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Nr. 24 Hellas« zum Sächsischer Landtag. Ablehnung d» deutschnettonalen Mlßzillignngiantrage». — Schluß der Gchuldrbatt«. Dresden, 87. Jan. Zu Beginn der Sitzung erfolgte dl« namentliche Abstimmung über den deutschnationalen MlßbtlligungSantrag de- Abg. Grellmann Legen die Versetzung de« Polizeioberleutnant- Götz«. Der Antrag war nicht zurückgezogen worden, obgleich, inzwischen Ober leutnant Götze selbst erklärt hat, daß die Haltung der Negierung richtig Ist. Die deutschnationale Hoffnung auf Unterstützung durch di« Deutsche Volk-Partei und dl« Kommunisten tst enttäuscht worden. Bei der folgenden Aussprache über die Schul- fragen hob Abg. Schurig (So-. Fraktion-Mehrheit) Herdor, daß seine Fraktion den demokratischen Antrag auf- wärmste begrüße. Auf dem von dem Antrag be- handelten Gebiet lägen die eigentlichen Aufgaben des volksbildung-mtnisteriUlM für di« nächste Zeit. Abg. Schurig übte sodann scharfe Kritik an der Denkschrift des Volk-bildung-ministeriumS, die die Volksschule und von dieser auch nur das vierte Schuljahr einseitig von dem Standpunkt der hGeren Schule aus beurteile, wählend sie alles Material von Schulärzten, Schulpslegertnnen, Fürsorge- und Wohlfahrtsämtern außer Betracht lasse. Im Interesse der gesunden Fortentwicklung unsere« Bolksschulwesen- lehne er mit gleicher Entschiedenheit die von der Denkschrift geforderten zweiten Aufstchtsbeamtien ab und fordere Verkleinerung der Schulausstchtsbeztrke Und Vermehrung der Bezirksschulräte. Da» WohlsahrtSminifterium gegen die hohen Tonderunter- sttitiungen an Erwerbslose. Zwickau, 27. Jan. In der Stadtverordnetensitznng vom 9. Dezember v. I. wurde den Erwerbslosen und Minderbemittelten im Hinblick auf das nahe Weihnachts fest eine 'Sonderunterstütznng gewährt. Einschließlich der sonstigen Unterstützungen stellten sich dadurch die Bezüge eines verheirateten Sozialrentners mit zwei Kindern für den Monat Dezember auf insgesamt 107 Mark oder 24,70 Mark wöchentlich. Dazu kam noch, daß alle fin- terstützungSemPfänger von der Zahlung der Mietzins steuer, der Müllabführgebühren und der sog. Feuerschutz abgabe befreit waren und die Berechtigung hatten, ihr Schuhwerk fast kostenlos reparieren zu lassen. Die be merkenswerte Höhe der Sätze veranlaßte die Kreishaupt- Mannschaft, nach Dresden zu berichten, und das Arbeits und Wvhlfahrtsmintsterium hat daraufhin sine Verfü gung erlassen, in der MM Ausdruck kommt, daß nach vage der Sache ein fortgesetzter Verstoß der Stadt Zwik- kau im Sinne von 83 41 und 10 der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 16. Februar 1924 vorliege. Die Stadt Zwickau sei anzuhalten, künftig derartige Ge setzesvorlagen zu unterlassen. Gegebenenfalls würde mit den Mitteln der Gemeindeverordnung gegen eine Fort setzung dieser Verletzung des Reich-recht- eingeschritten werden müssen. Die KreiShanptmannschaft Zwickau fügte in einem besonderen Schreiben an den Rat hinzu, sie könne nicht dulden, daß den Erwerbslosen in der bis herigen Form Wirtschaftsbeihilfen gewährt werden. — Damit ist der Stadt, die mit die höchsten Sonderunter- stützungen zahlte, der Weg abgeschnitten, weitere Bei hilfen in dem bisherigen Maße zu bewilligen. Zur Kenntnis der Aufsichtsbehörde gelangten die obigen Sätze durch Angriffe der Kommunisten auf den Wohl fahrtsdezernenten. Tier KPD. gingen die Sätze noch nicht weit genug! ° ' -Di- Zctvttr r«s»mminfiSpe ns» rinn s-sististlsche« stunOgevsng. Berlin, 27. Ian. Nach einer großen soztaldemockra- ttschen Kundgebung im Berliner Sportpalast, in der ver schiedene sozialdemokratisch« Abgeordnete gegen die Re gierung Luther sprachen, kam e» in der Pot-damerstraße zu sehr schweren Zusammenstößen -wischen den Sozial- demokraten und Kommunisten, bei denen e» auf beiden Setten zahlreiche verletzte gab. Gehr starke Abteilungen der Schutzpolizei vermochten erst nach fast einstündigen Bemühungen die Straße zu säubern und den vMtg un terbundenen Verkehr wiederherzustellen. Wir erfahren hierüber folgende Einzelheiten: Die Polizei hatte von vorn herein mit Unruhen gerechnet und in den Seiten straßen in der Umgebung des Sportpalast«- standen zahl reiche Lastwagen mit Schupobeamten, die die Aufgabe hatten, ernstere Zusammenstöße zu verhindern. Schon am Schluß der Versammlung kam e» im Saal zu Rei bereien, die schließlich bei Verlassen de- ApvrjpalasteS in Tätlichkeiten ausartelen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Potsdamerstraße hatten sich etwa 600—700 Kommunisten eingefundon, die in Hundertschaften an- marschiert waren. Als die Anhänger der Bereinigten Sozialdemokrat!« die Potsdamerstraß« erreichten, schrien die Kommunisten unausgesetzt i „Rieder mit den Urbei terverrätern — Amnestie!" Nach großen Schlägereien gelang es den sozialdemokratischen Führern, ihre Anhän ger zum Wettergehen zu veranlassen und unter wüstem Gebrüll ihrer politischen Gegner mußten di« SPD-Leute durch ein Spalier der tobenden Kommunisten hindurch. Als letzte marschierten die Reichsbannerleute M ihren Fahnen. Kaum hatten sie den Fahrdamm erreicht, al bte Kommunisten auf die Fahnenträger zustürzten und es erhob sich ein wüster Kanchf um die Abzeichen und Banner. — Im Anschluß an die Ausschreitungen vor dem Sportpalast kant es in der 11. Abendstunde auch iw Südwesten Berlins in der Ltndenstraße zu blutigen Zu- sammeüstößen zwischen Kommunisten und Reichsbanner leuten. Ein etwa 100 Mann starker Zug de- Reichs banners marschiert«, von der Kundgebung im Sportpa last kommend, die Ltndenstraße herunter, al- ckurz hin ter dem Vorwärtsgebäude von hinten ein ".etwa .300 Mann starker Kommuntstentrupp, der von Radfahrerpa« troutllen umringt war, im Laufschritt vom Halleschen Tor und vom Bellealltanceplatz kommend, heranetlte. Ehe die von hinten überfallenen Reichsbannerleute sich zur Wehr setzen konnten, waren die Kommunisten unter wüstem Geschrei über sie mit Knüppeln und Messern her gefallen und es entspann sich in der Dunkelheit «in hef tiger Kampf. DaS Reichsbanner hat bei diesem Ueber- sall erhebliche Verluste erlitten. Alle 30 bis 40 Meter lag ein verletzter Reich Sb annerMann, um den sich sein« Kameraden bemühten. Nach den ersten oberflächlichen Feststellungen an Ort und Stelle sind mindestens 10—12 Neichsbannerleute durch Schlag- und Stichwunden ver letzt und mußten in Droschken und AutoS abtransportiert werden. Die Polizei hat völlig versagt. Nachdem die Prügelei hinter dem Vorwärtsgebäude begonnen hatte, erschienen zwar vom Halleschen Tor her kommend vier Beamte, die aber nicht eingriffen, sondern bald wieder umkehrten, trotzdem von der Neuenburger Straße her erneuter Kampflärm und Hilferufe der Üeberfallenen ertönten. unter gewissen Voraussetzungen auch solcheHar. und Hausgehilfinnen, di« keine eigentlich». V Kett durchgemacht haben, -ur Meisterprüfrßnü * werden dürfen. Vielleicht könnten cmch v so srauen den Meistertitel erhalten, die Set erfolgreich durch die erste Prüfung gebra Laes wäre insofern wünschenswert, a. Anreiz Mr Aufnahme von Lehrlingen geb». Denn überall, p>o praktisch« Versuch« auf diesen, gemacht wurden, hat sich gezeigt, daß da- Ange Zuer Tageblatt, vonnerstag, -en 2». Januar I-t- — — - —ri—s-i Aunst und Wissens Für den R-Grltznl- xrgestW-gM« Friedensfreund« haben den bekannten H meister Karel Ltndhagen für de« Nobel schlagen. . . Uebertraglma voa elektrische«» Klchl beuch Madm. Präsident der Mre-Radtogesellschast, Fomchhat erklärt, e» seiner Gesellschaft nach zweijährigen vm'" sei, eine Erfindung -u verwirklichen, die e» g» Licht durch Rundfunk -u übertragen. Sein» . in nächster Zett hierfür Apparate zu einem M von 2 Dollar an ihre Kunden aback wohl noch bestätigt werden. Flug über de« Mount führer Cobham ist iw Darjtltng et'naetrosfm, M« von do« einen AufklärungSflug über den Mount Evertst -U Untew nehmen. Was die Irau interessiert, fiusbilüung für -en hauswlrtsthastllche« -»Nif. »rr Relchrverband Deutscher Haugk»a««wrailW btze fchästtgt sch eingehend mit den -rage» der VamBavD» btldung derer, die sch dem hauswtrtschaftlichen Verufti -uwenden wollen. Die organisierte« HauDfianen hi« sich klar darüber»4>aß «- unbedingt erforderlich U füv einen geregelten Au-btldung-gang de» jungen Nach» wüchse» zu sorgen, wenn die hauswirtschaftltche Antiar kett höher gewertet werden soll. Im allgemeinen wird sch dies« ——- ltch der im Handwerk üblich«» gestalt««. AD MM «r eine etwa zweijährige Lehrzeit in einem geeignet«» Hau-U halt gedacht, dessen Hausfrau sch verpflichtet, den jun gen Lehrling in alle Zweig« der häu-ltchen Tätigkeit plannÄßig einzuführen, daneben soll theoretisch« Ante« Weisung in der Fortbildungsschule oder iu-ine» ande- ren hierfür unerkannten Anstatt stattfinden. Ain Lehr» vertrag müßt« abgeschlossen, sein Bnch ohne triftige Gründe unter Strafe gestellt, ein Lehrplan au-tzeardei- tet werden. Dem Bestehen einer Prüfung hätte ein mehrjährige praktisch« Ästigkeit -ü folgen. E» steht zu erwarten, daß die solcher Art vorgebildeten jungen Mäd chen von Haushaltungen und hau-wirtschaftlichen Betrieb den bereitwillig ausgenommen und gut bezahlt würde«. UM den Meistertnnentttel zu erringen, würde die So- gänzung dieser praktischen Ausbildung durch eine theo retische notwendig sein, die etwa VesuntchetÄehre, Wa renkunde, hau-wirtschaftlich« Buchführung und ähnliches zu umfassen hätte. , In Preußen bestehen bereit» Vorschriften üb« di» staatliche Prüfung solcher ,Haushalt-Pflegerinnen", -- wie sie genannt werden, unt den irrefichrenden Tita „Hausbeanttinnen" M beseitigen — durch'den Erlast, de« preußischen Ministerium- für Handel und Erwerb " vom 18. 7. 23. Zn den anderen Ländern müßt» ek ähnliche gesetzlich« Regelung angestrebt werden, mit sonderen Bestimmungen für die UebergangShett, f .... - .... - .. .. - Der Sieger. Roman von Marie Stahl. <84. florisekung.) Er nahm ein ganzes Abteil 1. Klasse allein für die Urne und sich in einem der bis Berlin durchgehen den Luxuszüge und er hielt die Totenwacht bei der Aschei des Freundes. Ta- waren tiefernst«, gedankenvolle Stunden, während der flugähnlichen Reise in dem vor» nehmen Bahnzug, der fast ohne jeden Lärm und Stoß dahinsauste, durch den noch üppig blühenden Süden, über die Berge der Alpenwelt und in das deutsche Land hinein, über das die ersten Herbststürme rauschten. Der Himmel hatte seine Trauerflaggen gehißt nnd da- alte Banner der Quarzens wehte halbmast vom ylaggenstock des Herrenhauses, regennaß im Abendwinde''' sich hebend und senkend, al» der tote und der lebendige Herr der alten Scholle ihren stillen Einzug hielten in Mahlow. ' l ' ! > I Eine kleine stumme Schar von Beamten und Dienst boten empfing Wilderich an der Schwelle, die er zuM erstenmal wieder betrat, seit Man seine, tote Mutter hjn- au-getragen. Damals hatte ihn Pastor Störtebeck vom Grabe weg mit in die Makchner Pfarre genommen, kl einen durch die BannerSberg- Au-gestoßenen zugunsien dessen, den er jetzt al- ein Häuflein Asche im Arme trug. D»r Diener trat vor und wollt« ihm die Last der Urne abnehmen, die sein wehender Mantel fast ganz verdeckte, doch er -ab st« nicht aus den Händ«n. Er hatte sie noch Von keiner frawde» Hand berühr»« lass«. i Niemand brauchte ihm den Weg zu weisen jn sei- spiel de» Lanchenschrtne« in dem gemalten OlaGenftep wem Vaterhaus«, er ging ohne zu fragen langsamen der Korridortür zu sehen. i ' schweren Schrittes mit erhobenem Haupt in den Saal, ' Er ging in sein KnabenziMmer, In dem'noch einige wo die Toten der Familie auftzebahrt wurden. Wie er! der alten Möbel auf demselben Fleck standen. Ein Die» erwartet, fand er ihn schwarz verhängt und in seiner! ner kam und fragt«, ob der gnädige Herr die.GeMächeE Mitte stand ein altarartiges Podium zwischen dunklem - Blatt, und Tannengrün, auf da- di« Wachskerzen hoher Kandelaber einen zitternden gelben Schein warfen. Und hinter dem kleinen Altar schob sich die milde Erlöser, gestalt des segnenden Christus von Thorwaldsen, der auch über die Leichen seiner Eltern die erbarmenden Hände gebreitet. , , Auf diesen Sühnealtar stellte er die Urne und, niedergewvrsen, überwältigt von der dunklen Schicksals schwere des Augenblicks, sank er in die Knie, Mit tie fem Aufschluchzen das Haupt in den gefalteten Händen bergend. ' I > >' . ! ' ! - Er war mit sich allein gewesen, er hatte nicht di« schwarze, zusammengesunkene Gestatt gesehen, di« sich aus dem Schatten der Orangen- und Tannenbäume ge löst, er hörte auch nicht bas Gleiten einer Frauenschlsppe Und wußte nicht, daß jemand neben ihm kniete, wie er fassungslos, mit wortlosem Stammeln di« Seele vor dem llnerfvrschltchen beugend. - < Erst al» er sich ausrtchtete, gewahrt« er die in Kreppwolken gehüllte Frauengestalt neben sich und er ging still hinaus. Wie in einem schweren, schmerzlich süß«»: Traum schritt er langsam di« alt« Trepp« von verdunkeltem Eichenholz empor und er blieb auf dem Msag stehen,»wta ,r a« Knabe getan, nur da» Ladbare Er ging in sein KnabenziMmer, In dem noch einige ' alten Möbel auf demselben Fleck standen. Ein Die« ! de» verstorbenen Herrn zu beziehen wünsche? » „Rein, tch will vorläufig hierbletben, bringen Nie meine Sachen hierher. Gin Bett nnd da» Notwendigst» , ist ja vorhanden," gab er zur Antwort. Los Abendbrot war für ihn allein 4m Spetsefaak ' aufgetragen und dort saß er nun zum erstenmar jotedeU unter der schweren, messingenen Hängelampe, di« eigent lich ein Kronleuchter mit vielen Flammen au» sehr al» ter Zett und nur für moderne Beleuchtung umgeändm» war. Und alte verdunkelt« Gemälde der Quarzen» sa hen von der Wand auf ihn herab. Ml» er sein Mahl beendet, meldete ihm der Dieneh die gnädige Frau lasse fragen, ob st« den gnädigen Hmrw einen Augenblick im Wohnzimmer spreche« könne? Er» begab sich sofort dorthin und Helga in ihren schleppen den Trauerkleidern, mit der wttwenhaube, trotz ihres kleinen, welken Gestatt in jedem Zoll dl« große DÄNch kam.ihm bl« in di« Mitte de» Zimmer» entgegen. ,Lch dank« Ahnen sär alle», was «le WnwiNN« unglücklichen Sohn getan haben/' sprach sie ihn an Ml» einer Stimme ohne Klang find Farbe. „Sie waren Ml liedster - — ich danke Ihnen." Ihre aufrechte Haltung versagt» ein-N WugenLVch sie stockte und schluchzte krampfhaft, ihre Handgriff nMH 4