Volltext Seite (XML)
-WM Anzeiger für Sas Erzgebirge VMtitchG AMD DG OAßAP^NWßGD» rao.tiaii ^»Ihaltea- öt« tMttUch«VrIv«u«achu«g«» ö>» Rate» tz« «aßt «ks ö»» ft«t»-«Pcht» st«. «,.ee,e Nr. 94 Dienstag» äeu 22. April i924 iS. Mrgang Die Parteizersplitterung in Deutschland. von ReichMnadÄdg. Alfred Brodaus (Deutsche Demokratisch« Partei). Mm Donnerstag W di« Drift Abgelaufen,, bi» m Welcher die Einreichung der KreiswaWvorMDge für die RoichStaMvahl bei den KreMvaMeitern zu erfolgen hatte. Nicht weniger als 18 sind es in unserem Wahl kreis Themnitz^Bestsachsen! Und aus anderen Kreisen werden noch größere Zahlen gemeldet! Eine Erschei nung. die sehr viel zu denken gibt, eine Erscheinung, die den Baterlandsfreund nur mit schwersten Sorgen für die Zukunft erfüllen kann. Für ein Volk in Not- Wie da» deutsche, muß das erste Gebot sein Ge sch l as sen heil. Statt deren nur immer ärgere Selbstzer- fletschunsk im inneren Kampf! Parteien hatte unser Pott bisher schon übergenug an Zahl. Die gesunde Entwicklung wäre es. wenn wir zu einem System we niger Parteien kämen wie in England. Amerika. Mn Bestrebungen hat es nicht gefehlt, verwandte Gruppen z»m Zusammenschluß zu führen, das Trennende hinten an, das Einigende voran zu stellen. Die gegentei lig« Entwicklung müssen wir feststellen,, immer neue Splitter trennen sich von den alten Gruppen ab. immer neue Gründungen treten in die Erscheinung. Eigen-- brödelei und der Ehrgeiz, «in« politisch« Rolle zu spielen, lassen immer wieder neue Männer Auftreten, die Kurzsichtige Und Mißvergnügte um sich sammeln und sich von ihnen zum Führer erheben lassen; oft find es Männer, die aufgehört haben, in ihrer bisherigen Partei eine Rolle zu spielvn. bisherige Abgeordnete, die von ihrer Partei nicht wieder aufgestellt worden sind. (Typisch dafür ist die nattonalliberale Vereinigung, die Absplitterung der deutschen Volkspartei). Immer der- Vrjb« Vorgang: Man tritt irgendwo zusammen, schilt anfyte Parteien, das Parteiwesen, und um dem ein -nde s« machen, gründet man — eine neue Partei, die den „Stein der Weisen" gefunden hat und von dem andern und sich sagt, wie es schon in einer Glosse von Goethe heißt: „Jene machen Partei, welch unerlaubtes Beginnen, aber mein« Partei.freilich«, versteht sich von selbst." Schon bet den letzten Wahlen in Bayern traten nicht weniger als 18 Parteien auf. Deren Zahl im Reiche betrug wach einer schon wieder überholten Zu sammenstellung Berliner Blätter vor drei Wochen 28 und so kann sich schließlich die Wählerschaft in unserem Wahlkreis noch gratulieren, daß «S „nur" 18 Listen stnd. unter denen sie sich« zu entscheiden Hat. Bet den Wahlen zur Nationalversammlung 1919 waren es 5 neben 2 sozialistischen (SPD. und USPD.) 8 bürgerliche: Demokraten (Republikaner), Deutsch nationale (Monar chisten) und Zentrum. Da» war noch einfach,, übersicht lich. Bet den RetchStagSwahlen Von 1920 schob sich zwischen Demokraten und Deutschnattonalen die Deutsche Wolkspartei ein. neben die beiden sozialistischen Grup- den traten die Kommunisten. Und seht. 1924, erhalten die Deutschnattonalen Konkurrenz in den „Völkisch- Sozialen" und de« „Deutsch-Sozialen", die Valkspartet tn der erwähnten nattonalliberalen Bereinigung, .die schon auf dem Bode» der Republik stehenden Demokraten tn der „Republikanischen" Partei. Neben den bürger lichen Parteien tut sich noch auf eine „WtrtschastSpartet des Mittelstand«-" (Gründung der Hausbesitzer), ange schlossen, an dst^ Reichsliste de» — bayrischen Bauern bundes. Und zuletzt noch« treten mit einer Sonderliste auf den Plan dte — Jmpfgegner alN „Häußerbund". Wohin soll diese Zersplitterung noch« führen? Rur ein schwacher Trost ist Pie Gewißheit, daß wur wenige der Reugründungen Sitze tm Reichstag erhalten werden; viele hunderttausend Stimmen werden unter den Tisch fallen. Dafür sprechen alle bisherigen Erfahrungen mit kurz vor der Wahl erfolgten neuen Gründungen, ins besondere di« Wahl tn Bayern, wo von den 8 neuen Gruppen einschließlich der MittelftandSpartet keine «inzipe einen Sitz erhielt. (Die „völkischen" waren dort keine Reugründung^ Vie unselige Zersplitterung wird tn Deutschland un zweifelhaft gefördert durch da» geltend« Wahlsystem mit seiner Ueberspannung de» Gedanken» der Verhält niswahl .mit den zu «roßen Wahlkreisen, mit dem Listensyftem. Dies« Erkenntnis -richt sich tmmer mehr Bahn, au» allen Parteien wetsen immer mehr Stim men auk di« Gefahren und Schäden de» Wahlsystems hin. Wenn diese« noch von den Parteihäuptlingen—mit Ausnahmen — lebhaft verteidigt wird, so ist e« nur zu erklärlich: E» gibt keine bequemer« und sicherere Art tn da« Parlament zu gelangen, oV zum Spitzenkandi daten einer «räßeren Partei nominiert zu werden; die Nomination bedeutet fa Lyon Ernennung, »um Abgeord neten. G» muß -ine der ersten Aufgaben de» neuen ReiäMaae» lein, ein Wahlsystem abhuändern, da» mit wahrer DeumLratie wenig zu An hat. Habest wird auch ernstlich! geprüft werden müssen, «ob e» bet der, Bedeu tung de« Wahlrecht- im neuen Staat und dem Berant, wortungSbewußtsetn, .da» vom Wähler verlangt werden mutz, für die Allgemeinheit noch! weiter tragbar ist. patz schon die ZwanzigMrtgen mit wählen dürfen! Der Aamps um äie Nuhr-Psanäer. Nach einer von der Agentur Havas halbamtlich verbrei teten Erklärung sind die französischen offiziellen Kreise der Ansicht, die am Donnerstag von der Reparckionskommisston getroffene Entscheidung werde gewinnen, wenn sie vervoll kommnet und präzisiert würde. Zweifelsohne werde die fran zösische Delegation bei der Reparattonskommisston unverzüg lich offiziell über den Standpunkt des französischen Minister. Präsidenten unterrichtet werden. Die französische Regierung habe die Initiative ergriffen, Sachverständigenausschüsse ein-- zusetzen, und sie habe nicht gezögert, das Verdienst ihrer Ar beiten anzuerkennen und ihre Schlußfolgerungen en bloc an zunehmen. Die französische Regierung wolle also heute nichts davon zurücknehmen, jedoch müßten die alliierten Re gierungen vor eine klare und formelle Entscheidung der Re- parationskommtssion gestellt werden, die in der Zukunft zu keinerlei Zweideutigkeiten Anlaß gebe. Die Reparattonskommisston habe nun in ihrer Ent scheidung vom 17. April ohne andere Präzisierung die Schlußfolgerungen und die Methoden des Sachverständigen- plakes^ soweit st-r ihrer Kompetenz unterstehen, angenommen, andererseits aber den Eierten Regierungen dte Schlußfol gerungen zur Annahme empfohlen, die ihrer Kompetenz un terstehen. CS bestehe also ein Interesse, daß die Reparations kommission ausdrücklich erkläre, was bei der Ausführung des sehr verwickelten Planes den interessierten Parteien zur Durchführung zustehe. Nach Ansicht der Sachverständigen habe tatsächlich die Reparattonskommisston alle Befugnisse, gewisse Organisationen des neuen Planes zu fixieren. Aber die Sachverständigen hätten eine grundsätzliche Regel aufge. stellt, über die die französische Regierung nicht feilschen könne, sie müsse aber wissen, ob die französisch-belgischen Organisationen tm Ruhrgebiet aufgegeben oder ob sie erst in dem Maße, tn dem sie die wirtschaftliche Einheit Deutsch lands stören, umgewandelt werden sollen, wenn Deutschland den anempfohlenen Plan zur Ausführung gebracht hat. Die deutsche Regierung müße vor allem dte erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen erlassen und dte nötigen Oxga. nisationen für die! Bildung der Emissionsbank und für die Retchsetsenbahngesellschaft durchführen, sie müsse die indu strielle Hypothek vermitteln, die Steuern erhöhen usw. Also erst, wenn das Deutsche Reich einen sichtbaren Beweis seine» Willens gegeben habe, an dem endgültigen Plan der Reparationskommtssion mitzuarbetten, könnten Frankreich und Belgien aufgefordert werden, das wirtschaft liche Pfand im Ruhrgebiet gegen ein anderes, weitergehendes Koktrollsystem auszutauschen. Dann werde unvermeidlich die Frage der Garantien und der Sanktionen ausgeworfen, die die Sachverstän digen nicht behandelt hätten, da diese Maßnahmen einen politischen Charakter hätten. Di» französische Regierung nun wolle, bevor sie die Druckmittel aufgebe, über die sie setzt verfügt, sich von vornherein mit den anderen alliierten Mäch ten über die Sanktionen verständigen, die nach gemeinsamem Abkommen für dm Fall getroffen werden müßten, daß Deutschland bet der Ausführung der neuen Bedingungen ver sage; tn London dagegen, wolle man sich erst nach einer etwa, igen Verfehlung des Deutschen Reiches und zwar nach Kennt- nis deS Charakters derselben darüber aussprcchen. .Es sei klar, daß Poincare darauf bestehen würde, seine These zum Stege zu führen, wenn die Stunde der Verhandlungen zwi schen den alliierten Regierungen gekommen sei. Er werde Has mit umso größerer Ueberzeugun tun, als die Erfahrung gezeigt habe, daß man keine Sanktionen anzuwenden brauchte, wenn die Alliierten entschlossen waren, sie durchzu führen. Frankreich«, da» Pfänder im Ruhrgebiet besii- deren Wirksamkeit bewiesen sei, würde sehr naiv handeln, wenn es sie gegen ein einfaches Versprechen der deutschen Mitarbeit aufgäbe und ohne versichert zu sein, daß kas Deutsche Reich sich nicht noch einmal seinen Verpflichtungen entziehen werde. Frankreich zeige sein Entgegenkommen ge. nügend dadurch, daß eS dte Empfehlungen der Sachverstän digen annehme, man könne ihm also nicht die unerläßlichen Garantien verweigern, deren Berechtigung dte Sachverstän. dtgeu sogar anerkannt hätten. V«. Schacht für münüllche Verhandlungen. Einzelheiten zu verlieren. Man dürfe keinen Augenblick au» dem Auge verlieren, von welcher Bedeutung «» sei, daß Deutschland mit den allierten Mächten, besonder» aber «st Frankreich wieder in normale wirtschaftliche Beziehungen trete. Wenn man zum Ziele gelangen wolle, müsse man die diplomatischen Noten durch persönliche Aussprachen zwischen Männern ersetzen, deren Kompetenz anerkannt sei, und die von der Größe ihrer Mission überzeugt seien. Poincare will da» Ruhrland noch zwei Jahr» lang »«halte«. Durch die Vermittlung des englischen Botschafters st» Parts Lord Crewe hat Poincare, wie aus London berichtet wird, der britischen Regierung seine Absicht mttgeteilt, di« Ruhrpfänder für Frankreich während einer Uebergangszelt von etwa zwei Jahren aufrecht zu erhalten. Sollte sich in» zwischen der gute Wille Deutschland» erwiesen haben, dann würden die Ruhrpfänder mit dem von den Sachverständigen vorgeschlagenen Pfändern verschmolzen werden. Vie Kosten der MIeumverträg«. Aus Duisburg wird gemeldet: In der Sitzung der Revier-Betriebsräte wurde über die verlängerten Micumderträg« mitgeteilt, daß für das Reich die finanzielle Tragung der zweimonatigen Vertragsverlängerung 300 bis 8K0 Millionen Goldmark ergebe. Inzwischen sei auch. die Steigerung der Kohlenlieferungen von i Vr auf 1,8 Millionen Tonnen durch- , geführt worden. Austausch von Gefangene«, stbkommen mit Frankreich. . W T. B. meldet: Wie wir hören, haben im Anschluß an den bekannten Spionaqeprozeß gegen den französischen Hauptmann Pendaries d'Armont zwischen der deutschen und der französischen Regierung Verhandlungen über den Au»- tausch politischer Gefangener stattgefunden. Als deren Ergebnis wird zunächst di« Freilassung der deutschen Reichsangehörigen Derdum, Berger, Schwebe!, v- Wedelstaedt, Schulte-Pekum, Mtndr erfolgen, die zum Teil bereits seit Jahren in Strafanstalten festgehalten werden und deren Strafzeit meist noch lange, in einem Fall« bis 1937 läuft. Au» Leipzig wird gemeldet; Als Ergebnis der deutsch französischen Verhandlungen über den Austausch politischer Gefangener hat der französische Hauptmann d'Armont, der Ende März wegen Spionage gegen Deutschland zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist, Leipzig tn Richtung Frankfurt a. M. verlassen. Sine Beschwerde gegen Stresemana. Der Republikanisch» ReWbundi hat beim Reichspräsidenten, dem Reichskanzler und dem zuständigen Ausschuß des Reichstages eine Be schwerde gegen den ReichSmintster Dr. Stresemann einge- retcht, weil er sich tn Hannover,, dem Programm der Deutschen Volksparte^ entsprechend, grundsätzlich als Monarchist und als Verteidiger der schwarz-weiß-roten Farben bekannt hat. Ei» i Minister, der derartige» sage, verstoße gegen seine AmtSp Ludendorff gegen den .unanständigen Wahlkamps. In der „München.Augsburger 'Abendzeitung" schreibt Ludendorfs über dte Verwilderung des Wahlkampfes und erklärt, er sei mit einer solchen Kampfesweise Nicht einverstanden ukd er. wartq von seinen Freunden, lpch sie den Wahlkampf in sach licher Weise führen. Maiifeieroerbiot für bayrische Staatsbetriebe. Die bay rische StMsregierung erließ ein allgemeines Verbot der Feier des 1. Mai für dte Staatsbetriebe, und für dte Dienste stellen der Kommunalverwaltungen des Freistaates Bayern Zum Aktendiebstahl in Weimar. Der kommunistische Landtagsabgeordnete Dr. Neubauer, dessen Immunität auf Antrag des Oberretchsanwalts aufgehoben wurde, hat sich durch Flucht der Verhaftung entzogen. Dte Untersuchung», akten Neubauers sind bekanntlich aus dem Landtagsgebäude gestohlen worden. Dte Polizei sucht mit Recht den Dieb unter den Kommunisten. So wurde am Donnerstag da» Ge. bäude der kommunistischen „Neuen Zeitung" und der Bezirks leitung der KPD. von einem stärkeren Aufgebot von Krimi, nalbeamten besetzt und Haussuchungen vorgenommen. Entlastung königstreuer Offiziere ia Griechenland. D< „Corriere Hella Sera" meldet aus Athen: Dte Regierung hak dte Kassierung von 722 Offizieren, darunter acht Generälen, ausgesprochen, dte sich bi» jetzt geweigert haben, ohne vor- > hörige Treuentbindung durch den früheren König den Gib auf dte Republik zu leisten. Vie französisch« Besatzungbehörde b«gnadi«te fech» bet den Vorgängen zu der Düsseldorfer Sonderbündler» tagung verurteilt« Schutzpolizisten; sie mußten ledoch da» besetzte Gebtet verlassen. Der amerikanische GachverftändiM de» VaweRnB, schufses Pauns verließ auf Yem Dampfer Lckdtachan Frankreich. Morsen mittag findet in Wembley unter veisytn de» englischen König» die Eröffnung der -rititz-en Reich», ausstellung, der grüßten AMtellung der Wett, statt. Vuk der «estrigen Eitzuna der Konferenz yet uns-- hängigen Arbeiterpartei England» sprachen VdttreWiev Deutschland» Zahlung,fähigkett überschätzt. ' Reichsbankpräsidrnt Dr. Schacht hat einey Berichterstatter de» „Exzelsior" empfangen, dem ek u. a. erklärte, dte Arbeit der Sachverständigen sei aufgebaut auf finanziellen und wirt- schastlichen Grundsätzen von unantastbarer Folgerichtigkeit. Es schein« ihm jedoch, daß b'i der Abschätzung der von Deutsch, land in den ersten Jahren zu zahlenden Summe die Zahlung», fähigkett überschätzt worden sei; er befürchte im Anfang Schwierigkeiten, namentlich wa» die Finanzierung der Sach lieferungen anbrtreffe; alle« hänge allerdings von der zu künftigen wirtschaftlichen Entwicklung Deutschland» ab- Wa» die Verhandlungen -wischen Deutschland und der Entente anb,treffe, glaube er, daß cs anzuempfehlen sei, sich nicht in