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/luer Tageblatt Dr. irr Donnerstag, cken 31. Juli 1S24 IS. Jahrgang NU aa» M» «4 »4 »OrNi« »t»!»'» U N,kl,m««pet»t»,n,«» *»Upf«,nI»,, «»tttch, Sette « »et-pf»«,»,,. tvmma, Ks>«a« M—EtUhaUen- -i, amtlich«, Srkanntmachongrn -rs Natt- -tt -ta-t oaS ü»s Amtsgericht» Nur. P»sych«ck-N»nt»i Amt Leipzig MM- Mzeiger für -as Erzgebirge Krisenlust in London. Sm Irrgarten de» Formelkram» Alle Sitzungen abgesagt. Part«, SV. Juli. Die Einladung an die deutsche Delegation wird nicht vor nächster Woche erfolgen- Die Konferenz steht vor neuen Schwierigkeiten, so daß Donnerstag weder die Sitzung der ersten, noch der dritten Kommission, noch di« Vollsitzung der Konferenz stattfinden wird. Es war gemeldet worden, daß der englische Sachverständige William Fisher und der französische Sachverständige Aron einen neuen Vorschlag in der Frage der Verfehlungen ausarbeiten sollten. Di« beiden Sachverständigen, die auch den Franzosen Fromageot zu Rate zogen, konnten zu keinem Einvernehmen gelangen und sollen ihr« Bemühungen fortsetzen. Aus diesem Grunde wurden all« in Aussicht genommenen Sitzungen abgesagt. » Ein Artikel der „Times", der in ziemlich erregtem Tone gehalten ist und der dem Ueberdruß über den beispiellosen Formelkram in der ewigen Konferenz recht deutlich Ausdruck gibt, gibt die Stimmung weiter politischer Kreise treffend wieder. Da» Blatt mahnt zwar noch zur Geduld, gibt aber deutlich zu verstehen, daß die endlosen Redereien wenig Wert haben, solange eben Frankreich durchaus an dem Grundsatz seiner bisherigen Politik festhält, der mit dem Dawes-Plan nicht in Uederetnsttmmung gebracht werden könne. Die Franzosen schienen von dem Gedanken besessen zu sein, über all« Schwierigkeiten mit einer Formel Hinwegkommen zu können. Da» Schlimmst, aber sei, daß durch diese Ver- schleppung der Wert des Dawes-Plans selber in Zweifel ge zogen werden kann, und daß sich seine Aussichten also ständig vermindern. Sehr richtig ist, was die „Times" über die Notwendigkeit einer festen Führung der Verhandlungen sagt. In diesem Mangel liegt ohne Zweifel der schwerste Fehler, an dem di« Konferenz leidet. Da» ganze Schicksal der Konferenz liegt weiterhin bet den Prlvatverhandlnngin der velrgationiführer. Diese Verhandlungen über die politischen Fragen scheinen sich keineswegs günstig zu entwickeln, und die Konferenzlage ist nur das Spiegelbild dieser Schwierigkeiten. Vor allem hat «» den Anschein, al» ob eine Einigung über die militärische Räumung unmöglich ist, und al» ob sich England nun auf den Standpunkt stellt: „Wenn die Franzosen nicht aus der Ruhr htnausgehen, gehen wir nicht aus Köln heraus." Wenigsten» wird im „Daily Telegraph" die Möglichkeit an gedeutet, dah England die Besetzung seiner Zone über den Januar hinaus verlängern werde, wenn auch mit geringeren Truppenkräften. Mit der Verlängerung der englischen Rhein okkupation sollen zugleich die Schwierigkeiten hinsichtlich de» verbleiben« der französischen Eisenbahner automatisch gelöst werden. Dagegen wird von anderer Seite behauptet, daß dies« Frage jetzt den Sachverständigen au» der Hand ge nommen werden wird und von den Drlegattonsführern selber behandelt werden soll. U«b«r den neuen französisch-belgischen Vorschlag zur Regelung der Garanttefrage ergehen sich die Blätter in allerlei Vermutungen. Der Schiedsgerichtsgedanke, der von Frank reich in den Vordergrund gestellt wird, scheint auf englischer Seite keinen Beifall zu finden, besonder» wenn es sich be stätigen sollte, daß die Repko selber das Recht erhalten soll, das Schiedsgericht zu ernennen. » London, SO. Juli. Die Franzosen sind mit dem Ent- wurf ihrer Kompromißformel in der Sanktions frage, dir im Vordergrund de» Interesse» steht, nicht ganz zu Ende gekommen, weshalb die für heute angesetzte Sitzung der ersten Kommission, die sich mit ihr beschäftigen sollte, v«rtagt word«n ist. Im Fall« deutscher Verfehlungen soll nach dem französischen Plan« «in« eventl. Streitfrage an drei Schiedsrichter zurückverwtrsen werden, von den einer ein Amerikaner sein mutz. Di« Franzosen selbst machen j«doch di« Annahme ihre» rigrnen Plan«» abhängig von der Be dingung, datz da, drttt« Komitee zu einem für die Franzosen «friedigenden Srgrbnt» übrr di« Frag« dir Sachleistungen kommt. E» bestätigt sich, das, «in« französische Delegation auch den Wunsch hat, di« Frag« der militärischen Räumung d«r Ruht zu behandeln, jedoch auch wieder nur unter der Bedingung, datz da» Konferenzprogramm dahingehend er» «eitert -wird, datz autzer dies,» militärischen Mäumung»frage auch di« Fragen der Sicherheit und der mterallttertm Schul- den mit auf dir Lag«»ordnung gesetzt werden. In Wirklichkeit sind jedoch dies» Fragen bereit» seit geraumer Zeit inoffiziell besprochen worden > Part», SO- Juli. Wie „Petit Parisi««" mitteilt, soll «« in d«r Frag« der militärischen Räumung d«r Ruhr, über di« gestern di« Dedatt« zmtschrn den alliiert«« Mir.ist«,- Präsidenten fortgesetzt wurde, zu einer prinzipiellen V«r- -- „Darvesplair oder Chaos!" ständigung dahin gekommen sein, datz Macdonald anerkannt habe, datz die Regelung der Modalitäten der Räumung aus- schlietzlich Sache der Regierungen von Frankreich und Belgien sei. Macdonald soll im Laufe der Verhandlungen den Wunsch ausgesprochen haben, datz die Zurückziehung der Truppen aus dem Ruhrgebiet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Dawes-Planes beendet sein soll. Dagegen hätten, wie der „Matin" mitteilt, die französischen Militärs dafür «ine Frist von zwei Jahren verlangt, unter der ausdrücklichen Voraussetzung, datz bis dahin die Durchführung des Sach- verständigenprogramms „aus keinerlei Hindernisse von deutscher Seite gestoßen sei". Die Bemühungen der französischen Militärs scheinen also darauf auszugehen, von England die Zusicherung zu erhalten, datz dieses die Kölner Zone nicht vor der definitiven Zurückziehung der französisch-belgischen Truppen von der Ruhr räume- Nach dem „Matin" soll Herriot erklärt haben, datz er tn dieser Frage der öffentlichen Meinung Frankreichs Rechnung tragen müsse, „für die die Besetzung der Ruhr eine Art Symbol sei", und daß die Haltung Deutschlands zur Aufrechterhaltung gewisser Maß nahmen zwinge- „Dawerplan ob« Thao»"i Paris, 30- Juli. Der „Petit Parisien" veröffentlicht ein Interview mit Hughes. Dieser erklärte u. a.: „Ich bin optimistisch, weil ich es sein will und weil man es sein muß- Fünf Jahre schon bemüht man sich, die Schwierigkeiten, die der Krieg hinterlassen hat, zu beseitigen- Was wird werden, wenn diese Konferenz scheitern wird? Denken wir nicht daran I Der Dawesplan ist eine Lösung, die durchaus nicht vollkommen ist, denn das Ideal existiert nicht, aber er ist eine Lösung, die am besten mit der Gerechtig keit und Vernunft zu vereinbaren ist, die am leichtesten tn die Praxis umzusetzen ist- Die wahre Sicherheit besteht darin, den Haß auszurotten, die normalen Beziehungen zwischen den Völkern und durch die Arbeit aller den wirt schaftlichen Frieden wieder herzustellen. Die erste Notwendig keit ist die Inkraftsetzung des Dawesplanes. Die übrigen Fragen werden sich alsdann lösen lassen- Wenn aber der Dawesplan scheitert, dann wird ein Chaos hervorgerufen; wenn er ausgeführt wird; glaube ich sicher zu sein, dah das nicht nur für alle Gutes bringen, sondern hauptsächlich für Frankreich das Beste sein wird. Kein Abbruch d« Konferenz. Berlin, 80. Juli. Die von der Eca-Korrespondenz verbreitete Meldung, daß die Londoner Konferenz abgebrochen worden sei, wird an hiesigen unterrichteten Stellen als Tendenzmeldung bezeichnet, der jede Grundlage fehle. Paris, 80. Juli. Heute spät nachmittags war tn den Wandelgängen der Kammer das Gerücht verbreitet, datz die Londoner Konferenz abgebrochen sei. Der Agence Havas liegen kein« Nachrichten vor, die zu einem derartigen Gerücht Anlaß geben könnten, haben maßgebende Kabtnettsmitglieder von Anfang an erklärt, daß st« diese» Gerücht für tendenziös und falsch halten. London, 30- Juli. Der Rat der Sieben hielt heut« nachmittag eine Sitzung ab- Außerdem fand eine Zusammen kunft des juristischen Komitees statt- Es verlautet, daß Vor kehrungen getroffen werden, für Sitzungen des ersten und des dritten Komitees, die wahrscheinlich morgen vormittag statt- finden werden. Man nimmt an, daß das französische Memorandum betreffend die Sicherheit für die deutsche An leihe jetzt fertiggrstellt ist, und daß es morgen vom ersten Komitee erwogen wird. Es wird sogar für möglich ge halten, daß das Memorandum von dem Rat der Sieben heute erwogen wird. Weiter wird erklärt, daß die Einladung an Deutschland noch nicht abgesandt worden sei, datz st« jedoch sicher zu erwarten sei. Der Zeitpunkt sei aber noch nicht bestimmt. , Parts, 80. Juli. Di« ersten und zweiten Delegierten der Reparattonskommtssion reisen heute Nachmittag KUHr nach London. Der englisch« Delegiert« befindet sich bereit» dort Morgen vormittag 10 Uhr findet die erst« offiziell« Sitzung d«r Kommission in London statt. Roch kein Beginn der Eeaeralinspektion. Neue Dokumente über äie Schulä am Rriege. Moskau, 80. Juli. Anläßlich des zehnten Jahres tages des Kriegsbeginns veröffentlicht die „Jswestija" einen Artikel von Professor Adamoff. in welchem letzterer auf Grund einer Reihe historischer Dokumente beweist, daß Potn- care und Millerand schon am Ende des Jahres 1912 versuche ten, den Weltkrieg zu entfesseln. Sie forderten damals Ruß land auf, die Feindseligkeiten gegen Oesterreich zu beginnen, angeblich um Serbien zu Hilfe zu kommen, in Wahrheit aber, um Frankreich die Möglichkeit zu geben, zusammen mit Ruß land und England den Kampf gegen Deutschland und Oester reich zu beginnen. Adamoff führt tn seinem Artikel den Briefwechsel und die Unterredungen Potncares mit dem da. maligen russischen Botschafter Iswolski an, der die kategori schen Forderungen PoinvareS vor der russischen Regierung unterstützte. Adamoff veröffentlicht zum ersten Mal den Bericht des militärischen Agenten Jgnattefs über eine Unter, redung mit dem Kriegsminister Mtllerand am 18. Dezember 1912. Auf eine Erklärung Jgnatteffs, Rußland wünsche nicht, den europäischen Krieg hervorzurufen, meinte Mille rand: „das! ist natürlich eure Sache, ihr müßt aber wissen, bah wir zum Kriege bereit sind, und das muß berücksichtigt werden." Adamoff kommt zu der Schlußfolgerung, "daß, wenn die Zarenregierung den Ratschlägen, die von Poincare und Millerand auSgtngen, gefolgt wäre, der Weltkrieg im Jahre 1912 anstatt 1914 ausgebrochen wäre. Deutfchlanä unä äer Garantiepakt. Die deutsche Regierung ließ dem Völkerbundssekretariat eine Denkschrift überreichen, in der der deutsche Standpunkt zu dem von der, letzten Dölkerbundsversammlung ausge- arbetteten Earantiepakt, d. h. dem Vertrage über gegenseitige Unterstützung, dargelegt wird. Verfasser sind namhafte deutsche juristische Persönlichkeiten. Die deutsche Regierung war seinerzeit, wie all« anderen Regierungen, zur Stellung nahme zum Garantieentwurf aufgefordert worden. Die deutschen Sachverständigen weisen in dieser Denk schrift schlagend nach, daß aus die vorgeschlagene Weise dir angeblich mit diesem Entwurf verfolgte Absicht, friedliebend« Staaten vor den Angriffen kriegslustiger und Übermächtiger Gegner zu schützen, nicht erreicht wird. Deutschland insbe sondere würde dadurch lediglich infolge seiner zentralen Lag« den allerschwersten Gefahren ausgesetzt, ohne daß ihm ein wirksamer Schutz gewährt würde. Infolge seiner fast voll ständigen Waffenlosigkeit würde es tn Gefahr geraten, tn jeden europäischen Konflikt gezogen zu werden, auch wenn seine Interessen dadurch garnicht berührt werden, und den Kriegsschauplatz zu bilden, auf dem andere Mächte ihr« Streitigkeiten ausfechten. Die deutsche Kritik an dem Entwurf deckt sich im allgemeinen mit derjenigen, die auch von amerikanischer und englischer Seite daran geübt wird. Die englische Regierung hat ja erst vor wenigen Tagen ihren Standpunkt dahin festgelegt, daß sie in dem Entwurf kein Mittel zur Sicherung des internationalen Friedens erblicken könne und ihn deshalb ablehnen müsse. Damit ist Deutsch land erfreulicherweise gegen den Entwurf geschützt, dah es sich den Bemühungen zur Sicherung des europäischen Frieden» entziehe und über geheimen Kriegsplänen brüte. A«ir-feh«tzrr. Di« Lteuerplän« de» Finanzminister». Auf einer Versammlung des Jnungsausschusse» zu Leip zig hat sich Ftnanzmintster Dr. Reinhold auch des näheren darüber ausgelassen, wie er sich die Neuordnung des Steuer wesens in Sachsen nach Annahme des Sachverständigengut achtens denkt. Er hat dabei ausgeführt, dah in Zukunft allen Produkttonssteuern gegenüber größte Vorsicht angewendet und daß die Revision der sächsischen Steuergesetze sofort nach den Ferien in Angriff genommen werden müsse. Dl« Ge werbesteuer müsse ganz abgebaut und der Umsatz nach dem Auslande dürfte nur noch in stark ermäßigter Form besteuert werden. Auch für die Steuereinschätzungen müssen Verein fachungen platzgretfen. Das solle dadurch geschehen, daß dir Deklaration Ifür Reichs-, Landes- und Gemeindesteuern auf einem Formular abgemacht werden kann. Wolff» Telegrapyenbureau teilt mür Die von der Bob. schafterkonferenz beantragte Gmeraltnspektion hat noch nicht begonnen, da die Besprechungen über die Modalitäten der Durchführung noch nicht abgeschlossen sind. Alle anderslau tenden Nachrichten sind, wie wir erfahren, unwo-r. Brrlin, 81. Juli. Durch Verfügung d«, oben kommandierenden General» im besetzten Gebiet wurde die „vosstsche Zrttung", wie da« Blatt meldet, bi« zum Lö De- zimber verboten, weil sie um«r dem Titel „Französischer Imperialtsmu»" di« Parade vom 14. Juli in Düsseldorf lächerlich gemacht hab«. «in Volksentscheid über den Achtstundentag. Die Frage der vs-veiführung eine» Volksentscheide» üb« da» Washingtoner Abkommen ist nach wie vor Gegenstand von Verhandlungen innerhalb der einzelnen Spttzeygewerkschasten, wie auch zwischen den Organisationen der verschiedenen Rich- , tungen seKst. Nachdem kürzlich der BundeSauSschuß de» All gemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes seine Stellung, nähme zu dieser Frage präzistert und zur Vorbereitung der Abstimmung die Schaffung eine« besonderen Fond» beschlossen hatte, wird am heutigen Donnerstag der Vorstand de» Ge. werkschastSring» (Htrsch-Dunkersche Gewerkschaften) sich mit diesem Problem beschäftigen. Auch der Deutsche Eewer» schastSbund (christliche Gewerkschaften) dürfte in den nächsten Tagen tn seinen leitenden Instanzen Besprechungen Wer di« Frage eine» Volksentscheid» herbetführen. Für Anfang de» nächsten Monat» rechnet man dann wieder mit gemeinsam« ' Verhandlungen der Spt-engewarkschaftan der drei Richtung«.