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MM- Anzeiger für -as Erzgebirge Nr. 103 )eäe Stimme zahlt i Mtz ltztzteß wpp» »«P Watz». Sin Berliner illustrierte» Wochenblatt bringt auf der ersten Sette seiner letzten Ausgabe Zeichnungen lKarikaturen) mit der gemeinsamen Unterschrift „Die Sorte, die nicht wählt".' Man sicht da vortrefflich pho. tvgraphiert den dünkelhaften Monokelmann, der nicht Mr Wahl gcht, weil keine Partei seiner höchstpersönlichen Meinung gerecht wird, ferner den typischen Vertreter der Faulheit, der am Sonntag „sei Ruh Ham will", den Dummen, der „vergessen" hat, welchen Kandidaten er eigentlich wühlen soll, den Satten, dem's auch ohne Wahl »nicht schlecht" geht, und die.gleichgültige Dame, der da» Wühlen „unchick" erscheint. Diese Zeichnungen sind so gut gelungen daß sie zweifellos ihren Eindruck auf viele nicht verfehlen werden, die eigentlich beabsich tigt hatten, .sich am Sonntag zu den Nichtwählern seit wärts ins Gebüsch zu schlagen. Alber es- wird immerhin nur eine recht begrenzte Zahl von Wahlberechtigten ge hen, die diese Karikaturen zu Gesicht bekommen, und die Sache ist angesichts der ungeheuren Tragweite des diesmaligen WahlaussallS von >o schicksalsschwerer Be deutung, daß sich dazu auch noch.einige ernste Worte in letzter Stunde verlohnen. Bei früheren Wahlen nach dem alten Wahlsystem kam es in der Tat in vielen Füllen garnicht sehr dar auf an, ob alle Wühler restlos ihrer Wahlpflicht ge nügten. Wir erinnern uns beispielsweise noch an den größten deutschen Wahlkreis Teltow—Beeskow—Cbarlvt- tenburg, .bei dem jedesmal mehr als 100 000 „bürger liche" Stimmen glatt unter den Tisch fielen, weil die Sozialdemokratie regelmäßig im ersten Anlauf.mit rund 1'iOOO Stimmen siegte. Ta die unterlegenen nicht- s^ialdembkratischeu Stimmen anderen Wahlkreisen nicht Miaute kommen konnten, waren sie wirklich von vorn- --wein nutzlos abgegeben. Ob man 5» oder 10 000 Sttm- r>uN mehr oder weniger von ibnen sammelte, war für Wahlergebnis ganz bedeutungslos. Biele Wühler beriefen sich denn auch.auf diese Erfahrung! und gingen nicht Mr Wahl. DaS ist heute ganz anders geworden. Bei dem Verhältniswahlsystem, das wir haben, und bet der Ver bindung mehrerer Wahlkreise zu je einem Wahlkreis verband. vor allem aber durch die Einrichtung der Retchs- iMhllisten füllt fede einzelne Stimme, Pie überhaupt -Megeben wird, tnS Gewicht. ES kann garnicht mehr Vorkommen, daß ein Wühler nutzlos Mr Wahlurne geht. Selbst wenn fein« Partei im eigenen Wahlkreise nicht Neckt- kann sie im WahlkreiSverband oder auf der Retchs- ssaWlste sehr wohl den Ausschlag Mr ein Mandat set- !>-er Partei geben. Jede Stimm« zählt! Infolgedessen erhält auch jede nicht abgegebene Ättmme itzve Bedeutung. Sie kommt nümltch denjent. gen Parteien zugute, die in der Wahltgatation am skru- pellvsesten auftreten und damit di« Masse der Allzu- letchtglüübigen gewinnen. Bei den letzten Reichstags. Wahlen vor vier Jahren Lab' es rund 35 Millionen Wahlberechtigte. Abgegeben wurden aber nur rund 28 Millionen Stimmen (darunter 263 000 ungültige!) ES find also unter den 35 Millionen Wahlberechtigten 8 Millionen Nichtwähler gewesen, d. h. es haben etwa 22 Prozent wahlberechtigter deutscher Männer und Frauen damals ihrer Wahlpflicht nicht genügt. Nimmt man an, datz 12 Prozent der Ntchtwähler wegen Krankheit oder aus anderen triftigen Gründen entschuldigt gewesen sind, so bleiben noch 10 Prozent oder 3^ Millionen übrig, di« zu jenen Gleichgültigen, ..Satten, Faulen, Dum men und Dünkelhaften gehören ^dte ihrer Staatspflicht am entscheidung-vollsten Tage nicht Genüge getan haben. Gehr wahrscheinlich wäre das Wahlergebnis wesentlich beeinflußt und vielleicht wäre der verflossen« Reichs tag «arbeitstüchtiger gewesen >wenn die Nichiwählerztf- fer weniger groß gewesen wäre. Soll es diesmal wieder so gehen? .Zn zahllosen Flugblättern und Wühlerversammlungen ist dem deut« scheu Volk in den letzten Wochen von allen Parteien klavgemach t worden datz vom Ausfall dieser Wahl mehr als von früheren Wahlergebnissen die Zukunft Deutsch» lands abhängt. Die Reichsregievung selbst hat da« noch obendrein in einer Kundgebung gn da» deutsche Volk be- stütigt. Jeder einzeln« Mann und jede einzelne Frau hat aber, wie oben nachgewiesen, dis Möglichkeit der Beeinflussung diese« deutschen ZukunftSschickfal» durch dm Stimmzettel am 4. Mai. Deshalb trügt auch jeder deutsche Mann und jede deutsche Frau, ob sie wollen oder nicht, die Mitverantwortung Mr den WahlauSfall. Niemand außer den Schwerkranken und dringend Ver hinderten kann sich dieser Mitverantwortung entziehen. Zeder ist vor seinem Gewissen und vor dem deutschen Volk verpflichtet,zu wühlen. Wahlrecht ist Wahlpflicht l Zu diese, moralischen VMrÜndrmg au- der Aue»- «xuHchn VsAseenv'nßHafl Lmmt noch Sonnabenck, äeu z. Mal 1924 IS. Jahrgang «ine rein praktische hinzu. Die Politik ist nicht eins beliebige Beschäftigung, der Man sich hingeben oder die «man «nach Belieben auch unterlassen kann, sondern die Politik bestimmt da» Schicksal nicht nur de» Gesamtvol kes, sondern auch jedes einzelnen Volksgenossen. Von ihr hängt nicht nur die Höhe der Steuerzahlungen, der Grad der Beschäftigung oder der Arbeitslosigkeit in der Volkswirtschaft, die Ordnung^ Rühe und Sicherheit im Innern ab, sondern die Politik dringt auch« in jeden Ein-! zelhaushalt und in jedes Menschen sch icksal ein. Oder! sollten wir schon vergessen haben, wie die Politik der, letzten Jahre den breiten Massen des Volkes Entbeh rungen und Nöte grimmigster Art auferlegt hat? Wie; sie in jede Küche eindrang und den kümmerlichen In halt des Kochtopfes der Hausfrau, die Leere ihrer Wirt- schastskasse bestimmte? Wie sie das Gedeihen und das! Wachstum ünserer Kinder schädigte? Gewiß hatte die! größte Schuld an den erbarmungswürdigen Zuständen der grausame Druck unserer Feinde mit ihren unerfüll baren Forderungen. Aber innerhalb der Grenzen, -ie der politischen Betätigung gezogen waren, kam doch unendlich viel darauf gn, ob besonnene Männer oder tolle Draufgänger die deutsche Politik machten. Wasi wäre Wohl geschehen, wenn die Unverantwortlichen inj dm letzten Iahten am Ruder gewesen wären, die jetzt« in den Wahlversammlungen nicht genug Entrüstung aus bringen können über die angebliche Schlappheit und Nachgiebigkeit der Reichsregierung und der Regierungs parteien? Daß sie nicht zur Herrschaft kommen konn ten. daß die ruhige Politik der Mitte das deutsche Schick sal in den letzten Jähren bestimmt« und wenigstens die Einheit des Reichs und den Bestand des Staates rettete, ist daS große Verdienst der verantwortungsbewußten Wähler der vorigen Wahl. Ihre Zahl muß diesmal noch größer werden, wenn schwere Gefahren abgewandt werden sollen. Und kein deutscher Mann und keine deutsche Frau darf am 4. Mai fehlen. Denn jede Stimme zählt! ein smeiillanljüer Zsrialckemokrat über WegrMia unü stiibrrhtzuub, Wie di« „Sächsische Industrie", da» «Mich« Organ des Verbandes Sächsischer Industrieller, mittetlt, hat ü der Senatspräsident Schmölder (Kassel) kürzlich in der „Weser-Zeitung" über den Besuch de» amerikanischen sozialdemokratischen Konireßrepräsentanten Victor L- Beraer in Europa berichtet und dessen in dem „Mil waukee Leader" und „Milwaukee Herold" veröffent lichten Eindrücke Wiederaegeben. In diesem Bericht be handelt der genannte amerikanische Sozialist auch die KrteMchuldfrage und sein Urteil hierüber sticht wohl tuend ab von der einseitigen Stellungnahme, .die viele deutsche Sozialisten und namentlich sächsische Sozial demokraten und sozialistische Blätter in dieser Frage eingenommen haben. Der genannte amerikanische So zialist schreibt hierzu noch folgendes: . „Nach! den von! der Räteregterung bekanntgegebenen Geheimvertrügen! zwischen dem Zaren, Frankreich und England ist eS eine Nichtswürdigkeit, daÄ deutsche Volk und die alte Regierung für den Krieg allein haftbar zu machen. Der Schuldantell der alten Deutschen Regierung erscheint im Vergleich mit der Schuld der anderen Mächte als eine auantite negligeable." Weiter spricht der Bericht davon, .datz Deutschland im Vertrauen auf die 14 Punkte WilsonS die Waffen niedergelegt hab« datz diese 14 Punkte .sich aber al» ebensoviel Lüge erwiesen hätten und kennzeichnet dann Frankreich al» den eigentlichen Kriegstreiber, .wobei er der Grande Nation folgendes in« Stammbuch schreibt r „Frankreich ist ins Ruhrgebiet einmarschiert. um die deutsche Industrie zu erdrosseln und Deutschland zu der. Nichten. Darauf haben die deutschen Arbeiter ihrs Tä tigkeit eingestellt. Ihr passiver Widerstand war eine spontane Auflehnung gegen di« Versklavung ihrer Ar. Veit. Die deutschen Arbeiter wollten auch die deutsch« soziale Gesetzgebung, die der französischen schon vor der Revolution wett voraus war, vor .den Franzosen schützen. Mn den Widerstand der deutschen Arbeiter mit Hunger und Verzweiflung zu brechen, haben dann die Franzosen eine neu« Blockade verhängt-" Frankreich hüt ketncn Sent übrig, um auch nur die Zinsen seiner Schuldenmasse an England und Amerika zu zahlen. Für seinen Militarismus aber schaffte e» Unsummen herbei. E» verfügt über die größte und best. «qutpiert« Armee, die di« Welt gesehen hat. E» hat -ebn- mal soviel Muamaschinen und Unterseeboote, ab» alle am Weltkrieg beteiligt gewesenen Nationen zusammen. Prlen ist Md» «wikk aÄ sei« Trabant.. As mutz im Interesse Frankreichs eine ungeheure Armee unterhalten. Frankreich hat den Jugoslawen eine rtestge Summe Mr Neuausrüstung ihrer Armee vorgestreckt, und Marschall Joch inspiziert die tschechoslowakischen Truppen, als wären es seine eigenen. Daneben hat Frankreich di« Wohltaten der KrieMügen geerbt und betreibt «ine neue kostspielige Propaganda. Es hat in Newhork im Hause 698 Madison Avenue ein Informationsbüro eingerichtet und gibt dort Millionen Dollar für Prvpagandalttera. tur und für Reden au». Infolgedessen ist „in Amerika die große Mehrzahl auch^der Intellektuellen noch ein- geschworen auf die Sätze: Deutschland wollte die Welt mit Feuer und Schwert unterjochen... Die Sache der Alliierten war eine heilig«. Die Amerikaner sind zu ihnen als Kreuzritter herübergekommen.. .Sie haben! gekämpft für Europas Sicherheit." In Währcheit liegt die Sach« anders, gekämpft wurde Mr den französischen Militarismus und „der Militarismus ist nie segenschaf« send, besonders nicht der französische Militarismus „Hätten die Vereinigten .Staaten sich! nicht eingemischt so wäre der Kris? aller Wahrscheinlichkeit nach unent schieden geblieben, die Kriegführenden wären zu irgend einer Verständigung.gekommen, .der höllische Vertrag von Versailles wäre unmöglich geworden, alle Natio nen hätten sich längst wieder in den Dienst der Arbeit gestellt." i Selgische Vermittlungsversuche. Ms belgischen Minister Theunts und Hyman» sind gestern abend 9 Uhr in London eingetroffen und werden heute abend mit Maedonald und dem Schatz, kanzler Snowden die Anwendung des Dawesplane» besprechen. Nach Ansicht der Presse handelt es sich bet der Bermittlungsaktion der belgischen Minister haupt sächlich darum, Mittel zu finden, um Poineare zur Aus. gäbe der Etsenbahnregie zu bringen, .deren Beibehal tung er mit der Sicherheit Frankreichs und der Beset. zungStruPPen begründet. Me Belgier haben einen Ver, mittlungsoorschlag ausgearbeitet, der dem interalliier ten Ausschuß zur Ueberwachung der Reichsbahnen die Befugnis überträgt, über die -verkehrStechntsch« Sicher heit der Besatzungstruppen zu Wachen. 2b00S ausgewiesene Eisenbahner l Unter den 140000 aus dem besetzten Gebiete au», gewiesenen Deutschen befinden sich allein 26 000 Be amte und Arbeiter der deutschen Reichsbahnen. Rechnet man dazu 03 000 Familienangehörige so hat die Aus weisung 89 000 Personen betroffen, die vom Eisenbahn, dienst abhängen. Davon sind bisher in das besetzte Ge biet nur ,4400 Eisenbahnbeamte und -arbeiter zurück- MWrt. ' l H l ! . wieder eine Mliertennote «egen -er Schutzpolizei. Me „Times" melden aus Paris, der Botschafter« rät hat einer neuen Note an Deutschland zu- «fe st i m m t . di« stch> gegen die Nichtachtung der Entwafh nungsforderungen hinsichtlich der Entmilitarisierung der deutschen Schutzpolizei wendet. Die neue Note weist Deutschland nachdrücklich auf di« Folgen einer weiteren Weigerung hin, die als Verletzung des Versailler Ver trages angejchen werden müsse. Der .Botschafterrat wird in seiner Sitzung am nächsten Mittwoch die Schluß- redigieruns der Not« vornehmen. Di« Reuyorke« Lity-Banl Mr Streichung der alliierten Kriegsschulden. Wie der „Daily Telegraph" aus Newhork berichtet tritt die National-Cith,Bank, das größte Finanztnstitut in den Vereinigten Staaten, öffentlich! gemeinsam mit anderen finanziellen und kaufmännischen Unternehmen für dis Berminderunck.bzw. Streichung per alliierten Kriegsschulden an Amerika ein. In ihrem Monatsbe richt weist die Bank die Amerikaner darauf hin .datz die Annahme deS ReparatwnSplane«! der Sachverständigen ein formelles Ersuchen Europa» um Verminderung der Schulden an die Vereinigten Staaten nach sich ziehen werde, und datz die Amerikaner bereit sein müßten, eine Antwort zu erteilen. Der Bericht! betont, -er Sachver- ständtgenplan bedeute «ine wesentliche Verminderung dev Reparattonssumme. LrotzN an Mac-onal-. In der gestrigen Festsitzung de- Moskauer Sowjet» führte Trotzki aus, wenn die Arbeiterregierung in Sng- land Mut besäße, würde st« mit uns einen Vertrag gb- schrieben, welcher di« ganze Weltgeschichte umstürzen würde. Sin« Verbindung der russischen Arbeiterschaft mit der englischen wäre eine Grundlage de» Frieden». Aber die Regierung >MaedonaM erfüllt gegen ihren willen «ine riesige vorbereitende Aufgabe und wird «ine revolutionär« Bewegung in England Hervorrufen. Mae. donald hat unlängst grvgtr Wir haben «gen Moskau . ..