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19. Jahrgang Der Streit um die Kriegsschuldfrage anstelle der al» Irr!« bekämpften Politik die eigen« Im Wahlkampf.and in der Negierung zu vertreten ,aber auch nicht» von einem Wandel zu besserer Einsicht und zur Mnerkenuung per Megterungspolttik ^sondern ein drittes» ein Zerrbild parlamentarischer Opposition und parlamentarischer Verantwortlichkeit. Wohl stimmt die Opposition auch seht noch geschlossen gegen alle au» dem Londoner Abkommen sich! ergebenden Gesetz«, die nur der eiusachen Mehrheit bedürfen,, lehnt also nach wie vor di« Verantwortung.für die Politik der Regierung ab, in die sie etntreten möchte, aber sie stimmt dann mit der Hälfte ihrer Mitglieder für das eine der Zwei drittelmehrheit bedürftige Gesetz, .bet dessen Ablehnung der Londoner Pakt und der Reichstag gleichzeitig zu Fall gekommen wären. Es geht nichts über eine ge festigte Ueberzeugung und, über politisches Verantwort- lichkeitsgefühl! ES schmerzt^ die stärkste Partei. deS Reichstages in einem sülche» parlamentarischen Zerr- bild zu 'sehen. > i tischen Vertreter iM Auswärtigen Amte, stattgefunden und ist hei den Besprechungen mit 'Staatssekretär Frei herr von Maltzahn stnter anderem auch! die Frage der Absendung dgr Kriegsschuldnote berührt worden. Bon einer offiziellen diplomatischen Demarche kann man aber nur mit Beziehung auf. den Besuch.des französischen Botschafters de Margerie sprechen, der am Sonntag, den 7. September, Pen Staatssekretär aussuchte und im Auf trage des französischen Ministerpräsidenten Herriot Be denken wegen der Absendung der fraglichen Note gel tend Machte. > s l li ! !. ' , Auch Italien wird vorstellig. Paris, .8. .September. Der Berliner Berichterstatter des „Newyork Herald" erfährt,daß der italienische Bot schafter Bostari ebenfalls in der Wilhelmstratze erschie nen sei, um einen Protest gegen die Absendung der Note einzulegen. Ter Berliner Berichterstatter He» .Journal" will wissen, daß auch Lord dAbernon be reits in der Wilhelmstratze Vorgesprächen hätte. Diese Nachricht ist aber zweifellos frei erfunden. Lord d'Aber- non kann noch keine Instruktionen erhalten haben, weil der englische Ministerpräsident erst gestern nachmittag 5 Mr in Landon eintraf. Zn äer Sackgasse. Tie von der Reichsregierung guf Geheiß der Deutschs nationalen unternommene Aktion in der Kriegsschuld frage hat das dorauszusehende Ergebnis gehabt. Sie hat besonders in Frankreichs aber auch,in England und Amerika ein Echo geweckt, das für den deutschen Stand punkt in dieser so wichtigen Fftags nichts weniger als günstig ist.und den Bemühungen^ die öffentliche Mei nung der Welt für eine gerechtere Würdigung Her Nollei Deutschlands bei Ausbruch des Krieges zu gewinnen durchaus abträglich ist. Sie hat außerdem aber auf unsere gegenwärtigen politischen Interessen schädigend zurückgewirkt. In der Politik kommt es eben nicht nur darauf gn. daß man das Nichtige tut, sondern noch viel mehr darauf daß es im richtigen Augenblick und un ter günstigen Umständen geschieht. AuchHie RetchSregie- rung hatte die Absicht ohne daß es dazu der Mahnun gen der Teutschnationalen bedurft hätte, die Kriegs schuldfrage nicht ruhen zu lassen und hätte in diesem Sinne bereits auf der Londoner Konferenz, gewisse! Schritte getan. Verhängnisvoll aber mutzte es wirken daß sie sich anschickte,.den endgültigen Schritt in dieser Frage zu tun. als gerade die politisch so ungeheuer wichtige Völkerbundstagung in Genf bevorstand und als Herriot begann, .seine Versprechungen in Bezug.auf das besetzte Gebiet in die Tat umzufctzen. Vollständig dis kreditiert aber wurde der Schritt der deutschen Regier rung dadurch daß er vor der Deffentlichkeit als das Er gebnis eines innerpolitischen Geschäfts mit den Deutsch nationalen erschien. Infolgedessen ist der Neichsregie- rung sowohl von deutschfreundlichen Kreisen des Aus landes wie auch 'von maßgebenden und urteilsfähigen deutschen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft der Rat gegeben worden, die Uebergabe der Noten ^in denen die KriegSschnlderklärung des Versailler Vertra- geS für unrichtig erklärt wird, auf einen gelegcneron Zeitpunkt zu verschieben. Gewiß wäre das , für die Nelchsregterung ein peinlicher 'Entschluß^aber auch wir sehen keine andere Möglichkeit, aus dieser verfahrenen Lage ohne schwere Schädigung der deutschen Interessen heraü^zukvlnnn'n. Bemerkenswert ist übrigens, daß der französische Ministerpräsident Herriot 'sich in Genf be müht hat, die Wirkungen des beabsichtigten deutschen Schrittes aus die anderen Delegierten abzuschwächen und eine Polemik'in der Oessentlichkett zu verhindern. Er hat sich deshalb bereits den Tadel der französischen Nationalisten zugezvgen. MTB. meldet» . .. .... . Zn den luikerltnechtube» Meldungen über die Notlslzt». rnug der Erklärung der MichSregiernng in der NrlegSschnld. sruge erfahren wir salgendeS! In der stuudgeMrug von, LN. Anglist dieses Jahre« ist angekündigt werden, daß di» „Reiilwregieruug einlaß nehmen 'uer.de, die «rklättmgen in der strlegsschnldfragr den fremden Regierungen zur stcnntnis zn bringen". Da eS sowohl aus technischen wie Mi» diplomatischen Gründe,, nicht möglich nun. diese V!ot fiziernng nlelchzeitla mst der Abgabe der Erklärungen «orznnehmen, muhte d>r hierfür geeignet erscheinende Zeitpunkt znnächst >wch vorbei,alten blei ben. In der Zwischenzeit sind an die AelchSregierung ein» Reihe von Wünsch«»" und Anreg,,„gen, inab-Iandere aus wlr». ' schaftllchen stresst« hinsichtlich For,n und Zest der > luna beranaetraaen worden. Das Neschskadinett wird einfang «Ä mich ««E d,. «--MM.'«« 'M» L »»»-»MAI«--« -> -Im, «WM Form und Zeitpunkt der Aotisizlerung schlüssig zu wvrdm. sleS „zweite Versailles" mitmachen würde und haben loadurch ihre Erfolge bet der letzten Wahl erzielt die sie zur stärksten Partei machten. Im Reichstag erklärte der Führer der deutschnattonalen Fraktion dev bas Lon- Idoner Abkommen vertretende,» Neglorung das schärfste Mißtrauen, ^»nd über sein» Lippe»» kommt da» Wort» hier stehe ich, ich kann nicht, anders. Alles das ist da« gute Recht der deutschnationalen Opposition. Aber das Wesen der Opposition im Parlamentarischen Staatsbe trieb besteht darin daß die Opposition das Gegenteil von dem was die Regierung ^vill, für richtig hält,und daß sie bereit ist. Hie Regierungsverantwortung.für die Durchführung des Gegenteils zu übernehmen. Was ge schieht im deutschen Reichstag? Ter Opposition wird von derjenigen Regierungspartei ^die am Meisten un ter der skrupellosen Wahlagitation der Teutschnatio nalen gelitten hat, .die Beteiligung an. der Regierung in Aussicht gestellt, und siehe da , die Opposition schwenkt ein. Nicht mehr van dem Willen zur Verantwortung Sriefe von Marx an Herriot unü Mac-onal-r Paris, 7. Sept. Der Genfer Berichterstatter, peri „Information" meldet seinem Blatter Herriot hat ge stern einen Brief Pom Reichskanzler Dr. Marx erhalten der ihm durch einen Sonderkurler zugestellt wurde. Der französische Ministerpräsident hat natürlich niemandem den Text dieser Mitteilung bekannt gegeben. „Petit Journal" spricht von zwei Briefen, von denen einer an Herriot, her andere an Maedonald gerichtet gewesen sei. Wie „Petit Parisien" vütteilt, wußte man gestern abend am Quai d'Orsay noch nicht ob die deutsch« Negierung Pie angekündtgte Erklärung über die Kriegs« schuldlüge notifizieren werde oder nicht. TiaS Blatt er fährt aber von autorisierter Sette r Die Berliner' Mie« gicrung habe Mitteilen lassen, daß sie, wenn sie.erkläre» daß Deutschland nicht für den Krieg verantwortlich ge macht Weeden könne in keiner Weise die ihr nach den Bestimmungen des Versailler „Vertrages" auferlegten Verpflichtungen, Pie Reparationen und Schäden zu be zahlen. Meugnen wolle, und daß sie 'insbesondere ihr« Unterschrift unter die Londoner Abmachungen nicht des avouieren wolle. Presslwmpfang b«l Herriot. Pari». .8. Sept. Erst Kesten V»8 Uhv abend» Hat gestern nach Rückkehr Herriot» au» Meaux PerGnchkang der französischen Pressevertreter, stattgesundon. Laut „Quotidlen" hat Herriot gestuft» Jetzt arbeiten in Genf die> Kommissionen. E» war notwendig, durchzusetzen daß di« Abrüstungskonferenz erst Zinvarusen werde wenn eine Einigung erzielt ist. Trotzdem hat -» sich ,ilcht empfohlen, den Delegationen da» Recht.'zu ver leiben,selbst zn beschließen. Tie Wären au» Furcht-die Regierungen zn binden, vieNetcht zu ängstlich.gewesen. Also müssen sie ihre Beschlüsse den Negierungen zur Btt. stätigung vorlegen. Diese Verhandlungen worden vtel« leicht i»» Lü Tagen beendet sein. Au»aangep>»nktvl«tbt di« bekannte Resolution von 1V14. Sodann lobte v«r- riot di« französisch« Teleaatton im etn^lnen unddann Salandra» Theunt» und Benesch» PoliM. wuea» "^Wa» die von der Reichsregieru^ «wartete «v- Mittwoch» äen io. September 1924 Ierrbiläer des Parlamentarismus, i Bon Dv. Kül» . M. d. N. Auf innen- und auf außenpolitischem Gebiete zeigt die letzte Zeit verhängnisvolle Mißerscheinungen des' ' ^ch stlS schwere Hemmungen' -in 'M Schtcksalsstunden Deutschland» und der Welt Har- ilellen. Sie mit Stillschweigen zu übergehen ,Ließe für den verantwortungsvollen Politiker eine schwere Schuld um sich laden. > , ' ! deutschen Reichstag wurde um die Entscheidung ' über das Londoner Abkommen gerungen. Ganz Europa blickte mit gespannter Erwartung auf den Ausgang der ' Beratungen im deutschen Parlament. Wer geglaubt hatte daß der ganze Reichstag im Bewutztsein der ' schickfaloschwcren Verantwortung seiner Entschlüsse seine Verhandlungen auf.einem dem entsprechenden Ni veau führen würde, sah .sich einem grausamen - Irrtum verfallen. Tie Stunden der schwersten Entscheidung ' fanden den Reichstag in einer geradezu erbärmlichen Verfassung. An einzelnen, an.sich nebensächlichen parla mentarischen Vorgängen entzündete sich der politische Radikalismus rechts und links in einer Weise, die zu den widerlichsten Explosionen führte. Ten Auftakt gab das Verbleiben eines wegen grober Verletzung per Ordnuna ausgeschlossenen Kommunisten im Sitzungssaale. Ter Präsident kapitulierte vor diesem Saboteur des par lamentarischen Betriebs. „Ich sehe mich nicht in der ! Lage, die Verhandlungen weiter zu leiten" und mehr , als 4ü0 Abgeordnete wurden tu ihren sachlichen Be- , ratungen um einen vollen Tag aufgehalten. Ein zwei- . ter Akt folgte. Ein Abgeordneter machte -von seinem geschaftsordnungsmäßigen Rechte des Widerspruchs ge- ' gen sofortige Beratung eines im Ausschuß bereits ab- , gelehnten, im Plenum aber wiederholten Antrags gel tend. Eine Flut von wüsten Beschimpfungen aus den Reihen der Nationalsozialisten und der Kommunisten , war die Antwort. Worte wie „imfamer Schuft", „Ju- . denschwein", „raus mit dem Lump" dröhnten durch den Saal, aber der Präsident hörte "sie nicht und schritt ! nicht ein, .und so steigerte sich! -ie Spannung zu der ! Siedehitze, in der es zu gewaltsamen Entladungen und zu schweren Tätlichkeiten kam. Ein nachträglicher Ord- Mungsruf gn den tobenden Führer der Nationalsozia listen und der Ausschluß dreier kommunistischer Rauf bolde waren die späte geschäftSordnungsmäßige Sühne Entfernung der Remitenten durch Polizei war der Schlußakt des Jammerspieles. Endlich, übte der Präsi dent Hausrecht und Polizeigewalt auS. WaS zeigen uns diese Vorgänge? Zunächst.einmal die völlige Unfähigkeit des Präsidenten in schwierigen Lagen die Ordnung aufrecht zu erhalten. Man wende nicht ein, daß dies überhaupt nicht möglich gewesen sei. Der Reichstagspräsident Wallraf ist gewiß ein tüchliger Oberbürgermeister und ein pflichttreuer. Staatssekretär gewesen aber zu einem Reichstagspräsidenten fehlt ihn" auch alles. Man tut ihm. seiner Partei und dem Reichs tag keinen Gefallen, wenn man das verschweigt oder be schönigt. Imponierende Persönlichkeit, .souveräne Be herrschung des Moments, psychologisch richtiges Erfas sen der Lage und im gegebenen Augenblick eine Dosts j guten Humors — das alles ist jan Wallraf.nicht zk»! finden. Man kann anfrichtigeS Mitleid mtt diesem Prä sidenten haben, Penn er ist letzte»» Endes das Opfer des öden und willkürliche»» Dogmas, daß die stärkste Partei den Präsidenten stellen müsse. Der richtige Grundsatz ist der, daß ohne Rücksicht auf Pie Parteizugehörigkeit die Persönlichkeit zum Präsidenten berufen werden muß die hierzu am geeignetsten ist. Schlimmer aber noch al» Fehlgriffe in der Wahl de« Präsidenten wirkt die mangelhafte Geschäftsordnung. Sie bewegt sich noch ganz in den Formen, die sie in den Zeiten erhalten hat al» der Reichstag ein Tebattierklnb ohne eigene poli tische Verantwortlichkeit war. Der Reichstag soll jetzt souveräner Repräsentant de» deutschen Volke« und der Gesetzgebung sein- In Wirklichkeit läuft er Gefahr-zur politischen Trvdlervude und zur Tchaustätte ekelerre gender Kaschemmenmanier-n zu werden. Bringt es der Reichstag nicht fertig, sich M drakonischen Mitteln der Gesetzgebung und der Geschäftsordnung gegen diese Ge fahren zn schützen nnd sein Haus rctn zu hasten daun ist.der Tag nicht mehr fern, .wo der letzte Rest.Pes An sehen« der deutschen Volksvertretung,geschwunden ist. Demokratie ist nicht gleichbedeutend mit Schwäche oder mit schlechten Manieren. Wer die Volksvertretung planmäßig stört oder dtskredtevt, gehört nicht in Ne hinein. _ . Ein andere» parlamentarische« S^'ild. Die durch da» Londoner Abkommen und di« Sachverständigengut achten bedingten Gesetz« stchen zur Beratung. D e Deutschnattonalen gehen in schroff« Opposition. «'« haben den Wahlkampf.gegen die Gutachten lwMrt, Haven federt ul« LautM-Mtw gMMü,Ekt,v«e Muer Tageblatt uu» Zl Hui,!,,u»nis»> vu z,»,u„s»«tt«n, - «rsch.lnt WIDM? UDm HEDWk' p,M,,Il, f«, «u» Hu, UN» i.n,Z».ch-Znichtus ne. VUv relegramm»« Tageblatt Nu»,rzg»blra». »mttlch,»,»,« ««'h-u.«» »!, «muichm v.ka«M,-chm>„, »« «„», ua» »„ v.«.«-...... ,m. Nr. 211