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. .... MM- Anzeiger für das Erzgebirge 5 «>«»», »NU « E»t»eromm«, Lag,blatt stu.nzg.dlkg,. Enthalten- -i» amtlichen vekanmmachungen -e» Nate» -er Vta-t UN- -e» flmtsgerlcht» Hu». peW>m.m«w, Amt »Npä» a«. 1«» Nr. 7 Ireit.ig, cken 9. Januar 1S2S —»«ME—»»— !>>——!>> »II-.M so. Jahrgang Höbe rum sieietztlagMäslSenien gmW. verHn / 7. Haimar. Im Reichstag ist bei der Präsidentenwahl der sozialdemokratische Abgeordnete Paul Lüde mit 231 Stimmen im ersten Wahlgang gewählt worden. Im gan^ waren 447 Stimmen abgegeben worden. Die Wahl de» Präsidenten sollte unmittelbar nach Beginn der für 2 Uhr nachmittag» anberaumten Sitzung vor sich gehen. Ihr waren auch die Sitzungen der Fraktionen gewidmet, die!faft ausnahmslos vor dem Plenum zusammengetreten sind, von vornherein stand fest, daß mit den Sozialdemokraten auch die Temokraten für Löbe stimmen würden. Wie Bay rische BolkSpartel beschloß, ihren Mitgliedern die Abstimmung sreizugeben. In der Deutschen Volkspartei hatte der Frat- tkonsoorstand einstimmig beschlossen, die Wahl Löbes zu empfehlen. In der Fraktion hatte sich aber Widerstand geltend gemacht, und sie hatte sich entschlossen, v. Kardorsf oorzuschlagen, bei Stichwahl zwischen Wallraf und Löbe aber für den ersteren zu stimmen. Vie Nekchstagssttzung. Das Publikum, das schon am Eröffnungstage des Reich-Parlamentes irr großer Zahl erschienen lnnr, Hütte sich auch Lm Tage der Präsidentenwahl wieder äußerst zahlreich 2tngefunden, so daß alle Tribünen be ängstigend voll waren. Da naturgemäß auch die Abgeordneten im Interesse der Wahlen fast vollzählig erschienen waren, so hatte man, was Has äußere Bild und hie Besetzung des Hauses anlangte, ganz den Ein druck der sogenannten großen Tage. In der Wandelhalle und in den Fraktionszimmern herrschte schon in den Bor- Mittagsstunden Hochbetrieb. 2.15 Uhr schrillen die! Glocken durch haS Haus. Alterspräsident Bock (So;.) noch recht beweglich, nimmt das Präsidium ein; Reichs kanzler Marx erscheint und unterhält sich.lebhaft mit seinem Hressechef, Ministerialdirektor Spiecker. Glocke des Präsidenten. Glückwünsche Mr die Abgeordneten Kodsch^ind Bernstein, deren Plätze anläßlich, ihres 70. bezw. 75. Geburtstages mit B lumensträutzen ge schmückt sind; Reichskanzler Marx schüttelt den Juki« laren herzlich die Hände. Darauf wird in die Präsidentenwahl ringe- treten, die durch Stimmzettel vorgenommen wird, Md, da die einzelnen Abgeordneten namentlich /rufgerufen werden, sich außerordentlich langwierig zu gestalten scheint. Es sind ausgestellt von den Sozialdemokraten Abg. Löbe und von den Deutschnationalen Wallraf; die Deutsche Volkspartei wird im ersten Wahlgang für den Abg. v. Kardorsf stimmen. Tie Kommunisten wollen ihre Stimmen dem Metsterboxer DHölmann geben. Tas Zentrum, heißt es, will für Fehrenbach stimmen. Tie Entscheidung könnte dann natürlich, erst im zweiten Wahl gang erfolgen. > Während des Namensaufrufes der Abgeordneten herrscht bienengleiches Summen im Saale und unauf hörliches Gehen und Kommen der Abgeordneten, die sich lebhaft über die Fragen des Tage» unterhalten- UM S.15 Uhr verkündet der Alterspräsident vu» Ergebnis der Präsidentenwahl, die allgemeine Ueberraschung 'her vor ruft. Ueber alles Erwarten wurde Der sazialdemokratische Kandidat Löb« im ersten Wahlgang gewählt Don 447 Stimmen entfielen auf ihn 231, so daß er da mit die absolute Mehrheit erzielte. Wallraf erhielt nur 112 Stimmen, der deutschvolksparteiliche Kandidat von Kardorsf 51. Ti« übrigen Stimmen waren zersplittert. Es hatten Sozialdemokraten, Zentrum und Temokraten, sowie Teile der Bayrischen Volkspartei und der Wirt- schaftSpartet sowie der Nationalsozialisten im .ersten Wahlgang für Löbe gestimmt, der lebhaft begrüßt wur de und alsbald den Präsidentensitz einnahM, von wo aus er Mit der ihm eigenen Geschicklichkeit und Wärme eine kurze, eindrucksvolle Antrittsrede hielt. Seine warmen Worte für den verstorbenen Vorkämpfer Mr die Aufwer tungsfrage, Abg. Düringer (D. Vp.) und Mr den Teutschnationalen Malkewitz, denen er al» politische Gegner Ehre, und Achtung zollte, löste im Hause Ge nugtuung und Zustimmung aus. Auch dem Tanke, -en er dem Alterspräsidenten und seinem Vorgänger Wall raf darbrachte, zollte das Haus lebhaften Beifall. Sodann wurde zwar zur Wahl des Vizepräsi denten geschritten, die abermals durch, Namensaufruf erfolgen mußte, weil einer Wahl durch Akklamation aus dem Hause widersprochen wurde. Gewählt wird schließ lich der Abg. Graes-Thüringen (Tm.) mit 247 Stim men Durch Akklamation werden darauf der Abg. Bell (Zentr.) zum zweiten und der Abg. Rießer (D- BP.) zum dritten Vizepräsidenten gewählt, woran sich schließ lich die Wahl der 12 Schriftführer schließt. Das Ergebnis dieser Wahl soll am Donnerstag be kanntgegeben werden. Bet dem nächsten Punkte der Tagesordnung, der die kommunistischen Anträge aus Haftentlassung einer Reihe dvn kommunistischen Abgeordneten betrifft, kommt er zu teilweise recht lebhaften Ausein andersetzungen, wobei die Kommunisten und insbeson dere ihr Wortführer, der Abg. Koen en, wieder recht bedenklich aus der Rolle fallen. Schließlich werden die Anträge dem GeschäftSvrdnungsauSschuß überwiesen, der sich sofort konstituieren und baldmöglichst mit Len An trägen befassen soll, so daß sie in der nächsten Sitzung zur Beratung gestellt werden können. Bet der darauf folgenden Festsetzung der Tagesord nung für die nächste Sitzung kommt es zu einer hoch- ! interessanten politischen GeschäfiSordnungSauSsp rache. Müller-Franken (Soz.) verlangt anläßlich der außen politischen Situation, daß sich, .die Regierung schleunigst im Auswärtigen Ausschuß äußere. Tie gleiche Forde rung stellt der Abg. Gras Westarp (Tu.), indem er gleichzeitig Aaraus hinweist, daß angesichts des ekla tanten Vertragsbruches der Alliierten von wetteren Han delsvertrag-Verhandlungen mit Frankreich keine Rede sein könne. Dem Redner wäre es deshalb am liebsten wenn auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung die Entgegennahme einer Regierungserklärung gesetzt wer den könnte. . v<>5 kiuie <M preupWen sioalittoiu- regieiMg. Die Volkspartei kündet Kampf gegen da» preußische Rumpflabinett an. Berlin, 7. Januar. Die Zentrumsfraktion des preu ßischen Landtages entschied sich in ihrer heutigen Fraktions sitzung nach längerer Aussprache m überwiegender Mehrbei dahin, daß die staatsrechtliche Auslegung des Artikels 45 der preußischen Verfassung durch die deutsche Volkspartei, «ach der das Kabinett infolge der Neuwahl des Landtages zurücktreten müsse, nicht haltbar fei. Die Fraktion billigte di« Auffassung, sie ihre Minister am Zehnhosf und Hirtslever in der Kabinetts- itzuug am Dienstag ausgesprochen habe«, im gesamten Inhalt, die volkSpartellichen Vertreter haben den Zentrumsvertretern, sie ihnen diese Entschließung mitteilten, erklärt, da» Rumpf- abinett werde im Landtage von der deutschen Volkspartei mit llen parlamentarischen Mitteln bekämpft werden. NNnisterpräsi- nt -raun» Nr-». Ministerpräsident Braun wies in seiner Rede darauf (in, >aß er, als er vor mehr al» drei Jahren die Leitung des Kabi netts übernahm, die Befürchtung gehabt hätte, daß die Koali- ionSarbett ungemein schwierig verlaufen werde. Heute müsse r konstatieren, daß man in wahrhaft kollegialer Weise und n ehrlicher gemeinsamer Arbeit in schwerster Zeit dem Vater- mde gedient und die großen Gegenwartsaufgaben erheblich «fördert habe. Die KoalitionSarbett der vier Parteien sei den sändern und vor ccklem dem Reiche ein gutes und glückliche« Setsptel politischer Stabilität gewesen. Da« Ende der Großen Koalition müsse daher aufrichtig bedauert werden. Dc" Ministerpräsident gab der Hoffnung Ausdruck, daß die sch" r m Folaen, die das Ausscheiden der beiden Staatswt"' für unser Land haben könne, doch noch vermieden werden und daß man trotz alledem sich wieder einmal zu neuer gemein samer kollegialer Arbeit zusammenfinden werde. Den beiden ausscheidenden Staatsministern sprach er seinen und de? Staatsministeriums warmen Dank für ihre Unterstützung der Arbeit des Ministerpräsidenten und für ihre gesamte hin gebende und aufopfernde Mitarbeit aus. Reorganisation de» ReichSverkehrSminifterlumS. Der Neubesetzung de» NeichSverkehrSmintsteriums wird al» eine der dringendsten Aufgaben, die Neuorga- nisierung de» Ministerium» folgen. Nach der Schaffung eine» selbständigen Unternehmens Reichsbahn sollen jetzt die noch vom ReichNverkehrSmintster Oeser entwor fenen Pläne auSgeführt und alle in den übrigen Mini sterien noch vorhandenen Ressort» .rein technischer! -Art tm Derkehrsministertum zentralisiert werden. Da» Mi nisterium wird dann künftig die Bezeichnung „Mi ni st« rt uw! für Technik und Verkeh r" .Mpen. Man ist in maßgebenden Fachkreisen der Ansicht, daß die Auf gaben der Reich-Politik auf dem! Gebiet der Technik so gewaltig angewachsen sind und Wit der Entwicklung de» modernen Verkehr» teilweise in so engem Zusammen hang stehen, daß ihr« Bearbeitung durch «inen fachmän nisch geschulten Minister «ach einheitlichen Gestchtspunk- ten Mß ale -ine nnÄdingte Kottr-ni-O-st erwiese« chab 2ur Kegierlmgrbiläimg. vor -sr Eatschrl-ung. Reichskanzler Marx beabsichtigt, nach der Klärung der Lqg« in Preußen, die -en D^tfchnationalen eine» Strich durch Pie Rechnung macht, die Kabinettsbildung tm Reiche nach eigenem Ermessen vorzunehmen. Die Deutsche Volk-Partei versucht freilich auch diesem Schritt Hindernisse zu bereiten, indem sie folgend« Erklärung durch -te Presse Verbretten läßtr ,Me Deutsche Volkspartei nimmt mit Genugtu ung davon Kenntnis, daß die Zeitung-Meldungen über ein Ultimatum de» Kanzler» gn die Deutschnational« Volkspartei den Tatsachen nicht entspreche«. Sie wür de andernfalls verpflichtet gewesen sein, darauf htn- zuweisen, daß etn solche- Ultimatum der ungeeignetste Weg sein würde, um etn« tragfähtg« Regierung zu- sammenzubrtngen. Nach der Auffassung der Deut» scheu Volkspartei müssen die Verhandlungen weiter geführt werden. Me Deutsche Volk-Partei legt ent scheidenden Wert darauf, festzustellen, daß sie ein, wenn auch verschleiertes Kabinett der Mitte glicht un terstützen werd«, weil die gegenwärtigen grqtzm qußen- und innerpoltttschen Ausgaben nur gelöst werden ken nen, wenn die Regierung sich auf «ine feste bürger liche Mchrhett stützt.- ' > Die Deutsche Volk-Partei gibt Mit dieser Erklärung vollends ihre Stellung al» Partei der Mitt« auf,, Sie will offenbar da» Zentrum zwingen, ebenfalls «ine Kursänderung vorzunehmen. Man weiß, daß Dr. Marx den Versuch gemacht hat, seinem Auftrage in der Weise gerecht zu werden, daß er zwei den Teutschnationalen nicht nur nahestehend«, sondern parteimäßig zugshörend« Persönlichkeiten -in sein Kabinett aufnehmen wollte, den Landrat z. D un preußischen Abgeordneten Mr. v. Krie» und der» frü heren Ministerialdirektor Ne uh au». Di« deutschnatio nale Parteileitung hatte Heiden Herren die Annahme der ihnen angetragenen Ministerien — -e» JnnenMinst sterium» bezw. de» Wirtschaft-Ministerium» — nicht ge stattet. Die Deutschnationalen wollen al» Fraktion in der Regierung vertreten sein und Nicht durch zwei — außer dem Grafen Kanitz — Minister- und ferner durch Persönlichkeiten, die innerHalb der deutfchnationalen Partei an führender Stelle stehen. Da» hätte -en Dürgerblock bedeutet, den da» Zentrum in feinem be kannten Entschluß scharf ahgelchnt Hat. Da» Hätte auch im Widerspruch zu dem Auftrag gestanden, «in über parteiliche» Kabinett zu bilden ohne Bindung an Parteien und Fraktionen. Ter RetchHanzler hat in folgedessen abgelehnt, in Verhandlungen mit der deutsch nationalen Fraktion etnzutreten, und hat den versuch gemacht, das Kabinett so zu ergänzen, daß e» ein« Ge währ Mr die Fortsetzung des politischen Kurse» der Mit'i« geboten hätte, ohne aber dabei eine aus gesprochen« Regierung der parlamentarischen Mitte zu sein. Herr Marx hat dem demokratischen Fraktion-Por- sitzenden Dr. Koch da» Ministerium de» Innern ange boten, dem volk-parteilichen Abgeordneten und hervor ragenden Rechtslehrer Professor Dr» Kahl da» Justizmi nisterium. Wirtschaft», und Verkeh r»mintp«Mum sollten durch.Staatssekretäre besetzt werden. Diese Absicht d«S Reichskanzlers hat die Deutsche Volkspartei durch ihren Beschluß vereitelt. Abgeordneter Professor! Dr. Kahl hat auf Grund diese» Beschlusses die UebernahMe de» Justiz ministeriums abgelchnt. Dadurch ist eine neue and we sentlich verschärfte Situation geschaffen Word«. Der Reichskanzler Marx war wählend der WM de» Präsidium» im Reichstage anwesend. Wer e» hieß, daß er Mchher sich zum Reichspräsidenten begeben wolle, um diese Situation mit ihm zu besprechen. Es war d«n Reichstage noch nicht bekannt, welchen Entschluß Dr. Marx gefaßt hat, ob er Pen Auftrag zurückgeben od« e» versuchen wollte, mit einem GeschMÜabtnöst vor de« ReichÄgg zu trete» Im ersteren Falle würde wahrscheinlich kaum etwa» andere» übrjg bleiben, al» daß der Reichspräsident ftch neuerlich an den Frocktton-sührer dep Deutschen Vollst partei wendet Im zweiten Falle würde daS pritte Ka binett Marx parlamentarisch nur vom Zentrum urtt> von den Demokraten getragen werden. Innere» Vieh« schäft, Justiz und Beächr würden, mit Staatssekretären besetzt werde«, und dazu VMe, da Dr. Strefemann in Konsequenz LeS Beschlusses seiner Fraktion ab» Außen seiter demissionieren Müßte, Post Mjstmntnßsterpon. Die Entscheidung darüber,, welcher Weg xtngeschla- gen werden wird, dürste In Pen nächsten Stunden fal le«. Denn ein« Entscheidung muß jetzt bomann. Bett dem Rücktritt de» Kabinett» Marx sind nahezu vier Wo chen vergangen, Do» NeM kch» nicht »nger o-»e p»r- onüöorvsth» Negierung hsnß-n M» NRN hstMeN. tchW