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IS. Jahrgang Dr. 28S Ireitag, cken 12. Dezember 1924 f», «»» a», «» «m— »««««e W «»N-ßu«,,, am««ch, -Ul, « Tageblattflueerzgeblrg». Enthalten- -kr amtlichen Sekanntmachungr« -es Nate- -er StaSt UN- -esAmtsgerichts/tu». peflfiheck-eani.iNattLUp^m.,ee» Mer Tageblatt ENN /lnzeiger für -as Erzgebirge KMttlkbeWO äe; sielchrkablneil;. Vie gestrige siablnett^ltzung. Die Reichsregierung trat gestern nachmittag um 5 Uhr »u der angekündigten Sitzung zusammen. Reichsminifter Dr. Strrfemaua machte uach einer Skizzierung der politischen Lage, die Reichskanzler! Marz gab, Mitteilung über die vom Vorstand der Deutschen Bolkspartej eingenommene Haltung, die, wie wir an anderer Stelle mitteilen, die Neubildung des Kabinetts nur auf der Basis einer reinbürgerlichen Regierung oorgenommen wissen Mill. Nach eingehender Aussprache hat sich das Kabi nett dahin entschieden, daß eS alsbald zurücktreten werde. Der Reichskanzler wird sich mit dem Reichspräsident«« wegen des Zeitpunktes des Rücktrittes inS Benehmen setzen. Vie Volkspartek einmütig für -en öürgerblock. Der Vorstand der Deutschen Volkspartet trat gestern vormittag zu einer Sitzung zusammen, die sich M in die Abendstunden hin einzog. Wie schon nicht mehr zwei felhaft war. .gehen die Absichten des Parteivorstandes einmütig dahin, die kommenden RegterungSverhandlun- gen nur auf der Basis des Bürgerblockes zu führen. An der Sitzung nahm auch Tx. Stresemann teil, der dafür eintrat .auf -er Grundlage früherer Beschlüsse zu ver harren, eine rein bürgerliche Regierung anzustreben und sich an der Kabinettsbildung im Reich und in Preußen zu beteiligen. ! ! , Man muß nun abwarten, wie da» Zentrum nach diesen zunächst kategorisch wirkenden „Beschlüssen" des volksparteilichen PartetvvrstandeS sich entscheiden wird. Berlin, 10. Diez. Heute herrscht hier allgemein der Eindruck, daß die Aussichten der großen Koalition.sich vermindert, .die des Bürgerblocks dagegen sich verbessert haben. Die Gründe Hierfür liegen vor allem in der Haltung der Deutschen Volkspartei, die sich stuf den Rechtskurs festgelegt fühlt, der ihren Interessenten na türlich auch im Hinblick aus die bevorstehende Lastenver- tetlung weit vorteilhafter erscheint als d,ie Verbindung nach links. Ganz abgesehen davon, daß die Partei natürlich auch gern die Gelegenheit benutzt, endlich ein mal jene Konsequenz zu zeigen, deren Mangel ihr bis her von allen Seiten vorgeworfen wurde. Immerhin wäre ja auch die Volkspartei allein nicht imstande, den Bürgerblock herbeizuführen, wenn nicht auch -as Zen trum sich an ihm beteiligen würde. Ter Schlüssel -er Situation liegt also eigentlich nicht bei der Volkspartei, sondern Wetter links. DaH aber beim Zentrum der rechte Flügel immer stärker nach? Beachtung drängt, ist seit längerer Zett schon offenbar geworden. Allerdings ist wohl auch klar,-aß der Mann, der da-Zentrum dem Bürgerblock zuführen würde, nicht mehr Marx heißen kann. Eben deshalb taucht der Käme Stegerwald im mer wieder auf. - I ! > Erörtert wird heute auch di« anscheinend planmäßig in die Diskussion geworfen« Kombination, daß man nur im Reich den Bürgerblock bilden, in Preußen aber Ms Zugeständnis an die Wahlerfolg« der Sozialdemokratie) die Große Koalition bestehen lassen könnte. Aber man kann wohl nicht einmal von den Deutschnattonalen er warten, daß sie die in der Außenpolitik des -Reiches ihnen unsehlbar bevorstehenden Mißerfolge auf sich neh men, während in Preußen, auf dessen Verwaltung «S ihnen ja vor allem ankommt, ohne ihre Mitglieder regiert wird. Berlin, 11. Dez. Zu dem gestrigen Beschluß des Reich SkabtnetteS, alsbald zurückzutreten, bemerken die Blätter, daß der Reichskanzler voraussichtlich! noch ckm Laufs des heutigen Tages Gelegenheit nehmen werde, mit dem Reichspräsidenten über den Beschluß Rücksprache zu nehmen. Tie wetteren Aeußerungen der Blätter zur Lage lassen den Schluß zu, daß gegenwärtig Pie.Bür gerblockregierung mit Einschluß der Deutschnattonalen größere Aussicht auf Verwirklichung hat als die große Koalition. Ein SÜrgerblock — Verfälschung -er Wahlen. Schweizer Stimmen über die Regierungsbildung. Bern, 10. Dez. In einer Besprechung der Möglich keiten der Regierungsbildung in Deutschland kommt der „Bund" zu den« Schluß, daß durch die Herstellung des Bürgerblocks der Sinn der Wahlen gefälscht würde. „Die Wahlen sind," so führt daS! Blatt aus, „nicht nur zu diesem Zweck borgenommen worden,. eine > sichere Mehrheit zu schaffen, sondern sie sollten auch darüber Auskunft geben, welchen politischen Kur- die Mehrheit des deutschen Volkes wünscht. Diese Befragung hat aber deutlich gezeigt, daß das deutsche Volk entschieden nicht jenen Parteien mehrheitlich zugeströmt ist, die den Wahlkampf im Zeichen der Monarchie führten, sondern jenen, die sich offen zur Weimarer Verfassung und da- mit zur Republik bekannt haben." Die „Baseler Nach richten" bedauern, daß bet dem deutschen Wahlsystem nicht festzustellen ist, ob z. B. bet den Deutschnattonalen die Retter des DawesplaneS oder dessen unversöhnliche Feinde den Zuwachs erhalten hätten, desgleichen wisse man nicht, was die Zentrumssphinx denke. Tie Entschei dung der Wähler zwinge nach demokratischen Grundsät zen zur Wetterführung der bisherigen RegtcrungSpoltttk. Die „Baseler Nationalzettung" schreibt, zum erstenmal seit den Tagen von Weimar hätten die Rechten Stimmen verloren und ihr Aufstieg, der unwiderstehlich schien, sei zum Stillstand gekommen. kln engstsch-stanWM; Abkommen? Keine Räumung der Kölner Zone— Fortdauer der französisch belgischen Ruhrbesetzung. Rom, 10. Dez. Von unterrichteter Seite wird der Abschluß eine- .englisch-französischen Übereinkommens bestätigt. Hiernach wäre England nicht abgeneigt, die Fortsetzung der Okkupation Köln- über den Januar hin aus zu erwägen, und zwar unter der Begründung, daß Deutschland nicht sämtliche Bedingungen der.Abrüstung erfüllt habe. (?) Dies würde im Gegensatz zu Mac- donald- völlig kontrastierendem Standpunkte stehen und den vollen Beitritt Chamberlain- zur französischen Auf fassung bedeuten. Die Fortsetzung der englischen Okku pation Köln» würde ferner bedeuten, daß England kei nerlei Einwendung gegen die Verlängerung der fran zösisch-belgischen Ruhrbesetzung erhebt. Frankreich hätte also, ohne da» Problem der Sicherhettssrag« aufzurol- len, mindesten» ein zeitweilige» . Aequivalent exzielt. Diese» neue französisch-englische Abkommen würde noch! verstärkt durch die Einwilligung England», daß die Milttärkontrvllkommissto« einen französischen Präsiden ten erhalte. ' > >>,!!!'>. -lamrlka beteiligt sich an einer VSIkerbun-skonferenz. Washington, 10. Dez. Die amerikanische Regierung hat die Einladung deS Böllerbunde» angenommen, an einer Konferenz, di« internationalen Handel»-, Rüstungs und Muntttonsfragen besprechen soll, teilzunehmen. Die Konferenz soll t« April oder Mai nächsten Jahre« in Aens -Lgehalte« Kords«. Große Zlotteneüstung Amerikas. Neuyork, 10. Dezember. Marinesekretär Wtlbour führte in einer Botschaft an das Marinekomitce auS, daß für die amerikanische Flotte mehr getan werden müßte, um ihre volle Kampfkraft zu erhalten. Vor allen Dingen müsse das Stärkeverhältnis von 5:3 eingehalten werden. Weiter müßten die Kampfschiffe modernisiert und Begleitschiffe gebaur werden. Amerika habe am Kriege tetlgenommen, weil Deutschland zeitweise Amerika sein Recht auf dem internatio nalen Hand"lsmarkt zu unterbinden versucht habe. Zortfall -er Aollerlekchterungen für Eupen un- Malme-p. Berlin, 10. Dezember. Die den Kreisen Eupen und Malmedy unter dem Vorbehalt des jederzcitigen Widerrufe» zugestanvenen Zollerleichterungen (Zollerlaß aus BilligkettS- gründen für Waren, welche zur Zett des Inkrafttretens sich'in den genannten Kreisen im freien Verkehr befanden und der Erzeugnisse, welche nachweislich in diesen Kreisen au» deut schen Rohstoffen hergestellt sind) fallen mit Wlauf des 10. Ja nuar 192k fort. Waren der genannten Art, welche nach die sem Zeitpunkt zur Zollabfertigung gebracht werden, unter liegen der tarifmäßigen Behandlung. Vie italkenlsthe Press» un- -as Wahlergebnis. Rom, 10. De». Der römisch« „Popolo" erhlickt.in dem Ausfall der deutschen Wahlen einen Steg -er De mokratie. Die Ration habe damit die Zustimmung -u der klugen Realpolitik de» Kanzler» Marx ausgesprochen. Der „Corrtere della Sera" Meint, da» Ergebnis bedeute «inen Steg der Anhänger der Republik, »ine Koqsolidw- pun« na- d« Mitt» mit »inst R»ism»L pach Ms. vertrauenskun-gebuag für Herriot. Part», 10. Dez, Die Rachtsitzung der Kammer hat zu einer lebhaften Aussprach« über den Kvmmunismu» geführt. Besonder» traten di» Sozialdemokraten Her vor. Ihr Führer sprach den Kommunisten jeden Einfluß auf die Arbettermassen ab und verwarnt namen» sei- ner.Partei die Anwendung der Gewalt. Herriot gab folgende grundsätzliche Erklärung ab r Die Regierung will kein Blut an den Händen haben. Rach «ine« sü schrecklichen Krieg, wie wir ihn durchwachen mußten, gibt e» nicht» schrecklichere» al» einen Bürgerkrieg. Wtp können einander im Parlament bekämpfen. S» gibt aber eine Grenze, die die Regierung nicht überschreiten lassen wird. GS ist lächerlich!, die Sretgntss« aufzu bauschen, um eine künstliche Panik im Publikum W erzeugen. Herriot kün-igte scharfe Maßnahmen gegen di« ausländische« Kommunisten an, die durch Propagandatätigkeit unangenehm auflallen. Maßnahmen, wie die Einschränkung de» Waffenverkaufs würden ebenfalls eine heilsame Wirkung haben. Rach der Wiederaufnahme der Sitzung sprach per Kommunist Do- riot. Er gab aus ein« Frage, ob er Anhänger bist direkten Macht sei, eine unbestimmte.Antwort. Schließ lich stellte die Regierung die Vertrauensfrage. Oie wurde mit SIS gegen SS Stimmen angenommen. Dia Kammer nahm »um Schluß der Rachtsitzung. folgende Entschließung an r ,H>te Kammer ist fest entschlossen, eine republikanische und soziale Aktion zu betreiben, hie sich durch keine Politik systematischer .Gewalttätigkeiten ge fährden lassen will. Sie sprach der Regierung ihr iyev- trauen au» und ging zur Tagesordnung über." Streik -er österreichische« Postbeamte«! Wien, M Dtz. Die „technische Union", Hie »er- tretung der österreichischen Post-, Telegraphen- und Telephonbeamten, hat den Beschluß gefaßt, das Heute Mittwoch mittag« 12 Uhr ablaufend« Iltimatu« um S Stunden zu verlängern, indem sie mit einem Appell an die Oeffentlichkeit tritt und behauptet, daß die.General direktion der Post in leichtfertiger Weise und kn beinahe verhöhnendem Tone die gerechtfertigten Forderungen de» notleidenden Beanttenschafl abgelehnt hat. Die Schäden, die der Bevölkerung au» einem Streik erwachsen wür den, feien verschuldet, nicht durch die Beamtenschaft, sondern durch da» Unverständnis der Aeneraldivektton. Die Situation gilt al» sehr verschärft und es wird da mit gerechnet, daß der Post«, Telegraphen- und Dele- phonstreik vielleicht noch am heutigen Lage zum Aus bruch Ivmmt. wieSer es« verbrechen im flmt. An Schwerin war gegen den völkischen Vizepräsi denten de» mecklenburgischen Landtage«, AMtshauptmana Giese, ein Disziplinarverfahren .eingeleitet Warden, da er beschuldigt wurde,, sich an Frauen, mit denen er amt lich zu tun hatte, vergangen zu haben. In nichtöffent licher Verhandlung wurde Giese zur Dienstentlassung verurtellt. . !' . : !! > i k ! >. I. ! ' l Politische Runäschau. Kein vürgerbtock in Sachs« mbgllch. Don „besonderer Sette" gemeint»ist Minister präsident Heldt — erhält die SÄHstsche Staatsßeitun- etne Darlegung über die Vebertragung -es Wahlergeb nisse» auf di« sächsischen Landtagswahlen. Bekanntlich würde sich ein« bürgerliche Mehrheit von 81 gegen >45 Marxisten ergeben haben (20 Deutschnattonale, 1V Volks- parteiler, 8 Demokraten, 5 Wirtschaftlern, S Rational» Sozialisten, 34 Sozialisten und 11 Kommuniflen). «Ser ganz zutreffend schreibt die „besondere Meile" r, »Mine nähere Betrachtung ergibt aber ohne weiteres, daß « (der Bürgerblock) praktisch zur Bedeutungslosigkeit ver urteilt wär«, denn die Nationalsozialisten Hasen, wir sich bet den Abstimmungen 'in Stadcharlamenten (ädrigen» auch tm Reichstag) bereit» gezeigt hat, entschieden« Nei gung, mit den Kommunisten züsammenzusttmMen. Ma« würde also in dielen Fällen mit einem Stimmenver hältnis von 48r48 zu rechnen haben, d. h. die parla mentarische Arbeit würde auf einem wie« Punkt stehen. Um die» zu vermeiden, würde die große Koalition da» einzige Mittel darstellen wäre kein vür^rblo« möglich, weil er nicht die Mehrheit hätte und sich nicht in Abhängigkeit von drei Rechtsradikalen hegeben lern te, so wäre aber ebenso ein« große Koalition mit Arzt und Edel undenkbar für Demokraten und vollspart«Uer, wenn man sie auch theoretisch konstruieren kann. Es ist also gut «wesen, daß dis LandtagsausUsung MMWHnt worden ist. . i . l ,