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/luer Tageblatt M, «- Bl» «u Um,,,,»» » »-»» »,N,m-.p,M,,U- amtlich I Atzt la Aß OAlHPfDtMtGG. r«o*^u EMHaUmö öl, amttlchm S,ka«M»ach»«9M öm «atm ö« «aöt aas HMO-mlcht» -la,. p-gM-r.».«!., ,»i mp»,g «,.,ee» Z-LM Anzeiger für üas Erzgebirge Nr. 132 Sonnabend» äen 7. Zuni 1924 IS. Jahrgang Die Moral in äer Politik. Bon W. KÜl» M. d. R. Watz als Auswirkungen des Krieges und der Revo lution sich auch heute noch Sei einzelnen Personen chwsre sittliche Begriffsverwirrungen und moralische Verwüstungen zeigen, ist eine schmerzliche aber Psycho logisch verständliche Erscheinung. Sie beiden in der letzten Woche über die Szene gegangenen Prozesse sind hierfür ein neuer Beweis. .In dem Ankermann- prozetz .sehen wir einen aus dem Gleichgewicht geworfe nen früheren Offizier in sinnlosem Fanatismus nach dem Leben Maximilian Hardens trachten, im Prozeß Thor- mann.Grandel entrollt sich ein Bild konfusen, gu» niedrigsten Instinkten handelnden, politischen Verbrecher tums. „GS ist wie nach dem dreißigjährigen Kriege als alte Soldaten marodierend durchs Land zogen." So kennzeichnete tretend der Anklagevertreter diese Erschei nungen. Geradezu pathologisch aber ist die seelische und moralische Verwirrung,,die aus dem Attentat gegen den österreichischen Bundeskanzler Dr. Seipel spricht. So verabscheuungswürdig die hier in Betracht kommen den Verbrechen sind,. so vermögen sich doch! Staat und Gesellschaft durch das Mittel der Justiz wenigstens eini germaßen gegen solche Mißerscheinungen zu schützen.. Gefährlicher als diese Etnzelvorkommnisse ist die Ee-, schetnung, daß moralische Verwirrung.sich ge rade in der letzten Zett in Kreisen zeigt, die dem deu^t.scheU Volke politische Führer sein sollen Die hinter uns liegende RegterungSkrisis ist ein außer ordentlich bedenkliches Symptom nach der Richtung,hin, daß politische Unmoral bet der parteiinäßtgen Behand lung her Staatsnotwendigketten geradezu als unent behrliches Requisit betrachtet würde. Rücksichtslos und mit allen Mitteln hiergegen anzukämpfen ist die Pflicht aller ihrer Verantwortung bewußten Politiker. Der Ausgangspunkt zu dem wür'delosxn SPek- tak'elstück dev Regierungskrise war der Um stand daß die Negierung Marx unter volksparteilichem Einfluß nicht den moralischen Mut fand, ihre Annahme der Sachverständigengutachten vor dem neuen Reichs tag sofort und rückhaltlos zu vertreten. Dieser Mangel an politischer BerantwortungSfreudiakctt und am Wil- len zur entschlossenen Tat hat das Ansehen der Negie rung .Marx stark ramponiert und hat das Milien zu dem nachfolgenden widerlichen Spiel geschaffen. Die „Verhandlungen" begannen. Die Absicht, .die Deutsch nationalen in die Negierungsverantwortung einzube ziehen ist an sich natürlich ein erörternngSsähiger Ge danke. Voraussetzung dieser Einbeziehung her Deutsch nationalen mußte für die Regierungsparteien der Mitte die Fortführung der bisherigen Außenpolitik sein, denn sie bildet den Angelpunkt unserer politischen und wirt schaftlichen Existenz. „Die deutschnationale Fraktion dermaa nicht darauf zu verzichten, Paß in der auswär tigen und inneren Politik des Reiches eine Kursände rung erfolgt und daß hierfür bet der Regierungsbildung sichere Garantien geschaffen werden." Mit dieser klaren und unzweideutigen Erklärung war der Gedanke einer Einbeziehung der Leutschnativ« nalcn in eine die bisherige Außenpolitik fortsctzende Ne gierung abgetan. So ist eS wenigstens für einen außer halb deS berufsmäßigen Krts«ngeschäftS stehenden Poli tiker eine Selbstverständlichkeit. Die Drahtzieher der Deutschnationalen und der Volkspartet dachten ander». Die „mißverstandenen" Deutschnationalen erklären sich erneut zu Verhandlungen bereit und die Deutsche Volks- Partei, die eben erst.ihre Rolle al» „ehrlicher" Makler für beendet erklärt hatte, kroch auf den deutfchnatto- nalen Leim. An sich wäre auch, gegen eine Wiederauf, nähme des Gedankens der Htnetnnahme der Leutschna- tionalen in die Regierung nicht» einzuwenden gewesen, aber selbstverständlich nur unter der Voraussetzung, daß sie auf ihre Forderung der Kursänderung verzichteten. Und hier wandelte sich nun das ehrlich« Geschäft in das Gegenteil dvn Ehrlichkeit. Mit allen möglichen AuSlegekünsten und Sophistereien versucht« man zwi schen den die Kursänderung erstrebenden Deutschnatio nalen und den auf dem Boden her Annahme der Sach verständigengutachten stehenden Parteien ein« gemein same Regierungserklärung zu konstruieren, die dem Zn- und Auslande «ine Ueberetnsttmmung Vortäuschen sollte, In dieser TäuschungSabsicht war politische Torheit und politische Unmoral zu gleichem Prozentsatz verkörpert Dem kurzen Gedächtnis des deutschen Wähler» kann man ja unglaublich viel zumuten, aber man kann nicht ver langen, daß das Ausland an ein« Beibehaltung de« bis herigen Kurses der deutschen Außenpolitik glauben soll, wenn «ine Partei führenden Einfluß in der Regierung erhält, dis soeben ein Ausaeben diese» Kursus verlangt hat und di« da» Haupt des bisherigen Träger» dieser Politik.des Mußsmninisttt» G-rssemann fordert. t Der Kamps.um Stresemann verkörpert den zweiten großen Komplex, von Unehrlichkeiten. Die einfache, nackte Wahrheit ist die, daß d.ie volkspartetliche Fraktion Stresemann geopfert haben würde, wenn um diesen Preis eine Einigung.mit den Deutschnationalen zu er zielen gewesen wäre. Formell und in ihren Kundge bungen ist die Fraktion für Stresemann eingetreten, aber überall fand sich die jedem Kundigen und auch für T-r. Stresemann nicht mißverständliche Einschränkung „so lange er selbst M) für dieses Amt zur Verfügung stellt". Hier wäre selbstverständlich der Hebel angesetzt worden wenn es gegolten hätte, den Deutschnationalen zuliebe Stresemann aus der Negierung hinaus zu bugsieren. Es ist geradezu unerhört, wenn jetzt nach Beseitigung der Gefahr die volkswirtschaftliche Fraktion erklärt: „Die Deutsche Volkspartet ist nicht bereit, .den Kopf .ihres Parteiführers einer anderen Partei zu opfern". Soweit bei diesen Vorgängen die Begriffe von Dank, Treue, Parteidisztpltn eine Noll« spielen, ist dies interne An gelegenheit der Volkspartet. aber soweit die politische Wahrhaftigkeit dabei in Frage steht, bedürfen die Dinge doch auch außerhalb der Volkspartet einer sehr gründ lichen Würdigung. Man soll als Politiker immer kon ¬ kret sprechen und handeln, und Hon diesem Standpunkt aus muh.folgendes klar ausgesprochen werden: wenn die vottÄ parteiliche Fraktion an den Beginn ihrer Verhandlungen mit den Deutschnatio nalen uneingeschränkt und ohne sophistische Vor behaltsfloskeln den Satz gestellt hätte: ein Wechsel in her Besetzung des Außenministeriums ist für un's nicht erörterungSfähig, dann war die Situation von Anfang an geklärt, und wir standen schon vor 14 Tagen dort wo heute unter viel Einbuße an Stoßkraft und Ansehen die neue Regierung Marx.steht. Und wenn jetzt die Volkspartei in ihrer Schlußbetrach tung .sagt: „rasche Beendigung der Regierungskrise ist das Gebot der Stunde und die Forderung de» Volke» so maa ihr von denen, die von vornherein dieses Ge bot erkannt und nach ihm gehandelt haben, gesagt sein: niemand hat so sehr gegen diese Erfordernisse gesündigt, wie die Verhandlungsführer der Deutschen Volkspartet. Klarheit. Wahrhaftigkeit, Geradlinig keit führen auch in der Politik am schnellsten und si chersten zum Ziele, und gerade die demokratische Repu blik hat allen Anlaß, moralische Eroberungen zu ma chen, nicht aber Konzessionen an die politische Unmoral. Der Sieg der Reichsregierung. Der Vertrauensantrag im Reichstag mit 247 gegen 183 Stimmen angenommen. Das Kabinett Mvrx-Strcscmann hat siir seine nächsten außenpolitischen Aufgaben eine ziffernmäßig festgestellte Mehrheit im neuen Reichstag hinter sich. Das ist das Ergeb, nis der zweitägigen ausgedehnten Reichstagsdebatten, die sich an die Regierungserklärung auschlossen. Alle Oppositions kräfte hatten sich zusammengeLallt, um ein Mißtrauensvotum und damit den sofortigen Sturz der neuen Regierung, wo» möglich auch die Auslösung des Reichstages zu erzwingen. Sie halten nicht nur für fast lückenlose Anwesenheit aller' ihrer Mannen, sondern auch für rasfiuterte Anträge gesorgt, um ein Vertrauensvotum für die Regierungserklärung möglichst zu erschweren. Trotzdem hat das Kabinett Marx- Stresemann eine Mehrheit von üt Stimmen bei der nament lichen Schlnßabstimmnng über den Vertrauensantrag mit der Begründung der Mittelparteien gesunden. Die politische Ge. samtlage ist damit wesentlich geklärt und die neue Negierung ist in die Lage versetzt worden, nun sofort energisch, wie sie eö zugesagt hat, an die Ausarbeitung der Gesetze zur Durch führung deS Sachverständigengutachtens herauzngehen- Die bis znm lleberdrnß wiederholte falsche Behauptung der Dentschnationaleu nnd Dentschvölkischeu, daß die letzte Reichs- tagSwahl einen völligen Umschwung in den Parleiverhältnis. sei: und damit auch in der deutschen Gesanilpolitik gebracht habe, darf nun endgültig als widerlegt gellen- Die Reichöregierung hat keine Zweidrittelmehrheit für ihre Regierungserklärung erhalten- Aber das kann nieman den überraschen, der sich über die Machlverteilnng im neuen Reichstag klar ist. .Menn wirklich später über die Verabschie dung der Gesetze die Zweidrittelmehrheit erforderlich sein wird, können natürlich neu? große Schwierigkeiten und Ge fahren entstehen. Aber darüber werden noch Wochen hin gehen und für die Haltung der Oppositionsparteien wird es sich dann nicht-bloß um den Sturz der Reichsreglerung, so», dern unmittelbar nm die Frage Frieden oder neuer Krieg handeln. Man mag durch die Debatten der setzten Tage noch so starke Eindrücke über den Mangel an Verautwortnngobe- wußtsein bei den Oppositionsparteien erlebt haben: Die Hoffnung, daß sie bei äußerster Zuspitzung der Verhältnisse nicht völlig versagen werden, muß man trotzdem aufrecht er- halten bis zum Beweis des Gegenteils. Verlauf -er Relchstagssttzung vom Juul. Präsident Wallraf eröffnet die Sitzung um 10,20 Uhr. Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt Abg. Schiolcm (Komm), einen Antrag auf die heutige Ta gesordnung zu setzen, der Einspruch erhebt gegen da» Verbot de- „Roten TageS" in Leipzig. Ta Abg. Kahl (D. Vp.) Widerspruch erhebt, kann der Antrag jn dieser Sitzung »nicht behandelt werden (Lärm bet den Komm.). Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der B e'fpve'chU n g der Regierung» erklärung. Da» Wort erhält sogleich . Nelchsaußsnmlnister vr. Stresemann. Da« Wort von der Lüig« vom der deutschen Kr'ieig»schuld ist zum ersten Mal gesprochen worden von dem Reichskanzler, der seinerzeit zum ersten Mal an der Spitze der Großen Koalition stand. Die Reichs regierung ist durchaus bereit, .die amtliche Ausrottung der KrtegSschuldfragc in die Hand zu nehmen, sobald sämtliche Dokument« der Oefsentlichkett übergeben sind. (Zuruf recht»! Warum dann erst?) S» kommt nicht dar aus an. pb wir überzeugt sind,.sondern e« kommt daraus an, die Welt zu überzeug««. Einmal handelt eß sich um die Zurückweisung der Behauptung, daß Deutsch- land dar «rheböe und Änsttswr dies«» Weltkriege» ge-1 wesen ist, und zweitens um die Aufforderung an die fremden Niächte, ihre Archive zur Klärung^ dieser Frag« zu öffnen. Können Sie (nach rechts) mir einen andern Weg Leigen, der schneller zum Ziel« führt? Wenn der Sachverständtgenbertcht den Satz an die Spitze stellte, daß Deutschland die Souveränität, die wirtschaftliche und finanzielle Einheit wieder Haben müsse, auf seinem ganzen Gebiete, so danken wir es den Menschen, die damals gelitten haben, auch wenn sie nicht vom passiven -um aktiven Widerstand übergegangen wären. (Sehr wahr!) Es liegt nahe, daß hei der welt politischen Lage, in der wir uns befinden, bet unserer Mvchllosigkeit, von unserem Standpunkt aus alle» be grüßt werden muß, wodurch die NeparattonSlrage au» der Machtatluofphäre herausgenommen wird und in die Atmosphäre der WirtschaftSsragen htnetngestellt wird. (Zuruf .rechts: Ewige Illusion.) Dann Haben diese ewigen Illusionen sehr viele Leute gehabt, darunter auch Professor Hötzsch. Wenn ich diesen Namen nenne, .so geschieht es deshalb weil keiner so stark wie er die groß« weltpolitische Tatsache unterstrichen hat,, daß nunmehr die Vereinigten Staaten von Nordamerika cingetreten sind in die Regelung der europäischen Verhältnisse. Denken wir an die Zeit vom Dezember 1022 und an die Rede, die der Staatssekretär Hughes hielt. Mit allem Recht bat der damalige Reichskanzler Enno in seiner Shlvesterredo in Hamburg dje sofortige Zustimmung Deutschlands erklärt. Und wer hat sich gegen diese An regung von Hughes gewendet. Herr Poincave wax es. Von Paris aus ist Mort gesagt worden: „Wir haben nicht die Absicht, uns die Früchte unsere» Siege» durch internationale Bankiers entreiße/: -u lassen". Ich glaube nicht an eine Aenderung der Atmosphäre dahin daß die Außenpolitik aus Liebe gemacht wird. Sie wird aus eigenem weltwirtschaftlichen Interesse ge macht. Dieses Interesse der Sachverständi gen nicht zu benutzen, wäre ein totaler Fehler gewesen. Was der Außenminister eine« waffenlosen Staates noch hat, das ist der einheitlich auftretend« Will!« seines Volkes über alle Parteien hinweg, der im gs- gebenen Moment Unerträgliches zurückwetft. Wir müs sen diesen EinhettSwtllen de» Volke» in den Ehrenfragen zusammensassen, um die wir kämpfen. Wir haben La bel schon einmal die NichtauSlteferung per „Kriegsver brecher" durchgesetzt. In dem Zusammentreten der Sach ständigen lag eine große Bedeutung. Ich messe all d«n Herren Pie bet diesem Sachverständigengutachten mit- gewirkt haben, die volle Objektivität zu Aachen recht»). Die Ziffern, die in dem Gutachten über die Eisenbahnen enthalten sind sind durchaus objektiv. Wie denken SW sich denn. Herr von Gräfe, die Antwort? Auch der Reichslandbund hat an die Spitze den Satz gestellt,' daß Deutschland an die Entente Krtegskontribuiionen bi» ,ur Grenze de» Möglichen zu bezahlen habe. Wa» heute au» dem Ruhrgebiet durch die MteumVer träge herausgequetscht wird, wird von den Sachver ständigen auf 1,2 bi» 1.» Milliarden Goldmark geschätzt. Unser« Brüder dort haben sjch in da» Unvermeidliche gefügt, aber in der festen Erwartung, daß di« Reichs- regierung alle» tut. um diese Last,so rasch wie mSgnch zu vermindern. Im Wahlkampf ist gesagt worden, .wir hätten auch die Last der 880 Millionen BesatzungSkosten nicht au? un» nehmen sollen. G» ist -och Aar. -aß dw »amen Gchläg» dafür, daß wir nicht M-lten, -vn ft-