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Sonnabenck, cken 22. November tS24 19. Jahrgang Nr. 272 M-v?» «',.«7-^^ MnHeiaer für -as ErHgebirge -«gp^ch-ftaschtuö a». u. dV Lage-lau ftueerzgeblrg«. Eathaltsn- Akt atntllchsa GekaaNtmachuaAta -t» ktatss -Etz Sta-1 UN- -f^> fsmtsgtkschls ftu». Postscheck-Konto, ftmt Leipzig Nr. 1994 Nathuflus vor Gericht. Ein neues franMfthes Schmachurteil. ria Jahr Gefängnis für .Diebstahl^ von Küchengeräten. Lille, 20. November. Das französische Militärgericht Hat General von Nathusius des „Diebstahls" von Küchengerät und eines Tafelservires im Werte von küv Franken mit 6:1 Stimmen schuldig gesprochen. Unter Verwerfung mildernder Umstünde wurde der General zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Revisionssrist läuft drei Tage. Die beiden anderen dem Gerichtshof gestellten Fra,,»n über den „Diebstahl" von Pelzen, Kleidungsstücken, Teppichen und Leidenwareu wurden mit 4:3 Stimmen verneint. Lille, 20. Nov. Der RegierungSvommissar Pierret, der öffentliche Ankläger^ hob hervor, daß General von Nathusius mit wenigem Gepäck in Roubaix angekommen sei, aber mehrere Lastwagen mit Kisten abtransportteren ließ, al» er Roubaix verließ. T«ie Tatsache, daß die Haussuchung in der Wohnung de» General» in Kob lenz nichts ergeben habe, sei für ihn nicht von Bedeu tung. Gr verlange, daß General vyn Nathusius für schuldig erklärt werde. Tiie deutsche Armee habe ge glaubt, in Feindesland Hürfe man sich alle» erlauben: Mord, Vergewaltigung, Plünderung ustv. Rechtsanwalt Nikolai, per Verteidiger de». General», .erklärte hierauf, da» Kriegsgericht in Lille habe General von Nathusius in Abwesenheit verurteilt, weil ^r bestimmt angeführte Gegenstände gestohlen Haben sollte. Kein Zeuge habe aber bestätigen können, daß er gesehen habe, daß die» geschehen sei. Alle Zeugen Hätten für die Verteidi gung und gegen die Anklage ausgesagt. Tiie Hauptbe- lastungSzeugin, Madame Requter, habe nicht» Bestimm te» ausgesagt. Kein deutscher Zeuge hätte geladen wer den können, weil die Verhandlung zu rasch angesetzt worden sei. der Gang -er verhaaSlung. Lille, 20. Nov. Die Verhandlungen gegen General v. Nathusius finden in der Zitadelle der Festung Lille statt. Lier Zugung ist militärisch besetzt, ES kann nie- mand passieren, der nicht mit einer Karte versehen Ist. Tie deutschen Pressevertreter, die der Verhandlung bei wohnen, begeben sich unter Führung de» ÄgationSsekre- tär» v. Ntntelen in den Sitzungssaal, wo ihnen gute Plätze angewiesen werden. Der Sitzungssaal ist ein ziemlich primitiver Kaum, in dem etwa 100 Personen Platz finden. , > > Der Gerichtshof Hat aus einer Empore Platz genom men. General v. Nathustu» ist schon um 12 U!hr vom Untersuchungsgefängnis nach der Zitedelle überführt worden, damit Kundgebungen vermieden würden. Pünkt lich ^rm V,2 Uhr eröffnet« der Vorsitzende die Sitzung und fordert da» Publikum auf, Kundgebungen zu Unter lassen. Darauf wird General v. Nathusius vorgeführt. Mn feiner Sette nimmt «in Gendarmeriehauptmann Platz General v. Nathusius erklärt, daß er 80 Jahve nlt sei und in Kassel wohne. Der Anklagevertreter gibt be kannt, daß General v. Nathustu» aM 12. Mat 1921 in Abwesenheit vom Kriegsgericht in Lille zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden sei und Paß der -von Gtz-t neral d. Nathustu» eingelegte Einspruch rechtzeitig er folgte. Der Anklagevertreter beantragt, sofort in die Verhandlung etnzutreten. General v. Nathustu» erklärt, daß er unschuldig sei. Der Gerichtshof verkündet, daß der Einspruch de» General» Legen da» eontumanetal- Urteil angenommen sei, und sofort in die Verhandlung eingetreten werd«. . s Di« Anklage beruht auf Feststellungen der Dienst- boten des Fabrikanten Motte au» Roubaix, in dessen HauS der General etnquarttert war. Motte war ab wesend und hat nach dem Waffenstillstand, al« «r «och Roubaix zurückkehrte, ein Verzeichnis aller ^derjenigen Gegenstände ausgenommen, die in seinem Hause fehlten. Tiefe Sachen seien Macht» wegtransportiert worden, und General v. Nathusius sei auch nacht» abgereist, eine Haussuchung in seiner Wohnung in Koblenz, Hie 1920 erfolgte, verlief erfolglos. Nathusius erklärte, .daß er? unschuldig sei und die meisten Gegenstände, die abhan den gekommen sein sollen, nicht einmal gesehen habe. Ta» Taselservice des Dause» Motte sei von her ^Kom mandantur requiriert Korden- Der RequisitionSschetn sei von der Kommandantur ausgestellt worden. Dem Packen deK Gepäcks seiner Truppe habe Nathustu» Licht betgewohnt. Er erklärt, daß er keine Ahnung von all den ausgesührten Gegenständen habe,.die abhanden ge kommen sein sollen. Gr habe au» Frankreich nicht» nach Hause gebracht. , . ! > ! j Nach dem Verhör de» Angeklagten, da» -kaum.15 Minuten dauert«, erscheint als erster Belastungszeuge der Fabrikant Motte aus Roubaix. Der Zeuge muh aiu!f Befragen zugeben, daß er seine Anschuldigungen aus Grund von Gerüchten erhoben habe. Er wird schwer in Verlegenheit gesetzt, als der Verteidiger ihn fragt, wie er dazu komme zu behaupten, daß die fehlenden Ge genstände nach Berlin transportiert worden seien. ES kommt zu einem Zwischenfall, wobei der Verteidiger sich darüber beschwert, daß der Vorsitzende Zeichen von Un geduld mache. Dramatisch gestaltet sich da» Verhör de» folgenden Zeugen, de» Chauffeurs Motte»,. Bar, der in Koblenz der Haussuchung der amerikanischen Polizei betgewohnt hat. Diese Aussage endet damit, daß Bar erklärt, General von Nwthwfiu» sei unschul dig und es könne kein Verdacht mehr ausgesprochen werden. Ein Protokoll, daS der französische Major Roussel abgesaßt hatte, ist verschwunden. Der ^Vertei diger betont mit Nachdruck, daß die Tatsache heS ver schwundenen Protokolls sehr merkwürdig ist. Kaufmann Bourgeois, der Nachbar Motte», will gesehen haben, daß in der Küche Geräte etngepackt worden seien, und zwar durch den Burschen deS General». Der Zeuge hat in der Voruntersuchung auStzesagt, wenn General von Nathusius leugne, wünsche er ihm gegenübergestellt zu werden, dann werde der General schon gestehen. Der Verteidiger erklärt, diese Behauptung sei deplaciert, denn der Zeuge klage ja nicht den General an, sondern eine Ordonnanz, die jedenfalls gar nicht iM Dienste de» Generals gestanden habe. Der nächste Zeuge, der Po lizist FtepeS, will eine Kiste gesehen haben, die im Juli 1918 die Adresse de» General» nach Koblenz ge tragen habe. Ter Verteidiger stellt fest, daß alle Zeu gen ausgesagt haben, daß nach der Abreise de« General« von Nathusius daN Fehlen der Gegenstände.festgestellt wurde; wenn also von Diebstahl im Juli gesprochen werde, so gehöre da» gar nicht in den Rahmen der An klage. Für diese habe nicht der leiseste Beweis erbracht werden können, sie falle einfach in sich.zusammen, und es bleibe nicht» anderes übrig, al» sie zurückzuzt-ehen. Der Vertreter der Anklage widerspricht dem lebhaft. ES werden daraus die drei Entlastungszeugen vernom men, Pie den General von Nathustu« von Lothringen her kennen; sie stellen ihm das beste Zeugnis gu», un ter Ihnen befindet sich ein katholischer Priester au» Dtedenhosen. Damit ist die Beweisaufnahme beendigt. UM 4,60 Uhr französischer Zeit wird die Sitzung auf 10 Minuten unterbrochen und dann spät nachMtttagS da» Urteil, wie wir es oben schon meldeten, verkündit. » «> Wieder zwei deutsche Offiziere in contumarkam verurteilt. Paris, 20. November. Das Kriegsgericht in Amiens hat, wie Havas meldet, gestern den früheren deutschen Offizier Otto Bettina und den Stabsarzt Proles zu zwanzig Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Zraukreich uu- -le Vertagung -es Genfer Protokolls. Paris, 20. Nov. Nachdem di« englische Regierung bereit» vor einigen Tagen offiziell hie Mitteilung mach te, daß sie vorläufig wenigstens da» Genfer Protokoll nicht ratifizieren wolle, bleibt natürlich', dem französi schen Kabinett nichts andere«! übrig, al» zuzustimmen, daß auf der nächsten Völkerbundstagung in RoM An fang Dezember diese Angelegenheit nicht zur Sprache kommt. Allerdings erklärt man in Pari», daß man von Baldwin di« Zusicherung hab«, daS englisch« Kabinett wolle «in Protokoll auBarbetten, welch«» an -Stell« der Genfer veschlüsse treten würde und Frankreich» Inters- esse» de« genügend« Schutz gewährte. Man könne in den offizielle» Erklärung« der englischen Rrgieruua nur Zeugnisse de» gute» Willen» feststellen, welche da« französische Kabinett vicht übersehen wolle. Vir kommen-« Völkerbunöstaguug kn Nom. Rom, 20. Now Für die am 8. Dezember.in RoM beginnenden Sitzungen de- VölkerbundSrateS ist seitens deS Fürsten Dorta-Pamphili der Thrvnsaal seine» Histo rischen Palastes am Corso sowie eine Reihe anderer Gemächer zur Verfügung gestellt worden. An -xn Sit zungen nehmen teilt» Mr Italien Salandra, Mr Frank reich Briand, für Belgien Hyman», Mr Schweden Bran- ting. Für England nennt Mau, wach dem KU erwarten den Ausscheiden Lord Parmoor», Lord Robert -Geell» Die Arbeiten de» Rate» dürsten gehn Dar« dauer». Zortfetzuag -er -eutsth-französtsthen VlrtjHafts- verhan-lungeU. Parts, 20. Nov. Der deutsch« Botschafter ist heute früh von dem Abtetlungsdirektor de« Ministerium» für Auswärtige Angelegenheiten Gehdoux und Heute nach mittag von dem Ministerpräsident« empfangen worden. Gr hat den beiden Herren aus Grund der Instruktionen, die Staatssekretär Nr. Trendelenburg au» Berlin ge bracht hat, Ausklärungen gegeben, die dazu geführt Ha ben, daß die HandelsverttagSverhandlungen fortgesetzt werden können. Staatssekretär Dvendelenburg wird sich zu diesem Zwecke morgen mit dem Handvlsmtntster in Verbindung setzen. ' ^ . ! ! - ! ! l > l !' l > Die Havas-Agentur gibt ein Berlin« TelegraMM aus, wonach die deutsche Regierung ihren Einspruch aus 'sofortige Aufhebung der LSprozentigen Einfuhr abgabe habe fallen lassen. Sie werd« diese Streitfrage der Reparattonskommtssion unterbreit«, inzwischen a^w den Fortbestand der Abgabe anerkennen und auch hin sichtlich! pes elsässischen Kontingente» svefeptliche Zu geständnisse machen. ! > i VasfUtentat auf -enGeneralgouvrkneur -«sSu-ans. Empörung in London. London, 20. Nov. Da» Attentat auf Vir.Lee Mack, der nicht Mein der „Girdar" ders ägyptischen Armee- sondern auch Generalgouverneur de» Sudan» .ist, wird von der Londoner Morgenpresss mit einem allgemein« Schrei der Empörung und dem Rus nach Vergeltung ausgenommen, wobei nahezu die Hälfte der Blätter mehr oder wenig« versteckt die Aufhebung der Selbständig keit Aegypten» verlangt- i ' > Kairo, 20. November. Der Sirdar ist seine« «er- letzungen erlegen. Zaglul-Pascha hat für die Ergreifung der D>äter eine Belohnung von 10 000 ägyptischen Pfund ausgesetzt. Englan-s Weltmacht be-roht. Gärung im Sudan und in Almandrim. Gens, .20. Nov. Der Parts« „Mattn" bringt ein Telegramm aus Malta, wonach die englische Flott« mit Kurs nach Alexandrien ausgelaufen ist. Das Pariser .Journal" meldet» Der Mordanschla« auf , den englischen Generalissimus in Kairo hat nicht nur in England, sondern auch in Aegypten selbst große Erregung ausgelöst. In Kairo fand am Abend de» Attentates eine Anzahl nationalistisch« Volksversamm lungen statt, in denen die Forderung der militärischen Räumung des Lande» durch die fremden Truppen von neuem gestellt wurde. Die englische Besatzungsbehörde hat beim. Ministerpräsidenten hie Verhängung de» Be lagerungszustandes bis zur Ergreifung der Attentäter nachgesuU, >. ! l ! > ! I ! t ! < Die letzten Nachrichten auS dem Sudan sollen von ernsten Angriffen de« Eingeborenen auf die Engländer berichten. Sowohl aus Kairo, wie aü» Alexandrien sind Truppentransporte nach dem Sudan abgegangen, Md zwar bereits vor dem Attentat. Man glaubt hiortn «ine der Ursachen des Attentats zu «blicken, Englische Note an Sinowjew. Einstellung der Propaganda gefordert. London, 19. Nov. TäS englisch« Kabinett hat Heute beschlossen, eine ruhig gehaltene Note an Rußland zu schicken, in der darauf htngewtesen wird, daß di« eng lische Regierung überzeugt sei, daß der Sinowjew-Brief echt sei. In der Note soll Rußland aufgefordert wer den, dje kommunistische Propaganda, vor allem in Asien, etnzustellen, da freundschaftlich!« Beziehungen hei Auf rechterhaltung der Propaganda nicht möglich seien. Tas Kabinett hat ferner die Minister beauftragt, die Thronrede unter dem Gesichtspunkt per größtmöglichen Sparsamkeit in der Verwaltung auszustellen, Hamit in dem Budget eine Herabsetzung der Einkommensteuer «- Ivlgm kau«. ' ' > i . : l l , Vas Kabinett Ramek in Oesterreich. Wien, 20. November. Die endgültige Kabinettsliste lautet nun folgendermaßen: Kanzler und Inneres: Dr. Ramek (Christ!.. So».), Vizekanzler und Justiz: Dr. Waber (Groß deutsch), AeußereS: Dr. Mataja (Christl.-Soz.), Finanzen: Dr. Ahr« (ChrisL-Soz.), Soziale Verwaltung: Dr. Rösch (Christl.- Soz.), Handel: Dr. Schürft (Großdeutsch), Unterricht: Schnei der (Christl.-Soz.), Landwirtschaft: Buchinger (Christl.-Soz.), Heerwesen: Baugotn § (Christ!.-Soz.) Die Regierung wird noch noch heute sofort nach ihrer Vereidigung durch den Bundes- Präsidenten eine Regierungserklärung Im National«» durch de» Bundeskanzler Dr. Ncanek ahaeben laßen. An diese Re» gterungSerklärung wird sich noch heute eine politische Debatt» «schließen, in d« jede Partei einen Redner zu Watte kommen laß« will.