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Mer Tageblatt »««fpnch. ru. « Anzeiger für -as Erzgebirge AM1< DD DDßDp^DWäEDDe «V»»»' «««->«0 ««h«-«,» II, «Ech«,«« kV-«» I», I« MM»I«Ichtt M» -» »»-I, Nr. ri Montag» äen 24. Marz 1924 19. Jahrgang Vom Münchener Prozeß. In dem Glädoyer de« Rechttanch. «»der für Hitler wurde ausgeführt, daß hte Angeklagten sich etn»jg kür die Ehre und da» Wohlergehen des Vater landes eingesetzt hätten. Kahr, Lossow und Settzer könne der Vorwurf des Wqrtbruches nicht erspart wer den, Hitler aber sei nie hinterhältig, gewesen. Man müsse, um AN einer gerechten Beurteilung^ kommen, die ganze Lage vom vergangenen Herbste in Betracht ziehen, .wo alle» wankt«, wo in Sachsen und in Hamburg der Ver such unternommen wurde, den Bolschewismus etnzufüb- ren..wo man zu der Ueberzeugung kommen mutzte, daß oben unfähige Männer sitzen. Tie Unzufriedenheit in Bayern mit diesen Verhältnissen brachte den offenen Kampf.gegen den Norden Mit sich. Wenn Kahr und Lossow die Vorschläge Hitlers stundenlang, mit anhörten und billigten, so dürfe man sich nicht wundern, wenn! den Angeklagten die Ueberzeugung kam, patz sie mit den Absichten der Regierung in Uebereinstimmung ständen. Ueber die Vorgänge im Bürgerbräu'eller sagte Ro der: Kahr Lossow und Settzer haben im Bürgerbräu ernstlich mitgemacht. Ich behaupte, es ist unwahr, datz ihnen Erklärungen abgepretzt worden sind oder datz Man die Leute intt Revolvern bedroht hat, denn von einem Erpresser der mir den Revolver, auf.die Brust setzt, e/bitte ich mir schließlich keine Zigarette. Im An fang mögen sich die Herren Wohl zum Schein gesperrt haben, aber hinterher ist es ihnen im Saal heiliger Ernst gewesen. Eine Komödie gegenüber Verbrechern Wäre noch verständlich gewesen, eine Komödie gegenüber dm Angeklagten aber wäre ein ungeheuerlicher Frevel. TaS Feuern auf den Demonstrationszug /rm Rest- venzvla.tze sei glatter Mord gewesen. Ter Verteidiger kam schließlich dazu. Freisprechung Mr Hitler zu be antragen. Am Sonnabend begann das Plädoyer des Rechts» cmwalts Tr. Holl für Dr. Weber. Holl gab eine leb haft« temperamentvolle Darstellung des ganzen großen Konfliktes und seiner Entwicklung. MS ein kleines Bei spiel dafür, wie Holl sprach, das Folgende: Wenn man heute den Marsch nach Berlin alS sittliche oder geistige Erneuerung.umzudichten versucht, so kann man nur Wein- oder Lachkrämpfe bekommen, denn das Wort: „Wir wollen dem Saustall oben mit bayrischen Fäusten ein Ende machen!" war doch ebenso absolut eindeutig Wie das Wort: „'Fetzt gilt die Tat!". Auch der Teck, mantel der Notpolizei für Ehrhardt war nur geschaffen um die Berliner nicht mißtrauisch zu machen. Herr Ehr« Hardt sollte keine Nachtwächteravbett tun. Ter Plädierende ging näher auf SeißerS Reise nach Berlin ein und auf die Vorgänge vom 8. zum 9. No vember. auch^ aus die monarchische Frage, die aber setzt vorderhand noch nicht aufgerollt werden dürfe. Er kam schliesslich auch darauf zu sprechen, datz die Weima rer Verfassung für Bayern keine Geltung..habe, datz es also auch keinen Hochverrat gegen.den Hochverrat von 1918 geben könne. Das Ziel müsse bleiben die Wieder errichtung de- heiligen Reich» deutscher Nation. Die Fortsetzung de» Plädoyers wurde auf heute vertagt. geignerrProzeß. Im Verlauf der wetteren Zeugenvernehmung ->ird der Fuwelenhändler Friedrichs.«n vernommen. Er ist seinerzeit wegen Hehlerei zu vier Monaten Gefäng nis verurteilt worden. Er wurde von PriborSkt auf den Hüsttzminister aufmerksam gemacht. , 2000 Mark sollte Lehmann (MöibiuS) erhalten. Wettere 4000 Mk. waren für denjenigen bestimmt, -er die Begnadigung aussprechen würde. Las Geld sollte erst ausgezahlt werden, wenn der Vnadenakt perfekt war, well man kein Zutrauen zu Möbius hatte. Der Zeuge PriborSkt bleibt dabet.datz er ntematt zu Friedrichs«»» davon gesprochen habe, dqtz Zetgner das Kollier und den Brtllantrtng er halten soll«. Der Vorsitzende schließt die Vernehmung mit den Worten: Ihre beiderseitigen Aussagen stehen einander gegenüber wie Lag und Nacht. Die beiden Zeugen werden auf ihr« Aussagen nicht vereidigt. In der NachmtttagSsttzuna gelangte dann der F.a l l Schm er ler zur ausführlichen Erörterung- Nach der Anklageschrift hat Schmerler den Minister in der Wein stube bewirtet. Zetgner soll ihm dabet in Aussicht ge stellt haben, .datz er wegen de» Damenpelze» mit seiner grau sprechen werd«. Später hat ihn Schmerler wie derum gefragt ob er einen Pelz für seine Frau brauch«. Auch da» will Zetgner verneint haben. Trotzdem hat Schmerler durch Möbius einen Damenpetz in di« Woh, nung der Schwiegermutter von Zetgner geschickt. Dar über will Zetgner sehr ungehalten gewesen sein. Gy will ihm den Petz wieder zur Verfügung gestellt haben. Der Vorsitzende hält dem Angeklagten einen Brief von Schmerler vor, in dem dieser schreibt, daß Zetgner für die beiden Petze nicht» bezahlt hab«. Der Angeklagte! Zeigner sagt aus, der erste Petz sei in zwei Raten be zahlt worden, näher« Auskunft will er nicht geben. „Ich habe niemals Schmerler im unklaren darüber, gelassen, datz ich> sein Gesuch nur befürworten könne, -atz ich ober einen amtlichen Einfluß nicht auSüben könne." Die wetteren Erörterungen über die Behandlung des Gesuches betreffen die Stellung Zeigner». al» Mini sterpräsidenten. Er sagt dabet, d.atz -er Ministerpräsi dent in Sachsen wen!» zu entscheiden habe, da alle ^Fra gen durch die Ressortminister, .soweit sie nicht allgemein politischer Natur sind, erledigt werden. Am Sonnabend wurde die Zeugenvernehmung fortgesetzt. Der Zeugs Landwirtschaftsgärtner Hermann Sauer aus Leipzig kennt Möbius vom Pferdehandel her. Er gibt an, .Mö bius habe immer sehr viel Geld gehabt und er habe ihm erzählt, datz er Gnadengesuche vermittle. Iluf Sauers Frage sagte Möbius: „Oben wird kein Geld genommen." Ter Zeuge will sich bei diesen Worten sein Teil gedacht haben. Ter Zeug« gibt dann ferner an, .Möbius Habe einmal über Rechtsanwalt Melzer gesagt, dieser hat mir alles in den Mund gelegt. Ferner habe Möbius dem! Zeugen Einzelheiten von der Zeigner-Affäre erzählt. Der Angeklagte MöbiuS bemerkt Hierzu, er hab« Melzer in» Gerichtsgebäude getroffen, da habe ihm dieser gesagt: „Sehen Sie, MöbiuS, Zeigner ist in der Schweiz und Sie haben sich! den ganzen Dreck auf -en HalS ge laden." ES wird dann als nächster Zeuge Landgerichtsdirek tor Tr. Horn vernommen. Der Zeug« hat Zetgner als Student kennen gelernt. Gr sei nmstkliebend und wissen schaftlich veranlagt und ein grotzer Bücherfreund. Tr. Horn hat mit Zeigner die Vorarbeiten zum Referendar gemacht und ist dann erst 1913 mit Zeigner wieder zu- sammengekpmmen, und zwar bei der Staatsanwaltschaft in Leipzig. Ter Zeuge Kat es abgelehnt, .die Persön lichen Beziehungen zu Zeigner zu benutzen, um Kar riere zu machen. Zeigner sei keinesfalls verschwenderisch! gewesen. Tr. Zeigner äußerte sich! nun an Hand des Falle» Meyer-Kühn über seine Gnadenpraxts, bei der er be strebt gewesen sei, Ungleichheiten von Entscheidungen einzelner Ressorts auszugleichen und Härten zu mildern. Auf. Vorhalt des Gericht» erklärte Zeigner, -atz er, um von Möbius freizukommen, im August 1922 Bezie hungen mit Brasilien angeknüpft -ab«. Er habe die feste Absicht gehabt, Deutschland zu verlassen» um aus den Händen des Erpressers freizukommen. In der Nachmtttagssitzung des ZeignevprozesseS am Sonnabend wurde Fabrikant Gründe- Markranstädt vernommen, der zur Zeit der Revolution als Bizewacht- meister bet der Tratnersatzabteilung diente. Er bekundet datz der mit der Leitung -er juristischen Abteilung be traute Schreiber im Vorzimmer des Majors von den Soldaten allgemein als Gefreiter Zeigner bezeichnet wurde. Erst durch die Zeitungsberichte habe er erfahren datz Zeigner nie Gefreiter gewesen ist. „Er erkennt in dem Angeklagten den „Gefreiten" Zetgner wieder. Ob Zeigner die Gefreitenabzetchen getragen hat^ Weitz -er Zeuge nicht. Zeuge Fabrikant Weigel-Leipzig hat ebenfalls zur fraglichen Zett bet der Tratnersatzabtetlung Dienst getan, und zwar im Vorzimmer des Majors, al» Kar- totbekführer und Ordonnanz. Er habe sich mit Zeigner abgewechselt. Eine Drillichjacke habe er und Zetgner nicht getragen. Pa» sei nicht üblich.gewesen. Der Zeuge Weiner wird dem Zeugen Weigel ge genübergestellt, er kann sich nicht erinnern, ihn gesehen zu haben. Weiner bekundet aufs bestimmteste, daß er di« Unterredung wogen der Aktenverntchtung mit Zetgner gehabt habe:, eine Täuschung in der Person sei ausge schlossen. Zeuge Wetg«l bekundet noch, datz er niemals Wien nach Dresden geschafft habe. Zeuge.Wetner wird gegen den Widerspruch! de» Ver teidiger» .vereidigt. Hierauf wird Frau »Redakteur El «am, eine geboren« Schottin, vernommen, die mit der Familie Zeigner befreundet ist. Sie sagt au», datz Zetgner fret.oebia war und gern andern eine Freude machte, phne dabet verschwenderisch zu sein. Sie hält e» für undenkbar, -atz „ejn so vornehm gesinnter Mann" derartige Straftaten begangen habe, wie sie ihm borge, worfen werden. Rechtsanwalt MarschNer beantragt die Laduna de» früheren Minister» Liebmann -um Beweis dafür datz.sein Televhongespräch mit Zeigner keinen Etnflutz auf seine Entscheidung gehabt habe, und datz.in dem Vorgehen Zeigner« keine Amtshandlung zu erblicken sei daß Zeigner vielmehr nur ein ihm mündlich zugegange- ne» Gesuch befürwortend an die zuständige Stelle w«i- tergegeben habe. Da» Gericht unterstellt den Antrag al» wahr und sicht von der Ladung Liebmann» ab. An Hand einer Dollartabell« wird festgestellt, datz der Betrag von SS 000 Mark, welche« Brand an Lei» ner in einem Umschlag übergeben hat. -em Betrag von 6V0 Gvldmark entsprach, Hiernach wird die Wetterper handlung um halb 6 Uhr auf Mittwoch vormittag Z Uhr vertagt. Poincare wünscht Aussprache mit Macäonalä. Der „Petit Partsten" bestätigt, .daß .kein neue» Schreiben de» englischen Premierminister» Ministerpräsi dent Potnoare zugegangen ist. Da» Blatt bemerkt, ge wiss« Anzeichen ließen die Annahme zu,. datz binnen kurzem , wahrscheinlich in den ersten Tagen de« nächste« Woche, der französische Botschafter in London eine wich tige Unterredung mit Maedonald haben werd«, -ie in der Hauptsache die SichkrheitSsrage zum Gegen stand haben solle. VS sei allerdings möglich, daß diese Unterredung nicht über -en Rahmen eines ganA allge meinen Meinungsaustausche» hinauAgehe und keine be stimmte Frage in Angriff genommen werde, jedoch un ter dem Vorbehalt, später auf -ie Angelegenheit wieder zurückzukommen, wenn die Untersuchung -er -Sachver ständigen einen Ueberbltck über die Gesanttlage und in folgedessen eine Beurteilung -er verschiedenen Etnzel- betten gestatten werde. Nach bestimmten Anzeichen plant die französische Regierung noch vor dem Abschluß -er Sachverständigen arbeiten eine Aussprache mit dem englischen Kabinett über da- StcherheitSvrvblem und wahrscheinlich auch über das Reparation-Problem. Der „TempS* empfiehlt eine sofortige französisch-englische Rücksprache: hinsichtlich der Reparationen, Zumal in der Frage der interalliierten Schulden und zur Ermittelung d«S Betrages, den das britisch« Schatzamt von Frankreich einzuziehen beabsichtigt, 2. zur Verhandlung de» Sicherung-Problem». Aus den Kommentaren der englischen Mütter namentlich -er „Daily Mail", geht hervor, datz Ramsay Maedonald auf die Einberufung einer franMtsch-engli- schen Konferenz vor der Beendigung der Sachverständt- genarbetten zur Regelung der französischen Sicherung*- frage keinen sehr großen Wert legt und -tttbezüglichtz Anregungen des Pariser Kabinetts keinen Anklang in London finden werden. M wird zugeg-ben, .datz ein Meinungsaustausch auf diplomatischen Wege Zwischen Parts und London seit einiger Zett im Gange ist und besonders zu Anfang dieser Woche mit Nachdruck fort- gesetzt wurde. Deärohliche französische Rüstungen Der kürzlich! erschienene Bericht der HeeveSkommis- ston der französischen Kammer über Bau und Ausnut zung d.er Eisenbahnen, die die Schieß- und Hebung-Plätze der weittragenden Artillerie bedienen, erwähnt, datz.man den Bau von Geschützen mit ISO Km. Tragweite nach! -en voraufgegangenen Studien als sicher annehmen dürfe. Dann fährt er fort: „Abgesehen von dieser Artillerie von sehr «roß« Tragweite gestatten di« Geschütze, die dazu bestimmt sind, während der Schlacht Sperrfeuer zu legen, sowie die jenigen Geschütze, die zum ZerstörunMeuer bet wachsen- den Distanzen geeignet sind, hie ganz« Skala der dazwi schenliegenden Tragweiten zu erreichen. Wenn wir bei spielsweise Feindseligkeiten in» Auge fassen, , dtp dann beginnen würden, wenn Frankreich! und Belgien nach Räumung -es Rheinlands- in di« endgültigen vom Ver sailler Vertrage vorgesehenen Grenzen zurückgekshrt fein werden .so stellt man fest, datz -ie obengenannte Artil lerie gestattet, nicht allein die ganze Rhetnprvvinz und die großen Städte des Rheins, .sondern auch di« unge fähre Gesamtheit der Gebiete, die gegenwärtig von und und unseren belgischen Verbündeten in Westfalen und an der Ruhr besetzt sind, von der französischen und bßl» gtschen Grenze au» unter Feuer zu halten. Man stellt ferner fest. Hatz wenn Völker, .auf deren Eintritt in de» Kampf un unserer Sette wir hoflen können, wie Polen und die Tschechoslowakei (man denke an di« von Herr« Dr. Benesch gel-UMeten französisch-tschechischen .Ver träge!) durch Einvernehmen mit uns mit einer dieser Artillerie versehen werden, sich alle Industriegebiet» Sachsens und Schlesien» gleichfalls unter dem Geschütz- seuer der Alliierten befinden." Vermehrung -er englischen Lustflott». Di, Kredite vom Unterhau» augeuoummu Im Unterhaus wurde über die Kredite für da» Luftschiff- fahrtswesen verhandelt. Das Unterhaus hat di« Vorlage an genommen. Der Unterstaatssekretär für Luftfabrt Leach erklärte, di« Regierung könne sich nicht auf irgend «in Lustprogramm über > daß Jahr lSS4/Sb hinan» verpflichten und die Tmsache ach«