nehmen. Nach einem Referat Kochs über die bisher ge führten Verhandlungen wurde mit überwältigender Mehr heit eine Entschließung angenommen, in welcher cs heißt: Alle Versuche, für den zweiten Wahlgang eine gemeinschaft liche Kandidatur aller staatsfrcundlichen Parteien zustande zu bringen, sind von uns unterstützt worden, scheiterten aber an der Ablehnung durch fast sämtliche Parteien sowohl rechts als links. Unter diesen Umständen und angesichts der dem Reich und Volk von außen und innen drohenden Gefah ren war die Weimarer Koalition die einzig mögliche Grund lage für die Kandidatur eines Präsidenten, der Gewähr bie tet für eine Sicherung der Reichsver'assung, die Fortführung der bisherigen Außenpolitik und den Wiederaufbau einer leistungsfähigen Wirtschaft. Der Partciauöschuß billigt den Entschluß des Vorstandes betreffend Sie Verhandlungen über eine Kandidatur Marx und erblickt in Mark den gemeinsamen Kandidaten des BolksblockcS. Er fordert die Organisationen der Partei auf, mit aller Kraft die Wahl des Kandidaten der vr>fassnngatreu'M Parteien zn fördern. völkischer Protest. Nach einer Meldung des „Völkischen Kuriers" hat der nationalsozialistische Neichstagsabgeordnete Frick beim Wahlprüsungsamt die Gültigkeit der Reichspräst- denitenwahl vom 29. März 1925 angefochten. Die An fechtung wird mit dem Adolf Hitler aufeclegten Rede verbot und der dadurch verursachten Unmöglichkeit, für die Reichspräsidentenwah. die nötige Versammlungs propaganda, durchzuführen > begründet. Strafanträge im Tschekaprozeß. Leipzig, 4. April. Im Tschekaprozeß stellte Reichs anwalt Dr. Neumann heute abend nach etwa siebenstün digem Plädoyer die Strafanträge. Er beantragte ge gen den Angeklagten Neumann wegen vorsätzlichen Mor des nach 8 211 des Reichsstrafgesctzbuch.es im Falle Rausch die Todesstrafe, wegen der übrigen Fälle nach 8 49 b insgesamt 7 Jahre Zuchthaus sowie dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, gegen den Ange klagten Ckoblewsth wegen Anstiftung zu dein gleichen Verbrechen die Todesstrafe und 15 Jahre Zuchthaus; we gen Mittäterschaft gegen die Angeklagten Pöge Todes strafe uns 8 Jahre Zuchthaus, Margies Todesstrafe und 9 Jahre Zuchthaus, Szon Todesstrafe und 4 Jahre Zucht haus; außerdem gegen alle fünf Angeklagten 500 Mark Geldstrafe und dauernde Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Gegen die übrigen Angeklagten beantragte der Reichsanwalt die Strafen ans dem Rcpublikschutz- gesetz und zwar gegen Meus 4 Jahre 6 Atonale Zucht haus und 5 Jahre Ehrenrechtsoerlust, gegen Mürener 9 Jahre Zuchthaus und 5 Jahre Ehrenrechtsverlust, ge gen König und Diener je 5 Jahre 6 Monate Zuchthaus und 5 Jahre Ehrenrechtsverlust, gegen Mäher 0 Jahre 6 Monate Zuchthaus und 10 Jahre Ehrenrechtsoerlust, gegen Kuhls 3 Jähre Gefängnis, gegen Huke 3 Jahre Zuchthaus, gegen HaUup 2 Jähre Zuchthaus, gegen In torf und Lesnisfe je 1 Jahr 9 Monate Gefängnis und gegen Frau Lesnisse 10 Ntonate Gefängnis. polnische Hirngespinste. In ihrem Leitartikel bedauert die Warschauer „Rze- ezpolita", daß der Weltkrieg nicht durch Einschließung Deutschlands in ethnographische Grenzen und durch Ab rüstung unter dem Druck' der älliierten Bajonette be endet worden sei. Alan hätte int Rheinlande einen be sonderen Staat bilden und Polen neben den Resten Po- merellens auch ganz Schlesien und Ostpreußen zurück geben müssen. Bedauerlicherweise, so fährt das Blatt fort, habe sich England zum Schaden des Friedens in Kontinentalsragen cingemischt. Die sozialistisch-kommu nistische Politik Macdonalds chnd dessen anmaßende Ignoranz hätten den deutschen Appetit auf die Ost grenze gesteigert und zum Widerstand gegen den Frie den ermuntert, ebenso wie die Politik Herriots, die von' der deutschfreundlichen französischen Linken beeinflußt sei und die deutschen Schwätzereien über Grenzberichti- gungen hervorgerusen habe. Die, Rückkehr zum Frieden und zu normalen Wirtschaftsverhältnissen und die Ucberwindung des englischen Widerstandes seien nur möglich, wenn Frankreich von Herriot zur verständi gen und nüchternen Politik Poincarcs zurückkehre. Diese bedeute den Frieden, Herriots Politik dagegen den Krieg. ?.uslan-sstlmmen zur Ablehnung -es Han-els- abkommens mit Spanien. Madrid, 5. April. Ein Leitartikel der „Epoca" erklärt, in dem Handelsabkommen mit Deutschland sei Spanten viel zu weit cntgegengekommen, weil Deutsch, land ihm zugestandene Vorteile bei weitem nicht durch Gegenleistungen ausgeglichen habe. Die Zurückweisung des Vertrages durch den NeichStagsausschuß sei gänz lich unverständlich. Rom, 4. April. „Tribuns" weist auf die üblen Fol gen hin, die die Ablehnung des deutsch-spanischen Han delsvertrages von fetten Deutschlands auf die noch ab- zuschließenden Handelsverträge Deutschlands mit ande ren Staaten haben könnte. Vke Lage lm fiufstaa-sgebket -er Kur-en. sAngora, 4. April. Die Aufständischen sind nach der Einnahme von Hani durch die türkischen Truppen zer streut worden. In Hani wurden wichtige Schriftstücke über die Organisation der Aufstandsbewegung gefunden. Tie Truppen setzten den Vormarsch und dis Verfolgung fort und besetzten noch am 1. April Ltdje. Eine Au-» zahl Aufständischer fiel in die Hände der Truppen. An Mehreren Orten fanden harte Zusammenstöße statt. Bet, einem derselben fielen über 200 Aufständische. Im gan ten aufständischen webtet herrscht Tchneesturm. Stanä äes Pnanzsanierungsplans äer französischen Regierung. Am Montag wird in Paris ein Kabinettscat zu- fammentreten, in dessen Verlauf der Finanzmintster die Bestimmungen des Gesamtprojsktes bekannt geben wird, das er zur Sanierung der Finanzen bearbeitet hat. Der endgültige Text dieses Projekts wird am Dienstag vormittag in einem Ministerrat festgelegt und dem Prä sidenten der Republik zur Unterschrift vorgelegt wer den, bevor er, am Dienstag der Kammer unterbreitet werden wird. Finanzminister de Monzie hat heute vormittag di« Vertreter der französischen Presse empfangen und ih nen mitgeteilt, Näheres über die von ihm vorzulegen den Finanzgesetze werde am Atontag, spätestens am Dienstag betanntgegcben werden." Es sei ein gutes Zei chen des Vertrauens, daß trotz des Ministerwechsels der Franken an der Börse sich gehalten habe. Die Agentur HävaS will erfahren haben, daß. de Monzie einen Plan studiere, durch den er den rascheren Eingang der Kriegsgewinnsteuer erzielen wolle, und zwar auf Grund freundschaftlichen UeberetnkommenS mit den Steuerschuldnern. Stellungnahme der Senategruppen zu den Plänen de Monzie». Paris, 4. April. Nachdem die Mitglieder der Par teileitung der Senatsgruppe dec Demokratischen Linken heute vormittag vom Ministerpräsidenten Herriot emp fangen wurden, der ihnen erklärte, daß er sich Mit ihnen! sowie mit den dem Kartell der Linken nNgehÄrenden Kammersrättionen auszusprechen wünsche, hat die Grup pe iu einer Fraltionösitzung die vor dem Parlament anhängigen Fragen geprüft. Mehrere Mitglieder brach ten ihr Erstaunen über die Ernennung de AtonzteS und über die Ankündigung zum Ausdruck, daß, sich das Ka binett dein Standpunkt de MonzieS in der Frage der Botschaft beim Vatikan angeschlossen habe. Heute nach? mittag hat die Fraktion ihre Beratungen fortgesetzt. Die linksstehenden Mitglieder bestanden darauf, daß man in der Frage der vollständigen Abschaffung der Botschaft beim Vatikan kein Kompromiß schließen dürfe. Die ge mäßigten Radikalen erklärten sie könnten sich dem Sy stem der Zwangsanleihe, von dem man so viel spreche, nicht anschließen. Es wurde beschlossen, eine erschöp fende Darlegung des Ministerpräsidenten abzuwarten und erst Stellung zu nehmen, wenn der Negierungsent- wurs vorliegt. Die Gruppe der Demokratisch-Radikalen Union, also die rechtsstehenden Abgeordneten, die sich von der großen Koalition getrennt haben, hat unter Vorsitz ckes Senators Chaumet eine Tagesordnung an genommen, in der es heißt., daß nach Ansicht der Par tei es für das Land von vitalem Interesse sei, daß daS Parlament in Stand gesetzt werde, unverzüglich über die neuen Finanzpvojekte der Negierung sich auszüspre» chen. , i 287 Milliarden Schulden. Bet einer linksrepublikanischen Kundgebung in Fow- tänebleau erklärte Herriot, seine Regierung sei für die schwie rige Finanzlage nicht verantwortlich. Als er Ministerpräsi dent geworden sei, habe die langfristige Schuld 159 Milliarden, die kurzfristige 37 Milliarden und die schwebende Schuld 91 Milliarden betragen. Dazu kämen noch die Schulden bei den Alliierten, über die man augenblicklich verhandle. Ein Land mit einer so hohen schwebenden Schuld sei nicht mehr vollkom men! Herr seiner inneren Politik und habe auch hinsichtlich der äußeren Schuld volle Freiheit über seine auswärtige Poli tik. Das sei die Wahrheit, die auszusprechen eine patriotische Pflicht sei. Auf seine Aufforderung der Einigkeit sei ihm ge antwortet worden, mau wolle eine Einigkeit der Reaktion wie zu den Zeiten der alten Kammer. Er wende sich aber cm alle Franzosen, damit sie iu richtiger Erkenntnis ihrer Pflichten und Interessen alles zur Besserung des Frank und zur Amov- tisiernng der französischen Schuld unternehmen. Er habe nicht die Absicht, sich vor den Forderungen der Privilegier ten und vor den Drohungen der Steuerhinterzieher zu beugen. der französische Stu-entensiretk verfolgt kelae polltlsche« Ziele. Paris, 4. April. Obwohl Per Studentenstreik in Paris nur zwei Tage dauern sollte, sind, wie die Abend- blätter fcststellen, die Vorlesungen der Sorbonne heute ) nicht besucht worden. Das Streikkomitee hat eine Ta- : gesordnung angenommen und nochmals gegen die Be trauung des Professors Scelle mit einer Vorlesung an der Sorbonne protestiert und auch die Verurteilung der Studenten und die Absetzung des Dekans Barthelemh abgolehnt. Das Streikkomitee verwahrt sich dagegen, § daß seiner Kundgebung ein politischer Charakter -uge- - schrieben werde, und fordert zur Fortsetzung de» Kamp- s fea auk. Ministerpräsident Herriot hat gestern ein» i