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20. Zahrgsng Sonnadeuä, äen N. Januar 1S2S Nr. 14 X, Nli a Um,«««,» »» ««, Eine Erklärung vr. Heßlers. ReichZwehrmintster,Dr. G eßler gewährte gestern einem Vertreter des Süddeutschen Pressedienstes eine Unterredung, in der er folgendes ausführte : Sie machen mich auf eine Reihe von Darstellungen aufmerksam, die in der Presse über meine persönliche Haltung in der Kabinettskrise im Umlauf sind. Ich kann darauf nur erwidern, dass mir diese Darstellungen deshalb verwun derlich erscheinen, weil ich während der ganzen Kabi nettskrise mir größte Zurückhaltung auferlegte, stets in engster Fühlung mit dem Vorsitzenden der Demokrati schen Partei, Herrn Minister a, D. Koch, gestanden und nur mit dem Herrn Reichsminister Marx eine kurze Un terredung gehabt habe. Wenn in einer großen Zeitung davon gesprochen ist, ich hätte die.Umbildung des Ka binetts Marx sabotiert und Mich sogar gegen die Auf nahme führender Demokraten gewandt, >so ist das eine Erfindung. Mein Standpunkt während des ganzen Ver laufes der Krise ist der gewesen, daß ich aus persönlichen Gründen das größte Gewicht daraus gelegt habe, endlich einmal eine Zett der Ruhe für mich zu haben und des halb auszuscheiden; daß ich! jedenfalls nur in ein Ka binett eintreten könnte, dem die demokratische Fraktion mindestens Neutralität bewahrt. Wenn ich fluch Jein Mitglied der Demokratischen Fraktion bin und deshalb Meine Entschlüsse frei treffen kann, so bin ich . doch Mit glied der Demokratischen Partei. Ich habe allerdings alS Patriot das dringendste Interesse empfunden, Mn Hindernis zu bilden, daß Deutschland herauSkommt aus dem gegenwärtigen unhaltbaren Zustand, der eine schwe re Diskreditierung der demokratisch-parlamentarischen StaatssorM -arstellt, und deshalb bin ich schließlich! auch bereit gewesen, meinerseits Opfer zu bringen, die mich im Hinblick auf meine persönlichen Verhältnisse beson ders bedrücken. Ein Druck des Reichspräsidenten auf seine Partei. Berlin, 1H. Ian. Führer der Sozialdemokratischen Partei waren gestern abend beim Reichspräsidenten. Von gewerkschaftlicher Seite wird der Besuch als rein privat dargestellt. Es verlautet jedoch ziemlich zuverlässig, daß es dem Reichspräsidenten gelungen sei, die Sozialde mokratie von einem Parlamentarischen Vorstoß gegen das neue Kabinett Luther vorläufig insofern abzubringen, als Mn Mißtrauensvotum gegen das Kabinett M er warten ist. > Heute Regierungserklärung im Reichstag. Berlin, 15. Jan. Der Aeltestenrat des Reichstages hat beschlossen, an der festgesetzten Tagesordnung für Freitag mit der Erklärung der Regierung um 6 Uhr nachmittags festzuhalten. Nach der Regierungserklärung wird die Sitzung auf Sonnabend vertagt werden, .um dann um 12 Uhr mit der Besprechung d«r Regierungs erklärung '-n beginnen, damit noch am Sonnabend alle großen Parteien zu Worte kommen können. Die De batte wird dann am Montag um 2 Uhr fortgesetzt »verden. vrr „Nepnblikoner* Neuhaus Berlin, 15. Jan. Die deutsch« Liga für Menschen rechte sagt in einem Schreiben an den Reichspräsidenten, der als Reichsmtntster in Aussicht genommene frühere Ministerialdirektor Ne uh au» hab« seinerzeit nicht nur den Eid auf die Verfassung verweigert, sondern auch al» Ehrenvorsitzender des heutschnationalen Jugendbundes die Verbindung zwischen dem später wegen Teilnahme an der Ermordung Rathenau» verurteilten „Leutnant" Günther und General Ludendorff vermittelt, ferner sei er an dem berühmten „Nestabend" de« deutsch, nationalen Jugendbundes am L4. Juni 1SS2 zugegen wwesol, auf dem Günther als.Mürber Rathenau» gs- Der neue Reichsinnenminister Martin Schiele, HergtS Nachfolger als Vorsitzender der Deuts,chnationa- len Fraktion, wurde 1870 bet Stendal geboren, 1897 wurde er KretÄtagSabgeordnetev des Kreise? Jerichow ll, dann Mitglied des KretSauSschusseS und schließlich KreiS- deputierter desselben Kreises. 1914 wurde e» konser vativer Reichstagsabgeordneter und 'vg dann 1919 al» Deutchnationaler in die Nationalversammlung ein. Im Privatheruf ist Schiele Rittergut "Pächter und Fabrikant. Vie Stellungnahme -er Vemokraten. Die deutsche demokratische ReichStagSftak ion hat in ihrer gestrigen NachmittagSsitzung einstimmig folgenden Beschluß gefaßt: Lite deutsch« demokratische Fraktion billigt, daß der Vorsitzende die Entsendung eine- Ver trauensmannes in da» Kabinett Luther abgelehnt hat. Ti« steht dem Kabinett mit dem schwersten Bedenken gegenüber und -«hält sich ihr« gewesen, auf GtMung hu vev Regtsvung»4ktlürung sov stiert wurde. Reichskanzler Dr. jur. Hans Luther ist am 10. März 1879 In Berlin geboren. Nach längerer Tätigkeit als i Stadtrat in Magdeburg und als! Geschäftsführer des Preußischen Städtetages, wurde er im Juni 1918 Ober bürgermeister äwn Essen. Iw Sommer 1920 wurde er I in den damals neugebildeten vorläufigen Reichswirt-! schastSrat berufen. Im Dezember 1922 übernahm er da» NeichSMinisterium für Ernährung und Landwirt schaft, im Oktober 1923 das ReichSftnanMinisterium. Luikers Llebergangskabmett. Berlin, 15. Januar. Der Reichspräsident Hal den bisherigen Reichsfinanzminister Dr. Luther zum Reichskanzler uud auf dessen Vorschlag die nachstehenden Herren zu Reichsministern ernannt: Reichsminister des Aeußeren: Dr. Stresemann lM. d. R>), Reichsmlnister des Innern: Martin Schiele (M. d. R.), Reichsminister der Finanzen: noch unbesetzt, ReichswirtschastSminister: Neuhaus, Ministerialdirektor a. D. Reichsarbeitsminister: Dr. Brauns (M. d. R.),' Reichswehrminister: Dr. Getzler, Reichspoftminister: Stingel, Reichsverkehrsminister: noch unbesetzt, ! Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft: Eras Kanitz. Da» Reichsjustizministerlum ist dem Oberlarwesgerichtsrat Schumacher (Mitglied des Reichsrates) angeboten worden, der auch gleichzeitig mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete betraut werden soll. Die Verhandlungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Der neue Reichskanzler. > Dr. Han» Lukher stand al» Oberbürgermeister von Essen an einem Platze, an dem er unstreitig Hervorra- aendes zu leisten vermochte. Seine damalige Tätigkeit hat auf allen Seiten Anerkennung gefunden. Als Ver trauensmann der Industrie, deren starke Zusammenbal lung in Essen nicht zum geringsten Teil sein persönliche» Verdienst um die Stadt ist, wurde er doch auch den In teressen der Arbeiterschaft — die damals allerdings einen starken Machtfaktor im Stadtpavlament darstell e — ge-! recht. Dr. Luther machte Karriere; er wurde unter Cuno Reichsernährungsminister und als Nachfolger Hilfevdings Reichsfinanzminister. Als .Finanzminister hat er sich die Gegnerschaft weitester Kreise zugezogen. Die kleinen und mittleren Gewerbetreibenden, die Lohn- und Ge haltsempfänger haben ihm ein einseitig rigoroses Vor gehen gegen die sozial Schwächeren Vvrgewvrfen. Lu ther Hat sich durch Pie Mißstimmung nicht beeinflussen lassen und Mit der ihm zu Gebote stehenden starken Arbeitskraft an der Sanierung der zerrütteten Finan zen gearbeitet. Verwaltungsbeamter nach Neigung und Begabung, .bestand für ihn die Gefahr, dem Ressort interesse zu unterliegen. Selbst Stresemann .hat — freilich nur als Wahlredner — ersklärt, daß Luther im fiskalischen Interesse manchmal zu weit gegangen sein Wag. ' Dr. Luther jst ein Mann der konzilianten Formen, ein geschickter, klarer Redner. DaS sind Eigenschaften, die ihm bet den scharfen Auseinandersetzungen, die im Reichstag bevorstehen, zu statten kommen »vecden. Aber er ist. wie er wiederholt geäußert hat, nicht Politiker!, sondern Berw'a.ltungGbea'mter. Man wird es verstehen können, wenn manche Kreise in Deutschland nach den langen aufreibenden Erfahrun gen mit dem routinierten Politiker Stresemann d.en un politischen, routinierten Fachmann gern an der Spitze der Regierung sehen. Freilich ist das ReichSkanzleraMt doch in erster Linie ein politisches Amt. Auch seine provisorische Führung verlangt gerade jms gegen wärtigen Zeitpunkt weiten politischen Blick. tzebMonauMömmn mit fr-Mreichk Paris, 15. Jan. Ein Teil der Pariser Morgenpress« macht Angaben über den Inhalt der von T rettdwlen- bürg überreichten Gegenvorschläge.-, s Nach dem „Matin" erklärt sich! Deutschland bereit, ein provisorische» Abkommen auf Gründ der franzäsft scheu Mtndesttarife einzugehen, wenn ihm.ein« be schränkte Meistbegünstigung gewährt wird, die sich.je doch auf die Mehrheit der französischen Einfuhrartikel erstrecken Muß. Die Einfuhr elsaß-lothringische? Pro dukte nach Deutschland würde erleichtert werden. Di« deutsche Delegation verlangt, daß beide Regierungen während der Lauer des Provisoriums sich oiller protzi- bttiven Maßnahmen enthalten müssen, Lier ,-Petit Paristen" ist der Ansicht, daß di« deut schen Vorschläge, zu deren Prüfung di« . französisch« Delegation schon gestern geschritten sei, Mit den Bestim mungen des französischen Entwurfes nicht unverein bar seien. Die deutschen Gegenvorschläge Missen noch genauer formuliert werden, was bet den Besprechungen -wischen den Delegierten der beiden Länder «folgen wird. Die französische Delegation hat sich Mr Prüstüng der deutschen Vorschläge nur gegen die-Zusicherung be reit erklärt, daß sie besondere Bestimmungen für 4>i« . Ausfuhr elsaß-lothringischer Erzeugnisse enthalten. „Echo de Paris " meldet, in offiziellen Kreisen sei man der Mn-, sicht, daß die Deutschen mit der Unterbreitung der Ge genvorschläge einen Abbruch der Beziehungen zu ver meiden wünschten. Aus den Mitteilungen d«r Dresse läßt sich entnehmen, daß die Franzosen da« provisorisch« Abkommen nur für eine Dauer von höchsten« Hehn Mo naten abzuschlteßen wünsche». «eine Aenderung des englischen Standpunkte» über di« Ruhkbesetzung. London, 15. Januar. Man meint hier halbamtlich die engere Beteiligung Amerikas m der Ausführung de- Diwesplanes könne auch deutscherseits begrüßt werden, da sie iede Wiederholung der RuhrbesetzUNg Noch unmöglicher mache, als es sie unter dein Dawesplan an sich sei. Da» Argument bezüglich der Ruhrbrute wird mit dem praktischen Grunde verteidigt, daß ohne eS Frankreich und Belgien die ganze Deute für sich behalten hätten, von einer Aenderung de» prinzipiellen Standpunkte» der britischen Regierung bezüglich der Illegalität der Ruhrüsetzung sei kein» R^e. > geMtsgrsiiMg vom 15. laeusr. Die Reichslagssitzung am Donnerstag begann erst nachmittags 4 Uhr. Auf der Tagesordnung stützet» etwa 30 Anträge der Parteien, die sich auf alle wäg- ltchen Arbeitsgebiete erstrecken, und zwar handelt e» sich um Arbeitergerichte, Um Handwerk- und Mittelstand«, fragen, um Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene, gM Fragen des Arbeitsschutzes und der sozialen Versiche rung, um Aufwertungsfragen und um den Personal abbau, um die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, um Ausnahmetarife der RetchSbahngesellschaft und.um Abänderung de» SchankstättengesetzeS. Trotz des schwachen Besuches wird vi«l geredet. Di« Vertreter der einzelnen Parteien fühlen sich vxchfktchtet, zu den Anträgen da» Wort zu nehmen. Immerhin werden die einzelnen Materien verhältnismäßig schnell erledigt und den betreffenden Ausschüssen überwiese«. In der Debatte über die Anträge, welche di« Hand werker- und Mittelstandsfragen behand«ln, hielt der deutschnationale-Abgeordneter Budjuhn ein« länger» Rede. Ter Zentrumsabgeordnete Esser «nd d«r de- mokmlische Abgeordnete Aart schal vertreten die Auf- fassung, daß mit der Tiurchsprechung der Anträge in öffentlicher Sitzung nicht viel geholfen sei, daß ««bes ser sei, alle diese schwerwiegenden Girtzelfragen einge hend in einer Ausschußberatung zu klären. De» sozialdemokratische Abgeordnete Kraetztg »bedauert«, daß die treibhausartig« Ausdehnung der Kartelle v»nd Syndikate den Zerfall der kleinen Betrieb« nach sich zieh«. Die Gesamtkoften für den Reichstag. Berlin, 15. Jan. Au» dem ReichShauShatt für MS ergibt sich» daß die Gesamtkosten für den Reichstag im öffentlichen Haushalt auf 5 678 680 Mark belaufen, de nen eine Einnahme von 15 000 Mark gegenübersteht. Für die Aufwandsentschädigungen, die bekanntlich^»«» Mitglied 562 Mark betragen, sind insgesamt 8,L MW. Mark vorgesehen. Katz aus Wien nach Berlin abgerelft. Wien, 15. Jan. Der kommunistische Abgeordnet« Katz ist heute nach Berlin abgereist, nachdem er sich ver ¬ pflichtet Halle, sich zu der am 5. „Februar gegen ihn an-»' beraumten Verhandlung wegen Fälschung von Rejstau weisen hier dem Gericht zur Verfügung zu stellew - ! '->7 /luer Tageblatt Anzeiger für öas Erzgebirge ««ttmamm», ckas-blatt fw.nzgedirg». Enthalten- -le amtliche« Sekanntmachungrn -es Nates -er Stadt UN- -es fimtsgrrichts fiu«. peMeS'steatt, statt «chMM. ISS«