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Donnerstag, äen IS. Dezember 1924 Nr. 294 IS. Jahrgang Mer Tageblatt MM- Mzeiger für das Erzgebirge U» «Ms»«««, ra-«biati flottrrgidks^ Enthalten- -ie amtlichen Bekanntmachungen -es Nate» -ee Stadt «nd -es -lmtsgerlcht» ^lue. pestsihes-gnw, stm« «»Bl »e-iv» Zurück zur Mitte? Vte Parteiführer beim Reichspräsidenten. — Stresemann mit -er Kabknettsbll-uag beauftragt. verli«, 16. Dezember.. Ter Reichspräfident empfing heute morgen zunächst den ReichStagprafidenten Wallraf, so- da» «acheinander die Führer der Sozialdemokratische« Par. tri. der Deutfchnationalen Volkspartei, des Zentrums, der Deutschen Polfspartei, der Demokratischen Partei und der WlrtfchaftSpartei zu SinzelauSsprachen über die politische Lage und di« Frag« der Regierungsbildung. Die Vertreter de» Bayrischen Volkspartei find noch nicht in Berlin eingetros. fen und werden voraussichtlich morgen vormittag vom Reichs- Präsidenten empfangen werden. Bor morgen mittag ist ein» Auftragserteilung zur Regierungsbildung nicht -u erwarten. * Durch -en endgültigen Rücktritt desNeichskabinetts ist Me Regierungskrise nunmehr in das entscheidende Stadium getreten. Reichspräsident Ebert hat unverzüg lich die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regie rung begonnen, indem er am Menstag die Führer der verschiedenen, für die Regierungsbildung in Betracht kommenden Fraktionen empfing. Er hat damit bewiesen, daß er auf das Spiel der Deutschen Volkspartet nicht etngeht, die die Lösung der Krise noch um einige Tage verzögern möchte in der Hoffnung, daß inzwischen die wichtigen außenpolitischen Entscheidungen über die Mi- Ittärtvntrvlle und die Räumung der Kölner Zone fal len. Die Deutsche Volkspartet glaubt offenbar, daß die gegen die Beteiligung der Teutschnationalen an der Ne gierung erhobenen Bedenken hinfällig würden, wenn » erst in diesen Fragen von der anderen Seite vollendete ' Tatsachen geschaffen sind. Sie geht also in ihrer selbst losen Liebe zu den Teutschnationalen so weit, -aß sie dem bisherigen Kabinett rasch noch die Verantwortung für einige, vielleicht nicht ganz populäre Entschlüsse aus. bükden will, um damit den Deutfchnationalen freie Bahn zu schaffen. Diese» Spiel dürfte kaum gelingen. Der Reichspräsident ist entschlossen, fein« Entscheidung schnell zu fassen, um eine Verschleppung der Krise mit all ihren häßlichen Begleiterscheinungen zu vermeiden. Pon den großen Parteien hat.lediglich -a» Zentrum noch keine endgültige Stellung genommen, doch, ist es sehr wahrscheinlich, daß es eine aktive Teilnahme an einem Rechtsblock ablehnt. Da die Deutfchnationalen und die Deutsche BolkSpartei sich aber weigern dürften, eine MtnderhettSregterung zu bilden, der da» Zentrum seine Unterstützung nur auf tägliche Kündigung zuteil werden ließe, ist die Bildung einer RechtSregterung ebenso un wahrscheinlich geworden, wie die der großen Koalition. Damit wächst die Möglichkeit, daß die Krise da enden wird, wo sie ihren Anfang genommen hat, nämlich bet einer neuen Regierung der Mitte unter Marx al» Reichs« kanzler. ' ! > G' Berlin, 16. Dez. Beim Empfang durch b.en Reich»« Präsidenten hat -er sozialdemokratische Führer Dieselben Gedankengänge vertreten wie hei der Besprechung mit dem Reichskanzler Marx nach der Demission der ReichS- regterung, daß da» parlamentarische Prinzip durchaus nicht erfordert, die jeweils stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Me Demokraten haben ihrer bisherigen Haltung getreu eine Erweite rung der Regierung nach link» vorgeschlagen. Der Zen« trumSsührer soll borgeschlagen haben, den Führer der Deutschen Volkspartet mit der Neubildung des RetchS- mtnistertumS zu beauftragen, da diese Partei die Lte- gterungskrtse heraufbeschworen Habe. Die.Entschei dung des Reichspräsidenten wird kaum fallen, «he der Beschluß der RetchstagSfraktion d?s Zentrums dorltegt, die morgen vormittag 10 Uhr -usammentritt und sich vielleicht schon nach der ersten Beratung in un zweideutiger Weis« darüber aussprechen wird, wie sie sich zur Frage der Regierungsneubildung stellt. Berlin, 17. Dez. Der Reichspräsident wird vor- aulsstchtlich schon heute den Auftrag zur RegierchrgS- Lildung erteilen. Rach den Lestern im Reichstag um laufenden Gerüchten soll er die Absicht haben,. Dr. Stresemann, d«r heut« auS Fürstender« in Mecklenburg nach! Berlin zurückkehren wird. Mit der Kabinettsbil dung zu betrauen. Wie die „Zett" hört, .wird /Dr, Stresemann aller Wahrscheinlichkeit nach! den Antrag nicht annehmen. Man rechnet ziemlich, allgemein da mit, daß er iM künftigen Kabinett den Posten des Mini sters des Aeußeren erhalten wird. Die Möglichkeit der Bildung eines überparteilichen Kabinette- wird al» we nig wahrscheinlich bezeichnet, da die kommende, Regie» rrmg Ausgaben — vor allem die Lösung der Steuerfra gen und andere wirtschaftliche Probleme — zu erfüllen haben wird, .die eine Mte Regierungsmehrheit verlan gen. Die Zeit hält es nicht für unbedingt notwendig, daß eine Persönlichkeit mit der Kabinettsbildung be auftragt wird, die fest im parlamentarischen Leben wur zelt. Wie die „Bossische Zeitung" wissen will, Werde Dr. Stresemann eine außerhalb deS Parlamentes stehen de Persönlichkeit nennen, die nach seiner Ansicht für den Posten des Reichskanzlers besonders geeignet fei. Stresemann behält sich seine Entscheidung vor. Berlin, 17. Dezember. Der ReiOpräsident empfing heute mittag Dr. Stresemann zu einer längeren Aussprach» und, bot ihm im Verlauf dieser Besprechung die Regierungs bildung an. Dr. Stresemann hat sich seine Entscheidung bis heute abend Vorbehalte». Die demokratische Reichstagsfraktion war aüt Dienstag vollzählig zusammengetreten, mm sich zu konstituieren rmd zu der Frage der Regierungsbil dung Stellung zu nehmen. Die drei Vorsitzenden der früheren Fraktion, Koch, Erkelenz und Dr. Haas, wur den wieder gewählt und beauftragt, mit den bisherigen Beisitzern des FraktionSoorstandeS die Geschäfte weiter zu führen, biS im Januar die endgültige Ergänzung des Vorstandes vorgenommen wird. Nach .einem eingehen« den Referat des Partetvorsitzenden Koch, und nach ein stündiger Beratung entschied sich die Fraktion einstimmig für Festhalten an der bisherigen Politik der Mitte und für Bildung einer Regierung der großen Koalition. Man sah allgemein nur darin die richtige Auswirkung de» Wahlergebnisses und die Möglichkeit der Schaffung sta biler Regierungsverhültntsse im Reich.und in Preuße«. Mm Nachmittag tagte gemeinsam mit der Fraktion der Parteivorstand, dessen Mitglieder aus allen Teilen des Reiches in großer Zahl erschienen waren. Hier bersth-- tete Parteivorsitzender Koch Mer den Verlauf seines Empfanges beim Reichspräsidenten Ebert. In der AuS« spräche wurden die Richtlinien, Pie die Fraktion «M Vormittag aufgestellt hatte, einstimmig gebilligt. Ein gemeinsames Abendessen am Dienstag abend .hielt Reichstagsfraktion, Parteivorstand und Vertreter der Presse noch einige Stunden gemütlich beisammen. vor wettere« Steuererleichterungen k Berlin, Itz. Dezember. Zu einer Eingabe des Außenhanbelsverbandes, in der ei« sofortiger Abbau der die Bewilligung der deutschen Produktion hemmenden Steuern gefordert war, hat der Reichsfinanzminister Dr. Lckther laut „Lokalanzeiger" eingehend Stellung genommen. Dr. Luther weift in seinem Schreiben auf die bereits durchgeführte Steuerermäßigung hin «nd versichert, daß der Abbau «eiter fortgesetzt werden solle. Die Gerüchte über die günstig« Finanz lage der öffentliche« Körperschaften bezeichnet Dr. Lnther als stark übertrieben. Im übrigen seien bereit» neue Vorlagen zweck» Einschränkung der Zahlungstermine in Vorbereitung. S- Mttlloaea Dollar für -ke bayrische In-usirie. Münchs«, IS. Dez. wie die Bayrische StaatSztg. Meldet, ist dem geschäft-führenden Prästdialmitglwd de» bayrisch«« JndustrtellenverbandeS, Geheimen R«ie- rungsrat Kuhla, gelegentlich einer «mertkaretse yvn einem amerikanischen Konsortium et« Kredit von SO Mil lionen Dollar für Pie bayrische Industrie eingeräumt worden. — Von berufener Sette wird dazu mttgetetlt, daß ein Kredit von SO Millionen Dollar Won fetten amerikanischer Banke« fest zugesagt ist, wenn auch die Verträge noch nicht abgeschlossen sind. die -rutsch-französischen wkrtschaftsverhan-lungen. Basel, 15. Dez. Der „Basler Anzeiger" telegra phiert au» Part-r Am Gegensatz zu den pessimistischen Auslassungen in der deutschen Press« gibt Hava» gestern einen günstigen Bericht Wer di« Handelsvertrag»^» Handlungen au», der auf ein neue» Rachgeben DeMch- lands porzubereiten scheint. An der Delegattonssitzung der deutschen und französischen Sachverständigen der chemischen Industrie ist danach in den Hauptpunkten «ine Einigung..erzielt worden. Lediglich in untergeord neten Fragen der Materie find noch. Schwierigkeiten vor handen, pon denen man hofft, da- sw bis Mittwoch be seitigt werden können. An dem Titel Textilwaren er« vli stwmung Set ersten Lore, von Anton Grrvilsnß-Düsseldorf, Die politische Lage dieser Wochen wird beherrscht von der Frag« de» Räumung der erste» Zone. Rachde« die Reparationsfrage in ein ruhigere« Fahrwasser ge leitet ist, nachdem Deutschland all seine Verpflichtungen erfüllt hat, ist di« vertragsmäßig« Räumung der ersten Zone ein verbriefte» Recht Deutschland«. Alan sollt» nicht sagen, es sei gleichgültig, ob Bonn, Köln usw. einig« Monate früher oder später geräumt werden. Wag der deutschen Demokratie das Leden in den vergangen« Jahren so schwer macht«, ist die Tatsache, daß die Mege» über die berechtigten Gefühle der deutschen Ratto» sv oft hinweg gegangen sind. Auch! eine geschlagene Na tion hat ein Anrecht auf Achtung ihrer würde. Gsjst unmöglich, eine Ration zur Achtung von Verträgen zu erziehen, wenn der glückliche« Partner diese» Verträge sich selber nach Bedarf über dies« Verträge hinwegfetzt. Die vertragsmäßige Räumung der ersten Zone ist der erste Prüfstein dastlr, ob die Alliierten b««tt Mo, auch außerhalb des LaweSplane» die Würde d?r deutschen Nation zu achten. Es wird unheilbarer Schaden an gerichtet, wenn da» nicht geschieht. Hier ist rein Platz für Tauschgeschäfte und Trinkgelder. Es wäre unwürdig, wenn die Alliierten versuchen sollten, mit kleinen ver^ stüßen gegen die Kontwlloorschriften di« Verschiebung der Räumung zu begründen. Angesichts der fast völli gen Entwaffnung Deutschlands sind irgendwelche Klei nigkeiten, die sich etwa bet der Kontrolle gefunden ha ben sollten, .kein Austausch- und BergleichSobfeEt zu der Frage der vertragsmäßigen Räumung. Wenn «S sich «n Gründe der Achtung, Würde und Gleichberechtigung han delt, dann darf man diese nicht dergleichen mit kleinen Angelegenheiten der Entwaffnung. Gerade di» Demo kratie muß eS ablehnen, die.großen Fragen de» natio nalen Selbst- und Pfltchtbewußtsetn» in vergleich zu stellen zu technischen Etnzelfragen. wenn di« Alliierten nicht räumen wollen, dann sollten st« daraus yerztchten, das mit Kleinigkeiten zu begründen, sonder» sollten den Mut haben, offen -u sagen, daß sie auch heute «och nicht die Gleichberechtigung Deutschland» anerkenne» wollen. So gestellt, verträgt die Frage nur «ine «ntwortr Rä» Mung am 10 Januar. Ueberhaupt wird die Frag« der Räumung «eh» »nd Mehr zur Kernfrage der Befriedung Europas. Lloyd George hat mit Recht darauf verwiesen, daß jede län gere militärische Besetzung fremden Gebiets zu neuen Zündstoffen und letztlich zu neuen Völlerfpannungen führt. Der Friede Europas wird,umso mehr gesichert, se früher alle Besetzungen aufgehoben werden. Ach hält« gehofft und gewünscht, daß schon vor Weihnachten et» weiterer Teil des RuhrgebteteS geräumt worden wär« und dadurch zu zeigen, daß die Wiederherstellung des Friedenszustandes wettere Fortschritte gemacht HW». wartet man im Laufe dieser oder nächster Woche zu «ins» Uebereinstimmung zu gelang««. i , Deutsche Schwerindustrie la Pari». Essen, 16. Dez. Die Vertreter Per deutschen Schwer industrie haben sich heut« nach Parts begeben, u« dort an dey für Mittwoch und svlgend« Tag« angesetzten Ver handlungen mit den französischen Industriellen telltzu- nshmen., . . > ... vorläufige VerfiSn-kgrmg über -se 2-prozttttig« Msfuhrabgabe mit Sngian-. Wie Hon unterrichteter Sette Mitgetetlt wird, hat der Generalagent der Reparationen Pavker Gilbert s» seinen Verhandlungen mit dem britischen Finanzamt we gen der Exportabgabe aus deutsche Waren in Höhe von 28 Prozent eine Einigung erzielt. Ein endgültiges Ab kommen ist bisher nicht getroffen ward««. Die Frqge der Exportabgabe soll künftighin st» geregelt werd«», dich England diese Abgabe auf die deutsche« Ausfuhrwaren weiter erhält, der Betrag aber dem Pepavativnsagenten als Kredit gutgeschrieben wird, über de« er dgrfstgm» kann. In der Anwendung d«r Gelder ist per Ncharw- tionSagent nur insoweit beschränkt, daß dies» nicht al« Zahlung für Besatzungskvsten in Frage boMMex (oder unter die belgisch« PriorUät falle». ' Mrych -er ftaazeM-amerlkcmtsihmr Echul-eaverhao-loogen. London, IS. Dez. Der Abbruch, der amerikanisch französischen Sch'llden-Unterhandlungrn wird b«Migt. Tooltdge macht« in einem Gespräch mit Pressevertretern klar, seine Regierung werd« sich an beiner ckMtterwn Schuld enwnferenz beteilig««. Sie halt» fest an d«D Recht«/, jeden stn-elmrr ihrer Schuldner gesondmt Mtz