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-^—- 7---^ . , /luer Tageblatt LZM Mzei^er für -as Erzsebirse U^D L-I »«-«MM», Lag,»iatt Ealhauiat »«« «muUchsft SievuirtMuG«»»^«» A»» kor»A »«> Siu»« UVV Os» NmlDPiRcht» Ma» p,ftsch»«»K»m,i ft», EttpK» K». Ich»» Nr. 134 Mittwoch» den n. Zuni 1924 lS. Jahrgang Wie Frankreich die Ariegsr enlfchadigung vonisri geleistet hat. L« Im Auftrag« deS „WirtschaftSinstttutS in WckKtnyton" HerauSgegebenen Denkschrift über .^LoutschlandS Zahlungsfähigkeit" von Moulton u. Kaire entnehmen wir folgende Ausführungen: Die schleunige Bezahlung der Entschädigung von V Milliarden Franken die Frankreich nach dem deutsche französischen Kriege von 1871 auferlegt war. .hat fast einstimmige Bewunderung erregt. Der Friedensvertrag wurde in Frankfurt am 10. Atai 1871 unterzeichnet. Die erste Zahlung erfolgte am 1. Juni 1871^ Die letzte Zahlung — sie war erst am 2. März.1874 fällig — wurde am ö. September 1873 geleistet! Im Gegensatz zu den landläufigen Vorstellungen hat das französische Volk diese gewaltige Schuld nicht durch Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in wenig mehr als zwei Jahren bezahlt. TaS ist tatsächlich die Wahrheit, und eine nähere Erläuterung dürfte wohl kaum dazu beitragen, die Legende zu zerstören, die die französische Entschädi gung lmd ihre erstaunlich schnelle Begleichung stets um woben hat. Die Lösung des Rätsels ist darin zu finden. daß es nicht dasselbe ist, .eine Schuld zu ,.bezahlen" und eine für den Gläubiger annehmbare Ausgleichung gder Re gelung durchzuführen. Tie Bedeutung pes Unterschie des wird erst.klar, wenn man die Mittel zeigt, durch die die Regierung tatsächlich bewirkt wurde. Zur Zahlung.und zum Ausgleich der Entschädi gung, die sich mit Zinsen und Spesen auf 6316 Mil- lionen Franken oder 4260 Millionen Mark belief..griff man zu folgenden Mitteln: 1. Frankreich übergab Deutschland die Gerechtsame des Teile» der Ostbahn der im abgetretenen Gebiet von Elsatz-Lothrtngen lag. Sie wurde auf 826 Millionen Franken bewertet. Ta die französische Regierung »nicht Eigentümerin dieser Bahn war, .muhte sie sich verpflichten, der Eisenbahn gesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist die ge nannte Summe zu zahlen. 2. Die deutsche Regierung schuldete der Stadt Varis einen kleinen Betrag — 98 400 Franken —, der auf die Kriegsentschädigung.an- gerechnet wurde. 3. Frankreich! wurde durch! besondere Vereinbarung gestattet, bis zu 125 Millionen Franken in Papiergeld (Noten oer Bank von Frankreich) zu zahlen. 4. Der Betrag: von 105 039146 Franken in deutschen Geldsorten und Banknoten, die großenteils durch da» deutsche Heer nach Frankreich gebracht wor den waren, wurde von der französischen Regierung gin gezogen und dem deutschen Reiche übermittelt. 5. Französisches Gold im Betrage von 273 008 058 Fran- len wurde nach Deutschland geschasst. Bon dieser Summe Hatto die Bank von Frankreich der französischen Regierung 160 Millionen vorgeschossen., 0. Silber wurde im Betrage pon 280 201 870 Franken gegeben, wovon 03 Millionen durch die Bank von Hamburg be schafft wurden. Diese sechs Posten machen zusammen 1 067 482 407 Fr. aus. Der Rest pon 4 248 320 874 Fr. wurde durch Uevergabe fremder Devisen an Deutschland beglichen. Die Frage ist nun: Wie kam die französische Regte, run« in den Besitz dieser grohen Menge fremder Devi- sen? — Mit anderen Worten: Wie erwarb die sranzö. fische Regierung da» Eigentum an dem Gelds anderor Länder? Ersten» gab die französisch« Regierung zwei große Anleihen au«, di« zusammen 5 792 Millionen Franken brachten. Von diesem Bettag« wurden unge fähr zwei Fünftel oder 2 816 Millionen Franken im Auslande für ausländisches Geld verkauft, und e» ist wahrlich interessant, daß ein bedeutender Teil der so im Ausland untergebrachten Schuldverschreibungen .in Deutschland verkauft wurde. Zweitens benutzte man un gefähr 2 Milliarden Franken auswärtiger Kapitalan lagen von französischen Staatsangehörigen. Die französische Regierung hat sich! auf Pie «in« oder qndere Art nahezu all« G«ld«r, Pie sie zur Be zahlung Deutschlands verwendet«, geborgt. .Sie lieh 826 Millionen Franken von d«r Ostbahn s sie lieh 805 Millionen von der Bank von Frankreich, wovon 160 Mit. lionen in Gold und 125 Millionen in Papier bet der Zahlung der Entschädigung verwendet wurden? und st« lieh all« di« Beträge, di« zur »«schaffung per frem den Devisen erforderlich waren. Gin« weitere VrüfUng der Darlehnsgeschäft« der französischen Regierung er gibt sogar» da- st« in den in Frage kommenden Jahren in viel grvtzerem Umfange Schulden «ingtng, »als sie durch di« gleichzeitig« Zahlung der Kriegsentschädigung tilgte. Während die französisch« Regierung Pt« Kriegs entschädigung von 6816 Millionen bezahlt«, übernahm sie gleichzeitig neu« v«rpflichtung«n in Höh« von 8050 Millionen Franken. . Dies« Zunahme der französischen Schuld hsnterlleß «in« dauernde finanziell« Satt. Der Nennwert des «etleä der beiden Anleihen der zur Beschaffung der Gelder für die Leistung der Entschädigung «tnbehalten wurde, belief.sich auf 6548 Millionen Franken.. Di« Wrltche Zinsenlast von dieser Summe betrug bet 5 v. H. 277 Millionen Franken. Von dem Zeitpunkt der Begebung der Anleihen bis 1883 muhte dieser Bettag alljährlich in den französischen Haushalt eingestellt werden. In zwischen scheinen die meisten der Schuldverschreibungen, die ans Ausland verkauft waren, .in Frankreich zurück gekauft worden zu sein, und im Jahr 1883 setzte eine Konsolidierung den Ztnsensatz auf 4Vs pro Jahr herab und verringerte etwas die Schuld. Von 1883 bis 1894 wurde daher die jährliche Zinsenlast für die Entschädi gung auf.245 Millionen ermäßigt. . Bon 1894—1902 betrug der Satz nur 3Vs v. H., die Zinsenlast also 190 Millionen Franken. Von 1902 bis zur Gegenwart war der Satz 3 v. H. und die Jahreszinsen, Pie auf Pie Entschädigung entfallen beliefen sich auf .165 Milli onen Franken. Es ergibt sich mithin, daß, vom Standpunkt des inneren Jinanzproblems aus, Frankreich die Entschädi gungslast niemals losgeworden ist. Die bekanntlich sehr große französische öffentliche Schuld, die jahrzehntelang der Finanzverwaltung ernste Verlegenheiten bereitete,.ist in nicht geringem Grade unmittelbar auf die Tatsache zurückzuführen, da- das französische Volk niemals durch Sparsamkeit oder schwere Besteuerung die Entschädigung liautdterte. Wenn man die französische Lage von 1871 mit der deutschen Lage in der Gegenwart vergleicht, wird man finden Paß die Gesamtsumme der französischen Zah lungen 4 Milliarden Mark, nur ein Bruchteil de» Op fer- waren, das Deutschland bisher schon gebracht hat. Wie Frankreich, so hat auch, Deutschland alle verfügbaren Barmittel verwendet, und es hat fast /eine gesamten ausländischen Anlagen geopfert. Deutschland aber konnte nicht auf fremden Märkten durch den Verkauf von Schuldverschreibungen Geld borgen. Die Politik seiner Gläubiger bat es daran gehindert, seinen auS- wärtiacn Kredit in normaler Weise selbst auch nur für die Befriedigung ihrer Ansprüche zu verwenden. Tev Verlust seiner wichtigsten internationalen Einkommens quellen und die Größe seiner äußeren Verpflichtungen wirkten vereint dahin, seinen auswärtigen Kredit zu zerstören, wenn man von den Spekulanten in unlös barer Währung absteht. Die wichtigsten deutschen Zah lungen erfolgten in der Form der Uebertragung per Handelsflotte und anderer Sachgüter.. All diese Zah lungsmittel sind jedoch jetzt so gut wie erschöpft. Des halb können Zahlungen jetzt nur noch bet aktiver Han- delsbilanz geleister werden. Rücktritt d^ü Präsidenten Miterand Hereiot Siegen Die französische Kammer l?at gestern ahpnd 7 llhr die Debatte beendet. Der vom Vertreter der zum Block der Lin. ken gehörenden Parteien eingebrachte «ertagungsantrag ist angenommen morden, Er l«t, wie gemeldet, folgenden Wortlaut: „Die Kammer ist entschlossen, mit einem Mini sie. rinm, da« durch seine Zusammensetzung die Verneinung der Rechte des Parlaments darstellt, nicht in Verbindung zu treten, lehnt die verfassungswidrige Debatte, zu der sie aufge fordert wird, ab und beschließt, jede Entscheidung zu verta- gen, bi« sich ihr eine Regierung vorstvllt, die im Einverständ nis mit Pen souveränen Rechten des Lande« gebildet wird. Der Präsident der Republik, Milleranb, «klärte den Ministern, die ihm ihre Demission anboten, baß « ange. sicht« der AuSschußberichte au« der Kammer und dem Senat beschlossen habe, zurückzutreten. Er «suchte da« Kabinett, im Amte zu bleiben. Der Ministerrat wird heut, vormittag zusammentroten. Die Demission Milleranb« wird der Kammer und dem Senat in der lftutigon Nachmittag», sitzung bekanntgegrben werden. « « « MNlirand« Botschaft, In der gestern nachmittag 8 Uhr in der Kammer vom Ministerpräsidenten yraneoi« Marsal und im So. nat vom Zvsttzmtntster Ratter verlesenen Botschaft de» Presidenten der Republik vetßt ««? „Frankreich dürstet nach Frieden und Freiheit,.«« will nach außen «ine Politik au«Nben, Pi« im Etnver- ständnt« mit seinen Alliierten Sicherheit, Reparatio nen, Durchführung de« versatll«r vertrage« und Re. spektterung sämtlicher diplomatisch«« Akt« gewährt, di« die neu« europäisch« Ordnung begründet haben. Dies« Außenpolitik macht «in« Innenpolitik not wendig, die sich von d«n L«hr«n de» Kriege» leiten läßt, die sich auf da» Einvernehmen unter den Franzosen auf die Achtung vor der Meinung und dem Glauben der anderen und auf -a« Bestreben gründet, in di« so ¬ zialen Beziehungen immer mehr Gerechtigkeit und Gu- tes hinetnzutragen. « Durch die Bestimmung, patz der Präsident der Re publik nur im Falle des Hochverrates verantwortlich ist. hat die Verfassung M nationalen Interesse, der Stabilität und Stetigkeit dafür Sorge tragen wollen, da- die Vollmacht des Präsidenten sieben Jahre hindurch vor den Schwankungen der Politik geschützt bleibt. Wenn künftig die Willkür einer Mehrheit den Präsidenten der Republik zwingen könnte sich aus politischen Gründen zurückzuziehen, so wäre der Präsident der, Republik nur noch ein Svtelball in den Händen der Parteien. Ich habe es abgelehnt, von meinem Posten zu desertieren. ES ist nicht möglich, Hatz da» Parlament sich über die Gesetze hinwegsetzt, die beachtet werden müssen. Lin« konstitutionelle Frage von solcher Wichtigkeit für die Zu kunft der Republik, wie es die durch die gegenwärtige Krise aufgeworfene ist, kann nicht im Halbdunkel durch Entscheidungen einzelner Personen oder Beschlüsse gere gelt werden." Hegen Kommunisten als Hemeln-ebeamte. Sin« Verfll,inng de« preußischen Jnnenminift«». - Wie der „Amtliche Preußische Pressedienst" Mit teilt. hat der preußische Innenminister ein« Verfügung erlassen .in welcher der Minister die Kommunalauf- sichtSbchörden anwetst. in Zukunft die Bestätigung.von Mitgliedern der Kommunistischen Partei al» unmittel bare und mittelbare Staatsbeamte nur dann zu ertei len, wenn im Einzelfall die pfltchtmätzige Amtsführung im Rahmen der bestehenden Staatsordnung und unab hängig von Marteiinstrukttynen als gesichert nachgewie- sen erscheint. Dasselbe gilt für Angehörige anderer Partei«: oder Gruppen, die eine gewaltsam« Aende- rung per Verfassung oder die gewaltsame Störung der öffentlichen Ordnung verfolgen und ihre Mitglieder in dieser Richtung binden. In verschiedenen Fällen haben Stadtverordnete di« in den GemeindeverfassunaSgesetzen vorgeschrtebene Ver pflichtung durch Handschlag äbgolehnt.. Der Minister hat bestimmt, -atz Stadt- und Gemetndevervrdnete, die die Verpflichtung §blehnen. ihr Mandat nicht ausüben und an den Sitzungen der Gemeindevertretungen nicht tetlnehmen können. Sie sind von den Sitzungen au»- >,ufchlietzen. Dieselben Folgen treten ein, . wenn der Stadtverordnete eine ernstliche Verpflichtung bei Abgabe dos Handschlages nicht beabsichtigt hat. wie Tschechien öas Deutschtum ausrottrt. In letzter Zeit mehren sich die demonstrativen tschechisch- nnltonnlen Kundgebungen. So war unlängst von national-- deinokrnlischer Seite für den Fnll einer Einbeziehung von Deutschen in die Regierung mit tschechisch-faschistischen Trup pen gedroht worden. Im Pflngstleltarttlel der „Narodnh pisty" erklärt der Abgeordnete Kramarsch, daß die allnatio- nnle Koalition, die dem tschechischen Sinnt eine rein tschechische Negierung gebe, um jeden Preis erhalten bleiben müsse. Der nationale Gedanke müsse unbedingt höher stehen al« die übertriebenen Forderungen der Demokratie, deS Fortschritts und der sozialen Interessen. Der tschechische Limit könne als Nationalstaat einfach nicht bei einer anb'rn als einer rein tschechischen Negierung bestehen. Ein «bedenkliche« devtsch.tschechischeS Verkehröabkvmmen. Zwischen den» ReichüverkehrSmtnisterium und de» tschecho-slowakischen Berkehrsverwaltnug ist am 20. Januar in Olmütz eine Vereinbarung getroffen worden, wonach sl>* di? deutsche Verwaltung deS Gemeinschaftsbahnhofes Eger im schriftlichen Dienstvcrkehr mit den Tschechen der tschechi schen Sprache bedient und zu dem Zwecke die betreffenden reichsdeutschen Beamten aus ReichSinitteln in der tschechi schen Sprache ausgebildet werden. Für die zweijährige UebergangSzeit stellt die tschechische Regierung aushilfsweise Beamte zur Verfügung. Ansprüche der Tschechen auf deutschen P«sttz. Nach einem in Warnsdorf eingegangenen Telegramm au« Prag lag der l'tzten Sitzung de» Klub» der tschechischen nati- onaldemokratischen Abgeordneten die Forderung der nord, «böhmischen /tschechtschqU MtnderhettSverbände, Sitz Reichen, berg, vor, welche verlangt, daß die im reichadeutschen Besitze (Etsenbahndittktlon Dresden) befindliche Bahnlinie Zittau— Grottan-Reichenberg von der tschechischen Staatlverwaltung übernommen werde. Schon öfter sind Gerüchte anfgetaucht, daß zwischen den beiden Staaten Verhandlungen wegen de» Nebcrgabr der reichsdeutschen Bahnstrecken (nach Eger, durch wnrnSdorf-AltwarnSdorf, nach Reichenberg) stnttfänden, doch wurden diese Meldungen jedesmal demenkirrt. Da« Streben der Tschechen geht aber schon au» strategischen Gründen nach dem Besjtze der wichtigen Bahnstrecke Zittau—Reichen!-««, die da« wichtig« industrielle Reichender«« (Reichinder« ist «roße Garnisonstadt) Vorland mit der Stadt verdtndet.