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de» Präsidium» durchzuMren, so darf man sich doch nicht darüber htnwegbäuschen. datz.schon bald weiter« Würdelosigkeiten von den extremen Flügeln zu erwarten sein werden. Tie Gegner des Parlamentarismus wer den sagen; seht, .so steht die Reise des deutschen Volkes sür die parlamentarische StaatSsorM auSl -Tatsächlich sind es moSkowittsche Wellen, die hier bis in den deutschen Reichstag Herüber branden, und die Vorgänge, die wir erleben mutzten, sind der Versuch einer aus.Ge- heitz und unter Kontrolle Moskaus handelnden, toll ge ¬ wordenen Minderheit, den Parlamentarismus zu zer stören. Damit ist guch der Wog gekennzeichnet, den ein deutsches Parlament aus ureigenstem Selbsterhaltungs trieb zu gehen hat. Ter Reichstag, der nicht mit allen, auch mit den äußersten Mitteln sich und seine Arbeit sür das deutsche Volk gegen solche Erscheinungen zu schützen wußte, .hätte tatsächlich keine Taseinsberechti- Mng mchr. ! Ob der neue NetchStagsp räsident die kommunistische Schmutzflut wird meistern können, wird.sich sehr bald zeigen. Es war sehr bedauerlich, datz der bisherige, in den schwierigsten Lagen bewährte Präsident Löbe partei politischen Ambitionen geopfert wurde; er war ganz zweifellos der geeignete Mann für diesen Posten. Es ist säst amüsant zu scheu, wie so manche Partei in Fragen der Präsidentenwahl ihre Prinzipien wechselt, .je nach dem .sie Aussicht aus.Erfolg bei Besetzung der .Stelle hat. Dieselben Parteien, die bei den Wahlen des Vor sitzenden eines Geinetndeparlaments den Grundsatz nicht gelten lassen wollen daß die stärkste Partei den Prä sidenten zu stellen hat, versteifen sich in Landtagen und im Reichstag starr auf diesen Standpunkt. Nun. für den Reichst«« liegen die Dinge sehr klar. Der Grund satz, daß die stärkste Partei bet Besetzung Hes Präsi dentenpostens berücksichtigt werden müßte, ist von allen Parteien bei Beratung der Geschäftsordnung gbgelelmt worden; vor allem haben auch die Teutschnationalen zu einer Zeit, .als sie noch keine Aussicht aus den Präsidenten hatten, sich uneingeschränkt - auf diesen Standpunkt gestellt. Tatsächlich sind auch wiederholt Vertreter kleinerer Fraktionen zum Präsidenten gewählt worden. Ter Reichstao hat sich also zu dem Grundsatz bekannt, datz die persönliche Eignung das ausschlagge bende Moment sei. Und von diesem Gesichtspunkt aus war zweifellos der bisherige Präsident Löbe der ge eignete Mann. Er beherrschte souverän die technische Seite der Geschäftshandhabung, und sein ruhiges, siche res würdiges Auftreten hat selbst seinen politischen Gegnern rückhaltlos Anerkennung und Hochachtung W- aenötigt. Gerade setzt, wo so außerordentlich viel von der Handhabung der Geschäfte und der Sitzungsdisziplin abhängt, hätte man aus eine solche bewährte Kraft nicht verzichten dürfen. Ob der neue Präsident sich in gleicher Erignung bewähren wird, läßt sich, in den ersten Sitzungen noch nicht beurteilen; man wird ihm persön lich Fine gewisse Schonzeit zubilligen Müssen, aber die Ereignisse werden ihn wahrscheinlich sehr bald vor eine Lage stellen, wo er wird zeigen müssen, welche Quali täten er für seinen Posten mitbringt. Die Ouvertüre..unter der sich der Vorhang über den neuen Reichstag hob. war voll von Mttzklängen; ob in dem nachfolgenden Konzert die vorhandenen Disharmo nien sich in eine leidliche Harmonie auflösen wird, ist mehr als zweifelhaft. Ter gegerpvärtige Reichstag scheint das Schulbeispiel dafür werden zu wollen, welcher Ton in einem Parlament maßgebend wird, stn dem der Ra- dikalisnms die Rolle spielt, die ihm durch den Ausfall der letzten Wahlen durch das deutsche Volk zugewtesen worden ist: „Jedes Bott hat das Parlament, das es verdient". Hergt erneut beim Reichskanzler. Wie verlautet, ist der Führer der Deutschnattonalen Hergt im Laufe des FreitagvyrMittag Pom Reichskanzler empfangen worden. Um 11 Uhr tagte die Deutsche BottSpartet. um über die Lage im allgemeinen zu spre chen. Zur selben Stunde kam auch das Zentrum zu sammen. Die Sitzung der deutschnattonalen Fraktion wird erst nachmittags um S Uhr beginnen. der vorstan- -er , deutschen demokratischen Partei hielt am Freitag gemeinsam mit der demokratischen Reichstags fraktion und dem Vorsitzenden der demokratischen Preugenfrak- tion eine Sitzung ab, die um'io Uhr vormittag» begann u d sich Li» in die späten Nachmittagsstunden erstreckte. Es fand eine eingehende Au»sprach« übe, die politische Lage insbesondere über di» Regierung»n«ubtldung statt: da aber da» politisch« Bild ich Retchrtag« fast jede Stunde wechselte, so war «» natürlich nichr möglich, endgültige veschlüss, zu fassen. Immerhin erfüllt, die Diskussion in weitem Umfang« den Zweck, ein« Klärung de» Ansichten hertetzuführen. Vkr Zührer -er Mlttelpartelen bei Marx. Reichskanzler Marx Latte nach seiner Unterredung mit dem deutschnationalen Führer Hergt am Freitag , r eine Besprechung mit den Führern der dtet Mittelbar- teien, dem Abg. Fehrenbach vom Zentrum, Koch von den Demokraten und Scholz yon der Deutschen Bottspartei. Eine Klärung der politischen Lage ist bisher noch nicht eingetreten. Wie man aus Kreisen der preußischen Re- aierungsparteten hört, .denken diese nicht daran, sich! die . Entscheidung über die preußische Koalition aus der Hand nehmen zu lasse«. Anträge lm Reichstage. Das Zenkruhl Kat folgende Anträge Fehrenbach u. Gen. eingebracht. Pie Reichsregierung zu ersuchen: 1. das Reichsschulgesetz vorzulegen, 2. den Art. 149 der Reichsversafsung (Religionsunterricht) auszuführen, und 3. das Privatschulwesen (Art. 147 der Reichsversafsung) grundsätzlich zu regeln. — Wetter hat die Zentrums partei zur Ergänzung des BeamtenbesoldungsgesetzeS des Reichstages einen Antrag eingebracht, Her dahtn- gcht, -atz die Reichsregierung in Verbindung Mit den Ländern das Gesetz unverzüglich einer Nachprüfung un terziehen möge mit dem Ziel, bei den unteren und mitt- ,! leren Besoldungsgruppen eine Ausbesserung Her Bezüge eintreten zu lassen. Die Deutsche Bolkspartei hat einen Antrag Brüninghaus u. Gen. eingebracht, die Zulagen an An gehörige der ehemaligen Wehrmacht, nämlich die Kriegs zulage. die Tropenzulage, die Lustdienstzulage, die See- sahrtszulage usw. den jetzigen Verhältnissen neu anzu passen und sobald wie möglich zur Auszahlung zu brin gen. Weitere Anträge beziehen sich aus die Abänderung des bisherigen KriegsbeschädigtengesetzeS, .insbesondere das Liguidationsschädengesetz, und auf -ie Wiedergut machung Her völkerrechtswidrigen Verteilung HeS deut schen Auslandsbesitzes die bet den kommenden Verhand lungen zur Lösung Hes RevarationÄpryblems gefordert werden soll. Dr. Schacht über ä'ie Areäitpolitik äer Reichsbank. Berlin, 30. Mat. Zn der heutigen Zentralaus schußsitzung der Reichsbank machte Tr. Schacht u. a. folgende Ausführungen zur Kreditpolitik der Reichs- bank: Durch Hie weiteren Einziehungen von Notgeld und kleinen Goldanleihestücken ist Her gesamte Zahlung«, mittelumlaus aus den Stand Anfang des Jahres zurück- ! gegangen. Erfreulich ist, datz an Notgeld zurzeit nur etwa 175 Millionen Mark in Umlauf sind (gegen 1 Mil liarde am Jahresende). Die Wirkung der zurückhalten. r den Kreditpolitik der RetchSbank aus -te Devisenlage und , auf den Kurs -er Mark ist offensichtlich; Tie Devisen- zuteilungen haben ganz erhebliche Erhöhungen erfahren können. Tie Entwicklung der Mark im Auslande ist in letzter Zeit dauernd günstig gewesen. Tie valutartsche Situation der Reichsbank hat sich erheblich verbessert. Die Reichsbank ist nach! wie vor entschlossen, ihre Kre- dttpolitik von währungspolitischen Gründen beherrschen zu lassen. Die 300 Millionen Rentenmark, welche die Reichsbank noch! nicht abgehoben hat, müssen dienen 1. zur Deckung gegenüber zurzeit 540 Millionen täglich fälliger Rentenmark-Giroverbtndlichketten, 2. zur even tuellen Ausfülluno Her Kassenbestände gegen Renten- markscheine, die in den über 400 Reichsbankanstalten täglich gchalten werden, und 3. alÄ Krisenreserve. Eine Erhöhung Her Papiermarkausgabe selten» der ? RetchSbank ist ebensowenig Möglich!, wie die Jnangrifs- ! nähme dieser 300 Millionen Rentenmarkreserven, da j die Höhe des als Papiermarkdeckung dienenden freien Goldbestandes eine Vermehrung per PaPiermarkauSgabe nicht zuläßt. ES bleibt deshalb gar nicht» andere» üb rig, als datz die deutsche Wirtschaft sich nach per Decke streckt. Eino neue Inflation wär« nur ein« Scheinhilse. ! s Da» ReichSbankdirektorium hat sich! ferner an die zuständigen Regierungsstellen gewandt mit dem dringen den Ersuchen, die GeschästSaussicht zu beseitigen oder zu mindesten ihre Auswüchse unmöglich! zu machen Der Landwirtschaft ist über die bisher gewähr ten Kredite von rund 800 Millionen Mark hinaus noch mals ein ansehnlicher Betrag für Auswinterungsschäden zugewendet worden. Die ReichSbank ist an die zustän. dtgen Regierungsstellen herangetreten mit Vorschlägen über die weitere Beschaffung von langfristigen landwirt schaftlichen Krediten. All« Bemühungen um die Behebung der Kreditnot werden jedoch sehlschlagen^wenn nicht schleunigsten» Ar- beitSsriede im Innern und ein« Regelung unserer Ver bindlichkeiten an da» Ausland etntritt. Der Zentral« aMhutz erteilt« diesen Erklärungen einstimmig seine Zustimmung. I — .... /luer Tageblatt IS. Jahrgang Nr. I2S Sonnabenck, cken St. Mal 1S24 Pfg. U ,en kbet. nann on v. a» durch Walkes tu te sich pivsloi»-- irvlektjlo OK Pul. der Ar« mt lernte Dl« Be in ulk er würben ist noch lig« Gs. 2 Mjl- Gr» tte«. ksr 8a. > unci 'cien >el: KM, s.I« Ig l«a. t». irr gc«. Pfg- Mn. stach st. 17 sllv. k> v.s Uhr luNA n. irechung. Posten i M. 7c/l Die Ouvertüre. Non Mr. KÄl» W. d. R. Da» Gegenteil von Symphonie heißt Kakophonie; Mßklana übelster Art. ES war ein« widerlich« Kako phonie, was al» Ouvertüre am 27. Mai 1924, -em Lag« des ersten Zusammentritts de» neuen Reichstags, im Wallotbau zu Berlin aufgeführt wurde, und man mutzte sich als Deutscher Mämen, Leuge diese» Iammersptels zu kein. Ein Jammer war eS schon, -atz Hie RetchSregte- rung sich nun doch noch! im letzten Augenblick entschlos sen hatte, .zurückzutreten, ohne vor dem Reichstag er schienen zu sein und ibn vor die Entscheidung gestellt SU haben, grundsätzlich für oder gegen ihre Politik Stel lung zu nehmen. Schlimmer noch als dies war die Tat sache, daß auch> diesmal die ReichSregierung zurücktrat, ohne daß vorher.Klarheit über die Möglichkeiten der Bildung einer neuen Negierung geschaffen war. Mutzte das sein? Tie Mittelparteien, die hinter der Regie rung ^standen, befanden sich in sachlich starker Position. Die Regierung gab kampflos diese starke Stellung auf. West die Bolkspartei einen unwiderstehlichen Drang aus der Mitte heraus nach rechts verspürte. „In ihrer gest rigen Sitzung hat die RetchstagSsraktion, der Deutschen Bolkspartei entsprechend der bisherigen Haltung der Reichsminister Dr. Stresemann und JarreS, einstimmig beschlossen, die Demission des Kabinetts zu fordern." So lautet die parteiosfiziöse Kundgebung der Deutschen Bolkspartei am Morgen des Tages, an Hem der Reichs tag zusammentrat. Mit Verlaub: „entsprechend der bisherigen Haltung der Reichsminister Tr. Stresemann und Jarres?". Hat man heute schon vergessen, unter welcher Parole Stresemann den Wahlkamps führte? Weitz man schon nach wenigen Tagen nicht mehr, welche Antwort die Reichsregierung .einschließlich! Tr. Strese mann und JarreS erteilte, als sie zum Rücktritt ausge- sdrdert wurde? Hat man nicht mehr an die verhängnis vollen Folge« gedacht..welche schon so ost -er politische Wahnsinn gezeitigt hat, datz man in der Zeit außenpoli tischer Entscheidungen zu den bergehoch! uns umlagern den Schwierigkeiten noch die einer Regierungskrisis hinzu konstruierte? Die Geschichte ist.für uns Deutsche dazu da, datz.man nichts au» ihr lernt — diese bittere Erkenntnis Leopold von Rankes scheint unser Kerhäna- niAzu bleiben zu sollen. Unsere ganze Lage schreit ge radezu nach raschem und entschlossenem Handeln, nach Klärung und Entspannung, nach Zusammenfassung -er Kräfte, und ausgerechnet in diesem Augenblick zerteilt sich der Block der Mitte, anstatt sich! stark zu machen. Der Zug nach rechts in der vottsparteilichen Reichstags fraktion mutz unwiderstehlich gewesen sein, denn im Drange, ihn zu befriedigen, kam es der Fraktion selbst daraus nicht an, -en einst vergötterten Führer, den jet zigen Reichsautzenmtnister Tr. Stresemann, den Deutsch nationalen Mm Opfer zu bringen. Man wird solches Verhalten mit schönen Formulierungen zu erklären su chen. „Das Vaterland Wer die Partei und auch! über Stresemann." Aber das wird nicht darüber Hinweg täuschen, -atz Hoch eben die Außenpolitik Stresemanns nach der bisherigen Auffassung der Partei im ausge sprochenen Interesse des Vaterlandes lag. Ueber die Vorgänge und Ergebnisse der Regierungsbildung wird später noch besonders zu sprechen sein. Jedenfalls kann aber heute schon soviel gesagt werden, datz diese ganze Regierungskrise durchaus keine politische Notwendigkeit und ihre Herbeiführung keine politische Klugheit war. Doch was noch schlimmer ist: der Reichstag, aus den Millionen Deutscher hoffend geblickt hotten, aus den die Augen der Welt mit Spannung gerichtet waren, beginnt seine Arbeit mit Szenen, die jedem Deutschen die Scham röte in« Gesicht treiben müssen. Datz die 02 Kommu nisten sür den Reichstag ein schwer zu verdauender Bis sen sein würden, konnte Wr niemand zweifelhaft fein, der au« dem praktischen, politischen und Parlamentärs, scheu Leoben heraus diese» Gemisch von Pathologie und Unflätigkeit kennt, aber was sich da ereignete, ühertraf die ärgsten Befürchtungen. Könnte man doch! Lausenden von deutschen Arbeitern solch« Szenen zeigen, viel« von ihnen würden erschrecken vor denen, die sich al» Arbei- tervertreter au»geben und würden sich mit Ekel von diesem Gebühren abwenden, da» sowohl die Bottsver tretung, gl« auch da» Kulturniveau de» deutschen Arbei- tcrstande» aus da» schwerste diskretteren mutz. Wa» mögen wolst die Vertreter der auswärtigen Nationen in der dicht gefüllten Diplomatenloge angesichts dieser kommunistischen ToLfuchtSfzenen empfunden haben? Wenn etwa» einigen Lröst bot, so war es die osfenstcht. ttche Erscheinung, da- da» Gefühl der Beschämung am stärksten auf -en Gesichtern der 100 Sozialdemokraten geschrieben stand. „Und solch« Leute werden von deut, schen Arbeitern gewählt" - e» war ein Sozialdemokrat, dem sich dieser Stoßseufzer entrang!, wenn e» am zweiten Lack» «ich -el»NL M»1Men» die Konstituierung AW- Mnzetger für Sas ErMbkge L.i.arom««, ra,«uatt n»—«»»dm». Etckhaltrnt st« auüUchr« S«IoaiM»ochoag«n -»» Rat«» ter Glatt »Et te» MntAEMücht» Ka» p»flM»ck-L»«i»r Nut Lews»»«». ISS»