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IS. Zahrgang Sonnabend» äen S. Dezember 1924 Nr. 2S4 sammenbruch Italiens sich ankündigte, wäre dringendes Gebot gewesen. Jedenfalls hätte er erfolgen müssen, ehe die Nation gänzlich unvorbereitet mit der Notwendigkeit eines sofortigen Waffensttllstandsangebotes bekanntgemacht wurde. Da» Scheltwort zum Dolchstoß diene weder der sachlichen Klärung noch der inneren Sammlung unsere» Volke». Prof, -an» Delbrück tritt ebenfalls der „Dolchstoßlegende" entgegen. Er glaube, daß sie vielfach und sogar vorwiegend gebraucht werde in dem Sinne, als ob das deutsche Heer im Begriff gewesen wäre, den vollständigen Sieg zu erringen, als es durch den Dolchstoß im Rücken getroffen wurde. Das sei «ine Un wahrheit, die zurückgewiesen werden müsse. Unsere Offen siven im März und April seien strategisch ge scheitert, ohne daß man der revolutionären Agitation bet diesem Mißerfolg irgendeine Mitschuld beimessen könne. Die Erzählung, daß die Front von hinten erdolcht worden ist, ist eine Fabel- Die Frage erhebt sich nun aber, warum diese für die Aufklärung der öffentlichen Meinung in Deutschland doch sicherlich höchst wichtigen Aeußrrungen bisher der Öffentlich keit vorenthalten sind, obwohl sie bereit» seit Ende März vollkommen abgeschlossen vorliegen. Leider steht heute fest, daß es den deutschnationalen Nutznießern der Dolchstoßlüge gelungen ist, auf dem bewährten Jntrtgenwege ihre Einflüsse bi» in eine» der Reichsmtntstrrien vorzutretben. Es ist näm lich allmählich bekannt geworden, daß eine» der Reichsmintste- rien (dem Vernehmen nach das Wehrministerlum) im Kabi nett stärksten Widerspruch gegen die Veröffentlichung der militärischen Gutachten erhoben hat, die nicht nur den Men» schen, sondern auch den Strategen Ludendorfs vernichtet hätten. E» liegt diesen Stellen also am Schutze Ludendorfss mehr, al» an der Rehabilitierung de» von seinem ehemaligen G«' neralissimus mit schnödestem Undank und übelster Beschimp fung belohnten Volk«. Ein Gmnd mehr, am 7. Dezember all« Kräfte anzu spannen, um ein Parlament zu schaffen, das sich eine der artige Sabotage seiner Beschlüsse durch nationalistisch« Kreise nicht weiter gefallen läßr! Schmarz-Rot-Gold in Brasilien. DaS in Sao Paulo erscheinende „Deutsche Blatt" soll nach einer Bekanntmachuna seiner Gchrtftleitung von nun an „Fürs Politik und Republik" etntreten. LS will als erste deut sche Zeitung Südamerikas die Weimarer Verfassung verteidi gen und im republikanischen Sinne wirken. ihre Heranziehung zur Regierungsbildung möglich lein werde. Ang «fichtst her tiefgehenden Meinungsverschie denheiten tut deutschnationalen Lager werde der Partei- führer Nr. Stresemann demnächst Gelegenheit nHmen, einige Fragen besonders in außenpolitischer Hinsicht an die Deutschnattonalen zu richten, von deren Wener und unzweideutiger Beantwortung die Aussichten auf «in» schwarz-wetß-rote Regierungsbildung im Reiche und in Preußen wesentlich abhtingen würden. —,Diese Regie rungsbildung wird wohl nicht blotz von der Beantwor tung der Stresemannschen Fragen, sondern vor allem von dem -- Ausfall der RetchSitag-wahlen aMngenl 4L4» Neich»tag«kan-k-att«. Berlin, 4. Dez. Die vom WTV- auf «rund amt lichen Material» herausgegebenen Listen PW die Reichs taMaWs enHaKm Nicht weniger a§» 4S4S Ksndidmm vle geistigen Mm venWanür kii» Oie veiMratie. US Vertreter del deutschen Geisteslebens pxvöftent- tchen fotzende Erklärung! !, i, l . i ,Mo unterzeichneten Vertreter deck deutschen Miste«, eben«, hi« nicht alle der Mutschen demokratischen Par- et angehören, sehen «st als Hre nationale Pflicht an, >ei diese« ReichAtegÄvahlM zur KttmwLbgabp für den .Kandidaten der Deutschen demokratischen Partei aufzu^ fordern, Henn nur die NenLsqe derwkesttischx Partei ver bürgt dre Fortsetzung der nrUvendtge^ „nationalen Außenpolitik und nur sie vertritt tm Gegensatz zum trennenden Bürgerblock! den Gedanke» wahrer 'PoM- gemeinschaft und sozialer MrechjttgM " Die Erklärung trägt die Unterschriften von 11ö namhaf ten deutschen Gelehrten und Professoren aller deutschen Uni versitäten. Die demokratische Welle. Frankfurt a. M., 4. Dez. Bet den Retchsttagswahlen iM Jahve 1920 und iM Mai 1924 hatte der Spitzen kandidat der Deutschen Demokratischen Partei in Hessen- Rassau, Schücktng, darauf Verzichten Müssen, in Mar burg, der Stadt seinest langjährigen akademischen Wir ken», öffentlich,bu rede«. Nie damals in Marburg,sehr kechMUftretenden nationalistischen Kreise unter Führung dest . ,Hochschul ringest Deutscher Art- Hütten eine Rede Schillings unmöglich gemacht. Wie sich Pie Verhält nisse" geändert haben, beweist di« Tatsache, daß Schük- ktng jetzt in dem größten Saale Marburgst vor.einest riesigen Versammlung sprechen vomr nur ein Gegner einen StSyungSvyrs In Marburg koMte auch da« „RetchÄ richtet werden. in den KreiMvahlborschlägen und ASS Kandidaten in den Reichswahlvorschlägen mit Namen, instand und Wohnort. Zn den entsprechenden Listen dÄ ATM. für die Landtagswahl sind 26.31 bzw. 256 Kandidaten ver zeichnet. Die Wahlvorschläge für die Reichsttagswahl enthalten nicht weniger alst 51 verschiedene Parteibe- zetchnungen. Aehnlich verhält «st. sich bet Pen Vorschlä gen für die Landtagstwatzl. . " Erkssaung -er han-elsvertragsverhan-lorrgen mtt Nave«. Rom, 4. Dezember. Die deutsche Handelsdelegation unter Führung des Ministerialdirektors Koepke wurde Mitt- . woch von dem deutschen Botschafter von Neurath dem italie nischen Ministerpräsidenten Mussolini vorgestellt.. Im An schluß hieran begannen die Verhandlungen.' Die Presse nimmt jedoch von dieser Tatsache keine Notiz, während sie dem neuen französischen Botschafter BeSnard spaltenlange Artikel widmet. Dafür ist das Interesse aller hiesigen WtrtschcrstZkreife um so größer. kZMZ WWeroerlammlimg. «L, «M Rotterdam, A Dez ,/Vatlh Ehwtttel? Meldet, da» 7 neue aust Tunt» «ingegangene Bericht» auf hast Entste hen einest dritten Äefahrherdrst in Rordafttta vorbevei- ten Mchrfach zu blutigen ALstschxeitunge« ges rung in Aeghpten und Mwwkst» breit» s schnelle über Tunist au». Die italienisch volkspartek ua- dettsihnatkottttt. Stresemann will einige Fragen an die Deutschnationalen stellen. In der Umgebung Dr. Stresemann» .haben, wie aust volkHParteilichen Kreisen verlautet, die Ausführungen, die der deutschnativnale Parteivorfitzenve Winckler ge genüber Pressevertretern Machte,. etnigermatzen Mev- rascht. Wenn der Abgeordnete Winckler betonte, Patz VW Deutsche «olkstpartei sich nun endlich entscheiden müsse, ob sie für oder gegen den Ltnkstblock in Preußen Partei ergretfen wolle, so wird von volWpartetltcher Sette dar^ auf htngewiesen, daß schon jetzt VertzandlungstN schweb ten, um den Einfluß dest.ßchstemsti Severtng zu beseiti gen, von dessen Vorherrschaft aber nieMalst die Rede fein konnte. Im übrigen würdr «st nur an de« Deutschna- Minister Hamm über -en Entschek-ungskampf. München, 4. Dezember. Reichswtrtschastsmtnister Hamm hielt gestern in München eine groß angelegte Rede für die. Demokratische Partei. Die Politik der letzten lb Monate war die der Tat und dieser Weg muß wettergegangen werden. Die Politik der kriegerischen Befreiung ist unmöglich. Darin liegt die große Gefahr eines deutschnationalen Erfolges, daß sie hindernd in die Politik, die die Befreiung mit fried- lichen Mitteln anstrebt, etngretfen. Die Rede klang aus in den Worten: W t r haben den alten Staat nicht umgewandelt. Es sind die Fehler des alten Staates gewesen, die ihn zum Sturz gebracht haben. Wohl aber sind wir diejenigen, die in der Zeit, als gar kein Staat mehr da war, einen neuen Staat auf gerichtet haben. Heute steht er da. DaS Panter dieses Staates haben wir entfaltet. In sechs schweren Jahren haben wir es getragen. In diesem Wahlkampf werden wir e» zum Siege führen Rußland mobllistert gegen -le Ran-staaten. Rotterdam, 4. Dch. Einem Telegramm auS Helsing« forst der „Voening Timest" zufhlge D aM 3, Dezember eine neue allgemeine russische Probemobilisterung »er folgt. Der Beginn der Probe-Mobilisierung sei auffal- lenderwetse mit dem kommunistischen Putsch gegen Est land zusammengefallen. Die russischen Truppenkonzen- trattonen an der Westgrenze und gegen Finnland würden durch die Bowjetvertretung in Helstngforst ausschließlich Mit der Probemobilisierung begründet, wast atze» kein Mensch glaube. . ' ' ! i- l l- ! I i I' Die Morning Post" Meldet anst Moskau Sowjet bewilligte, der „Prawda" zusvlste Nonen Goldrubel für ai Auolands-Propaganda. der Sran-Hrr- ia N-r-Wk». Rotterdam, A «P. ' he» einest driften Gestchrhördrst w Rordafrtb ten. Die ZusaMrnenstötze miß den Eingeborene» tzaben Mchrfach zu blutigen Austschpettungen geführt. Die Gä- rung in Aegypten und Marokko breite sich mit Blttzüll- schnelle über Tunist aust. Die italienische» Garnisonen tionalen Netze«, ob' sowohl Ust Reich wie jn .Preußen' ft» »MißHab« erhebliche Verstärkungen »ngchordsot. Vas gefälschte Memorao-um. sine kurze «»frage. In politischen Kreisen wirb die Frage erörtert, ans wel- «her Lügenfabrik da» deutschnational« Hevriot. Memorandum hervorgegange« sei. vielleicht wird die Beantwortung der folgende» Frage eine gewisse Klärung schaffen: Ist es richtig, daß etwa zehn Tage, bevor Li« deutsch»ati- «nake „Snthitllung»"bombe auf Zeitzünder platzt«, der Wort- kant de» angeblichen Memorandum« an« rujfisch-bolschewifti- schen Kreisen dem ReichSwehrministerimn wergeben worden istk EKgUsihe flompromlßnolgung la -er Kölner Räumuagsfrag». London, 4. Dezember. Ke gut unterrichteten konser vativen Kreisen ist man wer die in Deutschland verbreitet« Auffassung, wonach eine Verlängerung der Besatzung der Köl ner Zone einen „groben Bruch de» FriedenSvertrageS" dar stellen würde, einigermaßen erstaunt. Man weist darauf hin, oatz alle englischen Anregungen und offiziösen Aeußerungen dahin gelautet hätten, daß mit Deutschland eine freie Verein- barung dahin getroffen werden könne, wonach Deutschland ein willige, daß England Wer den 10. Januar hinaus in Köln bleibt, etwa bis zum April 1625, wenn Frankreich sich dazu verpflichtet, die Ruhrräumung statt bis August bereits bi» zum April des neuem Jahres durchzuführen. uer Tageblatt ------ Anzeiger für -as Erzgebirge «graame, «aMa« M,«yg^v»e. Enthalten- -so amkllchra Srkanntmachoogea -es Natt» -ek Statt ua- -es Nlntsgerlchtt Mit. pePcheck-wnte» MM lleiprig a». ISN Vie amtliche Ailierlegung äer vslchjtoß - Legenlie I Vie krgrbnM aer parlammtarilcken Ü»ter!«ch«»g5ams<l>ulser. Berlin, 4- Dezember. Die Blätter veröffentlichen einen luszug des Berichtes über di« Ergebnisse de» Parlaments- Ischen Untersuchungsausschusses des Reichstage». Er stellt ömptsächlich diejenigen Stellen zusammen, welche die Hin- Illigkeit der sogenannten -Dolchstoßlegende" ergebt» sollen, ßie Sachverständigen, di« ihre Gutachten unter Eid abzu- lrben hatten, waren außer Delbrück, dem Verfasser der epoche- Machenden „Geschichte der Kriegskunst", selbst, General von fühl, der im Kriege Generalstabschef der Heeresgruppe Kron- ninz Rupprecht gewesen ist, und Oberst Schrverdfeger, der lirch seine Forschungen über die belgischen Vorkrtegsakten nkanntgewordene Generalstabsoffizier. Alle drei Herren eigen ihrer politischen Stellung nach mehr zur Rechten als Ur Linken und sind jedenfalls über den Verdacht einer auch ur im geringsten tendenziösen Geschichtsschreiberet absolut rhaben. E«n«rak von Kuhl iigt in seinem Gutachten u- a.: Keinesfalls sei es ängängtg, u behaupten, der Krieg sei lediglich durch die Unterwühlung les Heeres und durch die Revolution verloren worden. Un srem erschöpften, bis zum äußersten Grade menschlicher Leistungs- khigkeit angespannten Heere fehlte der Ersatz- Wir mußten irr außerordentlichen Uebermacht des Feindes unterliegen, Lchdem di«.Amerikaner in ungeahnter Stärk« auf dem west- chen Kriegsschauplatz« erschienen waren. Der Zusammen ruch Bulgariens, der Türkei und schließlich Oesterreich-Un- arns raubte jede Hoffnung auf «inen glücklichen Ausgang. )i« Behauptung, daß lediglich der Dolchstoß aus der Heimat ns des Sieges beraubt habe, läßt sich somit unter keinen lmständen aufrechterhalten. Oberst Schwirbfeger «trachtet die Tatsache al» verhängnisvoll, Paß man es unter- »ssen habe, die wirkliche Gesamtlage dem gunzen deutschen Zolle mit hinreichender Deutlichkeit zu schildern. Tin Auf- uf an Volk und Heer um Mitte September, als der Zu-