Volltext Seite (XML)
IS. Jahrgang Nr. 2SS Sonntag» äen IS. November 1924 Ueberlrktt -es Mittelstan-es z« -e« Demokrat««». Berlin 14. Nov. Nie fett zwei Jahren bestehende Ortsgruppe Buckow (Kreta Lebus) der WtrtschastSpartei de» deutschen Mittelstandes Hat gestern einstimmig den Austritt au» der Partei beschlossen und jst geschlossen zur Demokratischen Partei übergetreten. Der Grund liegt darin, daß die Führer der Wirtschaftspaket voll, kommen nach xechtS abgeschwenkt find, Mährend sich Pie übergroße Mehrzahl der Mittelständler au» Rchubli« kanern zusammensetzt. . Der Aufmarsch -er Parteien in Sachsen zu -en Nekchstagswahlen. Au» dem Ergebnis der ReichStagÄoahl poM 4. Mai d. I., dessen hervorstechendster Zug! eine groteskwirkend« Zersplitterung, in zahllose Parteigruppen war, derjen Stimmen nutzlos unter den Tisch fielen, scheinen diese Splitterpartetler nichts gelernt zu haben. Im ystsächst- schen Wahlkreis waren bei der letzten RetchStagSwahl allein 16 Listen eingereicht )vord«n,<psn denen nur ös Parteien ReichStagSmandate erhielten, nämlich die De mokraten. die Deutsche Wolkspartet, die Deutschnationa len, die Sozialdemokraten und die Kommunisten. Alle für die anderen elf Parteien abgegebenen Stimmen Hai ren zwecklos und dem Bürgertum entgangen, in den anderen Wahlkreisen lagen die Dinge ähnlich. Nach.dem bisherigen Stand werden aber die völlig abgefallenen Parteien zum guten Teil wieder auftreten und zwar dick Evangelisch« Partei Sachse» und die Nationalliberale Bereinigung Sachsen». Ungewiß ich, noch, ob die Pol nisch« Bolkspartet, .der Hä.ußerbund, die Unabhängig« Sozialdemokratische Partei und die Republikanische Par tei sich an der Wahl beteiligen werden. Dagegen ist Mit einer neuen Liste für Ojstsachsen bestimmt zu r«hnen und zwar wird di« WtrtschastSpartei diesmal mit einer Eige nen List« auswarten, obwohl genug angesehene Mittel ständler und Wirtschaftler auf anderen Liften stehen. Wetter werden in Ostfachsen bestimmt auf dem Plan wieder erscheinen die Splitterparteien der Christlich sozialen Volksgemeinschaft mit dem Herrn Heßletn an der Spitze, die Deutsch-soziale Partei mit hem Phrasen helden Richard Kurtz« (Knstppelkunze), die von den Tschechen aufgemacht« und hqahlt« Wendische VvlkSpar- tei, Pi« LentruMpartet und schließlich hie DeutschvMt- sch» Partei, di« inßslge ihr« Inn««» LsÄüevhett WÄhv- veutMatloesftfrsni gegrn Zilermann Die Art, sn der der Außenminister Dr. Stresemann auf.dem Parteitag der Deutschen Wolkspartet in Dort mund die außenpolitischen Probleme behandelt hat, ver dient Beachtung und verdient, was wir offen und klar heraussagen wollen, Zustimmung. Stresemann» außen politische Rede war getragen von dem Geist der Ver ständigung und der Befriedung Europas. Die Rede hielt sich frei von Illusionen und darf als Ausdruck deutscher Realpolitik gelten. Gerade in diesem Zusam menhang« ist auch Stresemann» Formulierung über die Gegner dieser Außenpolitik hemerkenswert. ES war ein sehr deutlicher Wink nach einer gewissen Sette hin, wenn Stresemann sagte: „Das Nein, daS Vielen als Ausdruck der Kraft in der Außenpolitik erscheint, ist Wetter nichts, al» das Gefühl oberflächlicher Einschätzung gegenüber den Dingen, die man glaubt, Mit Schlagwor ten abtun zu können". Auch dieser Formulierung kön nen gerade die Demokraten zusttmmen, penn sie haben in den schweren Jahren, die hinter uns liegen, den Kampf gegen die Schlagworte und die nationalen Phra sen im wesentlichen mttgeführt. Im übrigen hat Dr. StresemannS außenpolitische Rede ein äußerst charakte ristische» Echo gehabt: Dis Sozialdemokraten, da» Zen trum und die so heftig befehdeten Demokraten stimmen der Rede zu. Diejenige Partei aber, deren Bundesge nossenschaft von der Deutschen Vollspartet ersehnt wird, die Deutschnationalen, zeigen die kalte Schulter und leh nen heftig ab. Das styd dieselben Deutschnationalen, die die Richtlinien der Stresemannschen Außenpolitik seinerzeit angenommen haben, um Ministersitze dafür einzuhandeln. Die „Kreuzzeitung" spricht vom Opti misten Stresemann u.nd die „Dieutsche Tageszeitung" wendet sich gleich in zwei Artikeln gegen diese Rede. Weil Stresemann ein ernste» Wärt an die Interessenten gerichtet hat, die di« Zollschraube am stärksten anztehen wollen, wird er des wirtschaftlich«« Pazifismus beschul digt und ein solcher Dorwurf komMt bekanntlich gach dem deutschnationalen KatechiSMu» einer Todsünde gleich. Herr Lawerrenz nennt ihn in seiner „Nationalpost" einen ErfüllungSpoltttker und meint, Man könne Stresemann für die in seiner Rede vorgenommen« Selbstenthüllung »ur dankbar sei«. Run wisse man, wa» unter seiner außenpolitischen Führung in Deutschland möglich sei. tleberall müsse diese Rede öffentlich angeschlagen wer den, damit jeder Deutsche wisse, wer unser leidgebeug- t«s Volk heute zu führen sich unterfange. Und pun gar erst di« „Deutsche Zeitung". Sie erklärt kurz und bün dig r „Herr Stresemann hat un» den Bewei» erbracht, daß er al» RetchSaußenmtntster nicht auf.dem rechten Flecke steht, und daß die bisherige Richtung .in , der Außenpolitik für Deutschland verderbenbringend war". Wohlgemerkt, da» find die politischen Freunde der Deutschen Volk-Partei, die in die ReichSregterung aus genommen werden sollten. Wenn e» noch eine» Be weise» bedürfte, daß die Demokraten recht getan haben, als sie sich weigerten, mit den Deutschnationalen zu sammen einen Bürgerblock zu bilden, -so wäre dieser Beweis jetzt erbracht. Wenn Herr Stresemann gM in Zukunft nach dem 7. Dezember Außenminister bleiben will, so mutz er jetzt wissen, in welchem Lager die Geg ner der bisherigen Außenpolitik stehe«. nem Posten sei, über den Parteien, und die Parteien müßten diese Stellung respektiere«. Da» sei em Gebot de» politischen Verstände», aber auch der Klugheit, den« was dem jetzigen Reichspräsidenten widerfahre, da könne später einem anderen widerfahren. Außerdem schädige man mit diesen ganz gegenstandslosen Angrif fen das deutsche Ansehen in der Welt. Ein SNesenbrand in Amerika. Pari», IS. November. »Chicago Tridune" meldet aus Neuyork: Sin großer Teil von Neujersey ist gestern morgen voa einem Brande heimgesncht worden. Das Feuer brach u g Uhr morgens in einer Galpetermühle ans und verbreitete sich rasch über vier Stadtteile hin. Durch die infolge zahlreicher Explosionen in die Luft geschleuderten Trümmerftücke wurde der Brand noch «eiter verbreitet. Einzelne Stücke fielen in eine Schar Schulkinder, von denen viele vermißt wer- den. lleder 906 Familien find obdachlos geworden, über SS Fabriken find dem Brande zum Opfer gefallen, 10 Feuer» unhrleute werden «och vermißt. Nach den bisherigen Feststellungen wurden 15 Personen schwer verletzt in die Krankenhäuser eiugeliefert. Der Sachschaden wird auf Millionen Dollar geschätzt. Gerhart Hauptmanns politisches Sekenntnis. Tiessau, 15. Nov. Oberbürgermeister Hess« hatte Gerhart Hauptmann, der gegenwärtig i« Lugano weilt, eingeladen, im Flugzeug nach Dessau zu kommen, Um dort auf einem vaterländischen Abend der Deutschen Dej- mokratischen Partei zu sprechen. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister bedauert Gerhart Hauptmann, der Einladung nicht folgen zu können,, und bittet, Mit sei ner Person einige Zeilen entgegenzunehmen. .Haupt mann erklärt, er stehe dort, wo die Wartburg-Jugend, wo Fritz Reuter und wo Mit seinen letzten ^NÄmnken Bismarck gestanden habe. Er stehe unter denen, di« Le« lehrbar seien, und die au» dem Merau» grauenvollen, vergangenen Kriegsereignt» ein« Lehre gezogen hätten. Unter denen, die je eher je lieber den ganzen Jamm« erneuern wollten, pder unter denen, die pergessen Hätz t«n,.peh« er nicht. Freilich habe er auch mit denen nicht» gemein, die in alle Ewigkeit den Buckel geduldig.Hin halten wollten. Hauptmann wendet sich dann gegen die Putschereien der Heißsporn«. Ein Genesender brau che Schonung und Ruhe, und er sei gewiß, daß wnser Volk augenblicklich ein genesende» sei. Hauptmann schließt mit dem Hinweis auf da», worin die »reisten Deutschen einig seien: die Lieb« zu Molk und Vaterland. Kelchskanzler Marx ln Sreslau. Breslau, 14. Nov. vor einer Wählerversammlung d«> Zentrums sprach heute Reichskanzler Dr. Marx. Er betonte, Deutsch« Bolkspartei, Zentrum und Deutsche De mokratisch« Partei müßten den feste« Kern In der Re gierung und im Parlament« bilden. Gr wie» auf Hw Stichproben der letzten Wahlen in Mecklenburg, Ham burg und Anhalt hin, die nicht für einen so überwälti genden Steg der Rechtsparteien SU sprechen Menen, daß «in« Regierungsbildung ohne dje Parteien der Mitte möglich wäre. Eine gewisse Mäßigung in der Führung de» Wahlkampfe» sei notwendig, wenn der neue Reichs tag nicht von vornherein wteder zur Unfruchtbarkeit verurteilt sein soll«. Gin« Lnhgletsung sei -», die Per son de« Reichspräsidenten in d«n Wahlkampf hinetnzu- zsroe». Der Reichspräsident Achch Plana» « auf lei- /luer Tageblatt MMM /lnzeiger für -as Erzgebirge Ittvamo», Swwiwt Enthalt»«- -k» amtlich»« P»kaantmachrmg»a -»s Natt» -rr Sta-1««- -»s fimt»g»richts fia». Pefischeck-Xem», mm LchEtz a».lee» scheinlich Mit «tn«r List« nicht außkoumeer» wird »nd da durch noch weniger Aussicht auf Erlangung et«» Man dats hat. Alle diese Parteien entziehen dem Bürger tum in gefährlicher weise Stimmen. Mit Einschluß tz«» fünf obenerwähnten bisher erfolgreichen Parteien in Ostsachsen wird man also hier wiederum Mit minde stens elf, wahrscheinlich sogar IS Liften rechnen müfs«. E» liegt am Bürgertum, den Splitterpartei«« diesmal di« gebührende Antwort zu erteilen, Hamit sie bet spä tere« Wahle» solche für Pa» Bürgertum Msä-rliche Eigenbrödeleteu gar nicht wieder erst wagen. , ver prelr kür am lvlnschanrv««-- «it frmlrria. Aufhebung der Anesuhradgabe, beschleunigte Ruhrräumnng B « rlin, 14. November. Das Berliner „Achtuhrabend, blatt" meldet au» Pari»: Der Berliner Korrespondent be» „Journal will von zuverlässiger Seite erfahren haben, daß di» deutsche Regierung an die Wiederaufnahme der Wirtschaft»- Verhandlungen mit Frankreich nachstehende Bedingungen ge knüpft Haber 1. Aufhebung der LSprozentige» «uSfuhrabgabe, L. Zugeständnisse über ein« beschleunigt« Räumung de» Ruhrgebiete» und S. Entgegenkommen ln der Regelung de» politischen Sta tut» der Rheinland«. Die deutschen Vertreter haben ferner, so behauvtet der Korrespondent, mitgeteilt, daß die zollfreie Einfuhr elsaß-loth ringer Produkte nach Deutschland in der Form von Kontin gentierungen nicht verlängert werde« soll. Zoetgana -»» Näumung. Bonn, 14. November. Nach einer Mitteilung der Be satzungsbehörde an die deutsche Verwaltung wird cch Mitter nacht vow 17. -um 18. November da» Gebiet geräumt, da vor dem 11. Januar 1023 nicht besetzt war. E» find da» vor allem die Städte Honnef und Königswinter, ein Teil der Bür germeisterei Ruppiphteroch und die Bürgermeisterei Much. Kein» Haftentlassung für Naihuflus. Part», ,14. Nov. Leber d«n Fall des General» NathustuS wird au» Sill« folgend« Meldung verbreitet« T«r Kommandant Peretz hat heute (18. November) dem deutschen General von Nathusiu» mttgetetkt, daß fein Ersuchen um vorläufig« Haftentlassung, da» di« deutsche Botschaft in Parts beim französischen Autzvärtigen O»t dorgebracht hat, nM tn Betracht gezogen werden Rinne. Man stellte dem deutschen General de» Tatbestand da», der thm vorgeworfen wird, sowie dt« Prozeßordnung, an die man sich halten werd«. General von Nathusiu» erklärte, daß er nur tn Anwesenheit setne» deutsche« RechtSbetstandeS sprechen würde. Es wurde ihm ferner mttgetetlt, daß er am 20. November vor dem Kriegs gericht der 1. Region erscheinen werde. Der Vevteidi- ger de» Angeklagten, Herr Nicolai vom Metzer Gericht, ist.in Lille in Begleitung setne» Sekretär» etngetroffen. Er konnte sich mit General vyn Nachustu» unterhalte«, der setne Unschuld beteuert« und erklärte, dqß thm nie mals etwa von demi tn Roubaix begangenen Liebstahl, der ihm vorgewvrfen wird, bekannt geworden sei. Go versicherte er rechne daraus, daß er! den Richter» seine Unschuld darlegen könne. >.!!!' > 1 - - Politische Nunäschau. Herabsetzung der Landtagsdiätem Das Dresdner sozialdemokratische Organ meldet, daß von sozialdemokratischer Seite geplant sei, einen Antrag auf Herabsetzung der Landtagsdtäten zu stellen. Die Diäten seien in einem Prozentsatz der Reichstagsdiäten bemessen und die Reichstagsdiäten aus ein Viertel eine» Mtntstergehalte» festgesetzt werden. Infolge Steigens der Gehälter für die höhe ren Beamten hätten jetzt die Diäten der Landtagsabgeocdneten eine Höhe erreicht, die in keinem richtigen Verhältnis mehr -U den Unkosten stünden, die den Abgeordneten tatsächlich öe, der Ausübung ihrer Tätigkeit erwachse». Ein« Sowfet-Waffenfiliale ln Fulda. Frankfurt a. 14. Nov. Dio „FrmMwimi Mu* meldet au» Fulda: Die hiesige Pvltzei ist tmANuW- schen Umtrieben auf di« Spur gekvntmen, di« zur Mjm- hafrung der kommunistischen Stadtverordnete« Fkqpport und Haase sowie anderer Kommunisten führte«. Net d« Durchsuchung ihrer Wohnungen WMden Maschinenge wehre, Karabiner, .sowie erheblich« Menge« Munition. Dynamit und andere» Sprengmatertal gefunden. Di« Untersuchung wird fortgesetzt und wird vermüll ich. noch zu wetteren Verhaftungen führen. Wieder ein Faschist ermordet. Rom, 14. Nov. An JaftellaMare Hot Neapel ov- schoß gessern der ehemalige Abgeordnete »nd früher» Fa schist Jmperat« tm Verlaufe eine» politischen Wortwech sel» ein faschistische» SemeinderatSMitglied »W« Straß». Der Mörder ist flüchtig.